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Der schwarze Handschuh

Der beliebte Olchi-Detektiv Mister Paddock stemmte den Gully-Deckel über seinem Kopf in die Höhe und wuchtete ihn zur Seite. In den Abwasserkanälen unter der Stadt gefiel es ihm am besten. Darum hatte er auch sein Detektiv-Büro dort eingerichtet. Als er heute nach draußen kletterte, merkte er sofort, dass etwas nicht stimmte.

Ein Schatten fiel auf Paddocks Knubbelnase. Er starrte in den Himmel und erschrak: Wie ein gefährlicher Flugsaurier schob sich ein riesiger, schwarzer Handschuh vor die Sonne. Das Ungetüm schwebte direkt über ihm! Gebannt sah er das Monstrum näher und näher kommen …

»Smelly fishbone! Hiiiiiiilfeeeee!«

»Schon zurück, Boss?« Der olchige Detektiv-Gehilfe Dumpy rutschte vom gammeligen Sofa. Sein Chef stand kreidegrün in der Gully-Bürotür.

»Ist dir ein Gespenst begegnet?«, fragte Dumpy.

»No! Aber dieses Ding ist vom Himmel auf mich runtergeplumpst! Und das war bestimmt kein Zufall!« Paddock zerrte das schwarze Ungetüm in den stillgelegten Kanal.

»Was ist das?«, fragte die Praktikantin Fritzi verwundert.

»Ein Riesenballon in Form eines Handschuhs!«, sagte Paddock.

Dumpy rülpste verblüfft. »Soll das ein Witz sein?«

»Wohl eher eine Drohung!«, rief der Olchi-Detektiv.

»Hä? Versteh ich nicht«, murmelte Dumpy.

»Wenn man jemanden zum Zweikampf herausfordert, wirft man ihm einen Handschuh vor die Füße. Jedenfalls haben die Ritter das früher so gemacht«, erklärte Paddock. »Mir ist der Handschuh auf den Kopf gefallen und hat mich unter sich begraben!«

»Heißt das, der Handschuh-Ballon ist eine Aufforderung zum Duell?«, fragte Fritzi.

Paddock machte ein finsteres Gesicht. »Yes! Und ich weiß auch schon, von wem sie kommt: von meinem größten Feind, Firebomb Jack!«

»Aber was soll das? Ihr bekämpft euch doch sowieso andauernd!«, rief Dumpy. »Ständig versucht der Gangsterboss, irgendwelche krummen Dinger zu drehen. Und du sorgst dafür, dass es ihm nicht gelingt!«

»Das hier ist etwas anderes. Bei einem Duell kann es nur einen Sieger geben, für immer!« Paddock hielt einen Zettel in die Höhe, auf dem eine blutrote Schrift leuchtete. »Diese Nachricht hing am Ballon.«

Nun wurden auch Fritzi und Dumpy ganz blass.

»Was tun wir denn jetzt, Boss?«, fragte Dumpy.

»Wir füllen einen Ballon mit Furzgas und schicken dem Gangster meine Antwort! Fritzi, please, schreib mit!«

Hastig schnappte Fritzi sich einen matschbraunen Stift und fischte ein schmuddeliges Stück Papier aus dem Abfalleimer. Das entsprach zwar nicht ihren Vorstellungen von einem ordentlichen Brief, aber hier war schließlich Paddock der Chef. Und der begann nun, zu diktieren:

»Firebomb Jack! Ich nehme die Herausforderung an. Aber ich mache die Regeln!«

Fritzi notierte seine Worte ganz genau.

»Wir kämpfen nicht mit Waffen – sondern um den Respekt der Menschen. Sie sollen bestimmen, wer von uns hier leben darf. Wenn du es schaffst, dass die Bürger von London dir zujubeln, verlasse ich die Stadt. Andernfalls wirst du verschwinden! Gerülpst … Sir Mister Paddock!«

Seine Unterschrift schmierte der Olchi-Detektiv selbst unter die Nachricht, zusammen mit einem Dreckfleck.

»Firebomb Jack hat die Londoner so oft betrogen und bestohlen – die jubeln ihm niemals zu!«, rief Dumpy.

Fritzi nickte eifrig. »Jeder hier wäre froh, wenn der Halunke mit seiner Bande endlich abhaut!«

»Trotzdem dürfen wir uns nicht zu sicher fühlen«, warnte Paddock. »Firebomb Jack arbeitet mit allen Tricks. Er wird auch diesmal nichts unversucht lassen!«

Im Regal fand Dumpy einen Luftballon, der wie ein Olchi-Kopf aussah. Die Olchi-Kinder hatten ihn einmal aus Schmuddelfing mitgebracht. Er füllte Furzgas aus einer Vorratsflasche hinein und band den Brief am Ballon fest.

Dann begleiteten Dumpy und Fritzi ihren Chef zum Gully.

»Auf dass der Richtige gewinnt!« Paddock ließ den Ballon in den Himmel steigen. Die Olchi-Detektive sahen zu, wie die Wolken den lachenden Olchi-Kopf verschluckten.

»Woher wissen wir denn, ob er wirklich zu Firebomb Jack fliegt?«, fragte Fritzi.

»Der Gangster findet meine Nachricht bestimmt«, entgegnete Paddock. »Er wartet schließlich darauf.«

Zwei Tage vergingen, ohne dass die Olchi-Detektive etwas von Firebomb Jack hörten, sahen oder rochen.