Prof. Dr.-Ing. Bernhard Maidl
mtc – Maidl Tunnelconsultants GmbH & Co. KG
Fuldastr. 11
47051 Duisburg
Dr.-Ing. Ulrich Maidl
mtc – Maidl Tunnelconsultants GmbH & Co. KG
Fuldastr. 11
47051 Duisburg
Dr.-Ing. E.h. Martin Herrenknecht Herrenknecht AG
Schlehenweg 2
77963 Schwanau
Dr.-Ing. Gerhard Wehrmeyer
Herrenknecht AG
Schlehenweg 2
77963 Schwanau
Titelbild: Herrenknecht-EPB-Schild S-300 Madrid M-30, By-Pass Sur Túnel Norte, Madrid, Spanien
Foto: Herrenknecht AG
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Umschlaggestaltung: Sonja Frank, Berlin
Herstellung: pp030 – Produktionsbüro Heike Praetor, Berlin
Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld
Produktion: NEUNPLUS1 - GmbH, Berlin
2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage
ISBN 978-3-433-02948-0
Electronic version available. o-Book ISBN: 978-3-433-60075-7
“A plan whatever it may be
must be made for the bad ground,
it must be calculated to meet all exigencies, all disasters
and to overcome them after they have occurred.”
Äußerung von Marc Isambard Brunel
nach dem Wassereinbruch 1831 am Themse Tunnel
zu Verbesserungsvorschlägen
Zuordnung der Autoren
Vorwort zur 2. Auflage
1 Einführung
1.1 Grundprinzip und Begriffe
1.2 Typisierung der Tunnelvortriebsmaschinen nach DAUB
1.3 Ursprünge und historische Entwicklung
2 Hohlraumstützung und Setzungen
2.1 Stützung der Ortsbrust
2.2 Stützung des Hohlraums im Schildbereich
2.3 Stützung des Hohlraums hinter dem Schild
2.4 Setzungen und Schadensklassifikationen
2.5 Hebungen und Kompaktierungen
3 Konstruktion und Berechnungsansätze
3.1 Konstruktionsteile des Schildes
3.2 Belastungen des Schildes
3.3 Berechnung der erforderlichen Vortriebspressenkraft
3.4 Empirische Erfahrungswerte für die Dimensionierung der Schilde und der Schildvortriebspressen
3.5 Berechnungs- und Bemessungsgrundlagen
3.6 Vorschriften und Empfehlungen für die Berechnung der Schilde
4 Abbauwerkzeuge und Abbauverfahren
4.1 Abbauwerkzeuge
4.2 Abbauverfahren
5 Fördereinrichtungen
5.1 Aufbereitung zur Förderfähigkeit
5.2 Austrag aus dem Ortsbrustbereich
5.3 Strecken- und Schachtförderung
5.4 Massenermittlung und Messeinrichtungen
5.5 Separation
5.6 Deponierfähigkeit des Aushubs
6 Tunnelauskleidung
6.1 Allgemeines
6.2 Konstruktionsprinzipien für die Auskleidung eines Tunnels
6.3 Auskleidung mit Betontübbingen
6.4 Ortbetonschalen
6.5 Injektionsbeton, Extrubeton
6.6 Spritzbetonschalen als endgültige Auskleidung
6.7 Statische Untersuchungen
7 Schildschwanzdichtung, Verpress- und Injektionsverfahren
7.1 Schildschwanzdichtungen
7.2 Verpressverfahren
7.3 Injektionsverfahren zur Baugrundverbesserung
8 Offene Schilde
8.1 Schildkonstruktionen
8.2 Projekte
8.3 Doppelschilde [203]
9 Druckluftschilde
9.1 Funktionsprinzip
9.2 Drucklufteinrichtungen
9.3 Luftbedarf
9.4 Weiterentwicklungen
9.5 Einsatz von Druckluft bei anderen Schildtypen
9.6 Beispiele
10 Flüssigkeitsschilde
10.1 Entwicklungsgeschichte
10.2 Funktionsprinzip
10.3 Einsatzbereiche
10.4 Maschinentypen
10.5 Maschinen- und Verfahrenstechnik
10.6 Beispiele
11 Erddruckschilde
11.1 Entwicklungsgeschichte
11.2 Funktionsprinzip
11.3 Einsatzbereiche
11.4 Betriebsmodi und Ausbruchförderung
11.5 Konstruktionselemente
11.6 Beispiele
12 Kombinierte Schilde
12.1 Entwicklungsstrategien
12.2 Maschinenkonzepte
12.3 Beispiele
13 Sonderschilde und Sonderverfahren
13.1 Messerschilde
13.2 Multibrustschilde
13.3 Aufweitungen von Schildtunneln
13.4 Vorpressungen
13.5 Neue Konzepte für den maschinellen Tunnelbau im Schildvortrieb
14 Steuerbare Verfahren für den Mikrotunnelbau
14.1 Pilotrohrbohrverfahren
14.2 Pressbohrverfahren
14.3 Schildvortriebsverfahren
14.4 Englisches Mini-Tunnelbausystem
14.5 Neue Entwicklungen
15 Vermessung und Steuerung
15.1 Vermessung
15.2 Ringbaudesign und Ringbaufolgeberechnung
15.3 Ringkonvergenzmessung
15.4 Steuerung
15.5 Weitergehende Aufgaben der Vermessung bzw. Datenerfassung
16 Arbeitssicherheit
16.1 Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen
16.2 Steuerstand
16.3 Sicherungs- und Schutzvorrichtungen
16.4 Bedienvorrichtungen und Steuersysteme
16.5 Schleppverbindung
16.6 Laserführung
16.7 Lüftung und die Kontrolle von Staub und Gas
16.8 Feuerschutzmaßnahmen
16.9 Lagerung von Sicherheitsausrüstung für das Personal
16.10 Wartung
16.11 Benutzerinformationen
16.12 Gefährdungsbeurteilung Maschineller Tunnelvortrieb [26]
17 Partnerschaftliche Vertragsmodelle und Bauabwicklung
17.1 Einleitung
17.2 Anforderungen an die Vertragsmodelle
17.3 Vertragsmodelle gemäß VOB
17.4 Zeit- und Kostentreiber
17.5 Performancekiller Unterverpreisung
17.6 Chancen und Risiken durch Partnering
17.7 Partnering – vertragliche Umsetzung
17.8 Partnering – gemeinsame Prozessoptimierung
18 Prozess-Controlling und Datenmanagement
18.1 Einleitung
18.2 Vorgehensweise
18.3 Datenmanagement
18.4 Soll-Ist-Vergleich
18.5 Soll-Prozessstruktur
18.6 Ist-Prozessanalyse
19 DAUB-Empfehlungen zur Auswahl von Tunnelvortriebsmaschinen
19.1 Vorbemerkungen
19.2 Regelwerke
19.3 Definitionen und Abkürzungen
19.4 Anwendung und Struktur der Empfehlung
19.5 Typisierung der Tunnelvortriebsmaschinen
19.6 Baugrund und Systemverhalten
19.7 Umweltaspekte
19.8 Sonstige Projektrandbedingungen
19.9 Einsatzbereiche und Auswahlkriterien
19.10 Anlagen
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Vorwort zur 2. Auflage
Der rasante Siegeszug des maschinellen Tunnelbaus hat sich – mehr als vorausgesagt – bestätigt. Der allgemeine weltweite Trend im Bauwesen zur Mechanisierung und Automatisierung verlangte förmlich auch eine gleichartige Entwicklung im Tunnelbau. Bezeichnend ist, dass selbst in Österreich, dem Traditionsland der Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode (NATM), in den letzten zehn Jahren der maschinelle Tunnelbau seinen Stellenwert erobert hat. Arbeitssicherheit, höhere Vortriebsgeschwindigkeiten, höhere Kostensicherheit und geringer Personaleinsatz boten an einigen Großprojekten dem maschinellen Tunnelbau Einsatzmöglichkeiten – in der Regel im Wettbewerb gegen konventionelle Bauverfahren.
So war es folgerichtig, dass die nunmehr zwanzig Jahre alte 1. Auflage des vorliegenden Buches zur Überarbeitung anstand. Eine Vielzahl von Neuerungen und Ausführungserfahrungen führte zu einer völligen Neubearbeitung. Allerdings bot das erst 2001 erschienene Buch „Tunnelbohrmaschinen im Hartgestein“ im Bereich der Sicherungen bereits einen Zugriff auf den neuesten Stand. Das Autorenteam hat sich dem angepasst und wurde wegen des erforderlichen Spezialwissens erweitert.
Die Autoren B. Maidl und M. Herrenknecht sind geblieben. Neu hinzugewonnen werden konnten mein Sohn Dr.-Ing. U. Maidl und mein früherer Doktorand Dr.-Ing. G. Wehrmeyer, die sich insbesondere den Neuentwicklungen gewidmet haben.
Bei der Neubearbeitung konnte ich dankenswerterweise wiederum auf die Hilfe meiner früheren Mitarbeiter Herrn H. Schmidt und Herrn G. Kaufhold zurückgreifen. Ich danke ebenso Herrn Dipl-Ing. M. Griese von MTC, der mir in der Detailarbeit und der Gesamtkoordination sehr geholfen hat. Auch sage ich meinem Enkel Max Maidl Dank für seine Unterstützung. Allen sei gedankt, insbesondere auch den Mitautoren und dem Verlag.
Bochum, im Januar 2011
Bernhard Maidl
Der bergmännische Bau von unterirdischen Anlagen hat sich in den letzten Jahren weiter etabliert. Er ermöglicht es, Bauwerke unter Tage mit äußerst geringer Beeinträchtigung oberirdischer Bebauung oder Verkehrsströme zu erstellen. Speziell in Innenstadtbereichen mit sensibler Infrastruktur und hohen Auslastungsgraden besteht ein enormer Bedarf an bergmännisch erstellten Bauwerken.
Die auf diese Weise geschaffenen Hohlräume werden bislang vorwiegend für die Aufnahme unterirdischer Verkehrsanlagen genutzt. Genauso sind aber auch andere Nutzungen gegeben, wie z. B. Anlagen zur Energiegewinnung, Lager- und Sicherheitsräume, Leitungsgänge und nicht zuletzt unterirdische Urbanisationen. Besonders in Japan liegen wegen des dort stark eingeschränkten Raumangebotes weitreichende Konzepte und Erfahrungen vor (Bild 1-1).
Speziell auf dem Gebiet des Schildvortriebs war in den letzten Jahren die Vorreiterrolle von Japan unverkennbar. Aber auch in Deutschland und Europa ist der Entwicklungsstand dieser Bauverfahren auf einem hohen und international beachteten Niveau. Die Schildbauverfahren ermöglichen die bergmännische Erstellung von langgestreckten unterirdischen Bauwerken auch bei kleinen Überdeckungshöhen, in wenig tragfähigen Bodenarten und im Grundwasser, ohne Störungen an der Oberfläche oder Setzungen von größerem Ausmaß zu verursachen. Anwendungen in stark gebrächem oder stark druckhaftem Gebirge, wie rolligem Lockergestein, sind ebenso möglich wie in weich-plastischen oder schwimmenden Böden. Aber auch in vorübergehend standfesten Gebirgen, in denen der Schild nur als Kopfschutz dient, erfolgten effiziente Einsätze. Schilde haben also ein breites Anwendungsspektrum.
Die Schildbauverfahren können und sollen andere Vortriebsmethoden nicht grundsätzlich ersetzen. Jedoch können sie bei ungünstigen Gebirgsverhältnissen, langen Baulosen, hoher benötigter Auffahrleistung oder strengen Anforderungen an die Oberflächensetzungen eine technisch sinnvolle und auch wirtschaftliche Alternative zu anderen Tunnelbaumethoden darstellen. Im Folgenden werden die wichtigsten Vor- und Nachteile zusammengefasst.
Vorteile:
Nachteile:
Ein sinnvoller Einsatz ist nur dann gegeben, wenn die Vorteile konsequent genutzt und die Nachteile so weit wie möglich in die Planung einbezogen werden. Es hat sich gezeigt, dass ein Schild in kleineren Durchmesserbereichen in der Regel ab Auffahrlängen von etwa 2.000 Metern mit anderen Vortriebsmethoden konkurrieren kann. Darüber sind durchaus wirtschaftliche Lösungen mit dem Schildbauverfahren möglich, die in vielen Fällen sogar kostengünstiger sein können als in offener oder konventioneller Bauweise erstellte Tunnelstrecken.
Für den erfolgreichen Einsatz eines Schildes bedarf es immer einer sorgfältigen Planung des Gerätes, der Auskleidung und der Logistik. Erfahrung und Know-how sind für eine technisch sinnvolle und zugleich wirtschaftliche Konzeption unbedingt erforderlich. Nach [235] begegnet man viel zu häufig von den Schildbauverfahren enttäuschten Bauherren, die einem für ihre Gebirgsverhältnisse falschen Geräte- bzw. Konstruktionskonzept den Vorzug gaben und nachfolgend mit nicht akzeptierbaren Oberflächensetzungen, unerwartet niedriger Auffahrleistung, Abplatzungen und Brüchen in der Auskleidung, mit Wasserzutritt oder anderen Mängeln konfrontiert wurden. Für den Auftraggeber kann nur der in der versprochenen Zeit, in guter Qualität und Wirtschaftlichkeit, unter möglichst geringer Beeinflussung der Umwelt erstellte Tunnel von Interesse sein. Auf diese selbstverständlichen Anliegen müssen die Konstrukteure von Schildausrüstungen Rücksicht nehmen. Es gilt, die maschinenbautechnischen Belange mit denen des Tunnelbauwerks selbst effektiv zu verknüpfen. Ein ständiger Erfahrungsaustausch zwischen Maschinenbau- und Bauingenieuren ist unabdingbar, wobei die jeweiligen Baustellenerfahrungen konsequent auszuwerten sind.
Das Grundprinzip eines Schildes besteht darin, dass eine im Allgemeinen zylindrische Stahlkonstruktion in der Tunnelachse vorgeschoben wird und gleichzeitig der Ausbruch des Gebirges erfolgt. Die Stahlkonstruktion sichert so lange den Ausbruchhohlraum, bis an ihrem Ende die vorläufige oder die endgültige Tunnelsicherung eingebaut ist. Der Schild muss dabei dem Druck des umgebenden Gebirges widerstehen und, soweit vorhanden, anstehendes Grundwasser zurückhalten.
Während der Hohlraum entlang der Tunnellaibung durch den Schildmantel selbst gesichert ist, sind an der Ortsbrust in Abhängigkeit von den anzutreffenden Boden- und Grundwasserverhältnissen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen erforderlich. In Bild 1-2 sind fünf unterschiedliche Methoden zur Stabilisierung der Ortsbrust dargestellt, die in Kapitel 2 eingehend erläutert werden. Zu nennen sind:
Diese Möglichkeiten zur Stabilisierung der Ortsbrust stellen einen großen Vorzug der Schildbauverfahren dar. Damit wird es im Gegensatz zu allen anderen Tunnelbauweisen möglich, das Gebirge schon während des Auffahrens an jeder Stelle unmittelbar zu stützen.
Neben der Art der Ortsbruststützung ist die Methode des Gebirgeabbaus ein wichtiges Charakteristikum für Schilde. Der manuelle Abbau in Handschilden stellt dabei das einfachste Verfahren dar und wird heute nur noch in Ausnahmefällen, wie z. B. bei kurzen Strecken und bestimmten geologischen Verhältnissen, praktiziert. Gängiger ist jedoch der Einsatz von Maschinen. Dabei wird zwischen mechanisch teil- und vollflächigem Abbau unterschieden. Beim teilflächigen Abbau wird die Ortsbrust abschnittsweise bearbeitet. Dabei kommen Geräte wie Bagger oder spezielle Meißel- und Schneidkopfeinrichtungen zum Einsatz, die vom Bedienungspersonal oder aber automatisch geführt und gesteuert werden. Ein vollflächiger Abbau ist in Abhängigkeit vom anstehenden Boden mit Speichenrädern, Felgenrädern (gegebenenfalls mit Verschlussklappen) oder geschlossenen Bohrköpfen möglich. Weitere Möglichkeiten sind der hydraulische Abbau mittels druckbeaufschlagter Flüssigkeitsstrahlen und der Extrusionsabbau, bei dem unter der Wirkung der Vortriebspressen ein ausgeprägt plastischer Boden durch verschließbare Öffnungen in der stirnseitigen Abschlusswand des Schildes hineingedrückt werden kann. Auf die Abbauverfahren wird in Kapitel 4 näher eingegangen.
Zur Schutterung des abgebauten Materials sind spezielle Fördersysteme notwendig, mit denen der Abraum von der Ortsbrust durch den Schild hindurch nach Übertage geschafft wird. Geeignete Systeme sind im direkten Zusammenhang mit der Art des anstehenden Gebirges und der daraus resultierenden Art von Ortsbruststützung und Abbaumethode zu sehen, da diese die Parameter Konsistenz und Transportmöglichkeit des zu schutternden Materials beeinflussen. Bild 1-3 gibt einen ersten Überblick über mögliche Fördersysteme im Schildbereich, die in Kapitel 5 ausführlich erläutert werden. Heutzutage steht eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten zur Wahl, die sich prinzipiell in die Gruppen
gliedern.
Der Streckentransport erfolgt über Förderleitungen, Förderbänder, Erdtransporter oder gleisgebundene Systeme (Schutterzüge). Der Übergabebereich zu den Streckentransportsystemen wird im Nachläuferbereich integriert.
Der Schild wird mit fortschreitendem Abbau in Richtung der Tunnelachse vorgeschoben, um den geschaffenen Hohlraum zu sichern. Die dafür notwendigen Vorschubkräfte werden mit Hydraulikpressen erzeugt. Die bereits erstellte Auskleidung dient in der Regel als Widerlager. Daher müssen Tunnelauskleidung und Vortriebstechnik fein aufeinander abgestimmt werden. Sowohl die einwandfreie Funktion des Schildes als auch die Qualität der Tunnelröhre hängen von deren Verträglichkeit ab. In Kapitel 6 werden diese Zusammenhänge behandelt.
Der geschaffene Hohlraum wird meistens mit Fertigteilen, sogenannten Tübbingen, gesichert. Hier gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Formen, Materialien, Anordnungsmöglichkeiten, Dichtungssystemen und Einbauverfahren, die einer ausführlichen Betrachtung bedürfen (Kapitel 6). Zusätzlich sind andere Auskleidungssysteme möglich und werden auch heute bereits praktiziert (Bild 1-4). So ist das Pumpen von Beton unter Druck in eine Schalung (das sogenannte Extrudierverfahren) eine interessante Möglichkeit, wurde jedoch nicht weiterentwickelt. Selbst Spritzbeton kann in Verbindung mit Schildvortrieben eingesetzt werden.
Da die Sicherung meist im Schutz des Schildmantels eingebaut wird, bleibt bei Weiterfahrt des Schildes ein Spalt, der zu verfüllen ist, um Auflockerungen und Setzungen zu minimieren. Daher ist eine geeignete Hinterfüllung bzw. Hinterpressung vorzusehen und der Schild mit einer entsprechenden Vorrichtung auszurüsten.
In Kapitel 19 werden die DAUB-Empfehlungen vollständig wiedergegeben [54].
Tunnelvortriebsmaschinen (TVM) bauen entweder den gesamten Tunnelquerschnitt mit einem Bohrkopf oder Schneidrad im Vollschnitt oder teilflächig durch geeignete Lösevorrichtungen ab.
Man unterscheidet zunächst zwischen Tunnelbohrmaschinen (TBM), Doppelschildmaschinen (DSM), Schildmaschinen (SM) und Kombinationsmaschinen (KSM).
Beim Abbauvorgang wird die Maschine entweder kontinuierlich oder intermittierend vorgeschoben.
Eine systematische Zusammenstellung der Tunnelvortriebsmaschinen zeigt Bild 1-5 (siehe auch Anlage 1 „Übersicht der Tunnelvortriebsmaschinen“, Kapitel 19).
Tunnelbohrmaschinen werden für Vortriebe in standfesten Festgesteinen eingesetzt. Eine aktive Stützung der Ortsbrust ist nicht erforderlich und technisch auch nicht möglich. Mit diesen Maschinen kann im Allgemeinen nur ein Kreisquerschnitt aufgefahren werden.
Man unterscheidet Tunnelbohrmaschinen ohne Schildmantel (Gripper-TBM), Erweiterungstunnelbohrmaschinen (ETBM) und Tunnelbohrmaschinen mit Schildmantel (TBM-S).
Ausführlich werden diese Maschinen in [203] beschrieben.
Tunnelbohrmaschinen ohne Schild werden im Festgestein mit mittlerer bis hoher Standzeit eingesetzt. Sie besitzen keinen vollständigen Schildmantel. Ein wirtschaftlicher Einsatz kann durch aufwendige Verschleißkosten der Abbauwerkzeuge stark beeinflusst und begrenzt sein.
Um den Anpressdruck auf den Bohrkopf aufbringen zu können, wird die Maschine radial durch hydraulisch angetriebene Platten (Gripper) gegen die Ausbruchlaibung verspannt.
Der Abbau erfolgt gebirgsschonend und profilgenau durch Rollenmeißel, die auf dem rotierenden Bohrkopf angebracht sind. Die Maschine füllt einen großen Teil des Querschnittes aus. Die systematische Sicherung der Tunnelinnenfläche erfolgt gewöhnlich erst hinter der Maschine (10 bis 15 m und mehr hinter der Ortsbrust). In wenig standfestem und besonders nachbrüchigem Gebirge muss der Einbau von Ausbaubögen, Verbaublechen und Ankern in möglichst kurzem Abstand hinter dem Bohrkopf möglich sein.
Falls eine Spritzbetonauskleidung des Tunnels erforderlich ist, sollte diese erst im rückwärtigen Nachläuferbereich eingebaut werden, um die Verschmutzung der Antriebs- und Steuereinheiten im vorderen Maschinenbereich möglichst gering zu halten. In Ausnahmefällen muss jedoch auch der Spritzbetoneinbau in möglichst kurzem Abstand hinter dem Bohrkopf möglich sein.
Bei prognostiziertem schlechtem Fels oder heterogenen Gebirgsbedingungen (hoher Klüftungsgrad, Störzonen) wird empfohlen, die Vortriebsmaschine mit Einrichtungen zur Vorauserkundung und gegebenenfalls auch zur vorauseilenden Gebirgsverfestigung auszustatten.
Beim Abbau an der Ortsbrust entsteht kleinstückiges Material unter entsprechender Staubentwicklung. Daher sind für diese Maschinen Vorrichtungen zur Reduzierung der Staubentwicklung und zur Entstaubung erforderlich. Hier wird unterschieden zwischen:
Der Materialumschlag und die Versorgung der Maschine erfordern das Mitführen von mitunter sehr langen Nachlaufeinrichtungen.
Erweiterungstunnelbohrmaschinen (Aufweitungsmaschinen) werden im Festgestein eingesetzt, um einen zuvor hergestellten durchgehenden Pilotstollen auf den geplanten endgültigen Durchmesser zu vergrößern. Die Aufweitung auf den vollen Querschnitt erfolgt in ein oder zwei Arbeitsgängen durch einen entsprechend gestalteten Bohrkopf.
Die Hauptbauelemente dieser Maschine sind der Bohrkopf, die Verspannung und die Vortriebsmechanik. Die Verspannung dieser speziellen Maschine ist vor dem Bohrkopf angeordnet und stützt sich mit Grippern im Pilottunnel ab. Der Bohrkopf der Maschine wird während des Bohrvorganges zur Verspannung hin gezogen. In gestörten Felsformationen können von dem zuvor gebohrten Pilottunnel aus Maßnahmen zur Ertüchtigung der Störzonen durchgeführt und damit die Vortriebsrisiken bei der Bohrung des Haupttunnels minimiert werden.
Im Festgestein mit geringer Standzeit oder nachbrüchigem Fels werden die Tunnelbohrmaschinen mit einem Schildmantel versehen. In diesem Fall ist ein Ausbau im Schutze des Schildmantels zweckmäßig (Tübbinge, Rohre u. Ä.). Beim Vortrieb kann sich die Maschine gegen den Ausbau abstützen, sodass die Verspanneinrichtung üblicherweise entfällt. Ansonsten gelten die für Tunnelbohrmaschinen getroffenen Aussagen entsprechend.
Doppelschildmaschinen (DSM) bestehen aus zwei hintereinander angeordneten Maschinenteilen. Der vordere Teil ist mit dem Bohrkopf und den Hauptvortriebspressen ausgerüstet, im hinteren Maschinenteil befinden sich die Nebenvortriebspressen und die Grippereinrichtung. Der vordere Maschinenteil kann durch eine Teleskopeinrichtung um eine komplette Ringlänge gegenüber dem hinteren Teil ausgefahren werden.
Im standfesten Festgestein nehmen die Verspannplatten das Vortriebsdrehmoment und die Vorschubkräfte auf. Durch die sichere Fixierung des hinteren Maschinenteils mittels der Verspannplatten kann im Schildschwanzbereich die Montage des Tübbingringes während des Bohrhubvorganges erfolgen. In standfestem Gebirge kann gegebenenfalls auf den Tübbingeinbau verzichtet werden.
Im nicht standfesten Baugrund, in dem die Verspannplatten kein ausreichendes Widerlager finden, kann der Vortrieb durch Abstützung auf dem zuletzt gebauten Tübbingring erfolgen. Der vordere und hintere Maschinenteil wird hierfür zusammengefahren, die Vortriebskräfte werden durch die Nebenvortriebspressen auf den Tübbingring abgegeben.
In der Regel besteht keine Möglichkeit zur aktiven Ortsbrust- und Ausbruchlaibungsstützung.
Durch den schnellen Vorschub des hinteren Maschinenteils nach Ende des Bohrhubs beim Umsetzen des Grippers muss das Gebirge so lange selbstständig stehen, bis der Ringspalt vollständig vermörtelt oder mit Perlkies verblasen ist.
Man unterscheidet Schildmaschinen mit Vollschnittabbau (mittels Schneidrad; SM-V) und Schildmaschinen mit teilflächigem Abbau (mittels Fräse, Bagger; SM-T). Schildmaschinen werden in Lockerböden oberhalb und unterhalb des Grundwasserspiegels eingesetzt. Dabei müssen in der Regel der den Hohlraum umgebende Baugrund und die Ortsbrust gestützt werden. Schildmaschinen lassen sich nach der Art der Ortsbruststützung weiter unterteilen (Bild 1-5).
Ist die Ortsbrust standfest, z. B. in Tonböden mit fester Konsistenz und ausreichender Kohäsion oder im Festgestein, kann mit sogenannten offenen Schilden gearbeitet werden. Das werkzeugbestückte Schneidrad baut den Boden ab und der gelöste Boden wird über Förderbänder abtransportiert.
Im nachbrüchigen Festgestein werden meist Vortriebsschilde eingesetzt, die einen weitgehend geschlossenen, mit Diskenmeißeln versehenen Bohrkopf besitzen und vollständig durch einen Schildmantel vor nachbrechendem Baugrund geschützt sind. Die Vortriebskräfte und das Bohrkopfdrehmoment werden über die Vortriebspressen auf den zuletzt gebauten Tübbingring übertragen.
Bei Vortriebsmaschinen mit mechanischer Stützung soll die Ortsbrust mit elastisch gelagerten Stützplatten, die in den Öffnungen des Schneidrades (zwischen den Speichen) angeordnet sind, während des Abbauvorgangs gestützt werden. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass während des Abbauvorgangs keine nennenswerte mechanische Stützung der Ortsbrust durch das rotierende Schneidrad erzielt werden kann. Deshalb haben sich diese Schneidräder in nicht standfestem Gebirge nicht bewährt und werden heute nicht mehr eingesetzt. Die mechanische Ortsbruststützung durch das Schneidrad oder durch die Sicherungsplatten ist lediglich als zusätzliche Sicherheit zu betrachten. Ein rechnerischer Ansatz der Stützwirkung beim Nachweis der Standsicherheit der Ortsbrust darf nicht erfolgen.
Schildmaschinen der Bauart SM-V3 können unterhalb des Grundwasserspiegels zum Einsatz kommen, auch wenn dieser nicht abgesenkt werden kann oder nicht abgesenkt werden darf. In diesem Fall muss das Wasser an der Ortsbrust durch Druckluft zurückgehalten werden. Vorraussetzung für die Verdrängung des Grundwassers ist die Ausbildung einer Luftströmung zur Geländeoberfläche. Wasserundurchlässige Schichten oberhalb der Tunnelvortriebsmaschine können die eingebrachte Luft stauen und die wirksame Verdrängung des Grundwassers (und damit die Ausbildung einer Strömung) verhindern. Die Grenzdurchlässigkeit des Baugrundes ist ebenfalls zu beachten.
Da an der Ortsbrust keine Druckdifferenz aufgebaut werden kann, ist durch die Druckluftbeaufschlagung eine Stützung gegen Erddruck im Allgemeinen nicht möglich. Dies gilt insbesondere in durchlässigen Böden. Ein Verlust der scheinbaren Kohäsion in nicht wassergesättigten Böden ist ebenfalls möglich.
Während der Tunnelherstellung wird entweder der gesamte Tunnel unter Druckluft gesetzt, oder die Maschine erhält eine Druckwand, sodass nur die Abbaukammer unter Druck steht. In beiden Fällen sind Schleusen erforderlich. Der Druckluftumläufigkeit über die Schildschwanzdichtung und den Ausbau ist besondere Beachtung zu schenken. Die Hinweise und Forderungen für Arbeiten unter Druckluft sind zu beachten.
Eine möglicherweise vorhandene zusätzliche mechanische Stützung der Ortsbrust durch das Schneidrad oder durch Sicherungsplatten ist lediglich als zusätzliche Sicherheit zu betrachten. Ein rechnerischer Ansatz der Stützwirkung ist nicht zulässig.
Bei Vortriebsmaschinen mit Flüssigkeitsstützung wird die Ortsbrust durch eine unter Druck stehende Flüssigkeit gestützt, die in Abhängigkeit von der Wasserdurchlässigkeit des anstehenden Baugrunds festgelegt wird. Die Dichte bzw. Viskosität der Flüssigkeit muss variiert werden können. Besonders bewährt haben sich hierbei Bentonitsuspensionen. Zur Ortsbruststützung wird die Arbeitskammer durch eine Druckwand gegen den Tunnel abgeschlossen.
Der erforderliche Stützdruck kann sehr genau über ein Luftpolster hinter einer eingebauten Tauchwand und über die abgestimmten Förderleistungen der Förder- und Speisepumpe geregelt werden. Vor Beginn des Vortriebs muss der erforderliche und maximale Stützdruck über die gesamte Vortriebslänge berechnet werden (Stützdruckberechnung).
Der Boden wird vollflächig durch ein werkzeugbestücktes Schneidrad (Speichen-/Felgenschneidrad) abgebaut und hydraulisch gefördert. Eine anschließende Separation ist zwingend notwendig.
Sind Einstiege in die Abbaukammer erforderlich, z. B. zum Werkzeugwechsel, bei Reparaturarbeiten oder zur Bergung von Hindernissen, muss die Stützflüssigkeit durch Druckluft ersetzt werden. Die Stützflüssigkeit bildet dann an der Ortsbrust eine nur wenig luftdurchlässige Membrane, deren Lebensdauer jedoch zeitlich begrenzt ist (Gefahr der Austrocknung). Diese Membrane erlaubt die Stützung der Ortsbrust mittels Druckluft und ist gegebenenfalls regelmäßig zu erneuern. Die Stützflüssigkeit kann vollständig (Vollabsenkung) oder nur teilweise (Teilabsenkung) durch Druckluft ersetzt werden. Die maximale Teilabsenkung wird insbesondere durch das Erfordernis eines ausreichend großen Arbeitsraumes begrenzt. Dieser ist so groß zu wählen, dass jederzeit ein sicheres Arbeiten möglich ist und ein hinreichend großer Rückzugsraum für das Personal vorhanden ist.
Bei offenen Schneidrädern ist bei Stillstand der Maschine zum Schutz des in der Abbaukammer arbeitenden Personals ein mechanischer Abschluss der Ortsbrust durch verschließbare Segmente im Schneidrad oder durch von hinten ausfahrbare Platten möglich und wegen der zeitlich eingeschränkten Wirkung der Membrane zweckmäßig.
Steine oder Felsbänke können durch Disken am Schneidrad und/oder Steinbrecher in der Arbeitskammer auf eine förderfähige Größe zerkleinert werden.
Der Flüssigkeitsschild kann in standfestem Gebirge auch ohne Druckbeaufschlagung im offenen Modus mit Wasser als Fördermedium betrieben werden.
Eine möglicherweise vorhandene zusätzliche mechanische Stützung der Ortsbrust durch das Schneidrad oder durch Sicherungsplatten ist lediglich als zusätzliche Sicherheit zu betrachten.
Ein rechnerischer Ansatz der Stützwirkung ist nicht zulässig.
Bei Vortriebsmaschinen mit Erddruckstützung wird die Ortsbrust durch einen Brei aus abgebautem Boden gestützt. Die Abbaukammer des Schildes ist zum Tunnel hin durch eine Druckwand abgeschlossen. Werkzeugbestückte, mehr oder weniger geschlossene Schneidräder bauen den Boden ab. Mischflügel an der Rückseite des Schneidrades (Rotoren/Rückräumer) und an der Druckwand (Statoren) verhelfen dem Boden dabei zu einer geeigneten Konsistenz. Der Druck wird über Druckmessdosen kontrolliert, die über die Vorderseite der Druckwand verteilt sind. Eine druckhaltende Schnecke fördert den Boden aus dem Arbeitsraum.
Der Stützdruck wird durch die Förderschneckendrehzahl oder durch die druck-volumengesteuerte Injektion eines geeigneten Konditionierungsstoffes geregelt. Der Druckabbau zwischen Abbaukammer und Tunnel wird über Reibung in der Schnecke durchgeführt. Das Bodenmaterial in der Schnecke oder zusätzliche mechanische Einrichtungen müssen die Dichtigkeiten in der jeweiligen Austragsvorrichtung sicherstellen. Eine vollständige Stützung der Ortsbrust, insbesondere im oberen Bereich, gelingt nur dann, wenn das Stützmedium „Boden“ in den Zustand einer weichen bis steif-plastischen Masse gebracht werden kann. Hierbei hat der prozentuale Anteil des Feinkorns, kleiner 0,06 mm, wesentlichen Einfluss. Durch die Bodenkonditionierung, z. B. mit Bentonit, Polymeren oder Schaum, kann der Einsatzbereich des Erddruckschildes erweitert werden. Dabei ist auf die umweltverträgliche Deponierfähigkeit des Materials zu achten.
Der Erddruckschild kann in standfestem Gebirge auch ohne Druckbeaufschlagung im offenen Modus mit teilgefüllter Abbaukammer (SM-V5-OM) betrieben werden. In standfestem Gebirge ist bei Gebirgswasserzufluss auch ein Betrieb mit teilgefüllter Abbaukammer und Druckluftbeaufschlagung möglich.
Bei hohem Grundwasserdruck und bei Baugrund, der zur Verflüssigung neigt, kann die kritische Materialübergabe von der Schnecke zum Förderband durch ein geschlossenes System (Pumpförderung) ersetzt werden.
Eine möglicherweise vorhandene zusätzliche mechanische Stützung der Ortsbrust durch das Schneidrad oder durch Sicherungsplatten ist lediglich als zusätzliche Sicherheit zu betrachten. Ein rechnerischer Ansatz der Stützwirkung ist nicht zulässig.
Dieser Schildtyp kann bei senkrechter oder steiler Böschung einer standfesten Ortsbrust eingesetzt werden. Die Maschine besteht nur aus dem Schildmantel und dem Abbauwerkzeug (Bagger, Fräse oder Reißzahn), der Fördereinrichtung und der Vortriebspressen-Konstruktion. Der Boden wird über Förderbänder oder Kratzbänder ausgetragen.
Bei der Teilstützung der Ortsbrust können Bühnen und/oder Brustplatten eingesetzt werden. Bei Bühnenschilden ist die Vortriebsmaschine im Bereich der Ortsbrust durch eine oder mehrere Bühnen unterteilt. Auf diesen bilden sich Böschungen aus, die die Ortsbrust stützen. Der Boden wird von Hand oder maschinell abgebaut. Bühnenschilde haben einen geringen Mechanisierungsgrad.
Nachteilig ist die Gefahr großer Setzungen infolge unkontrollierter Ortsbruststützung. Bei Schildmaschinen mit Brustplattenverbau wird die Ortsbrust durch auf hydraulischen Zylindern gelagerte Brustplatten gestützt. Zum Bodenabbau werden die Brustplatten partiell zurückgezogen. Eine Kombination von Brustplatten und Bühnen ist möglich. Sofern eine Stützung im Firstbereich genügt, können dort ausklappbare Brustplatten angeordnet werden.
Ist Grundwasser vorhanden, muss dieses bei den Maschinen der Bauart SM-T1 und SMT2 durch Druckluft zurückgehalten werden. Dazu wird entweder der gesamte Tunnel unter Druckluft gesetzt, oder die Maschine erhält eine Druckwand (vergleichbar zu SM-V3). Das Material wird hydraulisch gefördert oder trocken ausgeschleust.
In der Vergangenheit wurden mehrfach Versuche unternommen, auch bei Teilschnittmaschinen eine aktive Ortsbruststützung durch Einsatz einer Stützflüssigkeit zu erreichen (z. B. Thixschild). Die Abbaukammer muss dabei vollständig mit Stützflüssigkeit gefüllt sein. Der Bodenabbau kann mechanisch oder mittels Hochdruckdüsen erfolgen.
Da der Bodenabbau nur ungenügend kontrolliert werden kann, hat sich dieses Vortriebsverfahren nicht bewährt und wird nicht mehr ausgeführt.
Eine Vielzahl von Tunneln führt durch stark wechselhafte Baugrundverhältnisse, die von Fels bis zu locker gelagertem Boden reichen können. Daher sind Verfahrenstechniken auf die geotechnischen Voraussetzungen abzustimmen und entsprechend anpassbare Schildmaschinen einzusetzen. Es wird unterschieden zwischen:
Bei Messerschilden ist der Schildmantel in Messer aufgelöst, die einzeln vorgeschoben werden können. Der Boden wird durch Teilschnittmaschinen, Schneidrad oder Bagger abgebaut. Ein Vorteil der Messerschilde ist, dass sie von der Kreisform abweichen und z. B. auch Hufeisenprofile auffahren können. Bei letzterem ist die Sohle in der Regel offen. Man spricht dann auch vom Messervortrieb. Aufgrund vielfältiger negativer Erfahrungen in der Vergangenheit werden Messerschilde heute allerdings kaum noch eingesetzt.
Diese Schildtypen sind durch die versetzt überlappend angeordneten Schneidräder gekennzeichnet. Der Schildtyp wird bisher ausschließlich von japanischen Herstellern angeboten und meist für die Auffahrung von Stationsquerschnitten eingesetzt. Die Maschinen sind nur schwer zu steuern. In Europa liegen bisher keine Einsatzerfahrungen vor.
Praktisch alle vorkommenden Schilde können durch Unterteilung in Längsrichtung mit einem Gelenk versehen werden. Dieses wird insbesondere dann angeordnet, wenn die Schildmantellänge größer als der Schilddurchmesser ist, um die Tunnelvortriebsmaschine besser steuern zu können. Die Anordnung kann auch bei sehr engen Kurvenradien erforderlich werden.
Die Bezeichnung der Vortriebsmaschinen richtet sich dann nach den zuvor bereits aufgeführten Kategorien. Eine separate Kategorie „Gelenkschilde“ ist heute nicht mehr üblich.
Der Haupteinsatzbereich der TBM (Bild 1-6) ist der standfeste bis nachbrüchige Fels, wobei Schicht- und Kluftwasserzutritte bewältigt werden können. Die einaxiale Druckfestigkeit σD sollte etwa zwischen 25 und 250 MN/m2 betragen. Höhere Festigkeiten, Zähigkeit des Gebirges und ein hoher Anteil verschleißfester Mineralien stellen wirtschaftliche Einsatzgrenzen dar. Eine Beschränkung der Verspannbarkeit der TBM kann ebenfalls deren Einsatz infrage stellen. Zur Beurteilung des Gebirges werden auch die Spaltzugfestigkeit und der RQD-Wert herangezogen. Bei einem Zerlegungsgrad des Gebirges mit RQD von 50 bis 100 % und einem Kluftabstand > 0,6 m erscheint der Einsatz einer TBM gesichert. Bei höherer Zerlegung ist die Standfestigkeit zu prüfen. Im Lockergestein oder bodenähnlichen Festgestein wird der Einsatz einer TBM ausgeschlossen.
Doppelschildmaschinen (Bild 1-7) werden hauptsächlich bei Tunnelprojekten eingesetzt, die neben größeren Bereichen in standfestem Gebirge auch kürzere Bereiche mit nachbrüchigem bis gebrächen Fels aufweisen. Im standfesten Gebirge (siehe Vorgaben für den TBM-Einsatz) kann der Vortrieb im kontinuierlichen Modus mit Einsatz der Grippereinrichtung erfolgen. In Störzonen oder Bereichen mit geringer Gebirgsfestigkeit, in denen die Grippereinrichtung nicht eingesetzt werden kann, wird das Schildgelenk zusammengefahren, und die Vortriebsmaschine stützt sich über die Vortriebspressen auf dem zuletzt gebauten Tübbingring ab.
Dieser Maschinentyp (Bild 1-8) kann nur im standfesten, weitgehend wasserundurchlässigen kohäsiven Lockergestein mit hohem Feinkornanteil eingesetzt werden. Die Standfestigkeit der Ortsbrust ist rechnerisch nachzuweisen. Ebenfalls nachzuweisen ist eine ausreichend hohe vorübergehende Standfestigkeit der Ausbruchlaibung bis zum endgültigen Einbau der Tunnelauskleidung. Bettungsreduzierende Gebirgsauflockerungen sind auszuschließen. Bei setzungsempfindlicher Bebauung an der Geländeoberfläche sind Baugrunddeformationen und Auflockerungen auf Basis der üblichen Schadensklassifikationen (z. B. Neigung der Setzungsmulde) nachzuweisen.
Im Hartgestein wird dieser Maschinentyp im nachbrüchigen bis gebrächen Fels, auch mit Schicht- und Kluftwasser, eingesetzt. Bei möglicherweise guter Gesteinsfestigkeit im standfesten Gebirge kann die Verbandsfestigkeit stark reduziert sein. Dies entspricht einem Kluftabstand von ≈ 0,6 bis 0,06 m und einem RQD-Wert zwischen ca. 10 und 50 %. Generell ist jedoch auch bei geringerer Gesteinsdruckfestigkeit unter 5 MN/m2, zum Beispiel in stark verwittertem Fels, der Einsatz möglich.
Die Standfestigkeit der Ortsbrust und Ausbruchlaibung ist rechnerisch nachzuweisen. Bei hohen Gebirgswasserzuflüssen sind entsprechende Maßnahmen einzuplanen.
Aufgrund zahlreicher gescheiterter Projekte wird der Maschinentyp nicht mehr empfohlen.
Durch Druckluftbeaufschlagung kann der Maschinentyp SM-V1 in standfesten Böden auch im Grundwasser eingesetzt werden. Die Luftdurchlässigkeit des Gebirges bzw. der Luftverbrauch und die Nachweise zur Ausbildung eines Strömungsfeldes und zur Ausbläsersicherheit sind maßgebliche Kriterien für die Anwendung dieses Maschinentyps. Der Grundwasserspiegel sollte sich mit ausreichendem Sicherheitsabstand oberhalb der Tunnelfirste befinden.
Haupteinsatzbereich der Flüssigkeitsschilde (Bild 1-9) sind grob- und gemischtkörnige Bodenarten. Der Grundwasserspiegel sollte sich mit ausreichendem Abstand oberhalb der Tunnelfirste befinden. Beim Abbauvorgang stützt eine unter Druck stehende Flüssigkeit, z. B. eine Bentonitsuspension, die Ortsbrust. Stark durchlässige Böden erschweren die Membranbildung. Bei einer Durchlässigkeit von über 5 · 10-3 m/s besteht die Gefahr, dass die Bentonitsuspension unkontrolliert in den Baugrund abströmt. Durch die Zugabe von Feinkorn und Füller oder Additiven zur Verbesserung der rheologischen Eigenschaften kann der Einsatzbereich erweitert werden. Alternativ können Zusatzmaßnahmen zur Reduzierung der Bodendurchlässigkeit (beispielsweise Porenhohlraumverfüllungen) erforderlich werden. Steine und Blöcke, die nicht gepumpt werden können, werden in vorgeschalteten Brechern zerkleinert. Ein hoher Feinkornanteil kann zu Schwierigkeiten bei der Separierung führen. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich die rheologischen Eigenschaften der Stützflüssigkeit durch Feinstkorn verschlechtern, da eine Trennung der tonigen Fraktionen und Bentonit technisch nicht möglich ist.
Maschinentypen mit Erddruckstützung (Bild 1-10) eignen sich besonders in Böden mit Feinkornanteilen (< 0,06 mm) von über 30 %. In grob- und gemischtkörnigen Böden und Fels steigen mit zunehmendem Stützdruck die Anpresskraft und das Schneidraddrehmoment überproportional an. Das Strömungsverhalten des abgebauten Bodens kann durch Zugabe geeigneter Konditionierungsmittel, wie z. B. Bentonit, Polymere oder Schaum, verbessert werden. Zur aktiven Stützdruckkontrolle und Gewährleistung eines setzungsarmen Vortriebs wird außerhalb der prädestinierten Einsatzbereiche die Bodenkonditionierung mit Schaum empfohlen.
Erddruckschilde besitzen den Vorteil, dass ohne verfahrenstechnische Modifikationen der Vortrieb mit teilgefüllter und nicht druckbeaufschlagter Abbaukammer im offenen Modus (SM-V5-OM) ohne aktive Ortsbruststützung möglich ist. Hierbei ist zu beachten, dass aufgrund der Schneidrad- und Schneckenkonstellation der gelöste Boden/Fels deutlich mehr zermahlen wird als bei einer Bandförderung durch das Zentrum (SM-V1). Neigt der Baugrund zur Verklebung, ist mit Behinderungen und erhöhtem Verschleiß zu rechnen. Zur Verbesserung des Materialflusses und zur Reduzierung der Verklebungsneigung sind Konditionierungsmaßnahmen einzuplanen. Als besonders ungünstig für Erddruckschilde gilt sowohl im Lockergestein als auch im Fels die Kombination hoher Stützdruck, starke Durchlässigkeit, hohe Abrasivität und schwere Brechbarkeit des Korngefüges.
Dieser Maschinentyp kann oberhalb des Grundwasserspiegels eingesetzt werden, wenn die Ortsbrust durchgehend standfest ist, siehe hierzu SM-V1.
Bei Teilschnittmaschinen besteht immer eine sehr gute Zugänglichkeit zur Ortsbrust, sodass insbesondere bei der Gefahr von anzutreffenden Hindernissen diese Verfahren große Vorteile bieten können.
Dieser Maschinentyp (Bild 1-11) kann eingesetzt werden, wenn die Stützung des auf den Bühnen im natürlichen Böschungswinkel aufliegenden Materials für einen bedingt verformungskontrollierten Vortrieb ausreicht. Im First- und Bühnenbereich können Brustplatten unterstützend verwendet werden. Die Haupteinsatzbereiche sind die schwach bis nicht-bindigen Kies-Sand-Böden oberhalb des Grundwasserspiegels mit entsprechendem Reibungswinkel.
Der Einsatz dieses Maschinentyps (Bild 1-12) ist dann angebracht, wenn die Typen SM-T1 und SM-T2 im Grundwasser eingesetzt werden sollen. Der gesamte Arbeitsbereich, einschließlich des hergestellten Tunnels, oder lediglich die Arbeitskammer wird unter Druckluft gesetzt.
Teilschnittmaschinen mit flüssigkeitsgefüllter Abbaukammer werden nicht mehr eingesetzt.
Kombinationsmaschinen (Bild 1-13) verbinden bei wechselnden Baugrundbedingungen die Einsatzmöglichkeiten der jeweiligen Maschinentypen. Ihr Einsatzspektrum wird somit auf beide Kriterien ausgeweitet.
Die Zahl der Umbauten von einem zum anderen Vortriebsverfahren sollte möglichst gering gehalten werden, da Umbauten meist sehr zeit- und kostenaufwendig sind.
Seit etwa 5.000 Jahren hat der Bau von Tunneln für die verschiedensten Zwecke die Menschheit beschäftigt. Es wurden Tunnel zum Schutz von Gütern und Menschen, für geheime Zugänge zu verbotenen Stätten, zur Gewinnung von Bodenschätzen oder zur Beschleunigung von Transporten gegraben.
Schon früh lernten die Tunnelbauer, nachbrüchiges Gebirge und auch Lockergestein mit einem Holzverbau abzustützen und dann mit Mauerwerk auszukleiden. Dies gelang auch im Gebirge mit Sicker- oder Kluftwasser, bis ins 19. Jahrhundert hinein aber nicht unterhalb des Grundwasserspiegels im Lockergestein oder gar unter offenen Gewässern. Die Situation änderte sich 1806, als der geniale Ingenieur Sir Marc Isambard Brunel in London das Prinzip des Schildvortriebes erfand und später patentieren ließ. Anlass war der wintersichere Ausbau einer Verkehrsverbindung über die Newa in St. Petersburg. Die Brückenpfeiler wurden dort jedes Jahr erneut durch das Packeis vom Ladogasee schwer beschädigt. Bei der Projektbearbeitung entwickelte Brunel eine Tunnellösung, obwohl dann letztlich eine Hängebrücke vorgeschlagen wurde.
Derartige Schildkonstruktionen von M. I. Brunel zeichnen sich durch eine Zelleneinteilung aus. In jeder dieser Zellen kann ein Arbeiter unabhängig und völlig gesichert arbeiten (Bild 1-14). Während bei der einen Methode die Zellen im Schildmantel fest installiert waren und nach dem Aushub eines Abschnittes der gesamte Schildmantel bereits mit hydraulischen Pressen nach vorn geschoben wurde, waren bei einer anderen Methode die einzelnen Zellen unabhängig voneinander verschiebbar. Alle heutigen geschlossenen Vollschilde beruhen auf der erstgenannten Methode; die zweite wurde nie zur Praxisreife entwickelt, es sei denn, man sieht den Messerschild als ihre Fortentwicklung an.
Ein grundsätzlich anderes Verfahren mit geschlossenem Schildmantel und einem vollflächigen, schraubenförmigen Abbau und sofortiger Auskleidung zeigt Bild 1-15. Dieser Schild kann als Vorläufer der Erddruckschilde gelten.
Das Projekt des Themsetunnels in London brachte M. I. Brunel endlich die Möglichkeit, seine Ideen zu verwirklichen (Bild 1-16Bild 1-17