Über Martina André

Martina André wurde 1961 in Bonn geboren. Der französisch klingende Nachname ist ein Pseudonym und stammt von ihrer Urgroßmutter, die hugenottische Wurzeln in die Familiengeschichte miteinbrachte. Sie hat mit »Die Gegenpäpstin« sowie den Romanen »Das Rätsel der Templer«, und »Die Rückkehr der Templer« und »Das Geheimnis des Templers« vier Bestseller vorgelegt. Nun erscheint ihr vierter Templerroman »Das Schicksal der Templer«, die Fortsetzung der Abenteuer von Gero von Breydenbach. Martina André lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Koblenz sowie in Edinburgh/Schottland, das ihr zur zweiten Heimat geworden ist.

Von der Autorin ebenfalls lieferbar sind: Die Gegenpäpstin, Schamanenfeuer, Die Teufelshure und Totentanz.

Mehr zur Autorin unter www.martinaandre.com

Informationen zum Buch

Episode V – Tödliche Sünden –

Herbst 1315 – Eilan Mhic Chrion, Schottland:

Struan MacDhughaill, ehemaliger Templer und einer von Geros engsten Vertrauten, ist mit seiner Frau Amelie Bratac ebenfalls auf wundersame Weise zur Burg seiner Vorfahren zurückgekehrt. Zuhause angekommen muss er sich sogleich neuen Konflikten stellen. Der Clan seines verstorbenen Vaters hat sich in zwei Lager gespalten und als dessen neues Oberhaupt steht er unter der argwöhnischen Beobachtung des schottischen Königs. Als Robert the Bruce eines Tages persönlich erscheint, stellt sich heraus, dass er in Wahrheit auf der Suche nach dem sagenumwobenen Templerschatz ist und ihm offenbar jedes Mittel recht ist, ihn zu finden. Herbst 1315 – Edinburgh, Schottland:

Zur gleichen Zeit wird Gero von Breydenbach durch Sir Walter in ein weiteres Geheimnis der Templer eingeweiht: Ein Artefakt, dem man seit jeher eine ganz besondere Macht zuspricht und das ihr Leben verändern könnte. Doch kurz bevor Gero und seine Männer es in Augenschien zu nehmen, taucht Struan mit weiteren Templern der Bruderschaft auf, und übermittelt ihnen eine Botschaft, die jede Hoffnung auf eine neue Zukunft zu Nichte zu machen scheint.

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Martina André

Das Schicksal der Templer

Episode V

»Tödliche Sünden«

Roman

Aufbau

Inhaltsübersicht

Über Martina André

Informationen zum Buch

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Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Anhang

Nachwort/Danksagung

Impressum

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EPISODE V

Tödliche Sünden

»Zeigt mir den Stein, den die Bauleute nicht nehmen wollten: Er ist der Schlussstein.«

(Thomas-Evangelium)

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KAPITEL 22

November 1315

Eilan Mhic Chrion, Schottland

»An t-Eilean Uaine Ìleach«

»MacDhughaill nan t-eilean Ileach«, versuchte sich Amelie mit einem leisen Kichern an Struans Familiennamen, dabei rieb sie ihren wohlgeformten Hintern unter der Wolfsfelldecke an Struans praller Männlichkeit, die sich, seit sie in den frühen Morgenstunden in ihr hochherrschaftliches Baldachinbett gefallen waren, in einem latenten Zustand der Bereitschaft befand. Trunken vor Liebe betrachtete er ihre feinen Gesichtszüge und das hüftlange, helle Haar, das wie ein goldener Wasserfall über die Kissen flutete.

In Momenten wie diesen konnte er immer noch nicht so richtig glauben, dass sie nun offiziell vor Gott und dem Gesetz Mann und Frau waren und nichts und niemand auf der Welt daran etwas ändern konnte.

»Habe ich es nun richtig ausgesprochen?«, wollte sie auf Franzisch wissen und rekelte sich lasziv in seinen Armen. Ihre Muttersprache klang dabei um einiges melodiöser als die Sprache der Kelten, von der manche Christen behaupteten, es seien die Worte des Teufels.

»Perfekt«, murmelte Struan und spielte verträumt mit seiner Rechten an ihren Brüsten, von denen er gar nicht genug bekommen konnte.

»Wenn du weiterhin so fleißig übst«, raunte er ihr zu, »kann ich mich bald fließend mit dir auf Gälisch unterhalten.« Obwohl er in Wahrheit nicht daran glaubte, weil seine Muttersprache für Außenstehende nicht einfach erlernbar war und er es auch nicht für wichtig befand. Aber er machte sie glücklich mit seiner Zuversicht, und das war die Hauptsache. Wie zur Belohnung drehte sie sich halb zu ihm um und küsste verlangend seinen Mund. Dann hielt sie plötzlich inne und schaute voller Neugier zu ihm auf.

»Aber du wohnst doch gar nicht auf Islay, sondern auf Mhic Chrion. Müsste dein Clan sich dann nicht anders nennen?«, wisperte sie und setzte ihre Liebkosungen um einiges zärtlicher fort.

»Die Vorfahren meiner Familie siedelten auf Islay und wurden von dort vor mehr als einhundert Jahren vertrieben«, belehrte er sie mit einem wohligen Seufzer, was nichts anderes bedeutete, als dass er vollkommen anderes im Sinn hatte, als ihr ausgerechnet jetzt die Hintergründe seiner Familiengeschichte zu erklären.

»Durch wen wurden sie vertrieben?«, hauchte sie mit halbgeschlossenen Lidern, obwohl er sie nun intensiver streichelte, was ihrer Neugier offenbar keinen Abbruch tat.

»In einem Krieg gegen den schottischen König standen unsere Männer auf Seiten der Engländer und haben mit ihnen eine Niederlage erlitten«, erklärte er ihr mit rauer Stimme, wobei er Mühe hatte, sich nicht allzu sehr auf sein bestes Stück zu konzentrieren. »Als Folge davon haben sie ihr Land an die MacDonalds verloren, die auf Seiten der schottischen Krone standen«, fuhr er mit erstickter Stimme fort und umfasste schließlich ihr Handgelenk, um ihr Einhalt zu gebieten, weil er ansonsten selbst eine Niederlage kassierte, noch bevor er seinen Vortrag beendet hatte. »Mein Urgroßvater«, erzählte er weiter und hielt ihre Hand in der seinen, um sicherzugehen, dass sie dort blieb, wo sie war, »hat daraufhin als Entschädigung für den Verlust die Festung ›Caisteal na Faoileagan‹ von den Engländern erhalten, die zuvor den MacDhughaills of Lorne gehörte, mit denen unsere Familie eng verwandt ist. Seitdem befindet sich die Burg in unserem Besitz. Wobei wir sie nach der Schlacht von Bannockburn im letzten Jahr beinahe verloren hätten, weil mein Vater sich schon wieder auf die Seite der Engländer gestellt hatte und damit auf der falschen Seite gefallen ist. Aber meine älteren Brüder sind für den schottischen König gestorben, und somit durfte mein jüngster Bruder das Anwesen behalten. Doch dann kam Onkel Hamish, der Bruder meines Vaters, und wollte Malcolm unser Land streitig machen. Durch meine Rückkehr konnte ich dessen Absichten vereiteln und als legitimer Nachfolger meiner Familie die Führung des Clans und der Burg übernehmen. Was Hamish mir natürlich übelnimmt und weshalb ich mich vor ihm in Acht nehmen muss.«

»Ehrlich gesagt, so genau wollte ich es gar nicht wissen«, bekannte Amelie und schlug die Augen nieder, nur um sich seinem festen Griff zu entwinden und dann mit einem verschmitzten Grinsen seinem besten Stück erneut zu voller Größe zu verhelfen.

Sie war ihm schon vom ersten Moment ihres Kennenlernens an reichlich hemmungslos erschienen und hatte ihm schließlich mit einem geschickten Plan die Unschuld geraubt. Was bei einem Tempelritter, dem der Umgang mit Frauen so wenig erlaubt war wie einem Fuchs der Besuch im Hühnerstall, nicht so einfach war, wie es den Anschein hatte.

Es hatte sie nur ein paar raffinierte Blicke gekostet, bis er sich hemmungslos in sie verliebt hatte, und wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte es auch nicht sehr viel mehr an Anstrengung bedurft, um ihn sein Keuschheitsgelübde vergessen zu lassen. Wobei sein anfänglicher Widerstand auf Dauer sowieso zwecklos gewesen wäre. Wie hätte er auch dem Anblick ihrer braunen Rehaugen und der kurvenreichen Figur auf längere Zeit widerstehen sollen? Ganz zu schweigen von ihrem üppigen Mund und den herrlichen Brüsten. Allein, wenn er daran dachte, wie es gewesen war, als er sie zum ersten Mal berühren durfte, geriet er ins Schwärmen. Aber am meisten hatte ihn wohl ihre Entschlossenheit beeindruckt, mit der sie ihn davon überzeugt hatte, auf sein Herz zu hören und nicht auf die Regeln des Ordens und schon gar nicht auf seinen Verstand, der sich in ihrer Gegenwart ohnehin kaum noch durchsetzen konnte. Sie war es gewesen, die ihm gezeigt hatte, was er in Wahrheit vermisste, und hatte ihn im Handumdrehen von jener Einsamkeit erlöst, die ihn seit seiner Jungend gequält hatte. Dafür liebte er sie am meisten. Sie hatte die Sonne in sein verregnetes Leben gebracht und ihm bewiesen, dass es außer Gott dem Allmächtigen noch etwas anderes gab, für das es sich zu leben, aber auch zu kämpfen lohnte.

Erst gestern hatte sie ein Priester in der hiesigen Hauskapelle der MacDhughaills of Ìle zum zweiten Mal in den heiligen Stand der Ehe erhoben, obwohl sie schon vor wesentlich längerer Zeit vor Gott zu Mann und Frau erklärt worden waren. Aber Struan war es wichtig gewesen, ihren Bund vor den Angehörigen seines Clans noch einmal zu besiegeln, damit es offiziell seine Richtigkeit hatte. Dabei hatte er glaubhaft auf die Bibel geschworen, zuvor von einem wahrhaftigen Großmeister der Templer aus dem Orden entlassen worden zu sein. Denn erst danach war man als Tempelritter von allen Gelübden, die man dem Orden geleistet hatte, entbunden. Dass der betreffende Großmeister ihn bereits vor mehr als hundert Jahren aus seinen Verpflichtungen entlassen hatte, brauchte hier niemand zu wissen.

»Du bist wohl noch ein bisschen entkräftet«, neckte sie ihn, als er sich ihr wohlig entgegenstreckte und dabei herzhaft gähnte.

»Das sieht nur so aus«, brummte er und zog sie so fest in seine Arme, dass sie nach Atem rang, wobei er seine Härte an ihren Hintern presste und sich die Erschöpfung, die ihn plagte, nicht anmerken ließ.

Struan hatte Amelie früh am Morgen nach einem ausgiebigen Gelage über die Schwelle ihres Schlafgemachs getragen und sie damit offiziell zu seiner Frau gemacht. Danach hatten sie sich mehrmals geliebt, und folglich hatte er nicht sonderlich viel geschlafen. Kein Wunder also, dass er noch müde war. Malcolm, Struans neunzehnjähriger Bruder und einziger naher Verwandter, hatte zu Ehren des Älteren eine Einladung zu einem Céilidh ausgesprochen, einer Zusammenkunft mit Musik und Tanz, der sämtliche Burgbewohner und auch Clansmänner aus den umliegenden Dörfern mit ihren Damen gefolgt waren, um Struans Rückkehr aus Franzien und seine Hochzeit mit Amelie gebührend zu feiern, aber auch, um ihm offiziell vor allen Anwesenden die Treue zu schwören. Wie üblich bei einem solchen Anlass, waren Bier und Wein in Strömen geflossen. Die feierfreudigen Gäste hatten aber nicht nur die halbe Nacht getrunken und getanzt. Nicht wenige Kerle waren anschließend mit ihren willigen Eroberungen in irgendwelchen Nischen und Ecken verschwunden, um sich dort auf ihre Art zu vergnügen. Hier in den Highlands kümmerten sich die Leute wenig um Sitte und Anstand, und jedes Kind, das auf diese Weise das Licht der Welt erblickte, wurde als Glücksfall bejubelt. Schließlich konnte man im Kampf gegen die Engländer gar nicht genug Nachwuchs zeugen, um sie eines Tages überrennen zu können. Ein Umstand, der auch Amelie nicht entgangen war.

»Gut, dass man für die Liebe keine Worte benötigt«, bemerkte sie in Anbetracht ihrer Unkenntnis der gälischen Sprache und seufzte vergnügt, während sie mit Struan ausgiebig in den Kissen schmuste und ihm neben dem schwarz gelockten Haupt genüsslich den dunklen Bart kraulte, der, ebenso wie sein Haar, nach ihrer wundersamen Rückkehr aus dem Heiligen Land bereits ein Stück gewachsen war. Dort hatte man ihm als Templer beinahe eine Glatze geschoren, und der Bart war traditionell bis auf einen Fingerbreit gestutzt gewesen. Doch als wilder Highlander würde er beides fürs Erste sich selbst überlassen, wie er ihr angekündigt hatte. Amelie gefiel das, wie überhaupt alles an ihm. Er stieß einen erstickten Laut aus, als sie ihre vollen Brüste an seinen muskelbepackten Oberarm schmiegte und auffordernd ihre Schenkel spreizte.

»Es gibt nichts Schöneres, als mit dir das Lager zu teilen«, flüsterte sie atemlos, wobei er ihre Hand genau dort festhielt, wo sie war.

»Mir geht es nicht anders«, raunte er genießerisch in ihr Ohr. »Ich würde dich am liebsten ohne Unterlass besteigen und uns beiden im Nu eine ganze Schar von Kindern zeugen.«

Amelie stieß ein begeistertes Keuchen aus. »Nimm mich«, bettelte sie. »Jetzt!«

»Du kleines Luder«, murmelte er und erforschte mit seiner vom Schwertkampf schwieligen Hand, ob sie tatsächlich bereit war, ihn mühelos in sich aufzunehmen.

Sie hielt den Atem an, als er über sie kam und auf seinen Armen abgestützt mit größter Zärtlichkeit in sie eindrang.

Im Gegensatz zu ihm war sie geradezu winzig, und er musste stets aufpassen, dass er sie nicht erdrückte. Während er mit festem Griff ihre Handgelenke fixierte, landete sein weicher Mund unvermittelt auf ihren Lippen. Sie küssten sich leidenschaftlich, während seine Zunge mit ihrer spielte.

»Wenn es nach mir ginge«, hauchte sie hingebungsvoll, als sie wieder zu Atem kam, »könnten wir bis auf ewig in diesem Bett liegen und uns lieben.«

»Hast du gar keine Angst, kleine Amelie?«, murmelte er und entblößte mit einem wölfischen Grinsen sein beeindruckendes Raubtiergebiss, wie Amelie ihn ab und an neckte, weil ihr seine Eckzähne so kraftvoll erschienen.

»Wovor?«, fragte sie mit einem unschuldigen Augenaufschlag.

»Dass ich dich eines Tages vor lauter Gier auffressen könnte«, beantwortete er lachend ihre Frage. Noch ehe sie etwas erwidern konnte, sank er auf beide Ellbogen gestützt tiefer auf sie herab, um noch machtvoller in sie einzudringen. Amelie empfing ihn voller Wonne, und ihr Fleisch umschmiegte ihn so eng und feucht, als ob sie gar nicht genug von ihm bekommen konnte. Ein herrliches Gefühl, dachte Struan, das ihn immer wieder um den Verstand brachte und mit nichts zu vergleichen war.

»Du hast keine Ahnung, wie sehr ich ein Kind von dir möchte, Struan MacDhughaill«, wisperte sie verlangend an seinem weichen Mund, bevor sie gierig nach Luft schnappte.

»Ich werde alles tun, um dir diesen Wunsch zu erfüllen«, versprach er ihr heiser und rammte sich aufs Neue regelrecht in sie hinein.

Amelie entfuhr ein spitzer Schrei, als er ihr Innerstes fast brutal für sich eroberte. Sie mochte es, wenn er sie auf diese ungestüme Art nahm. Er war schon lange nicht mehr der schüchterne Templer, den sie vor Jahren in einer klapprigen Schäferhütte verführt hatte. Inzwischen wusste er genau, was er wollte, und seit ihrer Rückkehr nach Schottland hatte er sich nicht nur äußerlich in einen barbarischen Krieger verwandelt, der sich keinerlei moralischen Regeln unterwarf, wenn es um die Verteidigung seiner Interessen ging. Zudem hatte er als Anführer eines Clans die Verantwortung für über hundert Menschen übernommen, von denen er strikten Gehorsam verlangte. Das galt selbstverständlich auch für seine Ehefrau. Und obwohl sie unter ihrem strengen Vater stets eine Rebellin gewesen war, gefiel es ihr, Struans Stärke zu spüren, und das Gefühl von Beschütztsein, das er ihr mit seinem kompromisslosen Auftreten vermittelte. Bei näherer Betrachtung erinnerte er sie an ein schönes, wildes Tier, das man endlich in die Freiheit entlassen und das letztlich seine Bestimmung gefunden hatte. Er hatte immer eine Familie gewollt und für seine Nachkommen ein Zuhause in seiner schottischen Heimat, das ganz und gar ihm allein gehörte. Ihm bei der Erfüllung seiner Träume zu helfen, erschien Amelie wie ein vollkommenes Glück.

»Ich liebe dich«, flüsterte er, als ob er ihre Gedanken erraten hätte.

»Ich dich auch«, hauchte sie, während sie gemeinsam den Gipfel der Lust erklommen und sich, tief im Innern fest miteinander verbunden, im Paradies wähnten.

Mit pochendem Herzen lag Amelie anschließend in Struans Armen.

»Ich bin so froh, bei dir sein zu dürfen«, gestand sie ihm beinahe andächtig.

»Mir geht es genauso«, fügte er ergriffen hinzu und küsste sie zärtlich auf die Stirn.

»Dabei sah es vor einer Weile noch ganz anders aus«, wisperte sie. »Als ich mit den anderen Frauen eine Gefangene dieses schrecklichen Emirs war, dachte ich schon, ich würde dich niemals wiedersehen.«

»Wir haben es der Güte des Allmächtigen zu verdanken, dass wir hierher zurückkehren durften«, murmelte Struan und drückte sie an sich.

»Denkst du, diese Güte wird dazu führen, dass ich bald guter Hoffnung bin?«, fragte sie. Sie konnte noch immer nicht vergessen, dass sie ihr erstes Kind kurz vor der Geburt verloren hatte und dabei selbst fast gestorben war.

»Aber ja doch«, beruhigte Struan sie lachend. »Schließlich tun wir fast nichts anderes mehr, als übereinander herzufallen. Malcolm beschwert sich schon, ich hätte kaum noch Zeit, um mich um ihn und unsere Männer zu kümmern.«

Damit sie so bald wie möglich empfing, reizte sie ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit, selbst wenn sie am Ende ganz wund zwischen den Schenkeln war.

»Wir werden schon bald eine richtige Familie sein. Schließlich habe ich dich schon einmal geschwängert, vertrau einfach meiner Manneskraft«, versprach er mit einer gehörigen Portion Schalk in den schwarzen Augen und zog sie erneut zu sich heran.

»Und wie wird es nun weitergehen?«, fragte Amelie und lenkte damit unvermittelt zurück zur Politik. »Ich meine jetzt, wo dich die Männer des Clans zu ihrem Anführer ernannt haben? Soweit ich es beurteilen kann, hast du außer Malcolm niemanden in der Familie, dem du vertrauen kannst.«

Was es bedeutete, in Zukunft die Frau eines Clanoberhauptes zu sein, konnte Amelie lediglich ahnen, stammte sie selbst doch gar nicht aus adligen Verhältnissen, sondern war die Tochter eines vermögenden Kaufmanns aus der Champagne. Dort waren die Sitten allerdings um einiges feiner und die Männer in ihrer Erscheinung weit weniger barbarisch als in den schottischen Highlands. Struan und seine Gefolgsleute entsprachen weder äußerlich noch innerlich dem, was ihr Vater sich für sie als Ehemann gewünscht hätte. Aber die Zeiten änderten sich nun mal, und Struan und seine Männer waren immer höflich zu den Frauen auf der Burg und zudem verlässliche Beschützer in dieser rauen Welt. Es war wohl dieser Gegensatz, weswegen sie Struan geradezu abgöttisch liebte und aus tiefstem Herzen Stolz darauf war, das Weib dieses schwarzhaarigen Helden zu sein, den ihr manch andere Frau des Clans mit glühenden Blicken neidete. Auch wenn es ihr manchmal ein wenig Furcht bereitete, wie schnell sich der ordentlich gewandete Mönchskrieger in einen halbnackten Wilden verwandelt hatte, seit sie in dieses neue andere Leben eingetaucht waren.

»Mach dir keine Sorgen wegen meiner Verbündeten, Amelie«, sagte er leise und küsste sie auf die Nasenspitze. »Im Zweifel habe ich ja dich.« Er grinste breit, doch dann erlosch sein Lachen, als hätte man eine Kerze ausgeblasen.

»Wir können froh sein, dass mein Vater nicht mehr unter den Lebenden weilt. Er hätte uns mit seinen unseligen Allianzen nur geschadet und dich auf der Stelle zu seiner Mätresse bestimmt. Er hat mir ohnedies ein bitteres Erbe hinterlassen. Wie ich schon sagte, hat er im letzten Jahr bei der Schlacht von Bannockburn an der Seite seines Cousins Iain MacDhughaill of Lorne für Edward II. gekämpft und verloren. Wie du weißt, haben die Engländer die Schlacht gegen den schottischen König Robert the Bruce haushoch verloren. Mit dieser Bürde wird es für mich schwer werden, das Vertrauen von König Robert zu gewinnen, selbst wenn meine beiden älteren Brüder für ihn gestorben sind.«

»Es tut mir leid, dass das Verhältnis zu deinem Vater so schlecht war«, wisperte Amelie und streichelte ihm über den breiten Nacken, »und dass er so wenig an eure Zukunft gedacht hat.«

»Um den Alten ist es nicht schade«, versicherte ihr Struan mit reinster Überzeugung in seinen schwarzen Augen. »Er war ein Säufer und Hurenknecht. Aber Roderic und Angus vermisse ich sehr. Wir haben uns gut verstanden und uns stets gegen unseren grausamen Vater verschworen. Ich hätte die beiden in diesen unsicheren Zeiten gern an meiner Seite gehabt. Zumal ich nun ganz allein vor der Aufgabe stehe, unseren Clan zu befrieden, weil unsere Männer in zwei Parteien gespalten sind«, fügte er seufzend hinzu. »Diejenigen, die gegen den schottischen König sind, wie mein Vater, und solche, die Robert als neuen Heilsbringer sehen, der er in meinen Augen wahrlich nicht ist.«

»Und was ist mit deiner übrigen Familie«, wollte Amelie wissen. »Oder gibt es da niemanden mehr?«

»Nur Onkel Hamish, und der kommt als Vertrauter nicht in Frage. Er zieht es wohlweislich vor, mir aus dem Weg zu gehen. Um es ehrlich zu sagen, ich konnte diesen verlogenen Kerl noch nie leiden. Er hat meinen Vater dazu überredet, mich zu den Templern zu schicken, weil er meinte, das imponiere dem englischen König. Dabei hatte er in Wahrheit von Beginn an den Besitz und den Titel meines Vaters im Auge und hoffte wohl, ihn und meine Brüder bei einer der zahlreichen Schlachten, die in den darauffolgenden Jahren zwischen Schotten und Engländern ausgefochten wurden, aus dem Weg räumen zu können. Ich bin mir sicher, er hätte Malcolm, ohne mit der Wimper zu zucken, getötet, um an unser Familienerbe zu kommen, wenn ich nicht zufällig zurückgekehrt wäre.«

»Hast du ihn deshalb nicht zu der gestrigen Versammlung eingeladen?«

»Warum sollte ich diesen falschen Hund in unserem Haus haben wollen?«, beantwortete Struan die Frage mit einer Gegenfrage. »Schließlich hat er schon vor meiner Ankunft sein Fähnchen stets nach dem Wind gehängt. Ein Saufgelage und ein paar warme Worte ändern da nicht viel. Im Gegenteil, vielleicht hätte er zu später Stunde versucht, mich zu erdolchen und dich zu entführen und zu vergewaltigen.«

»Mon Dieu!« Amelie machte ein erschrockenes Gesicht. »Dazu wäre er fähig?«

»Was denkst du denn? Eine falsche Schlange bleibt eine falsche Schlange«, raunte Struan, »ganz gleich, wie oft sie sich häutet.«

»Das sagt mein Vater auch immer«, pflichtete sie ihm bei. Sie war mit einem Mal nachdenklich, weil sie ihrem Vater gegenüber auch nicht immer ehrlich gewesen war, indem sie ihn monatelang mit ihrer heimlichen Liebschaft zu einem Templer hinters Licht geführt hatte und am Ende mit Struan, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, auf immer verschwunden war. Noch ganz in Gedanken, schrak sie unvermittelt auf, weil jemand an die Tür polterte.

»Wer da?«, rief Struan auf Gälisch.

»Is mise, Malcolm«, rief eine verkaterte Stimme.

»Dein Bruder?«, wisperte Amelie und schaute ihn fragend an.

»Wer sollte es sonst sein?« Nachdem Struan sie mit einem missmutigen Knurren aus seinen Armen entlassen hatte, sprang er, nackt wie er war, aus dem Bett, und durchquerte mit noch halbsteifem Glied ungeniert die eiskalte Kammer.

Das Feuer war gegen Morgen erloschen, doch anstatt es neu zu entfachen, bückte er sich und hob im Vorbeigehen sein furchteinflößendes Claidheamh-mòr-Schwert auf, das er neben seiner Kleidung sorgsam auf die Holzbohlen gelegt hatte. Bevor Struan den armdicken Balken zur Seite schob, der die Tür zu ihrer Schlafkammer verriegelte, zog er die Häute am einzigen Fenster der Kammer beiseite, die Feuchtigkeit und Kälte, die vom Atlantik heraufstiegen, auf Abstand hielten. Mit einen schnellen Blick nach draußen auf die nebelverhangene Umgebung der Burg stellte er sicher, dass die unvermittelte Störung kein größeres Problem mit sich brachte.

Amelie verkroch sich derweil wie ein ängstliches Kätzchen unter den Decken und Kissen. Sie tat das nicht nur, um Schutz vor den Blicken eines möglichen Eindringlings zu suchen, sondern vor allem, um der eiskalten Luft zu entgehen, die durch das offene Burgfenster von draußen hereinströmte. Es roch nach Seetang und Fisch und dem Rauch der Torffeuer, der aus diversen Kaminen der Burg aufstieg. Deutlich vernahm sie nun das Geschrei der Möwen, die vom nahen Ozean zu ihnen heraufflogen, um etwas von den Fischabfällen aus der Küche zu ergattern, bevor es die Katzen taten. Dazu gesellte sich das unheimliche Wehklagen der Krähen, die in den Augen der Inselbewohner Gesandte des Teufels waren. Sie kreisten aus dem gleichen Grund wie die Möwen um die Burgzinnen, obwohl es für sie hier wenig zu holen gab.

Mit einem knarzenden Geräusch öffnete Struan die mit Eisennägeln beschlagene Eichenholzpforte einen Spalt weit, um sicherzugehen, dass dort draußen wirklich nur sein Bruder auf ihn wartete.

Malcolm war wie erwartet allein und ließ sich von Struans merkwürdigem Auftritt nicht beeindrucken. Stattdessen blieb er grinsend im Türrahmen stehen, nachdem er den Älteren für einen Moment belustigt gemustert hatte. Sein Gesicht war bärtig wie das seines Bruders, und wie bei Struan zeigten sich seine weißen kräftigen Zähne, als er unvermittelt lachte. »Hey, Stru, hab ich euch bei was Wichtigem gestört? Ich dachte, du wärst längst auf und würdest dich mit den schwindenden Abgaben der Pächter beschäftigen.«

»Was willst du hier?«, knurrte Struan. »Du hältst uns davon ab, den nächsten Clanchief der MacDhughaills zu zeugen.«

»Brauchst du Unterstützung?«, fragte Malcolm und ging grinsend in Deckung, als Struan andeutungsweise mit einem Stiefel auf ihn zielte. »Ihr hattet doch schon die halbe Nacht und den ganzen Morgen Zeit, um das zu erledigen«, rechtfertigte er sein unerwartetes Erscheinen in gebrochenem Franzisch, damit Amelie, die nun zögernd aus ihrem Versteck hervorlugte, auch etwas verstand. Sie hatte ihn gleich gemocht, als sie vor ein paar Wochen mit nichts in den Händen hier angekommen waren und er sie herzlich willkommen geheißen hatte, ohne lästige Fragen zu stellen. Er war nur ein wenig jünger als sie selbst, ein verständiger Bursche mit einem ausnehmenden Charme.

Amelie fand ihn süß, was kein Wunder war: Im Grunde war er ein Abbild von Struan, nur ein bisschen kleiner, aber nicht weniger muskulös und breitschultrig. Er besaß die gleichen wilden Locken, eine große Nase und die dunklen Augen der MacDhughaills, auch wenn sie, anders als bei Struan, nicht ganz so schwarz waren, sondern mehr ins Bräunliche tendierten.

Seine großen Füße steckten in weichen Hirschlederstiefeln, und wie alle Männer hier auf der Burg trug er stets ein kariertes Plaid, das er auf der Hüfte mit einem breiten Gürtel zu einem knielangen Rock gegürtet hatte. Amelie starrte wie gebannt auf die über Kreuz verlaufenden Brustgurte, die Malcolms riesiges Schwert in einer Lederscheide auf dem Rücken fixierten und seine massigen Schultermuskeln betonten, was ihn, zusammen mit seinen schwarzen Haaren und dem Bart, für Leute, die ihn nicht kannten, zu einem bedrohlich aussehenden Krieger machte.

»Alle MacDhughaills sind dunkel«, hatte Struan ihr gleich nach ihrer Ankunft erklärt.

»Bis auf Onkel Hamish«, hatte Malcolm hinzugefügt. »Der ist ein Rotfuchs und verdient diesen Namen zu Recht. Unsere Vorfahren stammen aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem fernen Spanien«, hatte Malcolm mit einem Augenzwinkern erklärt. »Aber das darfst du natürlich niemandem erzählen, der glaubt, dass die Highlands der Quell seiner Vorfahren sind.«

Amelie war von Beginn an begierig darauf gewesen, mehr über Struans Familie und deren Erbe zu erfahren. Wobei seine Verwandtschaft natürlich noch weitreichender war und nicht nur aus der Seite des Vaters bestand. Schon zuvor hatte er ihr von seiner verstorbenen Mutter erzählt, deren Clan nach ihrem plötzlichen Tod im Kindbett mit der Familie des Vaters gebrochen hatte.

Wie Struan hatte Malcolm ein paar Jahre eine Klosterschule besucht und neben Latein auch Franzisch gelernt, wie es sich für den Sohn eines Clanführers gehörte. Was man beiden Männern in diesem Aufzug nicht ansah, wie Amelie still für sich befand.

»Und welche zerzauste Waldelfe versteckt sich da in deinem Bett?« Mit einem strahlenden Lächeln kommentierte Malcolm Amelies verstrubbelten Blondschopf, den sie bis zur Nasenspitze aus den Fellen hinausstreckte.

»Guten Morgen, Schwager«, sagte sie höflich und musterte verstohlen seinen bloßen Oberkörper. »Ist dir nicht kalt?«

Wie alle Männer seines Clans lief Malcolm selbst bei schlechtem Wetter stets halbnackt durch die Gegend, was sie als wohlbehütete Franzin, die allenthalben Wert auf feingearbeitete Kleidung legte, im Grunde unmöglich fand. Aber es gehörte zu den vielen Dingen, an die sie sich in Schottland würde gewöhnen müssen, auch wenn sie den Anblick von Malcolm und Struan weitaus angenehmer als den von Salzhering und Haferbrei empfand.

»Sehe ich etwa aus, als ob ich friere?« Malcolm lüpfte seinen Tartan, wie man das große Stück Stoff nannte, das er mit einem breiten Ledergürtel wie einen unordentlich gerafften Rock auf Taille gebracht hatte, und präsentierte ihr ungeniert seine muskulösen, behaarten Beine bis zu den Oberschenkeln, dabei tänzelte er aufreizend hin und her und lachte herzhaft, während Amelie kichernd die Augen verdrehte. Struan warf seinem kleinen Bruder einen warnenden Blick zu, den Malcolm jedoch ignorierte. Im Gegenteil, er schien Amelies Aufmerksamkeit in vollen Zügen zu genießen. »Du weißt doch, dass wir nicht so verzärtelt sind wie die Männer im Rest der Welt«, versicherte er ihr. »Dein Mann hat schließlich gar nichts an«, witzelte er. »Aber so, wie es aussieht, hast du ihm ja ordentlich eingeheizt. Er hat ja jetzt noch einen riesigen Ständer.«

Amelie wich seinem provozierenden Blick aus. Dann hüstelte sie verlegen und errötete, was Malcolm sichtlich amüsierte.

»Auch das haben die MacDhughaills gemeinsam, sollte meinem Bruder irgendwann mal die Luft ausgehen, weißt du, wo du mich findest.« Er grinste noch breiter und näherte sich ihr mit seinem lässig um den Leib geschlungenen Wolltuch unter dem er keine Unterhose trug, wie sie sicher wusste. »Soll ich es dir beweisen?«

»Malcolm!«, herrschte Struan ihn an, der just seinen rotgrün karierten Umhang sortierte, den er in der Nacht mitsamt dem Gürtel achtlos über eine Bank geworfen hatte. »Lass meine Frau zufrieden, was soll sie denn von dir denken?«

»Ich wollte doch nur einen Spaß machen.« Malcolm nickte entschuldigend und machte zwei Schritte zurück, während sich sein amüsierter Blick zugleich auf Struans geballte Männlichkeit konzentrierte, die sich noch immer nicht im Zustand der Ruhe befand.

»Ich weiß nicht, wovor ich mehr Angst hätte, wenn ich deine Frau wäre«, unkte Malcolm und wandte sich lachend seinem ungehaltenen Bruder zu, »vor deinem Schwanz oder deinem Schwert?«

Er zwinkerte Amelie frohgelaunt zu, während Struan sich murrend seinen Tartan um die Hüften raffte und ihn mit einem breiten Gürtel auf Taille fixierte.

Amelie streckte derweil ihr Näschen in den Durchzug, den die offenstehende Tür in Verbindung mit dem offenen Fenster verursachte. Der Duft von gebratenem Speck und dem obligatorischen Haferbrei, den es hier jeden Morgen zum Frühessen gab, wehte herein.