Cover

Inhalt

Vorwort

Die schwule Hauptstadt – Hauptstadt der Schwulen

Die (schwule) Geschichte Berlins

Gründe nach Berlin zu kommen: Sex, Fetisch, Party und Nightlife

Messen und Events

Kunst, Kultur, Sehenswürdigkeiten

Bühne, Oper, Show

Shopping

Beauty, Sport und Wellness

Hotspots in Berlin

Schöneberg: Karte

Schöneberg: Komplexe Ausgehgesetze und Billig-Bier

Mitte und Prenzlauer Berg: Karte

Mitte und Prenzlauer Berg: Schöne Jungs und spitze Zungen

Friedrichshain: Karte

Friedrichshain: Laster, Lurex und Lebensfreude

Kreuzberg 61: Kantine mit Aussicht, Bar mit Barbies

Kreuzberg 36: Integration mit Schlager, Techno und Bauchtanz

Neukölln: Hybride Heimat

Allgemeine Infos

Berliner Hotels

Unterwegs in der Stadt

BVG-Plan

Impressum

Vorwort

Seit 1981 erfreut sich unser schwuler Berliner Reiseführer „Berlin von hinten“ großer Beliebtheit in der Szene. Da unser Guide mittlerweile mehr und mehr auch von internationalen Lesern angenommen wird, wollen wir dem auch mit einem neuen Titel Rechnung tragen. Berlin wird immer internationaler und zieht junge Menschen aus aller Welt an. Daher wird aus „Berlin von hinten“ der Spartacus Berlin Gay Guide.

Der Guide ist dabei in 4 Teile gegliedert: Teil 1 wird euch einen Überblick über die Bedeutung Berlins als Schwulenmetropole verschaffen und ebenso die schwulen Aspekte der Geschichte Berlins aufzeigen.

Teil 2 soll euch viele Gründe liefern, einen Berlin-Besuch zu machen. Hier findet ihr im Anschluss an den Texten zu den jeweiligen Themen eine Adressenliste von Geschäften und Locations, die es zu besuchen gilt. Auch im 3. Teil, der den Schwerpunkt unseres Spartacus Berlin Gay Guide bildet, findet ihr diese nützlichen Adressenlisten. Auch Stadtteilkarten verhelfen hier dem Leser zum Durchblick in der Metropole.

Nützlichen Informationen findet ihr im 4. Teil.

Nun wünschen wir euch viel Spaß beim Lesen des Reiseführers und Entdecken der Berliner Szene.

Euer Redaktionsteam des Spartacus Berlin Gay Guide

Die schwule Hauptstadt – Hauptstadt der Schwulen

Es stimmt schon - Berlin kann keinen Flughafen planmäßig eröffnen, Berlin ist arm (aber sexy), Berliner S-Bahnen sehen alle Jahreszeiten als Feinde an, Berliner nörgeln über die vielen Touristen und die Schwaben im Prenzlauer Berg. Doch Berlin kann auch anders. Der Berlin Gay Guide zeigt das andere Berlin, das kreative Neukölln, der angesagte Friedrichshain, Kreuzberger Partynächte und Schöneberg - das schwulste Viertel Deutschlands. Berlin ist jung, Berlin ist anders, Berlin ist das pulsierende Leben! Wir zeigen das aufregende Berlin, das niemals schläft.

Berlin ist die schwulste aller deutschen Städte und spielt unter den Metropolen der Welt in der oberen Homo-Liga. Okay, Berlin hat mehr Regentage als Sydney und weniger Glamour als New York, dafür bietet die Stadt manches, was es anderswo nicht gibt: Berlin wartet auf mit der längsten Open-Air-Galerie der Welt, dem größten Kaufhaus Europas und dem höchsten Gebäude Deutschlands. Noch mehr Superlative gefällig? Etwa 420 Galerien für Klassische Moderne und Zeitgenössische Kunst machen Berlin zum größten Galerienstandort Europas und bald wird mit der sanierten und umgebauten Museumsinsel auch noch das größte Universalmuseum der Welt (vermutlich 2015) seine Pforten öffnen. Die größte Parkanlage sorgt nicht in München, sondern in Berlin für Erholung: auf dem Tempelhofer Feld, dem ehemaligen Flughafen, vergisst man schnell, dass Berlin eine Großstadt ist.

Wie viele der über 11 Millionen Besucher, die die Stadt jährlich besuchen – Tendenz steigend – tatsächlich schwul sind, weiß man nicht, gefühlt sind bei Großveranstaltungen wie dem Teddy Award im Februar, dem CSD im Sommer oder der Folsom Street Fair im Herbst einfach alle da: Homos aus Trier, aus Trinidad und Australien: die schwule Welt zu Gast bei uns! Denn Berlin lässt das schwule Herz höher schlagen: nicht nur, dass es hier das einzige schwule Museum der Welt gibt und 180 weitere spannende und skurrile Museen, nicht nur, dass Berlin schier unbegrenzte Nightlife-Möglichkeiten bietet mit einer Kneipenlandschaft, die ihresgleichen sucht: nein, Berlin ist vor allem eine tolerante Stadt, eine Stadt, in der man selbstbewusst schwul werden und sein kann. Berlin macht frei. In Berlin kann man durchatmen – wenn man nicht gerade in einer der Kneipen steht, die das mit dem Nichtrauchergesetz nicht ganz so ernst nehmen. Von denen es einige gibt – denn Berlin hat das laissez faire erfunden (und die Franzosen haben dem einen Namen gegeben).

Wer in Berlin nicht auf seine Kosten kommt – ganz gleich welch spezieller und abwegiger Natur die jeweiligen Vorlieben auch sind – dem ist echt nicht mehr zu helfen, der kann sich gleich einsargen lassen (und auch dafür gibt es einige wunderschöne Friedhöfe, auf denen man in bester Gesellschaft läge).

Dieses kleine Büchlein erhebt keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit. Schließlich soll es ja noch in die Jackentasche passen. Möglich auch, dass einige der Informationen, die beim Verfassen brandaktuell waren, bei Drucklegung schon wieder veraltet sind, denn nichts ist in Berlin beständiger als der Wandel. Deswegen soll dieses Buch vor allem Lust machen auf die großartigste Stadt im Universum und eine klitzekleine Hilfestellung dabei sein, sie zu erkunden.

Berlin in Zahlen

Berlin ist groß:

892 km2 Fläche (neun Mal größer als Paris!)

Berlin ist international:

3,5 Millionen Einwohner, davon mehr als 494.000 Bürger mit einem fremdländischen Pass / 185 Nationen wohnen dauerhaft hier

Berlin ist mobil:

5.419 Kilometer lang ist das öffentliche Straßennetz der Stadt / 180 Kilometer schiffbare Wasserstraßen / 960 Brücken (mehr als Venedig!)

Berlin ist grün:

44 % des Gebietes sind Parks und Wälder oder Flüsse, Seen und Wasserstraßen / 440.000 Straßenbäume

Berlin ist hoch:

368 Meter ist der Fernsehturm hoch, damit das höchste Gebäude Deutschlands und eines der höchsten Bauwerke in Europa

Berlin ist schlau:

4 Universitäten, 4 Kunst-, 17 Fachhochschulen und rund 160.000 Studenten machen Berlin zur größten Universitätsstadt Deutschlands

Berlin ist schön:

9 Schlösser / 180 Museen und Sammlungen 3 Opernhäusern / 150 Theater und Bühnen aller Genres

Berlin ist fit:

1.900 Sportvereine, darunter der Fußball mit 100.000 Mitgliedern, gefolgt vom Turnen mit ca. 80.000 Mitgliedern

Berlin ist lecker:

6.500 Restaurants / 546 Eisdielen und Cafés / 2.800 Imbisse / 225 Bars, Clubs und Kneipen

Berlin ist gut besucht:

fast 25 Millionen Übernachtungen / 11 Millionen Gäste / 2,3 Tage durchschnittliche Aufenthaltsdauer

Berlin ist wach:

0 Stunden, in denen die Stadt schläft

BERLIN – ist immer mehr reisen wert !

Berlin war und ist die offenste und toleranteste Stadt Europas mit dem gewissen Charme des Alten. Schon in den 20 Jahren des 19ten Jahrhunderts bot die Millionen Stadt allen Menschen das wildeste Nachtleben auf dem Europäischen Kontinent.

Heute fast 100 Jahre später bietet „das neue Berlin“ wieder jedem einen Freiraum an, ob politischer, religiöser, kreativer, kultureller oder wirtschaftlicher, in dieser Hauptstadt ist jeder willkommen sich und seine Ideen auszuleben und zu verwirklichen.

Nach dem Mauerfall begann in Berlin etwas neues, Clubs wie der “ Tresor“ „E-Werk“ und das „Ostgut“ waren die Magneten der Kreativen aus aller Welt. Heute bietet die Stadt einzigartige Veranstaltungen, die so nirgends möglich sind. Zum Beispiel Folsom Europe, ein Straßenfest der Fetischfreunde, den Tanzolymp junge Weltklasse Tänzer, die Clubnacht, City of Lights oder die Lange Nacht der Museen und vieles mehr.

Das Beste an Berlin ist aber das Preis-Leistungs-Verhältnis. Keine Weltstadt und Metropole in Europa bietet einen so günstigen Lebensunterhalt. Kultur, Kunst und das Nachtleben sind so für alle erschwinglich, der öffentliche Nahverkehr fährt fast rund um die Uhr zum günstigen Preis, um eines der vielen Events in Berlin zu besuchen.

Alain Rappsilber

Alain Rappsilber: Vorstand Folsom Europe e.V.

Die (schwule) Geschichte Berlins: Wie es wurde, was es ist und gleich drei Coming Outs hatte

Es hat vermutlich weniger mit der berühmten Berliner Luft, Luft, Luft zu tun als mit der Tradition von Toleranz. Diese prägt die Stadt seit der Besiedlungspolitik des Großen Kurfürsten nach dem Dreißigjährigen Krieg. Mit dem Mauerfall hinzugekommen sind das Gefühl gewonnener Freiheit und die gewaltigen Leerräume vor allem im Ostteil der Stadt, die es zu füllen und zu nutzen gilt. Ob in Berlin heute in schwuler Hinsicht mehr los ist als in den viel zitierten Goldenen Zwanzigern, lässt sich schwer sagen.

Top Five der bekanntesten Berlin-Zitate

Selbst für einen kurzen Abriss der Berliner Geschichte reicht der Platz nicht, aber vielleicht geben einige Zitate einen Eindruck von der Bedeutung der Stadt.

„Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“ Friedrich II, König in und von Preußen, 1740

„Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!“ Ernst Reuter, Oberbürgermeister, 1948

„Ick bin ein Berliner!“ John F. Kennedy, US-Präsident, 1963

„Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ Ronald Reagan, US-amerikanischer Präsident, 1987

„Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“ Klaus Wowereit, Anwärter für das Amt des Regierenden Bürgermeisters, 2001

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, gerade wegen seiner Offenheit Integrationsfigur für die allermeisten Berliner, ist ein Beweis dafür, dass Schwule heute eine ganz andere Rolle in der Gesellschaft spielen – zumindest in Berlin. Und sie nutzen diese Stellung recht aktiv und tragen so ganz sicher nicht unerheblich zum spannenden Image der Stadt bei. Wowereit, liebevoll Wowi genannt und auch selbst dem Party feiern nicht abhold, schreibt schon mal das Grußwort zur Folsom und hält die stante pede darauf folgenden Angriffe der Opposition lächelnd aus. Das ist gelebte Toleranz.

Doch gehen wir erst einmal ein paar Jährchen zurück, Berlin als schwule Metropole hatte ihr erstes Coming Out Ende des 19. Jahrhunderts. Magnus Hirschfeld gründete 1897 das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK) und kämpfte gegen die Diskriminierung Homosexueller. 1919 eröffnete er das Institut für Sexualwissenschaft, es wurde zum zentralen Ort für alle sexualreformerische Arbeit, es war Beratungsstelle und Zufluchtsort für Menschen mit Sexualproblemen und diente darüber hinaus der Information interessierter Laien und der Fortbildung von Medizinern.

Es wurde in Berlin natürlich nicht nur akademisch theoretisiert und diskutiert, sondern auch ordentlich gefeiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es schon fast 40 einschlägige Etablissements, Tendenz steigend. Rund um den Nollendorfplatz schlug das Herz der Szene, mitten im Gewimmel André Gide, Francis Bacon oder auch Christopher Isherwood, der eine zeitlang Nollendorfstr. 17 wohnte, wo auch heute noch eine Gedenktafel an den Schöpfer der Vorlage von „Cabaret“ erinnert.

Mit der allgemeinen Party war schnell Schluss, als die Nazis an die Macht kamen, die Zehntausende Schwule in Konzentrationslagern vergaste. Das Institut für Sexualwissenschaft wurde geplündert, die Bestände der Bibliothek und die Schriften Hirschfelds wurden mit anderen Büchern „undeutschen Geistes“ verbrannt, das WhK aufgelöst.

Nach dem Ende des 1000-jährigen Reiches feierte man im Mief der Fünfziger privat und traute sich erst langsam wieder aus den Schränken.

Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt

Szenen aus „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt“

Das zweite Coming Out markiert sicher Rosa von Praunheims Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt.“ Dem Wertewandel in der Gesellschaft entsprach der Wandel im öffentlichen Auftritt der Schwulen. Während die Schwulen in der DDR sich hauptsächlich über kirchliche Gruppen und unter Gemeindedächern organisierten, entwickelte sich im Westen ein eher lustbetontes Selbstbewusstsein, bei dem aber auch der politische Anspruch nicht zu kurz kam.

Durch die Inselsituation West-Berlins gingen die Uhren hier anders als im Rest der Republik: liberaler, schneller, engagierter: 1975 wurde der Verlag Rosa Winkel gegründet, um Schwulenpolitik, -szene und -wissenschaft öffentlich zu machen, zwei Jahre später das Café „Anderes Ufer“ eröffnet – damals eine Sensation, da es das erste Lokal für Schwule war, das sich nicht im Hinterhof oder hinter verschlossenen Jalousien mit Guckloch an der Türe versteckte, sondern sich (und seine Gäste) selbstbewusst mit offenen Fensterfronten zeigte. 1978 eröffnete „Prinz Eisenherz“, der erste schwule Buchladen Europas. Nun musste man Randgruppenschriften nicht länger verschämt im Pornoshop einkaufen. Im Jahr darauf dann der erste CSD – die erste Schwulendemo übrigens fand schon Jahre zuvor im katholischen Münster statt. 1981 wurde der Bruno Gmünder Verlag ins Leben gerufen, zwei Jahre später die erste deutsche AIDS-Hilfe und 1986 ein weiterer Meilenstein in der schwulen Geschichte: das erste schwule Museum öffnete seine Toren und hat seither seinen selbstverständlichen Platz in der Museenlandschaft Berlins.

Eisenherz, der erste schwule Buchladen Europas

Eisenherz, der erste schwule Buchladen Europas

Im selben Jahr hob man den schwulen Sportverein Vorspiel aus der Taufe und hatte gleich mit starkem Gegenwind zu kämpfen: Der Berliner Leichtathletik Verband verweigerte nämlich über Jahre hinweg die Aufnahme, da ihm das „Vorspiel“ im Namen zu anrüchig war. „Sexuelle Neigungen gehören nicht in den Titel“, so der Verband. Man sah das „sportliche und gesellige Vereinsleben“ gefährdet. Sogar die Gerichte wurden bemüht. Das Kammergericht Berlin entschied 1992, dass die Verbindung von „Vorspiel“ und „Schwuler“ eine „unsachliche, der Integration aller Leichtathleten entgegenwirkende Emotion“ bewirke.

Nur ständiger Druck aus Politik, Gesellschaft und Sport vermochte den Verband zu überzeugen und mit einem kleinen sprachlichen Trick klappte die Akzeptanz. Die schwulen Sportler änderten ihren Namen von „Vorspiel – Schwuler Sportverein“ in „Vorspiel – Sportverein für Schwule und Lesben“. So wurden die Worte „Vorspiel“ und „schwul“ „räumlich und sinngemäß“ getrennt, wie der Verband schrieb und so waren die „Bedenken erledigt“. Heute halten sich bei Vorspiel rund 1000 Frauen und Männer fit, der Verein ist damit einer der größten seiner Art in Europa. Es geht beim Sport eben nicht nur um die körperliche Bewegung, Sport hat eine wichtige gesellschaftliche Funktion und trägt zu Toleranz und Akzeptanz bei. Welche Rolle Sport dabei spielt, wurde besonders deutlich, als sich der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen bereit erklärte, als Schirmherr der Euro Games 1996 zu fungieren.

Die Vereinigung beider deutschen Teilstaaten lieferte ganz neue Impulse: Techno wurde zum Soundtrack von Berlins drittem Coming Out. Die wummernden Klänge wurden auf illegalen Partys in verlassenen und halb verfallenen Gebäuden im Ostteil der Stadt gespielt. Schnell gingen dabei Musik und Sex eine Verbindung ein.

Die unter dem Motto „Pornos von uns für uns“ gegründete Produktionsfirma Cazzo kreierte nach ausgiebigem Casting in der Berliner Schwulenszene ihren ersten Pornofilm „Berlin Techno Dreams“ unter anderem im autonomen Szeneclub Eimer in einem Abbruchhaus in Mitte. Unmassen von Statisten waren für die Tanzszenen der Rahmenhandlung engagiert worden. Mit einem Schlag kannte fast jeder in der Szene jemanden, der schon mal in einem Porno mitgespielt hatte. Porno fing an, salonfähig zu werden.

CSD am Brandenburger Tor

CSD am Brandenburger Tor

Die Loveparade wurde größer und größer. Und Cazzo mit seinen szeneverankerten Pornoproduktionen, die in munterer Reihe folgten und in denen man immer wieder auch gute Bekannte und Gesichter aus den Clubs und Bars entdecken konnte, schaffte es gar, einen eigenen Berliner Pornoprototyp in der fleischigen Bilderwelt zwischen Ami-Muskelschnitten und Ostblock-Lustknaben zu etablieren – eine Mischung aus Fetischbürschchen und Rotzlöffel. Seitdem sind Produktionen wie Wurstfilm, Spritzz oder Berlinstarfilm dazugekommen. Überhaupt hat die deutsche Pornoindustrie die Stadt zu ihrer Homebase gemacht und leistet mittlerweile unschätzbare PR-Arbeit für ihr Image als öffentlicher Verkehrsbetrieb.

Gleichzeitig wurde Homosexualität salonfähig und erlebte einen besonderen Schutz: nach Brandenburg und Thüringen war Berlin in den Neunzigern das dritte Bundesland, das Schwulen Gleichberechtigung zusicherte. 1995 trat die neue Berliner Verfassung in Kraft, nach der niemand mehr wegen seiner (Homo-) Sexualität benachteiligt werden darf und die Diskriminierung aller auf Dauer angelegten Lebenspartnerschaften verbietet. 2001 schließlich ein weiterer rosa Meilenstein: der erste deutsche Spitzenpolitiker outete sich und wurde (trotzdem?) zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Klaus Wowereit (SPD) war im selben Jahr sogar noch Bundesratspräsident, hatte somit protokollarisch das vierthöchste Staatsamt der Bundesrepublik inne – so weit hatte es bisher noch kein offen Schwuler geschafft!

Diese kurze Reise durch die schwule Geschichte Berlins mag reichen, wer mehr erfahren will, muss sich selbst in das Leben in der Hauptstadt werfen – natürlich bitte ausschließlich und nur mit diesem Führer in der Hand. Wem das aber noch nicht reicht an Hintergrundwissen und wer sich für schwule Geschichte(n) interessiert, darf auf keinen Fall die großartige(n) Ausstellung(en) im Schwulen Museum verpassen. Das Museum ist frisch von Kreuzberg nach Tiergarten umgezogen und bietet jetzt noch mehr Ausstellungsfläche und ein Cafe mit Veranstaltungen.

Wer darüber hinaus mehr über Berlin und seine aufregende Vergangenheit erfahren will, sollte das Märkische Museum besuchen, das anhand vieler Exponate die Historie lebendig werden lässt.

Das Schwule Museum

Im schwulen Museum wird Berlins schwule Geschichte lebendig

Tapetenwechsel beim Schwulen Museum