Maluna Mondschein

Guten Abend, kleiner Schatz

Weit, weit weg im fernen Zauberwald lebt die kleine Gutenacht-Fee Maluna Mondschein … Moment, kann es sein, dass du gar nicht weißt, wo der Zauberwald liegt? Und dass du auch noch nicht weißt, was eine Gutenacht-Fee ist?

Dann fangen wir am besten ganz am Anfang an.

 

Also, pass auf, die Geschichte geht so:

Der geheimnisvolle Zauberwald ist wirklich ziemlich weit weg und liegt sehr gut verborgen. Versuch einmal, so weit zu gucken, wie du kannst. Ungefähr dort muss er sein, nur noch ein Stückchen weiter. Genau dahinten.

Der Zauberwald ist kein gewöhnlicher Wald. Nicht so wie der, in dem du vielleicht manchmal spazieren gehst. Im magischen Zauberwald leben nämlich nicht nur Tiere, die du kennst, wie zum Beispiel Kaninchen, Rehe oder Mäuse. Dort gibt es auch Wesen, die du noch nie im Leben gesehen hast. Den kleinen Drachen, zum Beispiel. Und seinen besten Freund, den kleinen Bären. Oder den kleinen Zauberer mit seinem Papa. Der ist übrigens der schlechteste Zauberer auf der ganzen Welt, aber das ist eine andere Geschichte …

Im Zauberwald gibt es einen Hügel. Er wird Feenhügel genannt. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick über den ganzen Zauberwald.

Dort hinten kannst du das kleine, windschiefe Haus vom kleinen Zauberer und seinem Papa sehen. Aus dem Schornstein quillt pfefferminzfarben-rot gestreifter Rauch.

Und erkennst du drüben bei den großen Felsen die Höhle vom kleinen Drachen? Ein rosa Lichtschimmer scheint aus seinem Fenster. Der kleine Drache hat nämlich eine Nachttischlampe mit einem pinkfarbenen Lampenschirm.

Das Zuhause vom kleinen Bären ist selbst vom Feen-hügel aus nicht zu entdecken. Es liegt auf der anderen Seite des Hügels neben der Blumenwiese und hinter einem wilden Brombeerbusch.

Kannst du den kleinen blauen See dort sehen? Hier gehen die Kinder aus dem Zauberwald im Sommer baden und im Winter eislaufen. Oder alles auf einmal, wenn gerade mal wieder der Tag des wilden Wetters ist.

Aber wo wohnt nun die kleine Gutenacht-Fee Maluna Mondschein?

Zu Hause bei Maluna Mondschein

Ganz oben auf dem Feenhügel steht ein riesengroßer Nussbaum. Der hat einen so dicken Stamm, du könntest ihn mit beiden Armen nicht umfassen, selbst wenn du dich noch so sehr anstrengst.

Hoch oben in diesem Nussbaum ist die Feenhöhle der kleinen Gutenacht-Fee. Dort, wo sich der Stamm in zwei dicke Äste gabelt, gibt es ein tiefes Loch, das weit in den Baumstamm hineinreicht. Hier hat Maluna das kuscheligste Feennest, das du dir vorstellen kannst.

An der winzigen Eingangstür hängt ein mondförmiger Kranz aus blauen Beeren, den die kleine Fee selbst gebunden hat. Sie hat hauchdünne Silberfäden mit eingeflochten, damit der Kranz im Mondlicht glitzert.

Auf dem Namensschild steht M. M. So kann es nicht zu Verwechslungen kommen, denn der Feenhügel heißt natürlich deswegen so, weil hier auch noch viele andere Feen leben. Aber Maluna Mondschein ist eine ganz spezielle Fee. Sie ist sogar sehr speziell. Zum Beispiel gibt es keine andere Fee, die so viele Schimpfworte kennt wie Maluna, aber das wirst du schon noch erleben.

Sobald du durch die winzige Tür in Malunas Wohnung kommst, also mal angenommen, du könntest dich auf die Größe einer kleinen Gutenacht-Fee schrumpfen, kommt dir bestimmt als Erstes der Gedanke: Oh, ist das hier gemütlich!

Es gibt einen dunkelroten Samtsessel mit einer grünen Kuscheldecke. Daneben, auf dem kleinen Tischchen, stehen eine kugelbauchige Teekanne und eine Tasse. Ich sehe auch noch ein Fläschchen und einen Schnuller. Was tut die kleine Fee denn mit solchen Babysachen? Wir müssen sie nachher unbedingt fragen.

Vor dem Sessel steht ein kleiner Fußhocker. Bestimmt macht die kleine Maluna es sich hier oft mit einem Buch bequem. Aber gibt es hier überhaupt Bücher? Ah, da haben wir sie ja. Schau dir nur dieses Bücherregal an! Darin sieht es aus wie Kraut und Rüben. Gerät auch nur ein Buch ins Rutschen, fallen die anderen um wie Dominosteine …

Oh, guck mal, an den Wänden hängen lauter Bilder vom Mond: Vollmond, Halbmond, Neumond. Und Spiegel. Spiegel, Spiegel, Spiegel, wohin man schaut. So viele, dass man gar nicht weiß, wo man hinsehen soll, wenn man sich mal nicht angucken möchte. Von allen Feen kann Maluna Mondschein nicht nur am besten schimpfen, sie ist auch die eitelste. Und es gibt eine Menge Feen …

Weiter hinten in der Höhle ist Malunas Schlafplatz. Lauter weiße Glitzerkissen liegen in ihrem Bettchen herum. Ihre Bettdecke ist mit Tausenden Funkelsternchen bestickt, und auf dem Boden vor dem Bett liegt ein runder Teppich aus feinstem Elfenhaar.

Wusstest du, dass die Elfen des Zauberwaldes die besten Teppichweber der ganzen Welt sind? Sobald eine neue Fee angekommen ist, beginnen die Elfen, für sie einen Teppich aus Elfenhaar zu weben. Es dauert ewig, bis der Teppich fertig ist, denn sie benutzen zum Weben nur die Haare, die morgens beim Kämmen in ihren goldenen Haarbürsten hängen bleiben.

Normalerweise bekommt die neue Fee den Teppich erst, wenn sie ihn schon beinahe gar nicht mehr haben möchte vor lauter Warterei. Oder wenn ihr vor Kälte schon die Füße abgefallen sind.

Maluna wollte auf keinen Fall so lange auf ihren Teppich warten. Deshalb hat sie ihre Freundin, die kleine Hexe Ranunkel Krakelei, um einen Haarwuchstrank gebeten. Das war eine haarsträubende Geschichte. Willst du sie hören?

 

Es war so: Die kleine Elfe, die für Malunas Haarteppich zuständig war, nahm, um Maluna einen Gefallen zu tun, einen winzigen Schluck von dem Zaubertrank. Plötzlich wuchsen der kleinen Elfe so viele Haare, dass sie nach kurzer Zeit aussah wie ein explodierter Staubwedel. Die anderen Haarteppich-Elfen standen staunend um die kleine Staubwedel-Elfe herum und kicherten.

Elfen haben sehr feine und dünne Haare und geben auch nicht ein einziges freiwillig her. Es kommt sogar hin und wieder vor, dass ein Teppich beinahe fertig ist und nur noch ein einziges Haar fehlt. Man könnte meinen, dass es kein Problem wäre, sich einfach noch das letzte fehlende Härchen auszurupfen, aber nein! Die Haarteppich-Elfen stellen sich an, als ob die Elfenwelt unterginge, sollten sie sich auch nur ein Haar zusätzlich ausreißen müssen.

Doch im Falle der kleinen Staubwedel-Elfe holten die anderen schnell eine Schere und befreiten ihre Freundin von den wild gewordenen Haaren. Und da gab es so viele Haare, dass Maluna sich schon ein paar Tage später ihren Haarteppich abholen konnte.

Es war natürlich sonnenklar, dass keine der anderen Haarteppich-Elfen den Zaubertrank ebenfalls ausprobieren wollte. Da konnten die übrigen Feen des Zauberwaldes noch so sehr bitten und betteln!

 

Und was machte nun die kleine Hexe Ranunkel Krakelei? Natürlich konnte sie nicht widerstehen, von ihrem eigenen Haarwuchstrank zu kosten. Nun stell dir vor, was passiert ist: Sie nahm einen Riesenschluck, oder auch zwei oder drei, jedenfalls fingen ihre pechschwarzen Hexenhaare an zu wachsen. Nachdem ihre Haare so lang geworden waren, dass sie beim Laufen ständig drauftrat, fingen sie plötzlich an, sich zu locken. Ach was, sie fingen an, sich zu ringeln. Und Ringeln ist noch viel lockiger als lockig! Sie schnurgelten sich zu engen Spiralen zusammen, so wie du es von Geschenkbändern kennst, die man mit einer scharfen Schere ringelt. Pling, plang, plong machten die Strähnen und standen von Ranunkels Kopf ab.

Ihr Kopf war mit einem Mal von einer solch dicken Schicht Röllchenlocken umhüllt, dass sie aussah, als hätte sie ihren Kopf in einen kohlrabenschwarzen Hüpfball gesteckt. Fortan brauchte die kleine Hexe Ranunkel Krakelei kein Kopfkissen mehr zum Schlafen und auch keinen Helm mehr beim Besenfliegen.

Ranunkel liebte ihre neue Hüpfballfrisur, und überaus praktisch war sie auch noch. Ab und zu stellte sie oben auf ihrem Schopf Dinge ab, für die sie keine Hand mehr frei hatte, wie zum Beispiel ihre neueste, todschicke Handtasche aus feinsten Spinnweben.

Manchmal ließ sie auch kleine Tiere, die auf Wanderschaft waren, darin übernachten.

Einmal hatte eine Henne ein Ei darin vergessen, und nach drei Tagen schlüpfte ein Küken, mitten in Ranunkels dichtem Haarschopf. Die kleine Hexe nannte das Küken Sürpries. Der Name ist französisch und bedeutet Überraschung. Seitdem haben Ranunkel und ihr Huhn Sürpries eine Menge Spaß zusammen.

 

Gut, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, vor Malunas Bettchen.

Schau mal, hier kannst du sehen, wie …

Oh, hoppla, ich höre was. Sei mal ganz still. Pscht! …

Maluna kommt gerade angeflogen! Dann nichts wie raus hier. Sie wird nicht gerade begeistert sein, uns hier zu finden. Puh, geschafft! Gerade noch rechtzeitig.

Hallo, kleine Fee

S