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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Feuer

Wasser

Luft

Erde

Wasser

Erde

Wasser

Feuer

Wasser

Erde

Luft

Intermezzo: Die Quintessenz

Feuer

Wasser

Luft

Luft

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2573

 

Dorksteigers Dilemma

 

Ein Stardust-Terraner will eine neue Allianz – und eine Ator muss sich entscheiden

 

Wim Vandemaan

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Eigentlich herrscht seit über hundert Jahren Frieden.

Doch seit die Terraner auf die sogenannten Polyport-Höfe gestoßen sind, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, tobt der Konflikt mit der Frequenz-Monarchie: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof und greift mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe an.

Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – der Kampf findet in der Milchstraße und in Andromeda statt. Man entdeckt die Achillesferse der Vatrox, der Herren der Frequenz-Monarchie: Sie verfügen mittels ihrer Hibernationswelten über die Möglichkeit der »Wiedergeburt«. Als die Terraner ihnen diese Welten nehmen und die freien Bewusstseine dieses Volkes einfangen, beenden sie die Herrschaft der Frequenz-Monarchie. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt: Noch immer gibt es Vatrox und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammenhängen.

Perry Rhodan begibt sich in der fernen Galaxis Anthuresta auf die Suche nach Verbündeten im Kampf gegen die Frequenz-Monarchie. Die Tryonische Allianz könnte ein solcher Verbündeter sein, aber diese arbeitet mit den Vatrox zusammen. Das Auftauchen der Stardust-Menschheit in ihrer heimatlichen Galaxis führt allerdings zu DORKSTEIGERS DILEMMA …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Stuart Lexa – Der Stardust-Terraner will eine neue Allianz.

Sichu Dorksteiger – Die Ator entpuppt sich als schlagkräftige Gegnerin.

Ana Leshkov – Die Chefmedikerin der KATARAKT adoptiert einen Gast.

Ditir Gicorte – Ein Wissenschaftler, der mit Dschinns reden möchte.

Charles Hall – Der Bauleiter befürchtet eine Invasion.

Feuer

 

Endlich, mitten im Feuer, ging ihr auf, dass diese ganze Geschichte nichts war als eine Erfindung. Eine bloße Legende, vielleicht ausgedacht, um zu trösten.

Wer hätte es wissen sollen?

Sie rannte. Manchmal schienen ihr die Räume – die Korridore, die Hallen – glasklar, von einer übernatürlichen Durchsichtigkeit. Dann wieder verhüllten seltsame Schwaden die Sicht. Sie wusste, konnte es sich aber nicht vorstellen, dass dieser Nebel der Rückstand eines verpufften Aggregats aus Formenergie war, die verwehende Energiesubstanz einer Maschine.

Sie rannte, immer Fyrt Byrask hinterher. Seit wann hatte er eigentlich die Führung übernommen?

Seit dem Beginn ihrer Flucht?

Oder bereits vor langer Zeit? Hatte er sie nicht immer schon geführt?

Vielleicht, dachte sie, ist er im Fliehen einfach geübter als ich. Aber ich lerne.

Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen, dass sie von ihm gelernt hätte.

Mal sprangen sie durch ein Flammenmeer ohne jede Wirklichkeit. Imaginäres Feuer. Auch das nur die Reste der formenergetischen Ausrüstung des Schiffes. Dann wieder schlugen ihnen reale Flammen entgegen, verschlugen ihnen den Atem, waren undurchdringlich. Fyrt stoppte, schaute, orientierte sich neu.

»Komm!«, rief er, lief wieder los. Sie folgte.

Nichts als eine Legende also …

Im Augenblick des Todes, hatte es geheißen, würde sich das Bewusstsein vom Leben verabschieden, indem es sich die entscheidenden Momente seiner Existenz noch einmal vergegenwärtigte mit der alles durchschlagenden Kraft einer Vision.

Eine Parade entscheidender Augenblicke.

Eine kleine private Leistungsschau, ausgerichtet vom sterbenden Gedächtnis.

Nichts davon geschah. Während sie lief, überlegte sie, welche Szenen sie gerne gesehen hätte.

Aber es kamen ihr nur Belanglosigkeiten in den Sinn. Das Panorama vom elterlichen Anwesen auf der Anhöhe hinab über die ertragreichen Ländereien. Ihr Vater, der ihr Fieberpudding brachte, als sie an den Quächteln litt. An den Doso-Doso, den Dogo-Zwerg, der sich ihr aufgedrängt hatte während ihrer ersten Himmelfahrt durch Anthuresta, damals im Schiff der Vatrox. Wie hatte das Schiff geheißen? Sie wusste es nicht mehr. Hatte sie es damals gewusst?

Sie erinnerte sich an die Hausdienerschaft auf Oranata, dem gelobten Land, und an die defekte Art der Diener, Handelsidiom zu sprechen.

An das leere Bett ihrer Freundin Edity Satch, die nach der ersten Prüfung aussortiert worden war. War auch das belanglos?

Nein, das war allerdings von Belang. Sie hätte das Gesicht Editys gerne noch einmal gesehen, schärfer als jetzt.

Sie hätte gerne ihn gesehen, Fyrt Byrask, wie er zu ihrem dreizehnten Geburtstag gesungen hatte, ohne zu wissen, dass er für sie sang.

Sie hätte ihn gern noch einmal erlebt, wie sie ihn später, nach dem verunglückten Rogasta-Rennen, erlebt hatte: seine zunächst unüberwindliche Nähe und dann, als die Nähe doch überwunden war, seinen Geruch nach warmer Erde und Bitterblume.

Aber keine Rede davon, dass das Gedächtnistheater in Gang kam und ihr diesen Gefallen tat. Nichts als eine Legende.

Sie lief weiter.

Ihm nach.

Wohin?

Eine Legende, natürlich, wie hatte sie je anderes glauben können? Wer hätte schließlich davon berichten können, wie es war, wenn man starb? Die, die erzählen konnten, waren nicht gestorben. Inkompetent. Kompetent wären allein die gewesen, die gestorben waren. Aber die schwiegen sich aus.

Überall Feuer, reales wie imaginäres.

Die VOSTAR hatte zu den Schiffen gehört, die im Raumkontext des Planetoiden auf Patrouille gewesen waren, um den Hort zu sichern.

Für einen Moment war ihr, als würde sie die VOSTAR von außen sehen, aus großer Entfernung: ein DC-Schlachtlicht der Vatrox, ein Gebilde aus materialisierten, kristallisierten Energien.

Sie hatte als Hyperphysikerin die fundamentale Entstehungsformel eines solchen Schiffes vor Augen, die hypermathematische Matrix, aus der die Hülle generiert worden war. Eine Formel, die zugleich von großer Einfachheit im Detail und von unfasslicher Varianz im Ganzen war.

Organischen Augen erschien das Schiff wie ein in Form geschliffener Rubinberg: ein vielflächiger, aus Dreiecken und Trapezen zusammengesetzter Riesenkristall von 1650 Metern Durchmesser und 820 Metern Dicke. Die Hülle war von einem eigentümlich abgetönten Rot. Ihr Stoff schien aus sich selbst zu leuchten, ohne grell zu sein, ohne zu blenden, ganz so, als müsste sich ein Licht im tiefsten Inneren des Schiffes durch ein Universum von Schatten an die Oberfläche kämpfen.

Wie jedes Schlachtlicht hatte auch die VOSTAR bislang immer den Eindruck von Reinheit, Macht, ja Unangreifbarkeit vermittelt – jedes Schlachtlicht ein Siegel des Friedens, der dank der Frequenz-Monarchie in Anthuresta herrschte.

Wenn es auch kein makelloser Friede war.

Die Unangreifbarkeit verdankte sich nicht nur dem optischen Eindruck. Sie war kein Trick von Illusionisten, wie sie die Scheinwahrer auf Ganroj beherrschten, die in ihren Magischen Karawanen über Land zogen und ihre Zuschauer verblüfften, die gerne dafür zahlten, ihre Sinne verdrehen und verdrechseln zu lassen.

Die Immunität der Schlachtlichter war echt, ein Erzeugnis ihrer hyperphysikalischen Maschinerie. Die Hypermodulatoren der VOSTAR vermochten das Schiff in ein energetisch verschobenes Kontinuum zu versetzen und feindlicher Waffengewalt fast völlig zu entziehen.

Allenfalls überschwerer Beschuss hyperenergetischer Waffen konnte das Schlachtlicht dann noch in Bedrängnis bringen.

Nun aber standen die entscheidenden Komponenten der Hypermodulatoren des Schiffes in Flammen. Realen wie imaginären. Ihre kristallisierte Energie verpuffte. Sichu Dorksteiger hatte das Feuer im Hologramm der Zentrale lodern gesehen, sie hatte beobachtet, wie die Auflösung Raum gewann, Gespensterzonen in der VOSTAR schuf.

»Komm!«, hatte Fyrt Byrask gesagt, nachdem er aus dem Pilotensitz aufgesprungen war. Sehr ruhig, sehr entschieden, sehr endgültig.

Und ausschließlich an sie hatte er sich gewandt, gerade so, als wären die übrigen Mitglieder der Zentralebesatzung, als wären sogar die drei Frequenzfolger und ihre Kriegsordonnanzen nicht mehr existent. Oder die Okrivar, die mit ihren kleinen, zierlichen Körpern auf erhöhten Sesseln hockten und mit ihren drei Augen in die Holomonitore starrten, als könnten sie das Unvermeidliche bannen.

»Komm!«, hatte Fyrt noch einmal gesagt, drängender.

Ein Holoprojektor explodierte, Trümmerteile schlugen in das Visier eines Okrivar und durchschlugen es. Ein sonderbar tiefer, dunkler Schrei.

Der Knall hatte Sichu Dorksteiger endlich aus ihrer Erstarrung gerissen. Sie war aufgesprungen und Fyrt gefolgt.

Hinaus aus der Zentrale.

Aber wohin?

Die Vatrox hatten ihr nachgesehen. Eine Kriegsordonnanz hatte etwas gerufen, was sie nicht verstanden hatte.

Sie rannte.

Das Schiff war zu einem lebensgefährlichen Ort geworden. Alles löst sich auf. Das Schlachtlicht. Die Ordnung an Bord. Die Kommandostrukturen.

Sie erschrak und fühlte sich plötzlich bestätigt: Erlebten sie und Fyrt nicht soeben ein Exempel? Würde nicht die ganze Struktur Anthurestas kollabieren, wie die Struktur der VOSTAR zusammenbrach, wenn es gelang, die Frequenz-Monarchie zu destabilisieren?

Das musste Fyrt doch einsehen, wenn er alle Skepsis beiseiteschob, die sich aus seinen privaten Erfahrungen speisten.

Fyrt sah gar nichts ein. Fyrt rannte, und er riss sie mit sich.

Er hatte den Tod des Schiffes früher kommen sehen als sie; er hatte die VOSTAR früher verloren gegeben. Für einen Moment hatte sie überlegt, ob Fyrt die Vernichtung des Schiffes etwa herbeigesehnt hatte. Ihr war, als würde er den Untergang dieses Prunkstückes der Vatrox-Technologie genießen.

Sein eigener Tod im Untergang des Schiffes?

Beiwerk.

Die VOSTAR starb. Die Zerstörung brach sich Bahn von allen Seiten. Dabei lag das Schiff nicht im feindlichen Feuer. Ein Hypersturm war über sie gekommen.

Das war jedenfalls die vorherrschende Theorie.

Dorksteiger hegte nach wie vor Zweifel. Sie hatte diese Zweifel bereits in der Zentrale geäußert, als Fyrt noch im Pilotensessel versucht hatte, zusammen mit den beiden Okrivar an seiner Seite das Schiff aus der Gefahrenzone zu manövrieren.

Die unsägliche Stille in der Zentrale. Die stumm gestellten Bilder der Überwachungsholos, in denen man sah, wie die Unruhe unter den Darturka wuchs.

Wie die Klone die hyperphysikalische Gefahr witterten.

»Was meinst du damit: Möglicherweise ein Angriff?«, hatte Trochavam sie gefragt, der Vatrox-Kommandant des Schlachtlichts.

Dorksteiger hatte gesagt: »Ich meine, dass die Hyperenergieströme zu fokussiert auf das Schiff treffen. Zu gezielt. Dass sie geradezu induziert wirken.«

»Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für diese Theorie?«, hatte sich Trochavam an den Hauptrechner der VOSTAR gewandt.

Keine fünf Prozent hatte der Rechner ihrer Vermutung gegeben.

»Aber jede Wahrscheinlichkeit über null heißt: möglich!«, hatte sie eingewendet.

Der Schiffsrechner hatte sich gemeldet, eine Erwiderung versucht. Aber ihre Stimme war unmoduliert gewesen, ein bloßes Heulen und Jaulen.

Aus, hatte Dorksteiger gedacht. Die Hyperenergien hatten ihn ruiniert. Das Schiff würde ihrer Kontrolle – und damit der Kontrolle durch Fyrt und seine Orkivar – entgleiten.

Sie hatte nach Fyrt gerufen.

Sie hatte gesehen, wie Fyrt einen Kurs programmierte.

»Was tust du?« Trochavams Stimme.

»Ich versuche, die VOSTAR auf dem Planetoiden zu landen. Im Schutz der Blase.«

Dorksteiger hatte die Blase selbst mit den Hypertastern der VOSTAR ausgelotet: eine mehrere Hundert Kilometer durchmessende Sphäre, auf die die Hyperraumenergien keinen Zugriff hatten.

Fyrt hat recht, hatte sie gedacht. Wir müssen landen, in der Blase Schutz suchen. Dort, wo der Hypersturm, oder was immer die VOSTAR attackiert, keine Macht hat. Unsere letzte Chance.

Alle anderen Schlachtlichter im Raumkontext des Planetoiden waren ja abgezogen worden. Niemand konnte der VOSTAR Hilfe leisten. Sie war auf sich allein gestellt.

Dorksteiger hastete durch die teilweise demolierten, teilweise deformierten Korridore des DC-Schlachtlichtes. Sie bezweifelte, dass ein größeres Schiff der Vatrox, selbst ein DZ-Schlachtlicht oder ein Schlachtturm, eine Chance gegen dieses hyperphysikalische Chaos gehabt hätte. Eine Flucht durch die rasenden Kräfte des Orkans – oder der Attacke – war für die bedeutend kleinere VOSTAR undenkbar.

Das Schiff hatte zu beben begonnen, zu vibrieren. Für Sekundenbruchteile setzte die Schwerkraft aus oder erhöhte sich schlagartig, sodass Fyrt und sie ins Wanken kamen. Die Zerstörung brach sich immer mehr Bahn. Sie riss die Hülle aus aufgeladener Formenergie ein, sie flutete das Schiff, aber nicht nur von außen.

Es war, als hätten sich im Inneren des Schlachtlichtes geheime Brunnen aufgetan, aus denen sich fremdartige Energien ergossen, unberechenbare Kräfte, die aus dem Hyperraum herüberfluteten.

»Was für ein Hypersturm ist das?«, hörte sie sich rufen. Ihre Stimme klang empört. »Wir werden angegriffen!«

Fyrt Byrask antwortete nicht, rannte nur und winkte ihr, ihm weiter zu folgen. Er hatte wieder recht – und es gefiel ihr nicht, wenn er recht hatte. Er hatte recht, ihr nicht zu antworten, denn was machte es für einen Unterschied, ob der Sturm einen natürlichen Ursprung hatte oder ob irgendwer derartige Kräfte entfesseln, bündeln und gegen ein Schlachtlicht richten konnte?

Sie rannten.

Wohin?

Zu den Rettungsbooten?

Wohl kaum.

In den Hangars wogte die schiere Hyperenergie. Kein Platz mehr für Lebende. Kein Platz für Materie. Ein turbulentes, brausendes, saugendes Nirgend.

Sie rannten nicht in Richtung der Schiffsperipherie. Es wäre ein kürzerer Weg gewesen. Die Zentrale der Schiffsführung befand sich nicht in der geometrischen Mitte des Schlachtlichts, sie lag exzentrisch, irgendwo zwischen der Hülle und dem energetischen Lebensstrang des Schiffes, wo die Hyperenergiewandler, die Kernstabilisatoren für aufgeladene Formenergie und der Raumwandler mit den Hypermodulatoren zusammenwirkten.

Eine ihr selbst unbegreifliche Ruhe ergriff Sichu Dorksteiger. Alle Angst war der Ator abhanden gekommen. Sie lief, sie atmete die von Hitze flimmernden Gase, sie hörte das Pfeifen der Lungen im geschlossenen Helm, das Stakkato ihrer Schritte auf dem Gang, aber sie nahm dieses Sammelsurium ihrer Sinne aus einer eigenartigen Entrückung wahr.

Es ging sie nichts mehr an. Ihr Leben war vorüber. Ihr Bewusstsein hinkte dieser Tatsache nur ein wenig hinterher.

Mit einem unwirklichen Heulen sprangen tief im Leib des Schiffes die Hypermodulatoren wieder an. Hatte Autoreparatur sie noch einmal betriebsbereit machen können?

Dorksteiger überschlug das Datenmaterial, das ihr im Gedächtnis geblieben war. Sie sah die hyperkristallinen Wandelkerne in Flammen stehen, in realen wie imaginären. Die materielle Matrix verbrannte; die chaotische Erschütterung des hyperdimensionalen Gitters ließ das sichtbare Äquivalent wabern, flackern, in flammenähnlichen Eruptionen verpuffen, verwehen.

Irgendetwas in ihr hoffte weiterhin, dass die niederen Steuerroutinen noch dem Kurs folgten, den Fyrt einprogrammiert hatte. Auf die Mithilfe des Schiffrechners war nicht mehr zu rechnen. Die Landung würde, selbst wenn sie gelang, einer Landung wenig ähnlich sehen.

Es wäre ein verheerender Aufschlag.

Sie begegneten einem Trupp Darturka. Die Klone stürmten in voller Kampfmontur, das schwere Strahlengewehr an die Brust gedrückt, wie gegen einen Feind.

Unter anderen Umständen hätte Dorksteiger lachen mögen: Gegen wen gedachten sie in die Schlacht zu ziehen? Doch die kreatürliche Todesangst stand den hünenhaften Geschöpfen derart deutlich ins fremdartige Gesicht geschrieben, dass sogar sie, die Ator, es lesen konnte.

Nie waren die Darturka ihr lebendiger erschienen. Nie weniger grotesk.

Sie wusste, die Darturka würden sich in einer ihrer Hallen sammeln.

Die Darturka …

Endlich verstand Dorksteiger, wohin Fyrt lief.

Zum Gehäuse. Zum Panzertank.

Tesz Patoum, die Kriegsordonnanz von Frequenzfolgerin Andrafach, hatte ihr und Fyrt das Gehäuse bei einer ersten Schiffsführung gezeigt, unmittelbar nachdem sie an Bord der VOSTAR gegangen waren. Beiläufig gezeigt. So beiläufig, dass Dorksteiger niemals auf diese Möglichkeit gekommen wäre.

Anders als Fyrt.

»Selten, sehr selten«, hatte Patoum mit seiner sonderbar klagenden Stimme gesagt, äußerst selten geschähe es, dass einer der Darturka gemütskrank wurde.

Dann gab es zwei Möglichkeiten: Man sortierte ihn aus, was hieße: Man annullierte ihn.

Oder aber – und in den seltensten der seltenen Fällen – es war ein wertvolles Exemplar, das einer der Frequenzfolger bei nächster Gelegenheit zu reparieren und wieder betriebsbereit zu machen wünschte. Das war an Bord eines Schlachtlichts kaum möglich, wohl jedoch in den Klonfabriken der Frequenz-Monarchie.

Bis zur Einlieferung in ein solches therapeutisches Zentrum bestand die Möglichkeit, den betroffenen Darturka im Gehäuse eines Schiffes zu verwahren. In seinem Panzertank: einem Raum mit Wänden nicht aus energetischen Komponenten, sondern aus solidem, strukturverstärktem Stahl. Ausgerüstet mit einem Fesselfeldprojektor, der den verwahrten Darturka von den Wänden, von Boden und Decke fernhalten konnte, mitten im Raum fixieren, in der Schwebe.

Dieses Gehäuse war tatsächlich der einzige Raum an Bord der VOSTAR, in dem Fyrt und sie einen Aufschlag auf den Planetoiden möglicherweise überleben könnten.

Sie hörte ein helles, sirrendes Geräusch hinter sich. Ohne stehen zu bleiben, schaute sie über die Schulter zurück. Trochavam, Andrafach und Poftauch, die drei Frequenzfolger des Schlachtlichts, und ihre Kriegsordonnanzen flogen heran, angetrieben von Flugaggregaten auf dem Rücken.

Auch Fyrt hatte sie bemerkt. »Sie und wir haben dasselbe Ziel«, warf er ihr zu. »Weiterlaufen!«

»Lasst uns vorbei«, hörten sie Tesz Patoums klagende Stimme. Sie kam rasch näher. »Wir gehen vor.«

Fyrt blieb abrupt stehen, Dorksteiger prallte gegen ihn. Er drehte sich um, breitete die Arme aus und versperrte auf diese Weise den Korridor. »Das tut ihr nicht«, sagte er bedrohlich leise. »Längst nicht mehr.«

Dorksteiger überlegte, was sie tun sollte, ihre Gedanken rasten, aber sie kam zu keinem Ergebnis.

Die Frequenzfolger und ihre Ordonnanzen verzögerten tatsächlich ihren Flug. Dorksteiger sah in den schwarzhäutigen Gesichtern völlige Verblüffung.

Poftauch fing sich als Erste. Ein dünnes, gezwungenes Lächeln auf den Lippen, fragte er: »Erklärst du uns nun endgültig den Krieg, Byrask? Komm, großer Krieger, erkläre uns den Krieg. Wenn du es jetzt nicht tust, wirst du keine weitere Gelegenheit mehr haben.«

Seine Kriegsordonnanz hielt plötzlich eine aktivierte Schusswaffe in der Hand und richtete sie auf Byrask.

Dorksteiger spürte das Verlangen, ganz vor den Ana zu treten, ihn zu schützen, und zugleich, das Geheiß ihrer trainierten Reflexe, sich aus der Schussbahn zu werfen.

Sie tat beides nicht.