Chris Chibnall | Erin Kelly
Broadchurch - Der Mörder unter uns
Kriminalroman
Aus dem Englischen von Irmengard Gabler
FISCHER E-Books
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Covergestaltung: bürosüd°, München
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die englische Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel ›Broadchurch‹ bei Sphere,
an imprint of Little, Brown Book Group
Copyright © by Chris Chibnall 2014
Coypright © by Erin Kelly 2014 (Co-Writer)
Based on the television series ›Broadchurch‹ produced by Kudos and Imaginery Friends Productions.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2014
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-403059-3
Es gibt einen Zustand schlimmer als Blindheit, nämlich da etwas zu sehen, wo gar nichts ist.
Thomas Hardy, Tess von den D’Urbervilles
Eine Straße führt rein, eine raus. Broadchurch liegt nicht eben mal auf dem Weg, hier kommt man nicht zufällig vorbei.
Der verschlafene Küstenort wird bald für die lebhafte Sommersaison erwachen, aber in dieser Nacht regt sich hier nichts. Eine frische, klare Nacht nach einem heißen, wolkenlosen Tag. Es ist Vollmond, Sterne flimmern am Himmel. Wellen rollen heran und brechen, sobald die ölig schwarze See vom Strand zurückfließt. Die Sandsteinklippen darüber schimmern bernsteinfarben, als verstrahlten sie noch immer die Hitze, die sie während des Tages aufgesogen haben.
Entlang der menschenleeren High Street lassen nur wenige Geschäfte während der Nacht die Beleuchtung an. Eine einzelne bedruckte Seite – aus der gestrigen Zeitung – flattert lautlos die Straße entlang. Die Räume des Broadchurch Echo und des angrenzenden Reisebüros liegen im Dunkeln, bis auf das gelegentliche Zwinkern eines Computers auf Stand-by.
Im Hafen schaukeln Boote, Masten schlagen in der Dunkelheit aneinander. Über die Pflastersteine und Landungsstege wacht das moderne Polizeirevier, die runde Stahlfestung mit hellem Holz verkleidet. Das blaue Licht draußen flackert. Sogar eine verschlafene Stadt wie Broadchurch hält nachts ein Auge offen.
Die Kirche auf dem Hügel ist unbeleuchtet, und die Edelsteinfarben ihrer Buntglasfenster sind zu einem gleichförmigen Atlasschwarz gedämpft. Ein verwittertes Poster mit der Aufschrift LIEBE DEINEN NÄCHSTEN WIE DICH SELBST hängt ausgedient von der Anschlagtafel.
Am anderen Ende der Stadt ist auch im Haus der Latimers alles dunkel. Ihr Reihenhaus gleicht allen anderen in der Siedlung; und ihre Siedlung gleicht allen anderen im Land. Der Mond scheint durch das offene Schlafzimmerfenster des elfjährigen Danny; sein Licht versilbert Poster, Spielsachen und ein schmales Bett. Das Bett ist leer. Die Hintertür steht offen, und der Riegel klappert leise im Wind, ohne Dannys Eltern Beth und Mark zu wecken, die Rücken an Rücken unter einem Federbett von British Home Stores schlafen. Auf dem Nachttisch arbeitet ein Wecker die Sekunden ab. Es ist 3.16 Uhr am Morgen.
Danny ist eineinhalb Meilen weit fort und steht fröstelnd in T-Shirt und Jeans zwanzig Meter über dem Meer, die Zehen nur Zentimeter vom Klippenrand entfernt. Ein scharfer Windstoß peitscht ihm die Haare ins Gesicht, die wie kleine Nadelspitzen stechen. Seine Tränen treiben das Blut die Wangen hinunter, und der Wind reißt ihm die Schreie von den Lippen. Vor ihm gähnt der Abgrund. Er hat Angst davor, nach unten zu schauen. Und noch mehr Angst, nach hinten zu schauen.
Die Meeresbrise schlängelt sich durch die Stadt, bis hin zu Dannys Haus, und lässt den Riegel lauter klappern. Beth und Mark schlafen weiter. Der Wecker springt auf 3.19 Uhr und bleibt stehen.
Oben auf der Klippe schließt Danny die Augen.
Eine Straße führt rein, eine raus. In dieser Nacht stört kein Autolärm die Stille, und der schwarze Asphalt der Küstenstraße wird von keinem Scheinwerferlicht gestreift.
Niemand kommt rein nach Broadchurch, und niemand kommt raus.
Beth Latimer schreckt jäh aus dem Schlaf. So ist sie immer aufgewacht, als ihre Kinder noch Babys waren. Eine Art sechster Sinn überschwemmte ihre Adern mit Adrenalin, um sie wenige Sekunden, bevor die Kleinen anfingen zu schreien, wach zu rütteln. Doch ihre Kinder sind keine Babys mehr, und keines von ihnen schreit. Sie hat verschlafen, das ist alles. Der Platz neben ihr ist leer und der Wecker stehengeblieben. Sie tastet nach ihrer Armbanduhr. Schon acht Uhr vorbei.
Die anderen sind bereits wach: Sie kann sie unten hören. In einer Minute ist sie in und wieder aus der Dusche. Ein Blick aus dem Fenster sagt ihr, dass auch dies ein heißer Tag werden wird, und sie schlüpft in ein luftiges rotes Kleid. Mit ihrem kastanienbraunen Haar sollte sie kein Rot tragen, aber sie liebt dieses Kleid; es ist kühl, bequem und umschmeichelt ihren (vorerst noch) flachen Bauch – einer der wenigen Vorteile, wenn man sehr jung Kinder bekommen hat. Es duftet noch immer leicht nach der Sonnencreme vom letzten Jahr.
Als sie an Dannys Zimmer vorbeikommt, bemerkt sie erschrocken, dass sein Bett gemacht ist. Der Überwurf in den Farben von Manchester City, den sein Vater so sehr hasst – er hat Dannys plötzliche Abkehr vom Bournemouth FC als üblen Verrat empfunden –, ist glatt gezogen und gerade. Kaum zu glauben: Elf Jahre Nörgeln haben sich endlich ausgezahlt. Sie fragt sich gerührt, was er wohl damit bezweckt. Wahrscheinlich wünscht er sich das Smartphone, das er sich als Zeitungsjunge nicht annähernd leisten kann.
Seit einiger Zeit sieht ihre abgenutzte Küche nur noch gut aus, wenn alle Oberflächen sauber und aufgeräumt sind. Im Augenblick herrscht Chaos. Sie sieht an den Spuren der Verwüstung in der Küche, dass Mark sich seine Sandwiches selbst geschmiert hat. Die Kühlschranktür ist offen geblieben. Die Milch steht auf der Theke, ohne Deckel, und das Messer steckt noch in der Butter.
»Warum hast du mich nicht geweckt?«, fragt sie ihn.
»Hab ich doch.« Er grinst. Er hat sich nicht rasiert; sie mag ihn so, und er weiß es. »Du hast gesagt, ich soll mich verpissen.«
»Kann mich nicht dran erinnern«, sagt Beth, obwohl es ganz nach ihr klingt. Sie lässt einen Teebeutel in eine Tasse fallen, weiß aber schon, dass ihr keine Zeit mehr bleibt, den Tee zu trinken. Ein elektronisches Flackern zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich; die Uhr am Herd zeigt vier Nullen an. Dasselbe gilt für die Mikrowelle. Der Radiowecker steht auf 3.19 Uhr.
»Sämtliche Uhren sind stehengeblieben«, sagt sie. »Im ganzen Haus.«
»Wahrscheinlich nur eine Sicherung oder so was«, sagt Mark, der sich sein Sandwich einpackt. Für Beth hat er keines geschmiert, aber sie hätte ohnehin keine Zeit, es zu essen.
Chloe verspeist ihre Cornflakes und blättert dabei in einer Zeitschrift. »Mum, ich hab Fieber«, sagt sie.
»Nein, hast du nicht«, sagt Beth gleichgültig.
»Ich. Will. Nicht. Gehen«, quengelt Chloe, aber ihr Haar, ein tadelloser blonder Zopf, und das perfekte Make-up verraten Beth, dass Chloe schon damit gerechnet hat, den Kürzeren zu ziehen. Beth kennt sich aus, man kann ihr so schnell nichts vormachen. Sie weiß noch genau, wie sie selbst in diesem Alter war – exakt in diesem Alter, fast auf den Tag genau – und die Schule geschwänzt hat, um sich mit Mark zu treffen. Auf keinen Fall wird sie zulassen, dass die Geschichte sich wiederholt.
Bevor Chloe den Gegenbeweis antritt, kommt Beths Mutter mit einer Schüssel Eier im Arm zur Hintertür herein. Sie wirft ein Guten Morgen in die Runde und stellt die Eier auf die Arbeitsfläche, gleich neben – um Gottes willen, denkt Beth, da ist ja Dannys Lunchbox. Es passt nicht zu ihm, sein Pausenbrot stehenzulassen. Vielleicht hat ihn das Bettenmachen überfordert. Sie muss ihm die Lunchbox auf dem Weg zur Arbeit vorbeibringen. Als käme sie nicht auch so schon ordentlich zu spät.
»Ich lieb dich ’ne Zillion, Kleines«, sagt Mark und drückt Chloe einen Kuss auf den Scheitel. Chloe hat diesen Familienspruch bestimmt schon zum millionsten – zillionsten? – Mal gehört und verdreht die Augen, doch als Mark sich zum Gehen anschickt und sie glaubt, dass keiner es sieht, gestattet sie sich ein kleines, verstohlenes Lächeln. Dann probiert sie ihren Fiebertrick an Liz aus, die Chloes glatte Stirn befühlt, allerdings nur pro forma. Sie hat das alles schon zweimal durchgemacht und fällt noch weniger darauf herein als Beth.
Mark ist schon aus der Tür, um wie üblich bei Nigel mitzufahren, und sein Abschiedskuss ist flüchtig. Er schmeckt nach Tee und Cornflakes.
»Hast du Danny gesehen?«, ruft Beth ihm hinterher.
»Er war schon weg!«, wirft er über die Schulter zurück. »Ich bin spät dran!« Damit lässt er Beth in der Küche stehen, mit Dannys Lunchbox in der Hand.
Detective Sergeant Ellie Millers Arbeitskleidung fühlt sich merkwürdig steif an nach drei Wochen in Bikini und Sarong, aber wenigstens hat sie die Sonne Floridas mit hierher gebracht. Broadchurch High Street schimmert im Morgendunst, und alle sind gut gelaunt. Der Himmel ist wolkenlos und ermutigt die Leute, ihre Werbetafeln und Verkaufsstände auf der Straße aufzubauen.
Sie ist froh, wieder hier zu sein, und das nicht nur, weil sie weiß, dass im Revier eine gute Nachricht auf sie wartet. Sie fühlt sich einfach wohl hier, es ist ihr Zuhause. Dies ist Ellies Straße, hier ist sie Streife gegangen, obwohl es jetzt schon lange her ist, dass sie Uniform getragen hat.
Sie schiebt Fred im Buggy vor sich her. An einem der Griffe baumelt eine Tasche voller Mitbringsel aus dem Duty-free-Shop. Am Ende der Straße wird sie den Buggy Joe überlassen, der dann Tom bis zur Schule begleiten wird. Im Augenblick hat Joe den Jungen in einem lockeren Schwitzkasten, und beide lachen. Sie spiegeln sich in der Auslage des Reisebüros, Ellie und ihre Jungs. Ihre Söhne sind so verschieden; Fred hat ihre dunklen Locken, während Tom aussieht wie ein Chorknabe. Sein blondes Haar gleicht dem von Joe, bevor dessen Haaransatz immer weiter nach hinten rutschte und er sich, als einzig würdige Lösung, eine Glatze scheren ließ.
Es ist einer dieser seltenen, ungeplanten Momente, in denen sie ihre kleine Familie von außen sieht, wie in einem spontanen Schnappschuss, und sich bewusst wird, was für ein Glück sie doch hat. Dann fokussiert sie ihren Blick wieder, um durch das Fenster Beth zuzunicken, aber die sitzt noch nicht an ihrem Schreibtisch.
Doch Mark ist da, am anderen Ende der High Street, die Werkzeugtasche über der Schulter, und versprüht seinen Charme entlang der Straße. Ellie sieht, wie er mit ein paar Mädchen in Sommerkleidern flirtet und mit Becca vom Hotel. Dann scherzt er mit Paul, dem Vikar, der jünger ist als sie. Er trifft auch auf eine säuerlich dreinblickende Frau – Ellie kennt sie nicht, eine Touristin? Sieht nicht danach aus –, die ihren Hund Gassi führt. Sie als Einzige scheint immun zu sein gegen den Latimer-Charme.
Tom öffnet den Mund. »Nein«, sagt Ellie, noch bevor er seine übliche Bitte um einen Hund äußern kann.
Als sich ihre Wege kreuzen, wünscht Mark Tom viel Glück beim Sportfest, und der Junge strahlt.
»Wir sollten die Jungs gemeinsam abholen«, sagt Joe.
»Gute Idee«, sagt Mark, ohne stehen zu bleiben. »Ich schick dir später ’ne SMS.«
Ellie freut sich über den kleinen Dialog. Zwar wissen sie und Joe, dass ihr Arrangement funktioniert und sie beide davon profitieren, wenn sie die Brötchen verdient und er bei Fred zu Hause bleibt, doch sie macht sich trotzdem Sorgen. Sie macht sich Sorgen, dass die Leute Joe nicht für einen richtigen Mann halten könnten. Sie macht sich Sorgen, dass Joe tatsächlich verweichlichen könnte. Während daher die anderen Frauen am Telefon ihre Männer bitten, sie sollen doch rechtzeitig nach Hause kommen, um die Kinder ins Bett zu bringen, scheucht sie Joe regelrecht aus dem Haus und in den Pub.
»Guck mal!«, sagt Tom und zeigt über die Straße auf eine vertraute Gestalt mit kirschrotem Haar. »Da ist Tante Lucy!« Er will ihr schon zuwinken, aber Ellie reißt ihm das Handgelenk nach unten. Drei Wochen haben den Zorn auf ihre Schwester nicht gemildert. Lucys Lügen und Ausflüchte haben heute keinen Platz in ihrem Leben. Ellie riskiert einen verstohlenen Blick über die Schulter: Lucy hat sie nicht gesehen. Ihre Augen sind auf das Pflaster gerichtet, während sie ihre Friseurinnen-Ausrüstung in einem Rollkoffer hinter sich herzieht. Wahrscheinlich ist sie auf dem Weg zu ein paar hilflosen alten Ladys, denen sie allwöchentlich die Köpfe shampooniert und frisiert. Ellie hofft, sie haben ihre Wertsachen sicher weggesperrt. Das Letzte, was sie möchte, ist, ihre eigene Schwester einzulochen.
Tom entzieht ihr verständnislos den Arm und reibt ihn.
»Tut mir leid, Schatz«, sagt Ellie. »Ich möchte nur nicht zu spät kommen.« Es stimmt: Sie haben schon genug Ärger am Hals, weil sie Tom während der Unterrichtszeit aus der Schule genommen haben. Sie wollen der Schulleitung nicht noch mehr Anlass zur Kritik geben.
Nigel fährt im blauen Van vor, auf dessen Lackierung in weißen Lettern Mark Latimer Klempnerarbeiten zu lesen ist.
»Du bist spät dran!«, sagt Mark und schwingt sich auf den Beifahrersitz. Ellie liest von Niges Lippen ab, dass er etwas über den Verkehr sagt, und dann lachen beide. Bei dem, was Nige danach noch sagt, verdüstert sich Marks Miene. Er wirft Nige etwas hin, das diesem das Lächeln aus dem Gesicht wischt, als sei er zurechtgestutzt worden, obwohl Mark nicht zu denen gehört, die ihre Angestellten schikanieren.
Ihre Kleidung kommt ihr schon seltsam genug vor, doch sie ist nichts im Vergleich zur Dienststelle. Die Neonbeleuchtung im Inneren ist ein herber Schock nach den drei Wochen an der wirklichen Sonne. Sie kann sich einfach nicht an dieses Gebäude gewöhnen mit seinen verschlungenen Korridoren und dem vielen Beton. Es ist sauber und komfortabel und alles, aber es ist so gar nicht … wie Broadchurch. Mit Wolfsgeheul und Beifallklatschen wird ihre Rückkehr gefeiert. Doch dann halten alle gespannt die Luft an, als sie die Geschenke sehen. Sie hat niemanden vergessen, und alle scheinen sich über die Mitbringsel zu freuen. Sie kennt eben ihre Truppe. Gerade als sie es sich für den neuesten Klatsch bequem machen will, lässt Chief Superintendent Jenkinson sie zu sich rufen. Ellie, die ja weiß, was Sache ist, kann sich ein Grinsen nicht verkneifen, als sie zu ihr hineingeht.
Jenkinson grinst nicht, das wäre auch nicht ihr Stil. Während Ellie von ihrem Weg zur Arbeit bereits verschwitzt und zerzaust ist, sieht ihre Chefin wie immer blendend aus, das kurze blonde Haar tadellos glatt, Hemd und Krawatte frisch gestärkt. Die Vorfreude steigt in Ellie auf wie eine Blase. Doch statt ihr wie erwartet zu gratulieren, wirft Jenkinson eine Bombe:
»Wir haben den Job anderweitig vergeben.«
Die Freudenblase platzt, und Ellie spürt, wie ihr das Lächeln aus dem Gesicht gleitet.
»Was?«, fragt sie, obwohl sie genau weiß, was sie soeben gehört hat.
»Die Situation hat sich verändert. Ich weiß, dass Sie jetzt enttäuscht sind.«
Enttäuscht ist gar kein Ausdruck. Tränen steigen Ellie in die Augen, aber da ist auch Wut, und die verleiht ihrer Stimme eine gewisse Schärfe. »Sie sagten doch, das hätte Zeit bis nach den Ferien«, sagt sie, und aus ihrem Nach-Urlaubs-Hoch ist jetzt definitiv die Luft raus. »Sie sagten, ich sei genau die Richtige für den Job! Nur deshalb hab ich mir drei Wochen freigenommen. Wer hat die Stelle bekommen?«
»Detective Inspector Alec Hardy. Er hat letzte Woche angefangen.« Sie hat seinen Namen schon irgendwo gehört, aber was Ellie am meisten aufregt, ist sein Geschlecht. »Ein Mann! Sie sagten, dass die Gegend hier einen weiblichen DI brauche, schon vergessen? Sie sagten, dass Sie hinter mir stehen. Wo ist das hin?«
Ist es nur Einbildung, oder sieht Jenkinson tatsächlich eine Sekunde lang beschämt drein? »Alec Hardy hat eine Menge Erfahrung …«
Plötzlich weiß Ellie, woher sie den Namen kennt. Jeder Polizist im Land, jeder Journalist und die meisten Zivilisten kennen ihn. Schlimm genug, dass sie übergangen wurde, noch schlimmer, dass ein Kerl jetzt ihre Stelle hat, aber ausgerechnet der?
Ellie reißt sich zusammen, bis sie die Toilette erreicht. Dort setzt sie sich auf den zugeklappten Sitz und verriegelt die Tür. Sie bebt förmlich vor Wut, und ihre Füße vollführen einen kleinen Stepptanz, um die nervöse Energie abzuleiten. Sie telefoniert mit ihrem Mann daheim und weint heiße, zornige Tränen ins Telefon. Joe ist ebenso enttäuscht wie sie. Es war schließlich auch seine Beförderung; sie hatten ihr höheres Gehalt im Geiste schon in ihr halbfertiges Haus gesteckt. »Soll ich einfach meinen Schreibtisch leer räumen und gehen?«, fragt sie ihn, und obwohl sie beide wissen, dass es ihr nicht ernst ist damit, tut ihr die Drohung gut. Sie will ihm gerade von dem Salz in der Wunde erzählen – stell dir vor, wer den Job bekommen hat, du wirst es nicht glauben –, als jemand an die Kabinentür klopft. Kann man sich nicht mal hier drin in Ruhe auskotzen?
»Ich bin hier!« Sie legt ihren ganzen Frust in die Worte.
»Ellie?« Es ist eine Kollegin. »Du hast einen Einsatz.«
Zwei Meilen die Küste hinunter starrt ein Mann in den unendlichen blauen Horizont. Der verknitterte Anzug schlottert um seine hagere Gestalt; der oberste Hemdknopf unter der Krawatte steht offen. Ein Stacheldrahtzaun wurde zwischen zwei Pfosten durchschnitten. Es ist ein sauberer, beherzter Schnitt, ausgeführt mit einem (professionellen?) Werkzeug.
Wegen dieses Lochs im Zaun befindet sich nichts mehr zwischen ihm und einem fünfundzwanzig Meter tiefen Abgrund. Er könnte über die Kante nach unten schauen, aber er will nicht zu nah ran, weil ihm sonst schwindelig wird.
»Wollen Sie’s nun sehen oder nicht?«, fragt der Farmer.
Widerwillig wendet sich Detective Inspector Alec Hardy dem Tatort zu, obwohl der Begriff ›Tatort‹ ihm reichlich übertrieben erscheint.
»Der ganze verfluchte Tank ist leer, einfach abgesaugt«, sagt der Farmer und deutet auf den baumelnden Tankdeckel. Bob, der Polizist, der die Tat gemeldet hat, schüttelt mitfühlend den Kopf, und Hardy seufzt innerlich. Wissen die hier nichts Besseres anzufangen mit ihrem Detective Inspector? Was kommt als Nächstes? Eine Katze, die er vom Baum holen muss? Nach Sandbrook hatte er sich natürlich eine gemächlichere Gangart gewünscht, ja klar, aber das hier ist absolut lächerlich.
»Wir melden uns«, sagt Hardy und wendet sich wieder dem Streifenwagen zu, während der Bauer wissen will, warum die Spurensicherung noch nicht zur Stelle ist.
»Und deshalb rufen Sie mich um sieben Uhr morgens an?«, sagt er zu Bob, als der Bauer außer Hörweite ist.
»Sind sich wohl zu gut dafür, wie?«, wirft Bob ihm verächtlich hin. Hardy geht nicht darauf ein. Es ist nicht die erste Spitze, die er von seinem neuen Team zu hören bekommt, und bestimmt nicht die letzte. Sie nehmen es ihm übel, dass er, einer von außen, die Stelle bekommen hat. Und natürlich ist ihm sein Ruf vorausgeeilt. Da ändert sich Bobs Ton. »Da ist eben eine Meldung reingekommen. Die Küstenwache hat am Strand etwas gefunden.«
Als Beth endlich die Schule erreicht, hat das Sportfest schon angefangen, und das Spielfeld wimmelt von Kindern. Der Startschuss fällt, und das Sackhüpfen der Drittklässler beginnt. Es ist heiß – die Lehrer gehen herum und verteilen Wasser – kunterbunte Farben überall. Sie sucht mit den Augen die riesige Grünfläche nach Danny ab. Für gewöhnlich entdeckt sie ihn binnen Sekunden zwischen den anderen. Es ist weniger sein Aussehen, das ihr ins Auge fällt, als vielmehr die Art, wie er sich bewegt. Seine kindlich eckigen Gesten sind seit kurzem erst einer geschmeidigen Lässigkeit gewichen, die so sehr nach seinem Vater Mark aussieht, und genau danach sucht sie jetzt. Wo steckt er bloß? Sie blinzelt in die Sonne und erkennt Miss Sherez, Dannys Lehrerin, auf einer Bank. Neben ihr sitzen Eltern und feuern lautstark ihre Kinder an. Beth geht auf sie zu, die Lunchbox in der Hand.
Da bemerkt sie Olly Stevens. Er ist als Reporter für das Broadchurch Echo hier und überredet die Teilnehmer des Eierlaufs, sich in Sprinterpose fotografieren zu lassen. Olly hat den Job jetzt schon über ein Jahr und macht kein Geheimnis aus seinem Bestreben, dass er auch für überregionale Zeitungen schreiben möchte, doch Beth kann ihn in seiner Journalistenrolle noch immer nicht so ganz ernst nehmen. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass sie ihn von klein auf kennt und immer noch einen Schreck bekommt, wenn sie ihn statt in Schuluniform in Hemd und Krawatte sieht. Sie beobachtet, wie er sein Telefon gegen einen altmodischen Notizblock samt Stift eintauscht, um sich Namen und Alter der Kinder zu notieren.
Beth hat sich kaum hingesetzt, als Miss Sherez sagt: »Kein Danny heute?«
Beths Wangen brennen. Bitte sag jetzt nicht, dass er die Schule schwänzt. »Ich dachte, er wäre hier«, sagt sie. Miss Sherez runzelt besorgt die Stirn.
»Nein, wir haben ihn seit gestern nicht gesehen.« Wir auch nicht, denkt Beth und sieht vor ihrem geistigen Auge zwei scharfe Bilder, das perfekt gemachte Bett und die Lunchbox auf der Küchentheke.
Beths Puls beschleunigt auf das Doppelte, und ein Anflug von Panik treibt ihr erste Tropfen kalten Schweißes auf die Stirn. Bleib ruhig, sagt sie sich, das hat nichts zu bedeuten, aber ihre Finger gleiten aus, als sie Dannys Nummer in ihr Handy tippt. Selbst als sich seine Mailbox meldet, lässt sie sich nichts anmerken, damit er nicht denkt, dass er Ärger kriegt. Sollte sie allerdings herausfinden, dass er schwänzt, dann Gnade ihm Gott, dann wird sie …
»Danny, ich bin’s, deine Mum«, sagt sie nach dem Piepton. »Du bist also nicht in der Schule, ruf mich bitte gleich mal an, Schatz, ich möchte nur wissen, wo du bist.«
Doch während sie spricht, ist sie in Gedanken schon beim nächsten Anruf. Eine Sekunde nachdem sie aufgelegt hat, telefoniert sie mit Jack Marshall vom Zeitungsladen, will wissen, ob Danny heute Morgen die Zeitungen ausgetragen hat. Danny sei heute nicht aufgetaucht, sagt Jack. Er habe auch nicht angerufen. Das sei noch nie vorgekommen. Beth kann sich nicht vorstellen, was Danny dazu bringen könnte, seine Zeitungsrunde zu versäumen.
Sie tätigt noch einen Anruf, hält ihn aber so kurz wie möglich, um die Leitung für Danny frei zu halten. »Mark, ich bin’s, ruf mich bitte sofort an.«
Und was jetzt? Eine homöopathische Dosis dieses Schreckens, der einem den Boden unter den Füßen wegzieht, hat sie schon erlebt. So wie jede Mutter, wenn im Supermarkt oder auf dem Jahrmarkt eine kleine Hand aus der ihren gleitet und im Nu, von einem Herzschlag zum nächsten, der Himmel zur Hölle wird. Der Atem wird schnell und flach, der Puls rast, und wenn das Kleine dann ein paar Sekunden später wieder auftaucht, drückt man es so fest an sich, dass es fast erstickt, bevor man es von sich schiebt und ihm ordentlich die Leviten liest. Die Panik versickert ebenso schnell, wie sie gekommen ist, doch man spürt ihre Nachwirkungen, den plötzlichen Adrenalinstoß und das Grauen des ›Was hätte sein können‹ noch Stunden später. Beth versucht, langsamer zu atmen, wieder klar zu denken. Sie muss einen klaren Kopf behalten.
Sie entdeckt Dannys besten Freund, Tom Miller, mit einer Plastikmedaille um den Hals, und zwingt sich, auf ihn zuzugehen, ohne zu laufen, ihn anzusprechen, ohne zu schreien.
»Wollte Danny irgendwohin heute Morgen, Tom? Keine Sorge, er kriegt keinen Ärger.« Tom schüttelt den Kopf, und Beth hat keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Mit einer Gemütsruhe, die nur Fassade ist, bittet sie Miss Sherez, sie anzurufen, falls Danny doch noch aufkreuzen sollte. Sie wendet sich zum Gehen und spürt, wie sich der Blick der Lehrerin in ihren Rücken bohrt.
Aus dem Augenwinkel bemerkt sie, dass Olly Stevens sie beobachtet, dass seine Antennen aktiviert sind. Sie dreht sich um die eigene Achse und lässt den Blick noch einmal über die Wiese schweifen, aber die Panik macht sie halb blind, und ihr Bauch sagt ihr, dass Danny nicht hier ist. Wo ist er dann? In der Stadt? Am Strand? Sie läuft zum Wagen und kramt nach dem Schlüssel.
Die Straße nach Broadchurch flimmert in der Hitze. Auspuffgase mischen sich in den Morgendunst, so dass die Autonummern verschwimmen. Beths Handy liegt neben ihr auf dem Beifahrersitz. Sie checkt es immer wieder, checkt auch, ob es nicht auf lautlos geschaltet ist. Zwar haben die Ferien noch nicht begonnen, trotzdem staut sich der Verkehr wie an einem Feiertag im August, während einer Hitzewelle. Frustriertes Gehupe. Vor einigen Jahren war die Rede von einem Ausbau der Fahrbahn oder von einer Umgehungsstraße. Beth war dagegen, doch das bereut sie jetzt. Sollen sie doch das ganze verfluchte Land zubetonieren, wenn sie nur schneller in die Stadt kommt!
Kein Mensch steckt gern im Stau, aber Beth hasst es geradezu. Es verursacht ihr Albträume. Sie kann es grundsätzlich nicht ertragen, eingesperrt zu sein, und schon gar nicht jetzt, da sie vorankommen will und Action braucht. Sie fühlt sich wie in einem versiegelten Glasbehälter, der sich schnell mit kaltem Wasser füllt. Sie kriegt keine Luft. Fünf Sekunden hält sie es aus, dann stößt sie die Tür auf und flüchtet. Sie fragt die Frau im Wagen vor ihr, was los ist.
»Jemand hat gesagt, die Polizei ist unten am Strand«, sagt sie. »Vielleicht haben sie eine Leiche gefunden.«
Leiche. Polizei. Strand. Leiche. Polizei. Strand.
Danny.
Beth hat das Gefühl, als rase ein Bleigewicht durch ihren Körper und lande mit einem elektrischen Schlag in den Füßen. Sie lässt den Schlüssel in der Zündung stecken und das Radio laufen und rennt los. Ein Polizeiwagen fährt auf der falschen Spur an ihr vorbei, wobei sich die Tonhöhe der Sirene, des Doppler-Effekts wegen, verändert. Beth kann gerade noch die Aufschrift an der Seite lesen: Spurensicherung. Sie läuft schneller, hat das Gefühl, dem Wagen davonrennen zu können.
Alec Hardy läuft nicht gern am Strand. Bei Sand weiß man nie, woran man ist. Er verändert sich ständig, täuscht, bremst einen aus. Die Uniformierten sind damit beschäftigt, eine wachsende Anzahl von frühmorgendlichen Schaulustigen zurückzudrängen, die an der Absperrung stehen, mit Taschen, in denen die Strandmatten noch zusammengerollt sind. Ein Hubschrauber steht am Himmel: Seine Rotoren übertönen ihre murmelnden Stimmen. Hardy sieht, wie ein Polizist ein Absperrband abrollt, doch dann, als er um den Felsen herumgeht, ist dort am Ufer …
Die Welt scheint plötzlich zu kippen, und Hardy greift in die Luft nach Halt. Auf drei Seiten ist ein Rechteck abgesteckt, in dessen Mitte der Körper eines kleinen Jungen liegt. Das Gesicht zeigt nach unten in den Sand, eine Wange ist sichtbar. Er trägt eine Jeans, ein langärmeliges T-Shirt und blaue Turnschuhe mit einem gelben Blitz. Sein braunes Haar ist feucht und verfilzt.
Hardy fingert in seiner Tasche nach den Tabletten – er hat vor langer Zeit gelernt, sie trocken hinunterzuschlucken – und erinnert sich zu spät, dass sie auf dem Nachttisch in seinem Hotelzimmer stehen. Er atmet gleichmäßig, wie man es ihm beigebracht hat, und die Panikattacke legt sich allmählich. »Tu mir das nicht an«, sagt Hardy leise. Er würde am liebsten die Augen schließen, sich hinlegen und schlafen, doch in diesem Augenblick greift sein Training, und er setzt weiter einen Fuß vor den anderen. »Komm schon«, sagt er und zwingt sich, jede einzelne Besonderheit der Szenerie wahrzunehmen, die im Grunde nicht zu ertragen ist. Er blickt die Klippe hinauf, bis zum Grasrand ganz oben, sieht die leuchtend goldene Wand und die Felsen direkt bei der Leiche. Er versucht, den Verlauf des Sturzes nachzuvollziehen.
»O Gott«, sagt eine weibliche Stimme hinter ihm. »Nein, nein, nein …«
Eine altmodisch aussehende Frau im Hosenanzug und mit wilden Locken stolpert ihm entgegen. Automatisch stellt Hardy sich vor die Leiche und versucht dabei zu erraten, wer die Frau sein könnte. Etwa die Mutter des Jungen? Wie zum Teufel ist sie durch die Absperrung gekommen? Dafür kriegt Bob eins aufs Dach.
»Ich kenne ihn, er lebt hier, er kommt immer zum Tee zu uns, er ist der beste Freund meines Sohnes«, jammert sie. Eine Mutter, aber nicht die Mutter. Man muss sie beruhigen, ihr Fragen stellen. Hardy will sie fortschicken, aber sie holt mit zitternden Händen eine Polizeimarke aus ihrer Handtasche. Er liest ihren Namen und Dienstgrad, braucht aber eine Weile, bis er begriffen hat, dass diese heulende Frau hier ihren Job macht.
»O Gott, Beth, weiß Beth es schon?«
»Reißen Sie sich zusammen, Detective Sergeant Miller«, sagt Hardy, obwohl er spürt, dass ihn ihre Hysterie ruhiger macht. Je mehr sie die Beherrschung verliert, desto professioneller wird er selbst.
»Nein, Sie verstehen nicht – ich kenne diesen Jungen –, o Gott, es ist Danny.«
»Schluss damit«, blafft Hardy. »Bleiben Sie gefälligst sachlich. Sie haben hier einen Fall zu lösen.«
»Schluss damit?« Miller blickt ihn entsetzt an, und er weiß, wie er sich anhört, aber entweder so, oder er verpasst ihr eine Ohrfeige. Es klappt. Sie hört auf zu heulen.
»Alec Hardy«, sagt er und streckt ihr die Hand hin.
»Das weiß ich. Sie haben meine Stelle«, sagt sie.
»Wirklich?«, sagt Hardy. »Wollen Sie das wirklich jetzt besprechen?« Wenigstens redet sie jetzt wie eine Polizistin. Doch es dauert nicht lange.
»Sie wissen ja nicht mal, wer er ist«, klagt Miller ihn an, als wäre es Hardys Schuld, dass er nicht in diesem Kaff aufgewachsen ist, als wäre er ein schlechter Polizist, nur weil er nach einer Woche noch nicht mit allen Einheimischen auf Du und Du steht.
»Sagen Sie’s mir!«, ruft er in das Tosen der Brandung.
»Danny, Daniel Latimer.« Hardy hört den vollen Namen zum ersten Mal und weiß, dass dieser Name es binnen Stunden zu schrecklicher Berühmtheit bringen wird. »Elf Jahre alt. Geht mit meinem Sohn Tom in die Schule. Die Familie lebt hier, sein Dad ist Klempner.«
»Ist der Platz hier bei Selbstmördern beliebt?«
»So etwas hätte er nicht getan.« Sie nimmt es schon wieder persönlich. Herrgott nochmal, ist das ein Kreuz. Kein Wunder, dass er den Job bekommen hat, wenn die da seine Konkurrentin gewesen ist.
»Beantworten Sie meine Frage.«
»Nein. Da gibt es andere Stellen, eine ist etwa drei Meilen westlich von hier und eine andere weiter landeinwärts.« Und wieder ergreift sie für den Jungen Partei. »Das passt nicht zu ihm.«
Hardy hat genug von Detective Sergeant Miller und fordert sie auf nachzusehen, wo die Beamten der Spurensicherung bleiben. Etwas an der sauberen Art und Weise, wie der Junge gestürzt ist, ergibt keinen Sinn, und er braucht die Forensiker, um zu begreifen, was er da sieht. Eine Zigarettenkippe neben seinen Füßen muss eingetütet werden. Auf keinen Fall wird er diesmal Spuren übersehen, und wenn er eigenhändig jedes Körnchen Sand umdrehen muss.
Während Miller den Anruf tätigt, fragt er sich, ob ihre Verbindung zu dem toten Jungen ein Vorteil oder ein Nachteil für die Ermittlungen ist.
Die Flut steigt zentimeterweise.
Beth kann gut rennen, aber so schnell ist sie noch nie gerannt. Ihre zarten Pumps berühren den Boden, ohne den Stoß abzufedern, aber sie registriert den Protest ihrer Gelenke nicht. Sie fegt in Sekunden die High Street entlang und um die Kurve in den Hafen. Die Leute stehen zu dritt oder zu viert beieinander und flüstern, die Augen auf den Strand gerichtet. Nur Jack Marshall steht wie ein trauriger Wachposten allein vor seinem Laden. Beth hat keine Zeit, den Eindruck zu verarbeiten. Sie läuft weiter, von einer schrecklichen inneren Kraft getrieben. Sie atmet schwer, scheint jedoch über einen endlosen Vorrat an Energie zu verfügen. Ihre Welt ist auf das Wesentliche zusammengeschrumpft, besteht nur noch aus dem Bedürfnis, den Strand zu erreichen und dort bestätigt zu bekommen, dass, wer immer dort gefunden wurde, nicht Danny ist, so dass sie ihre Suche nach ihm fortsetzen kann. Unterdessen steigt rings um sie her das eiskalte Wasser der Angst, schwappt ihr schon bis ans Kinn.
Streifenwagen und Polizeivans drängen sich auf dem Parkplatz an der Promenade. Ihre Leuchtfarben Gelb und Blau wirken grell und falsch vor dem Hellblau und Gold der Küste. Beth ist gezwungen, ihre Schritte zu verlangsamen, während sie sich zwischen den manövrierenden Fahrzeugen hindurchschlängelt, bahnt sich mit den Ellenbogen einen Weg durch die Polizistenkette und hat den Strand erreicht. Der Sand hemmt ihre Schritte, also schleudert sie die Schuhe von sich und nimmt sie in die Hand. Am Fuß der Klippe flattert weiß und blau ein Absperrband im Wind. Die diensthabenden Beamten sind damit beschäftigt, die Schaulustigen davon zu überzeugen, dass es nichts zu sehen gibt. So ist es ein Leichtes für Beth, unbemerkt unter der Absperrung hindurchzuschlüpfen.
Auf halbem Weg zum Horizont irritiert ein dunkler Fleck im Sand. Auch wenn man es ihr nicht gesagt hätte, wüsste sie doch, dass das eine Leiche ist. Ein paar Schritte noch, und sie sieht, dass der Körper für einen Mann zu klein ist. Eine Frau vielleicht? Der Albtraum hat sie jetzt völlig eingefangen, und sie läuft weiter.
Eine vertraute Gestalt tritt zwischen Beth und … dem Es. Ellie kommt langsam auf sie zu. Beth erschrickt, weil etwas ganz und gar nicht stimmt mit Ellies Gesicht. Sie sieht aus, als hätte sie der Schlag getroffen oder so. Als sie Beth erkennt, wird es noch schlimmer.
»Beth!«, ruft sie und rennt auf sie zu. »Komm ja nicht näher!«
»Was ist denn?«, sagt Beth. »Was habt ihr gefunden?«
Sie gibt Ellie eine letzte Chance, ihr zu sagen, dass alles in Ordnung ist.
Ellie verstellt ihr den Weg.
»Du darfst hier nicht sein.«
Beth muss fast lachen. Dieser Strand gehört ihr genauso wie allen anderen. Wie können die es wagen, ihr vorzuschreiben, wo sie sein darf und wo nicht? Sie setzt einfach weiter einen Fuß vor den anderen. Sie ist fitter als Ellie, und es ist leicht, ihr davonzulaufen. Die Beamten hinter ihr sind jetzt so nah, dass ihre langen Schatten den ihren über den geriffelten Sand jagen, aber sie rennt trotzdem weiter, auf das Herz ihres Albtraums zu, und dann ist sie nah genug, um dasselbe allzu grelle Blau und Gelb erneut aufleuchten zu sehen, aber diesmal in einer Form, die sie kennt. Dannys Schuhe, Schuhe, die sie selbst gekauft hat und die nicht ganz von dem behelfsmäßigen Leichentuch bedeckt sind. Was von Beths Selbstbeherrschung übrig ist, zerbröselt zu Staub.
»Das sind Dannys Turnschuhe!« Ihre Stimme prallt von der Felswand. »Das sind Dannys Turnschuhe!«
Sie wiederholt den Satz immer und immer wieder, auch als die Polizisten sie längst eingeholt haben und an den Armen festhalten. Die schwarz-weißen Polizeiuniformen werden deutlich und verschwimmen wieder. Geräusche und Stimmen kommen und gehen. Beth wehrt und windet sich, doch sie entkommt ihnen nicht. Sie kann ihn doch nicht hier liegen lassen, noch dazu, wo seine Füße unter dem Tuch hervorragen. Er kriegt kalte Füße, wenn er so schläft. Sie muss ihn ordentlich zudecken. Sie windet sich ein letztes Mal in einem vergeblichen Versuch, sich loszureißen. Als sie sie fortschleifen, graben ihre Fersen Furchen in den Sand.
Die Wogen der Panik schlagen über Beth zusammen. Das Grauen rauscht wie schmutziges Wasser in ihre Lunge, es überflutet ihr Herz. Es ist ihr gleich, wenn sie ertrinkt. Sie wäre sogar froh darüber.
Beim Broadchurch Echo herrscht das übliche Chaos. Das papierlose Büro ist hier noch ein ferner Traum, auf den Schreibtischen stapeln sich packenweise lose Seiten. Die schlanken neuen Bildschirme auf den Tischen sind an ein ächzendes Computernetz angeschlossen, das seit Jahren nicht ordentlich aufgerüstet wurde. Da kommt Maggie Radcliffe, die Chefredakteurin: Auch sie ist nicht mehr auf dem neuesten Stand. Sie leitet den Lokalanzeiger, seit das »Ausschneiden und Einfügen« noch mit Schere und Kleber getätigt wurde und das Rauchen am Arbeitsplatz Pflicht war. Jetzt dreht sie eine elektronische Zigarette zwischen den Fingern und starrt auf ein Excel-Spreadsheet mit sinkenden Einnahmen.
Olly Stevens, Maggies neuester Schützling, kommt herein, das dunkle Haar auf eine Weise zerzaust, wie es nur sehr jungen Leuten gut zu Gesicht steht. Er ist sichtlich zufrieden mit sich. »Reg hat’s nicht geschafft«, sagt Olly und meint damit den alten Fotografen, der schon seit längerem mehr Stunden im Red Lion verbringt als hinter der Linse. Doch Maggie setzt ihn immer noch ein; sie begegnet ihm jedes Wochenende im Supermarkt, und hier in Broadchurch, da kümmert man sich um den anderen. »Also hab ich die Fotos selbst gemacht, mit meiner Handykamera.« Olly transferiert die Fotos von Tom Miller, der stolz seine »Goldmedaille« präsentiert, von seinem Telefon auf den Bildschirm. »Das reicht für eine Doppelseite.«
»Ah, sieh dir ihre kleinen Gesichter an!«, sagt Maggie. »Du hast ein gutes Auge.«
Sie schaut Olly noch immer über die Schulter, als sich mit einem Piepton eine E-Mail in sein Postfach legt.
»O Gott«, sagt er, und seine Finger streichen über die Maus. »Die Daily Mail. Meine Bewerbung.«
»Mach sie auf!«, sagt Maggie.
In einer halben Sekunde verarbeitet er, was auf dem Bildschirm steht, und sein Gesicht wird lang.
»Ach Schatz«, beruhigt sie ihn. »Es gibt noch andere Zeitungen.«
»Jetzt bin ich mit allen durch«, entgegnet er düster.
»Du bist gut, Schätzchen. Deine Zeit wird kommen.«
Eine Textnachricht auf Maggies Telefon unterbricht sie. Sie wirft einen Blick darauf. »Yvonne sagt, der Strand ist aus irgendeinem Grund gesperrt. Fahr doch bitte hin und sieh nach, was da los ist, ja?«
Hardy ist nun schon zum zweiten Mal an diesem Morgen auf der Klippe, diesmal in Begleitung von DS Miller. Die beiden sind den steilen Küstenpfad hinaufgestiegen. Jetzt hält Absperrband etwaige Wanderer und Schaulustige auf Abstand. Fast wie ein Zaun. Hardy kann nicht glauben, dass man die Leute hier ohne Sicherheitsschranke herumlaufen lässt. Alles hier auf dem Land ist für ihn eine einzige Todesfalle. Er bewegt sich vorsichtig an den Rand der Klippe. Ein paar Meter unterhalb der Graskante gibt es einen kleinen Vorsprung, hier können es sich die Leute noch einmal überlegen, bevor sie springen.
Die Beamten von der Spurensicherung kauern in der Hocke in ihren weißen Anzügen und suchen mit spitzen Fingern nach Hinweisen. Die Aufsicht hat Brian Young. Er hat Haube und Schutzmaske abgenommen, um seine Autorität unter Beweis zu stellen; der Wind fährt ihm durch das buschige schwarze Haar.
»Alles klar?«, fragt ihn Hardy.
»Sieht aus, als wäre der Sturz nur vorgetäuscht«, sagt Brian. In seiner Stimme schwingt eine Frage mit; er bezweifelt nicht die Beweislage, fragt eher nach dem Warum. »Die Leiche lag im falschen Winkel, wie hindrapiert. Und hier oben gibt es keinerlei zertretenes Gras, auch keine Rutschspuren oder lose Felsbrocken. Keine Fasern, keine Handabdrücke, und die Fallkurve stimmt auch nicht.«
»Er ist also nicht gestürzt?«, fragt Hardy. »Könnte er gesprungen sein?«
»Unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, wo er gefunden wurde.« Brian stellt den Sturz mit zwei Händen nach. »Wenn Sie mich fragen, hat jemand versucht, einen Unfall vorzutäuschen. Ich glaube nicht, dass der Junge überhaupt hier oben war.«
»Sehen Sie?«, sagt Miller. »Doch nicht Danny. Er würde so etwas niemals tun.«
»Geben Sie dem Pathologen Bescheid, er soll sich beeilen«, entgegnet er.
Sie gehen zu Fuß wieder hinunter zum Strand. Miller erklärt Hardy die unterschiedlichen Wege von der Stadt zu den Klippen, und er hört ihr aufmerksam zu. Er findet sich noch immer nicht ganz zurecht, obwohl er die verschiedenen Stadtteile zu seiner Orientierung allmählich aneinanderfügen kann, so dass die Wirklichkeit das eingefrorene Bild aus seiner Vergangenheit überlagert.
Die Wohnwagen in der Caravan-Anlage haben von oben etwas von einer Spielzeugstadt, ein Eindruck, den auch die Nähe nicht mindert. Vor der Nummer drei lehnt eine ernst dreinblickende Frau mit einem großen braunen Hund zu ihren Füßen, eine Schüssel in Händen. Hardy schießt im Geist ein Foto von ihr. Hinter ihnen kommt ein verbeulter roter Nissan knirschend zum Stehen. Ein junger Bursche springt vom Fahrersitz und kommt lächelnd auf sie zu. Miller geht schnell auf ihren eigenen Wagen zu. »Er scheint Sie zu kennen«, sagt Hardy, da ruft der Junge auch schon: »Tante Ellie!« Zu Hardys Belustigung ist Miller knallrot im Gesicht. Man braucht sie nicht in Verlegenheit zu bringen; sie ist durchaus imstande, sich selbst zum Narren zu machen.
»Olly Stevens, Broadchurch Echo«, sagt er, und das ist nicht mehr komisch.
»Für eine Stellungnahme ist es noch zu früh«, sagt Hardy. Er schlägt Olly die Autotür vor der Nase zu, aber dessen Stimme dringt durchs Fenster. »Stimmt es, dass man eine Leiche gefunden hat? Ist sie schon identifiziert? Bitte?« Er quengelt wie ein Kind, das ein Eis haben möchte.
»Es wird eine Stellungnahme geben, Oliver«, sagt Miller. Sie fährt los und lässt Olly in einer Sandwolke stehen.
Ellie weiß nicht mehr, wann sie das letzte Mal nach Spring Close gefahren ist: Zu Fuß über das Spielfeld zwischen ihren beiden Häusern ist man schneller dort. Sie versucht, sich auf den Rückspiegel zu konzentrieren, auf die Fahrt, und nicht an ihr Ziel zu denken.
Dann fahren sie vor das Haus der Latimers, und die Wirklichkeit schlägt mit voller Wucht zu. Sie kennt dieses Haus fast so gut wie ihr eigenes. Sie sieht es von ihrem Küchenfenster aus: Sie haben mehr bierselige Sonntagnachmittage hier verbracht, als sie zählen kann. Und doch wirkt es jetzt fremd auf sie, unvertraut, als wäre sie nie hier gewesen. Sie spürt die doppelte Verantwortung der Freundin und der Polizistin, in dieser Reihenfolge, und schlägt Hardy vor, als sie aussteigen, er möge sie vorgehen lassen, weil sie die Leute doch kennt.
»Wie viele solcher Todesfälle haben Sie schon bearbeitet?«, fragt Hardy. Sie fühlt sich etwa zwei Zentimeter groß. »Das ist mein erster.«
»Sie können hier nichts besser machen. Versuchen Sie’s gar nicht erst.«
»Sie wissen doch gar nicht, wie ich arbeite!« Er tut so, als sei ihre Stärke – der ruhende Pol zu sein – in Wahrheit eine Art Achillesferse.
Hardys schottisch rollende Rs verleihen seinen Worten Nachdruck. »Die wahrscheinlichste Annahme ist eine Entführung. Wurde das Kind entführt, und wenn ja, von wem? Man muss die Leute beobachten. Jede ihrer Bewegungen. Sobald Ihnen etwas merkwürdig erscheint, müssen Sie es mir sagen. Je enger die Verbindung, desto größer die Wahrscheinlichkeit der Schuld. Sehen Sie mich nicht so an.«
Ellie hat nicht gemerkt, dass sie ihn angestarrt hat.
Im Haus sitzen die Latimers in einer Reihe auf dem Sofa, Beth und Mark, Chloe – noch in Schuluniform – und Liz. Beth zittert, ihre Hände flattern vom Bauch zum Mund und wieder zurück. Mark ist so reglos, dass er kaum zu atmen scheint.
Hardy holt sich einen Stuhl vom Esstisch und rückt ihn vor das Sofa. Ellie spürt, wie ein Beschützerdrang in ihr aufwallt, der sie selbst überrascht: Sie will ihn nicht in ihrer Nähe haben.
»Die Leiche eines Jungen ist heute Morgen am Strand gefunden worden.« Ellie hört den stereotypen Satz zum ersten Mal von außen. Der Euphemismus, mit solcher Sorgfalt entworfen, klingt jetzt nur verletzend, als sei er dazu da, die Menschen unnötig auf die Folter zu spannen.
»Es ist Danny, nicht?«, ruft Beth. »Ich hab doch seine Schuhe gesehen?«
Liz bekreuzigt sich.
»Eine Menge Kinder haben solche Schuhe«, sagt Mark, dann, an Hardy gerichtet: »Tut mir leid, sprechen Sie.«
»Wir glauben, dass es Dannys Leiche ist«, sagt Hardy. Ellie wartet auf ein wenig Anteilnahme, aber nein, das war’s, nur die brutale Tatsache.
»Ist er’s, Ellie?«, fragt Beth. Als Ellie nickt, bricht Beth zusammen, als sei ihr Rückgrat kaputtgegangen. Ihr Mund spannt sich um einen lautlosen Schrei. Chloe schluchzt auf und richtet die schreckgeweiteten Augen auf ihren Vater. Mark legt den rechten Arm um seine Frau, und sie lehnt sich gegen seine Brust. Den linken Arm streckt er weit aus, um Chloe und Liz einzubeziehen, und murmelt dabei ein ums andere Mal dieselbe erbärmliche Lüge – dass alles gut ist.
Ellie sieht hilflos zu, wie sie aneinander Halt suchen in ihrer Trauer, das schreckliche Porträt einer Familie, die nie mehr komplett sein wird. Sie spürt die eigenen Tränen heiß im Schädel feststecken und fragt sich, wie sie sie zurückhalten soll, und als das Bild vor ihren Augen verschwimmt, weiß sie, dass es ihr nicht gelungen ist.
Eine Tasse Tee. Mehr fällt ihr nicht ein. Ellie fühlt sich wie eine Polizistin aus den Siebzigern, als sie auf der Suche nach dem Zucker Beths Schränke durchwühlt.
Die Tränen weichen überraschend schnell einem stummen Entsetzen. Beth und Chloe halten einander so fest an den Händen, dass das aufgestaute Blut ihre Fingerspitzen violett färbt.
»War es ein Unfall?«, fragt Beth. »Ist er von der Klippe gefallen?«
Sie richtet die Frage an Ellie, doch die Antwort gibt Hardy. »Wir wissen es noch nicht«, sagt er.
»Haben Sie eine Erklärung dafür, warum er letzte Nacht oder heute Morgen auf der Klippe gewesen sein könnte?«
»Das würde er nicht tun«, sagt Beth.
»Offensichtlich hat er es doch getan«, fährt Mark sie an. Hardys Augenbrauen schnellen nach oben. Ellie will erklären, dass Mark zwar bellt, aber nicht beißt. Dann erinnert sie sich, wie er heute Morgen Nigel angeblafft hat, und plötzlich breitet sich ein mulmiges Gefühl in ihrer Magengrube aus.
»Wie war Danny in den letzten Tagen?«, sagt Hardy. »Lag ihm etwas auf der Seele?«
»Er hat sich nicht umgebracht, wenn Sie das meinen«, sagt Mark. »Das würde er nicht tun. Er weiß, dass er mit uns über alles reden kann.«
»Er war einfach … normal«, sagt Beth. Das Wort klingt komisch, als wüsste sie, dass das Wort ›normal‹ nie mehr auf sie anwendbar ist.
»Und wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«, insistiert Hardy.
»Gestern, gegen neun Uhr abends, hab ich noch zu ihm reingesehen«, sagt Beth. »Er lag im Bett und las. Und heute Morgen …« Beth stockt, und es bricht Ellie das Herz, als sie sieht, wie sich Selbstvorwürfe in ihr zu Wort melden. »Er verlässt das Haus vor allen anderen, um die Zeitung auszutragen. Aber er ist da nicht aufgetaucht.«
Sie öffnet Hardy ihr Gesicht: Ellie liest darin ihr blindes Vertrauen, was noch mehr auf ihre Stimmung drückt. Jetzt ist vermutlich nicht der richtige Zeitpunkt dafür, aber demnächst muss sie sich über Hardys letzten Fall kundig machen. Ellie hasst ihn, weil er sie in diese Lage gebracht hat. Hardy kritzelt etwas in seinen Notizblock. »Gibt es Anhaltspunkte für ein gewaltsames Eindringen? Ist Ihnen um das Haus herum irgendetwas aufgefallen?«
»Nichts.« Mark ist anzusehen, dass er die Frage für dumm hält. Unangenehmes Schweigen. »Ich will die Leiche sehen.« Vier Augenpaare schwenken in seine Richtung. »Könnte doch sein, dass ihr falschliegt«, sagt er und zuckt mit den Schultern. »Also will ich sichergehen. Ich will ihn sehen.«