image

DR. MICHAEL SIEFENER,
geboren 1961 in Köln, studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften an der Universität Köln. Promotion über „Hexerei im Spiegel der Rechtstheorie.“ Seit 1992 freier Schriftsteller und Übersetzer.
Er lebt abwechselnd in Hamburg und Manderscheid/Eifel.

Zum Buch

„The Bitter Bierce“.
Siegeszug der zynischen Vernunft

Der amerikanische Schriftsteller AMBROSE BIERCE (1842 - Weihnachten/Neujahr 1913/14) hatte nicht nur eine scharfe Zunge, sondern auch eine spitze Feder.

Er war einer der schillerndsten Gestalten im literarischen Amerika des 19. Jahrhunderts - die personifizierte Provokation und ein gehässiger Zyniker, der kein Thema ausließ. Ganz gleich, ob es um allgemeine, kleine oder große Schwächen des Menschengeschlechts ging – seinem Hohn war nichts heilig. Berühmt wurde er mit seinem „Wörterbuch des Teufels“, einer Sammlung galliger und pointiert-geistreicher Aphorismen.

Ambrose Bierce
Aus dem Wörterbuch des Teufels

Ambrose Bierce

Aus dem
Wörterbuch des Teufels

Aus dem Englischen neu übersetzt von
Michael Siefener

image

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2014
Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2011
Lektorat: Dr. Bruno Kern, Mainz
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0201-7

Inhalt

Vorwort

A

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

Y

Z

Vorwort

Das Wörterbuch des Teufels (The Devil’s Dictionary) wurde im Jahre 1881 in einer Wochenzeitung begonnen und auf sporadische Weise mit großen Zeitabständen bis 1906 weitergeführt. In diesem Jahr wurde ein beträchtlicher Teil davon als Buch unter dem Titel The Cynic’s Word Book („Das Wörterbuch des Zynikers“) veröffentlicht, wobei der Autor weder die Macht hatte, diesen Titel abzulehnen, noch das Vergnügen, ihm zustimmen zu können. Dazu schreiben die Verleger des vorliegenden Buches:

„Dieser ehrerbietigere Titel wurde ihm durch die religiösen Skrupel der letzten Zeitung aufgezwungen, in der ein Teil des Werkes erschienen war, was zur natürlichen Konsequenz hatte, dass, als es endlich in Buchform erschien, das Land bereits von seinen Nachahmern mit einer großen Zahl von „Zyniker-Büchern“ überflutet worden war – Des Zynikers Dies, Des Zynikers Das, Des Zynikers Sonstwas. Viele dieser Bücher waren einfach nur dumm, aber einige waren zusätzlich auch noch albern. Sie brachten die Bezeichnung „Zyniker“ so sehr in Verruf, dass jedes Buch, das diesen Begriff im Titel trägt, noch vor der Veröffentlichung diskreditiert war.“

Inzwischen haben sich einige originelle Humoristen des Landes bei den Teilen des Werkes bedient, die ihnen gelegen kamen, und viele seiner Definitionen, Anekdoten, Phrasen etc. sind mehr oder weniger in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Diese Erklärung erfolgt nicht aus Stolz über die Unwesentlichkeit, der Erste gewesen zu sein, der sie geprägt hat, sondern nur in Erwehrung möglicher Plagiatsvorwürfe, die keineswegs unwesentlich sind. Dadurch, dass der Autor sich nur dessen wieder bemächtigt, was zu seinem Eigentum gehört, hofft er, bei all jenen schuldlos dazustehen, an die sein Werk gerichtet ist: aufgeklärte Seelen, die trockenen Wein dem süßen, Verstand dem Gefühl, Esprit dem Humor und eine saubere Diktion der Umgangssprache vorziehen.

Ein offensichtliches und hoffentlich nicht unangenehmes Merkmal des Buches sind die illustrierenden Zitate herausragender Autoren, von denen besonders der gelehrte Kleriker Pater Gassalasca Jalpe S.J. hervorzuheben ist, dessen Beiträge seine Initialen tragen. Für Pater Jalpes freundliche Ermunterung und Hilfe möchte der Autor des Prosatextes hiermit aufrichtig danken.

A. B.

A

Abartig, Adj.: Nicht dem Standard entsprechend. In Angelegenheiten des Geistes und des Betragens ist es abartig, unabhängig zu sein, und es ist verabscheuungswürdig, abartig zu sein. Aus diesem Grunde rät der Lexikograf zum Streben nach einer engeren Angleichung an den durchschnittlichen Menschen, als er sie von sich selbst behaupten kann. Wer sich darein füget, wird Frieden haben sowie die Aussicht auf den Tod und die Hoffnung auf die Hölle.

Abdankung, die: Ein Akt, durch den ein Herrscher ein Gefühl für die hohe Temperatur seines Thrones beweist.

Abhängig, Adj.: Von der Großzügigkeit eines anderen abhängig, da man selbst nicht in der Lage ist, das Gewünschte unter Drohungen von ihm einzutreiben.

Ablehnung, die: Verweigerung von etwas Ersehntem, zum Beispiel der Hand einer ältlichen Jungfer dem reichen und schönen Bewerber zwecks Eheschließung; einer wertvollen Verkaufskonzession an eine reiche Handelsgesellschaft; der Absolution für einen unbußfertigen König durch einen Priester und so weiter. Ablehnungen werden nach ihrer Endgültigkeit in absteigender Reihenfolge so gestaffelt: die absolute Ablehnung, die bedingte Ablehnung, die versuchsweise Ablehnung und die weibliche Ablehnung. Die Letztere wird von einigen Kasuisten auch als zustimmende Ablehnung bezeichnet.

Abrakadabra:

Mit Abrakadabra erklären wir den Sinn

Einer endlosen Anzahl von Dingen.

Es ist die Antwort auf Woher? und Wohin?

Und Was? und Wie? und Warum? – ein Wort, worin

Die Wahrheit (mit dem Trost, den sie uns mag bringen)

Für alle offen liegt, die in der Nacht ohn’ Zuversicht

Rufen nach der Weisheit heil’gem Licht.

Ob das Wort ein Verb ist oder Substantiv,

Kann ich nicht sagen, bin kein Linguist,

Ich weiß nur, dass es durch die Weltgeschichte lief

Von einem Weisen zum andern –

Musste lange durch die Zeiten wandern –

Und ein ewiger Bestandteil unsrer Sprache ist.

Von einem ungeheuer alten Manne geht die Sage,

Er lebte seine ungezählten Tage

In einer Grotte am Meer.

(Es stimmt, am Ende verschied er.)

Der Ruhm seiner Weisheit erfüllte das Land,

Denn sein Haupt war kahl, was jeder verstand,

Sein langer, weißer Bart war sensationell

Und seine Augen waren ungewöhnlich hell.

Philosophen kamen herbei von Nah und Fern,

Saßen zu seinen Füßen und lauschten ihm gern,

Doch nie sprach er dort

Ein anderes Wort

Als „Abrakadabra, Abrakadab,

Abrakada, Abrakad,

Abraka, Abrak, Abra, Ab!

Mehr sagte er nicht, wie schad’,

Doch mehr gedachten sie nicht zu erfahren,

Wollten seine mystische Rede bloß schriftlich bewahren,

Dann publizierten sie diese –

Ein Rinnsal an Text inmitten einer Wiese

Aus Kommentaren in Büchern dick und schwer

Und zahlreich wie des Waldes Blätterheer;

Beachtlich an Gelehrsamkeit – sehr!

Ihn hat der Tod ereilt,

Wie ich schon mitgeteilt,

Und die Bücher der Weisen sind untergegangen,

Doch seiner heiligen Weisheit wird noch immer angehangen.

Das Abrakadabra feierlich erklingt

Wie eine uralte Glocke, die auf ewig schwingt.

O wie wunderbar

Macht dieses Wort doch klar,

Wie tief die Menschheit den Sinn aller Dinge durchdringt.

Jamrach Holobom

Abrupt, Adj.: Plötzlich, ohne Umschweife, wie das Herannahen einer Kanonenkugel und das Abtreten des Soldaten, dessen Belange dadurch in höchster Weise betroffen werden. In wunderschöner Weise sagte Dr. Samuel Johnson über die Ideen eines anderen Autors, dass sie „ohne Abruptionen miteinander verbunden“ seien.

Absicht, die: Das geistige Gespür für das Überwiegen einer Gruppe von Einflüssen über eine andere; eine Auswirkung, deren Ursache die unmittelbare oder in fernerer Zukunft drohende Durchführung eines ungewollten Aktes ist.

Absolut, Adj.: Unabhängig, unverantwortlich. Eine absolute Monarchie ist eine, in welcher der Souverän so lange das tut, was ihm beliebt, wie er bei den Attentätern beliebt ist. Es sind nicht viele absolute Monarchien übrig geblieben; die meisten wurden durch beschränkte Monarchien ersetzt, in denen die Macht des Souveräns zum Bösen (und am Ende auch zum Guten) stark beschnitten ist, oder durch Republiken, die vom Zufall regiert werden.

Abstammung, die: Die bekannte Wegstrecke auf dem Stammbaum vom Ahnen mit einer Schwimmblase bis zum großstädtischen Abkömmling mit einer Zigarette.

Abstand, der: Das Einzige, das die Armen dem Willen der Reichen zufolge behalten und einhalten sollen.

Abstinenzler, der: Jemand, der sich hochprozentiger Getränke enthält, manchmal ganz und manchmal ganz erträglich.

Absurdität, die: Eine Meinungs- oder Glaubensäußerung, die eindeutig unvereinbar mit den eigenen Ansichten ist.

Abtrünnige(r), der: Blutsauger, der, nachdem er den Panzer einer Schildkröte durchdrungen hat, nur um feststellen zu müssen, dass sie schon seit Langem tot ist, es als zweckmäßig erachtet, eine neue Bindung mit einer frischen Schildkröte einzugehen.

Abwesend, Adj.: Dem Biss der Entwürdigung besonders ausgesetzt sein; verunglimpft; hoffnungslos im Unrecht; verdrängt aus der Achtung und Zuneigung eines anderen.

Abwesende(r), der: Eine Person mit Einkommen, welche die weise Voraussicht besessen hat, sich dem Griff der Steuereintreiber zu entziehen.

Adamant, der: Ein ungeheuer hartes Mineral, das für gewöhnlich unter einem Korsett zu finden ist. Nur in einer Goldlösung aufweichbar.

Adlige(r), der: Vorkehrung der Natur für reiche amerikanische Jungfern, die ihre gesellschaftliche Stellung verbessern und ein Leben in den obersten Gesellschaftsschichten ertragen wollen.

Admiral, der: Jener Teil eines Kriegsschiffes, der das Reden besorgt, während die Galionsfigur das Denken besorgt.

Affe, der: Ein auf Bäumen, vor allem auf Stammbäumen lebendes Tier.

Afrikaner, der: Ein Nigger, der so abstimmt, wie wir es wollen.

Agitator, der: Ein Staatsmann, der die Obstbäume seiner Nachbarn schüttelt – nur um die Würmer zu vertreiben.

Akademia, die: Eine alte Schule, in der Moral und Philosophie gelehrt wurden.

Akademie, die (abgeleitet von Akademia): Eine moderne Schule, in der das Fußballspiel gelehrt wird.

Akkord, der: Harmonie.

Akkordeon, das: Ein Instrument, das sich in Harmonie mit den Gefühlen eines Mörders befindet.

Allah: Das höchste Wesen der Mohammedaner, in Abgrenzung zu jenem der Christen, Juden etc.

Allein, Adj: In schlechter Gesellschaft.

Allgegenwart, die: Die Gabe oder Macht, an allen Orten gleichzeitig zu sein, nicht aber andauernd an allen Orten, was Omnipräsenz wäre und ausschließlich ein Attribut Gottes sowie des leuchtenden Äthers ist. Diese wichtige Unterscheidung zwischen Allgegenwart (auch Ubiquität genannt) und Omnipräsenz war der mittelalterlichen Kirche nicht klar, was zu großem Blutvergießen führte. Gewisse Lutheraner, die die Gegenwart des Leibes Christi in allem und jedem annahmen, waren als Ubiquitarier bekannt. Wegen dieses Irrtums sind sie zweifellos der Verdammung anheim gefallen, denn der Leib Christi ist nur in der heiligen Eucharistie gegenwärtig, obwohl dieses Sakrament an mehr als einem Ort gleichzeitig gespendet werden kann. In jüngerer Zeit ist die Allgegenwart auch nicht immer recht verstanden worden – nicht einmal von Sir Boyle Roche, der der Meinung war, ein Mensch könne nicht an zwei Orten gleichzeitig sein, es sei denn, er ist ein Vogel.

Allianz, die: In der internationalen Politik der Zusammenschluss zweier Diebe, die ihre Hände so tief in der Tasche des jeweils anderen haben, dass sie voneinander getrennt keinen Dritten mehr ausplündern können.

Alligator, der: Das Amerikanische Krokodil, in jeder Hinsicht dem Krokodil der verweichlichten Monarchien in der alten Welt überlegen. Herodot sagt, der Indus sei – mit einer Ausnahme – der einzige Fluss, der Krokodile hervorbringt, aber sie sind anscheinend nach Westen weitergezogen und zusammen mit den anderen Flüssen gewachsen.

Alt, Adj.: In jenem Zustand der Nützlichkeit befindlich, der nicht im Widerspruch zu dem einer allgemeinen Leistungsschwäche steht, wie zum Beispiel ein alter Mann. Durch Zeitablauf in Verruf gebracht und dem gängigen Geschmack widerwärtig, wie zum Beispiel ein altes Buch.

„Alte Bücher? Der Teufel soll sie holen!“, lautet Grundels Gebot,

„Frisch sollen täglich meine Bücher sein und auch mein Brot.“

Selbst die Natur unterstützet Grundels Beharren

Und schenkt uns jeden Augenblick ’nen frischen Narren.

Harley Shum

Altar, der: Der Ort, an dem früher der Priester die kleinen Eingeweide des Opfertieres zum Zwecke der Weissagung entwirrte und das Fleisch für die Götter briet. Das Wort wird heute nur noch selten benutzt, außer in dem Falle, in dem ein Dummkopf und eine Dummköpfin vor den Altar treten und ihren Frieden und ihre Freiheit darauf opfern.

Alter, das: Jener Lebensabschnitt, in dem wir zum Ausgleich für die Laster, die wir noch pflegen, all jene verdammen, zu deren Begehung wir nicht mehr den Mumm haben.

Amnestie, die: Die Großherzigkeit des Staates gegenüber jenen Verbrechern, deren Bestrafung zu teuer wäre.

Amtsträger, der: Eine Person, die von größtem Interesse für die Getragenen ist.

Anbeten, V.: Erwartungsvoll verehren.

Anbetung, die: Die Freude des Schöpfers Mensch über die solide Konstruktion und feine Ausführung des Geschöpfes Gott. Eine volkstümliche Form der Erniedrigung, die ein Element des Hochmutes in sich birgt.

Anders, Adv.: Auch nicht besser.

Anerkennen, V.: Gestehen. Das gegenseitige Anerkennen von Fehlern und Unvollkommenheiten ist die höchste Pflicht, die uns von unserer Wahrheitsliebe auferlegt wird.

Angeboren, Adj.: Natürlich, eingewurzelt – wie angeborene Ideen, das heißt Ideen, mit denen wir geboren wurden, nachdem sie uns zuvor übermittelt wurden. Die Lehre von den angeborenen Ideen ist einer der bewunderungswürdigsten Glaubenssätze der Philosophie, denn sie ist selbst eine angeborene Idee und daher einer Widerlegung nicht zugänglich, obwohl Locke närrischerweise von sich selbst annahm, er habe ihr „ein blaues Auge“ geschlagen. Zu den angeborenen Ideen sollte auch der Glaube gezählt werden, eine Zeitung leiten zu können, sowie der Glaube an die Großartigkeit des eigenen Landes, an die Überlegenheit der eigenen Zivilisation, an die Wichtigkeit der eigenen Person und ihrer Angelegenheiten sowie an die interessante Natur der eigenen Krankheiten.

Anhänger, der: Gefolgsmann, der noch nicht alles erlangt hat, was er ursprünglich haben wollte.

Anklagen, V.: Die Schuld oder den Unwert eines anderen bekräftigen; zumeist als Rechtfertigung vor uns selbst, weil wir ihm unrecht getan haben.

Ansehen, das: Eine Auszeichnung, die in der Wertung zwischen schlechtem Leumund und Ruhm liegt – etwas erträglicher als das Erstere und etwas weniger unerträglich als das Letztere. Manchmal verdankt man das Ansehen einer unfreundlichen und leichtfertigen Geste.

Antipathie, die: Das Gefühl, das einem der Freund eines Freundes einflößt.

Anwalt, der: Jemand, der in der Umgehung des Gesetzes erfahren ist.

Aphorismus, der: Eine vorverdaute Weisheit.

Apotheker, der: Der Komplize des Arztes, Wohltäter des Leichenbestatters und Ernährer der Würmer.

Applaus, der: Das Echo einer Plattitüde.

Aprilhase, verrückt wie ein: Verrückt wie ein Märzhase mit einem Monat zusätzlicher Torheit.

Arbeit, die: Einer der Prozesse, durch den A Eigentum für B erwirbt.

Arbeitsüberlastung, die: Eine gefährliche Krankheit, von der hohe Beamte befallen werden, die angeln gehen wollen.

Architekt, der: Jemand, der die Linien für den Bauplan Ihres Hauses und Ihnen das Geld aus der Tasche zieht.

Arena, die: In der Politik ein imaginiertes Rattenloch, in dem der Staatsmann mit seiner Leistungsbilanz ringt.

Aristokratie, die: Regierung durch die besten Männer. (In diesem Sinn ist das Wort ausgestorben, genau wie diese Art von Regierung.) Knaben, die Flaumhüte und saubere Hemden tragen. Der Bildung schuldig und großer Bankguthaben verdächtig.

Armut, die: Eine Tatsache, an der sich die Reformratten die Zähne ausbeißen. Die Pläne zu ihrer Abschaffung entsprechen zahlenmäßig der Summe der Reformer, die unter ihr leiden, und der Philosophen, die nichts über sie wissen. Ihre Opfer zeichnen sich durch den Besitz aller Tugenden und durch ihren Glauben an Führer aus, die sie in einen Wohlstand führen wollen, in dem diese Tugenden unbekannt sind.

Arsen, das: Eine Art von Kosmetik, die von den Frauen mit großer Leidenschaft aufgenommen wird, aber gleichzeitig unter ihnen große Leiden schafft.

Arzt, der: Jemand, auf den wir unsere Hoffnungen setzen, wenn wir krank sind, und auf den wir unsere Hunde hetzen, wenn es uns gut geht.

Atemschutzmaske, die: Ein Apparat, der über Nase und Mund eines Bewohners der Stadt London gestülpt wird und das sichtbare Universum auf dem Weg durch die Lungen herausfiltert.

Atheismus, der: Die bedeutendste aller großen Weltreligionen.

Aufruhr, der: Eine volkstümliche Unterhaltung, die dem Militär von unschuldigen Zuschauern dargeboten wird.

Aufschub, der: Eine Aussetzung der Feindseligkeiten gegen einen verurteilten Mörder, wodurch der Exekutive die Gelegenheit gegeben wird herauszufinden, ob der Mord nicht vielleicht durch den Staatsanwalt begangen wurde. Jede Unterbrechung des Wartens auf etwas Unangenehmes.

Aufstand, der: Eine erfolglose Revolution. Das Versagen der Unzufriedenheit, eine Missherrschaft gegen eine schlechte Regierung einzutauschen.

Auktionator, der: Ein Mann, der mit einem Hammer verkündet, dass er soeben mit seiner Zunge eine Börse geplündert hat.

Ausnahme, die: Etwas, das sich die Freiheit nimmt, sich von anderen Dingen seiner eigenen Klasse zu unterscheiden, wie zum Beispiel ein ehrenwerter Mann, eine ehrliche Frau etc. „Ausnahmen bestätigen die Regel“ ist ein Sprichwort, das sich unablässig auf den Lippen der Dummen findet, die es einander nachplappern und nie seine Absurdität bemerken. Im Lateinischen liegt die Bedeutung von „exceptio probat regulam“ darin, dass die Ausnahme die Regel auf die Probe stellt und sie keineswegs bestätigt. Der Bösewicht, der die Bedeutung dieses ausgezeichneten Ausspruchs in sein Gegenteil verkehrte, hat damit eine böse Macht erschaffen, die anscheinend unsterblich ist.

Ausrottung, die: Der Rohstoff, aus dem die Theologie die kommende Welt erschuf.

Auster, die: Eine schleimige, fette Muschel. Die Zivilisation befähigt den Menschen zu der Kühnheit, sie zu verspeisen, ohne vorher die Eingeweide entfernt zu haben! Die Schalen werden manchmal den Armen gegeben.

Australien: Ein Land in der Südsee, dessen industrielle und kommerzielle Entwicklung aufgrund des unglücklichen Disputes unter Geografen, ob es sich nun um einen Kontinent oder eine Insel handelt, unsagbar gehemmt wurde.

Avernus, der: Der See, der für die Alten den Zugang zur Unterwelt darstellte. Die Tatasche, dass dieser Zugang durch einen See erfolgte, habe nach Ansicht des gelehrten Marcus Ansello Scrutator den christlichen Ritus der Taufe durch Untertauchen angeregt.

Azephalös, Adj.: Der überraschende Zustand jenes Kreuzritters, der geistesabwesend an seiner Schläfenlocke zupfte, nachdem ihm vor einigen Stunden ein sarazenischer Krummsäbel durch den Hals gefahren war, ohne dass er es bemerkt hatte, wie es von de Joinville berichtet wird.

B

Baal: Ein alter Gott, der früher unter vielen verschiedenen Namen verehrt wurde. Als Baal war er bei den Phöniziern bekannt, als Belus oder Bel hatte er die Ehre, von dem Priester Berosus vergöttert zu werden, der den berühmten Bericht über die Sintflut verfasste; als Babel wurde ihm zu Ehren ein Turm auf der Ebene von Shinar teilweise errichtet. Von „Babel“ kommt unser Wort „babbeln“. Baal ist der Sonnengott, unter welchem Namen er auch immer verehrt werden mag. Als Beelzebub ist er der Gott der Fliegen, die durch die Strahlen der Sonne in stehenden Gewässern erzeugt werden. In Physicia wird er noch immer als Bolus verehrt, und von den Priestern des Mampftums wird er unter Vollziehung übermäßiger Opfer als Baal-Schlemm angebetet.

Baby, das: Eine missgestaltete Kreatur von unbestimmtem Alter, Geschlecht und Zustand, hauptsächlich auffallend durch die Wucht der Sympathien und Antipathien, die sie bei anderen hervorruft, während sie selbst ohne jede Gefühlsregung ist. Es hat berühmte Babys gegeben, zum Beispiel den kleinen Mose, von dessen Binsen-Abenteuer die ägyptischen Priester zweifellos bereits sieben Jahrhunderte zuvor ihre müßige Geschichte vom Kind Osiris ableiteten, das von einem dahintreibenden Lotos-Blatt gerettet wurde.

Bacchus: Eine praktische Gottheit, die von den Alten als Entschuldigung für einen Vollrausch ersonnen wurde.

Bad, das: Eine Art mystischer Zeremonie als Ersatz für religiöse Verehrung; seine spirituelle Wirksamkeit ist noch nicht erwiesen.

Barometer, das: Ein geniales Instrument, das anzeigt, welches Wetter gerade herrscht.

Bart, der: Jene Haare, die für gewöhnlich von denen geschoren werden, die zu Recht den absurden chinesischen Brauch verfluchen, den Kopf zu scheren.

Basilisk, der: Eine Schlangenart, die für gewöhnlich einem Hahnenei entschlüpfte. Der Basilisk hatte ein böses Auge, dessen Blick tödlich war. Viele Ungläubige leugnen die Existenz dieses Wesens, aber Semprello Aurator sah eines und hatte mit ihm zu tun; zur Strafe war es durch einen Blitz geblendet worden, weil es eine Dame von Stand, in die Jupiter verliebt gewesen war, mit einem tödlichen Blick bedacht hatte. Später gab Juno dem Reptil das Augenlicht zurück und verbarg es in einer Höhle. Nichts ist durch die Alten so gut bezeugt wie die Existenz des Basilisken, aber die Hähne legen inzwischen keine Eier mehr.

Bastonade, die: Die Kunst, über Holz zu gehen und dabei gleichzeitig an Ort und Stelle zu bleiben.

Bauch, der: Tempel des Gottes Magen, dessen Anbetung sich alle wahren Männer unter Darbringung von Opferhandlungen widmen. Von Frauen erhält dieser uralte Glaube nur undeutliche Zustimmung. Manchmal dienen sie auf halbherzige und ineffektive Weise an seinem Altar, doch wahre Ergebenheit an die einzige Gottheit, welche die Männer wirklich anbeten, kennen sie nicht. Wenn die Frau freie Hand in der Führung der Welt hätte, würde die gesamte Rasse zu Grasfressern werden.

Baum, der: Ein großes Gemüse, das von der Natur ursprünglich als Strafapparat vorgesehen war, doch durch einen Justizirrtum tragen die meisten Bäume entweder nur eine vernachlässigbare oder gar keine Frucht. Im fruchttragenden Zustand ist der Baum ein segensvolles Instrument der Zivilisation und ein wichtiges Element der öffentlichen Moral. Im strengen Westen und dem gefühlvollen Süden wird seine Frucht (sie ist weiß respektive schwarz) zwar nicht gegessen, entspricht aber sehr dem öffentlichen Geschmack und ist, auch wenn sie nicht exportiert wird, dem allgemeinen Wohlergehen sehr zuträglich. Dass die legitime Beziehung des Baumes zur Justiz keine Erfindung des Richters Lynch war (der den Baum als nicht wichtiger denn den Lampenpfosten oder den Brückenbalken ansah), wird durch den folgenden Abschnitt von Morryster verdeutlicht, dessen Werk zweihundert Jahre älter als Lynch ist:

Als ich in jenem Lande weilete, ward ich davongetragen, zu sehen den Ghogo-Baum, von selbigem ich viel reden gehört, doch als ich dartat, nichts von Beachtung darin zu erblicken, antworteten viele aus dem Dorfe, wo er wuchs, auf die folgende Weise.

„Jener Baum stehet nun nicht in Frucht, doch zu seiner Zeit werdet Ihr hängend von seinen Zweiglein all jene erblicken, so da Seine Majestät, den König beleidigten.“

Und mir ward weiterhin verrathen, dass das Wort „Gogho“ in ihrer Sprach dasselbige wie „Schurk“ in der unsrigen bedeutet. – Reisen durch den Osten.

Beerdigung, die: Ein prunkvolles Schauspiel, mit dem wir unsere Hochachtung vor den Toten bezeugen, indem wir den Bestatter reich machen und unseren Kummer durch einen Kostenaufwand verstärken, der die Lautstärke unserer Seufzer erhöht und unsere Tränen verdoppelt.

Begnadigen, V.: Die Strafe erlassen und in ein Leben des Verbrechens zurückführen. Etwas, das dem Reiz des Verbrechens die Versuchung der Undankbarkeit hinzufügt.

Behaglichkeit, die: Ein Gefühlszustand, der sich einstellt, wenn wir das Unbehagen eines Nachbarn betrachten.

Beharrlichkeit, die: Eine niedere Tugend, die der Mittelmäßigkeit zu einem glanzlosen Sieg verhelfen kann.

Beidhänder, der: Jemand, der in der Lage ist, mit gleichem Geschick sowohl die Hosentasche eines Linkshänders als auch die eines Rechtshänders zu leeren.

Bekannte(r), der: Eine Person, die wir so gut kennen, dass wir uns etwas von ihr borgen, aber nicht gut genug, um ihr etwas zu leihen. Ein Grad der Freundschaft, die oberflächlich genannt wird, wenn ihr Gegenstand arm oder unbedeutend ist, und innig, wenn er reich oder berühmt ist.

Belauschen, V.: Heimlich einem Katalog von Verbrechen und Lastern eines anderen oder der eigenen Person zuhören.

Belehrung, die: Dem Nachbarn einen anderen und besseren Irrtum präsentieren als jenen, den zu hegen er bisher als vorteilhaft erachtete.

Belladonna, die: In der italienischen Sprache eine schöne Frau, in unserer Sprache ein tödliches Gift. Ein schlagendes Beispiel für die grundsätzliche Übereinstimmung der beiden Sprachen.

Bemitleidenswert, Adj.: Der Zustand eines Feindes oder Gegners nach einer fantasierten Begegnung mit uns selbst.

Benediktiner, die: Ein Mönchsorden, der auch als Schwarzkittel bekannt ist.

Benehmen, das: Ein Gebaren, das nicht durch Prinzipien, sondern durch Herkunft bestimmt wird.

Beredsamkeit, die: Die Kunst, einen Narren durch Worte davon zu überzeugen, dass Weiß die Farbe ist, die sie zu sein scheint. Sie schließt die Gabe ein, alle Farben weiß erscheinen zu lassen.

Berufung, die: In der Juristerei das Legen der Würfel in den Becher für einen weiteren Wurf.

Berühmt, Adj.: In einem Zustand befindlich, der überdeutlich als elend zu erkennen ist.

Beschimpfung, die: Satire, so wie sie von Hohlköpfen und all jenen empfunden wird, die unter einer Denkhemmung leiden.

Besessen, Adj.: Von einem bösen Geist heimgesucht, wie die Schweine von Gadara und andere Kritiker. Früher war die Besessenheit viel häufiger anzutreffen als heute. Arasthus berichtet von einem Bauern, der jeden Tag der Woche von einem anderen Dämon besessen war und sonntags gleich von zweien. Sie waren oft zu sehen, gingen immer in seinem Schatten, wenn er einen warf, und wurden am Ende vom Dorfschreiber, einem heiligen Mann, vertrieben, aber sie nahmen den Bauern mit, denn er verschwand spurlos. Ein Dämon, den der Erzbischof von Reims einer Frau ausgetrieben hatte, rannte von hundert Leuten verfolgt durch die Straßen, bis er das offene Land erreicht hatte, wo er höher als ein Kirchturm in die Luft sprang und in einen Vogel einfuhr. Ein Kaplan in Cromwells Armee exorzisierte den Dämon, der in einem Soldaten steckte, indem er den Soldaten ins Wasser warf und der Dämon daraufhin an die Oberfläche trieb, was der Soldat hingegen leider nicht tat.

Beten, V.: Darum ersuchen, dass die Gesetze des Universums zugunsten eines einzigen Bittstellers aufgehoben werden, der dieser Gunst eingestandenermaßen unwürdig ist.

Bettler, der: Jemand, der sich auf die Hilfe seiner Freunde verlassen hat.

Bevollmächtigt, Adj.: Die volle Macht besitzend. Ein bevollmächtigter Gesandter ist ein Diplomat, der die absolute Autorität unter der Bedingung besitzt, dass er sie niemals ausübt.

Beweis, der: Ein Indiz, das geringfügig überzeugender als die vollkommene Unwahrscheinlichkeit ist. Das Zeugnis zweier glaubwürdiger Zeugen statt nur eines einzigen.

Bewunderung, die: Die höfliche Anerkennung, die wir jemandem zollen, der uns gleicht.

Bibel, die: Die heiligen Bücher unserer Religion, im Gegensatz zu den falschen und profanen Schriften, auf denen alle anderen Religionen basieren.

Bigamie, die: Eine Geschmacksverirrung, für die die Weisheit der Zukunft die Strafe der Trigamie aussprechen wird.

Bigotte(r), der: Jemand, der hartnäckig und eifrig an einer Meinung festhält, die man selbst nicht hegt.

Bild, das: Eine zweidimensionale Darstellung von etwas, das bereits in drei Dimensionen ermüdend ist.

Bitten, V.: Um etwas mit einer Ernsthaftigkeit ersuchen, die proportional zu dem Glauben steht, dass es nicht gewährt wird. – Das Fundament für das Gebäude der Zumutung legen.

Blankvers, der: Reimlose jambische Pentameter – die schwierigste Art, akzeptable englische Verse zu schreiben, und daher sehr beliebt bei denen, die in keiner Weise akzeptabel schreiben können.

Blei, das: Ein schweres, blaugraues Metall, das häufig dazu benutzt wird, leichtsinnigen Liebenden eine gewisse Stabilität zu verleihen – besonders jenen, die unklugerweise die Frau eines anderen lieben. Außerdem ist Blei als Gegengewicht in einem Streit von großem Nutzen, wenn sich die Wagschale in die falsche Richtung zu bewegen droht. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache in der Chemie des internationalen Streitverhaltens, dass bei der Berührung zweier Patriotismusse große Mengen von Blei ausfällen.

Bonmot, das: Eine treffende und geistreiche Bemerkung, meistens zitiert, selten bemerkt; das, was der Philister einen „Witz“ zu nennen beliebt.

Botanik, die: Die Wissenschaft von den Gemüsen – von den genießbaren sowie den ungenießbaren. Sie befasst sich vornehmlich mit den Blüten, die für gewöhnlich armselig gestaltet sind, schlecht riechen und eine kunstlose Farbgebung besitzen.

Brahma