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Plophos 2

 

Soldaten für Kahalo

 

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

Im Jahr 2328 hat die Menschheit unter Perry Rhodans Führung bereits Hunderte von Planeten besiedelt. Der lange Krieg gegen die fremdartigen Blues ist vorüber; die Terraner hoffen nun auf Frieden und einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Doch zwischen den Sternen der Milchstraße machen sich neue Feinde breit. Sie bedrohen das Vereinte Imperium von Terranern und Arkoniden von innen, indem sie Unruhen schüren und eigene Sternenreiche gründen. Einer dieser Gegner zielt direkt auf das Herz des Imperiums – er bedroht Perry Rhodan und seine engsten Gefährten: Der Anschlag auf die CREST, das riesige Raumschiff des Mannes, der die Menschen zu den Sternen führte, scheitert nur knapp.

Als Drahtzieher des Anschlags erweist sich Iratio Hondro. Er ist der Herrscher des von terranischen Siedlern bewohnten Planeten Plophos, auf dem er eine Diktatur errichtet hat. Der selbst ernannte Obmann von Plophos will nicht nur die Unabhängigkeit seiner Welt, sondern auch die Vorherrschaft über die von Menschen bewohnten Teile der Galaxis.

Und dazu ist ihm jedes Mittel recht ... auch der Einsatz von tödlichem Gift, das langsam wirkt ...

Prolog

 

 

Die Milchstraße im Jahr 2328. Der Krieg gegen die Blues liegt ein Jahr zurück, erforderte Millionen Opfer und konnte nur durch den Einsatz aller Kräfte gewonnen werden. Arkoniden und Terraner sowie die Kolonialvölker, die zum Vereinten Imperium gehören, hoffen nun wieder auf ein Leben in Sicherheit.

Während die Bürger auf zahlreichen Planeten zur Tagesordnung übergehen, arbeitet Perry Rhodan daran, den gerade erst errungenen Frieden zu verteidigen. Das Imperium ist jetzt vor allem von internen Konflikten bedroht – einige Regionen der Milchstraße versinken in bürgerkriegsähnlichen Wirren. Tyrannen ergreifen die Macht auf abgelegenen Planeten, neue Sternenreiche entstehen und spalten sich vom Imperium ab. Es droht ein Chaos in weiten Teilen der Milchstraße.

Die ausufernde Gewalt erreicht einen neuen Höhepunkt, als ein Anschlag auf Perry Rhodan und sein Flaggschiff, die CREST, nur knapp scheitert.

Drahtzieher des Anschlags ist Iratio Hondro, der Obmann von Plophos, einer von Menschen besiedelten Welt. Hondro, der die Plophoser mit seiner brutalen Diktatur beherrscht, will die Position Rhodans um jeden Preis brechen, Plophos zur einflussreichsten Welt des Imperiums und sich selbst zum mächtigsten Mann der Milchstraße machen.

Es gelingt Hondros Soldaten, Perry Rhodan und dessen engste Gefährten zu entführen. Doch der Obmann hat nicht mit dem Mut und der Intelligenz seiner Gefangenen gerechnet. Ihnen gelingt die Flucht. Es ist ein Vorstoß ins Unbekannte ...

1.

 

 

Es war heller Tag, und trotzdem stand der Himmel voller Sterne!

Das Licht der kleinen roten Sonne Thoma reichte nicht aus, das Leuchten abertausender ferner Sonnen zu unterdrücken. Es glitzerte und funkelte vom Himmel. Der zentrumsnahe Sektor der Galaxis zeigte sich hier als ein Sternenmeer. Ein leuchtender Punkt stand neben dem anderen, und jeder Punkt war eine Sonne.

Das war der Tageshimmel über Badun und damit auch über Lordstown, der einzigen Stadt auf Badun. Vierzigtausend Menschen wohnten in ihren Mauern, vierzigtausend, die dem Sterngewimmel über ihren Köpfen keinen einzigen Blick schenkten.

Sie hatten dafür auch keine Zeit. Der Dienst nahm sie zu sehr in Anspruch, und Lord Kositch Abro gab ihnen keine Gelegenheit, an etwas anderes als den Dienst zu denken.

Badun im Thoma-System war kein Planet, sondern der größte von fünf Monden, die den Riesenplaneten Beil umliefen. Marsgroß und kalt, war Badun eine unwirtliche Welt. Die riesigen Gebirge, von großen vegetationslosen Ebenen umgeben, standen überall wie eine Drohung vor dem klaren, wolkenarmen Himmel. Es gab einen Ozean – ein flaches Meer, dessen größte Tiefe nicht einmal hundert Meter erreichte. Kein Fluss schickte seine Wasser dorthin. Auf Badun gab es keine Flüsse, zumindest nicht auf der Oberfläche.

Trotzdem waren Menschen auf dieser unwirtlichen Welt sesshaft geworden. Im Laufe von rund hundert Jahren hatte sich die Stadt Lordstown entwickelt, und sie war zum geheimen Zentrum der Neutralisten, der unzufriedenen Plophoser, geworden. Dass man diese bisher nicht entdeckt hatte, verdankten sie allein der galaktischen Position des Thoma-Systems. In einem Meer von Millionen Sonnen versteckt, die unglaublich dicht zusammenstanden, brauchten sie nicht zu fürchten, dass eines Tages Schiffe der Plophoser über Badun erscheinen könnten. Denn wer mit den Tücken dieser Sternenballung nicht vertraut war, ging mit seinem Schiff darin unter.

Lordstown machte einen hässlichen Eindruck. Die Stadt war aus dem Boden gestampft worden. Sie bestand nur aus primitiven Häusern, unschönen Bauten, welche aus Fertigteilen errichtet worden waren.

Den Bewohnern war das Aussehen Lordstowns gleichgültig. Sie stellten keine Ansprüche. Ihr Lebensziel war, einmal in der Galaxis die Macht zu übernehmen. Dafür verzichteten sie gern auf manche Annehmlichkeiten des Lebens.

In Lordstown herrschte ein lebhaftes Kommen und Gehen. Tag und Nacht starteten Raumschiffe oder kamen zu Lordstowns großem Landehafen zurück. Manche Neutralisten blieben nur kurz in der Stadt, andere waren auf Lebenszeit zur Zentrale versetzt worden. Sie hatten es nicht leicht, sich den Gewohnheiten der Eingesessenen anzupassen. Auf dem Mond herrschten in mancher Hinsicht eigenartige Sitten und Gebräuche. Das Militärische war vorrangig, aber nur einer hatte die Befehlsgewalt: Lord Kositch Abro, der unumschränkte Herrscher dieser Neutralistengruppe.

Er war ein Riese von 1,99 Metern, breitschultrig, aber trotz seiner 56 Lebensjahre von jugendlichem Elan. In seinem streng geschnittenen Gesicht fielen die Hakennase und sein gepflegter roter Bart auf. Wer Lord Abro schärfer betrachtete, stutzte über das kalte Glitzern in seinen dunklen Augen. Manchmal war ein eigenartiges Leuchten darin zu sehen. Wer Menschen abzuschätzen verstand, erkannte, dass Lord Abro ein eiskalter Fanatiker war, der nur sein Ziel vor Augen hatte. Menschliche Unzulänglichkeiten duldete dieser Mann nicht. Mit drakonischen Maßnahmen griff er durch, aber er verstand es immer wieder, sein hartes Zupacken seinen Getreuen gegenüber zu begründen.

Nur wenn Lord Kositch Abro sprach, ging viel von dem Eindruck, den er bei anderen hervorrief, verloren. Es tat den Ohren weh, wenn man seiner Fistelstimme lauschen musste. Die Bewohner von Lordstown hatten sich inzwischen daran gewöhnt. Wer zum ersten Mal seinen Fuß auf den Mond Badun setzte und zur Berichterstattung vor dem Lord erscheinen musste, durfte glücklich sein, wenn er vorher von dritter Seite auf Abros schauerliche Fistelstimme aufmerksam gemacht worden war.

Menschen, die vor Abro zusammenzuckten, wenn er fistelte, konnten sicher sein, dass der Lord sie umgehend zu einem Einsatz abkommandierte, von dem es kein Wiederkommen gab. In diesem Punkt war er empfindlicher als der sensibelste Mensch, seine Empfindlichkeit war einfach krankhaft.

Abro beherrschte von der Burg aus den Mond Badun. Die Burg, eines der wenigen Gebäude der Stadt, die aus Plastikbeton errichtet waren, hatte die Form eines Hufeisens. Nur dreigeschossig, überragte sie die anderen Häuser der Stadt nicht. Sieben gedrungene Kuppeln verteilten sich in gleichmäßigem Abstand auf dem Flachdach. Eingeweihte wussten, dass unter diesen Kuppeln mächtige Energiegeschützstellungen verborgen waren.

Die Burg war gleichzeitig das Zentrum von Lordstown. Die nächsten Häuser standen erst in dreihundert Meter Entfernung. Für die Zwischenzone bestand generelles Bauverbot, damit die Burg notfalls unter einen starken Schutzschirm gelegt werden konnte. Im linken Flügel des hufeisenförmigen Bauwerkes lagen die Arbeitsräume des Lords.

Vor einer halben Stunde hatte Lord Kositch Abro die Einsatzbesprechung mit seinen Raumschiffskommandanten abrupt beendet und die Männer aufgefordert, in zwei Stunden wieder vor ihm zu erscheinen.

Kaum waren sie gegangen, als er die Order erließ, ihn unter keinen Umständen zu stören. Während er diesen Befehl gab, verfolgte sein Blick drei Sipans, die ihm leise surrend um den Kopf flogen.

Lord Kositch Abro hasste die Sipans, diese kleinen Fliegen, die wie winzige Doppeldecker aussahen und bisher jedem Ausrottungsversuch der Menschen widerstanden hatten. Um die Sipans zu vernichten, hatte Abro die Besprechung mit den Schiffskommandanten unterbrochen. Nur deshalb wollte er nicht gestört werden.

Er hasste diese Fliegen, und sie hassten ihn! Das wusste er, aber nur er allein. Nicht einmal seiner Tochter Mory hatte er sich anvertraut. Niemand durfte erfahren, dass die Sipans ihn hassten!

Eine Fliege schwirrte dicht an seinem Gesicht vorüber. Blitzschnell schlug er zu, traf sie und sah das Insekt benommen auf dem Boden herumkriechen.

»Ha!«, triumphierte er, als er die Sipan zertrat. »Du kannst mich nicht mehr hassen!« In seinen Augen leuchtete ein eigenartiges Feuer. Sein Mund, den selten jemand lachen sah, zeigte jetzt den triumphierenden Zug eines Siegers.

Er zertrat die zweite Fliege, sprang der dritten nach, verfehlte diese jedoch und stürzte. Dumpf dröhnte es, als er auf den Boden fiel. Er hatte keine Bewegung getan, um die Wucht des Aufpralles zu mildern. Jetzt bewegte er langsam seine Arme, stützte sich auf und betrachtete mit funkelnden Augen die Sipan, die er eben zertreten hatte. Dabei kreischte er: »Da liegst du und rührst dich nicht mehr, Sipan! So hasse ich!«

Dann erhob sich der Lord. Außerhalb der Reichweite seiner Arme flog die dritte Sipan. Auf Zehenspitzen lief er ihr nach. Blitzschnell schlug er von rechts nach links nach ihr, traf sie, und die Fliege endete wie ihre Vorgängerinnen.

»Hahaha ...«, gellte sein irres Lachen durch den großen Raum. Er starrte zu Boden und rieb sich unentwegt die Hände. »Jetzt bin ich nur noch allein da, der hasst ... ich, Abro der Große!«

Sekundenlang hielt er den Kopf gesenkt. Als er dann aufblickte, war das eigenartige Feuer aus seinen Augen verschwunden und hatte einem grübelnden Ausdruck Platz gemacht. »Was wollte ich denn tun?«, fragte er sich und blickte sich verwundert um.

Eine neue Sipan schwirrte dicht an seinem Gesicht vorbei. Er schenkte ihr keinen Blick. Langsam ging er auf seinen wuchtigen Schreibtisch zu – Lord Kositch Abro liebte das Große –, da sah er eine Notiz darauf liegen.

»Ach, das war's«, sagte er sich und schaltete die Sichtsprechverbindung ein.

»Euten, ich möchte mit meiner Tochter sprechen!« Euten war der Adjutant des Lords.

Abro grübelte. Warum habe ich die Kommandanten fortgeschickt?, fragte er sich.

Die Sipan setzte sich jetzt neben seine rechte Hand auf den Schreibtisch. Er blies sie an und sah ihr nach, als sie davonflog, aber er dachte sich nichts dabei.

Die portalgroße Tür öffnete sich. Eine schlanke junge Frau betrat den großen Raum. »Ja?«, sagte sie und blieb lässig neben seinem Schreibtisch stehen.

»Mory, die CC-2 landet in drei Stunden. Ich wollte dich daran erinnern«, fistelte er und betrachtete dabei seine Tochter.

Mehr denn je erinnerte ihn Mory an seine verstorbene Frau. Die Schönheit der Mutter war der Tochter vererbt worden. Nur das rotblonde Haar, das ihr bis über die Schultern hing, hatte sie vom Vater. Mory Abro war eine wirklich schöne Frau, vierundzwanzig Jahre alt, aber nicht nur schön, sondern auch klug. Auf Badun sagten viele: gefährlich klug!

»Also, in drei Stunden kommt die CC-2. Gut! Ich werde ihn mir genau ansehen!«

»Nimm dir nicht zuviel vor, Mory. Rhodan ist nicht der Typ, der sich von einer Frau den Kopf verdrehen lässt ...«

»Vater, das lass bitte meine Sorge sein«, antwortete sie kühl. »Darf ich dich an Genoth erinnern? An Pladdan und Milko? Weder dir noch deinen besten Männern gelang es, sie umzustimmen. Ich habe dann nur mit ihnen geplaudert, und bald waren sie unsere Freunde.«

»Aber du kannst doch Rhodan nicht mit diesen Typen vergleichen, Mory!«, fistelte er erregt.

»Frauenlogik ist noch nie identisch gewesen mit der Logik der Männer«, blieb sie kühl. »Auch hier auf Badun macht eine Frau Politik! Ich, Vater! Was ich mir bisher in den Kopf setzte, habe ich auch immer erreicht. Das trifft auch für Rhodan zu!«

In diesem Augenblick bewunderte der Lord seine Tochter. Mory Abro war sich bewusst, welchen Eindruck sie auf Männer machte, sie fühlte oft die bewundernden Blicke, mit denen man ihr nachsah. Sie nahm es hin und vergaß es im gleichen Moment wieder. Ihr scharfer Intellekt schützte sie davor, sich in einen Mann zu verlieben. Wenn etwas sie reizte, dann war es nie ein Mann, sondern das Ziel, das sie über diesen Mann erreichen wollte. Und sie hatte große Pläne. Mory Abro war eine der leidenschaftlichsten Neutralisten, die man sich denken konnte.

Aus Abros Blick verschwand die Bewunderung für seine Tochter. Er sah sie nun missgestimmt an. »Du willst Rhodan doch nicht etwa in dieser Kleidung entgegentreten?«

Sie trug eine enganliegende Kombination, die so geschickt gearbeitet war, dass auch ein misstrauischer Beobachter bei ihr keinen Thermostrahler vermutet hätte. Aber Mory Abro ohne Energiestrahler – das war undenkbar. Als leidenschaftlicher Schütze übte sie jeden Tag mit ihrer Waffe. Aus den Schießwettbewerben der letzten drei Jahre war sie stets als Siegerin hervorgegangen.

»Gefällt dir meine Kombination nicht?«, fragte sie. Zum ersten Mal leuchteten ihre Augen auf und zeigten ein ganz anderes Wesen. Aber sofort hatte sie sich wieder in der Gewalt. Sie verlor niemals die Kontrolle über sich, selbst wenn sie einmal heftig aufbrauste. Denn neben ihrem ausgeprägt starken Willen verfügte sie auch über jene verstandesmäßige Kälte, die sie davor schützte, unüberlegt zu sprechen oder zu handeln.

Ihre stärkste Waffe aber war ihre faszinierende Schönheit, ihr attraktives Äußeres. Zwanzig Zentimeter kleiner als ihr Vater, war sie immer noch größer als die meisten Menschen. Doch dieses Merkmal trat nicht in den Vordergrund. Auffälliger wirkte ihr flammend rotes Haar und in natürlichem Gegensatz dazu die weiße Haut. Die wunderbar geschwungenen, blutvollen Lippen konnten auf jedes Make-up verzichten.

»Nun sag doch, was dir an meiner Kombination missfällt!«, forderte sie ihn auf.

Wenn Abro auch seine Tochter verwöhnte, so ließ er doch nicht alles durchgehen. Ihr Ton hatte ihm nicht gefallen. Scharf sagte er: »Mir missfällt, wie du in der Kombination wirkst!«

Sie lächelte ihren Vater an und fiel ihm ins Wort: »Danke für das Kompliment, Vater. Aber du darfst dich beruhigen. Deine Tochter hat, was Kleidung anbetrifft, noch nie einen schlechten Geschmack bewiesen. Ich werde Perry Rhodan als Repräsentantin der Neutralisten in der Form gegenübertreten, wie du es von mir erwartest. Aber weißt du, dass ich nicht einmal besonders neugierig auf diesen Mann bin?«

Lord Abro fragte verblüfft: »Was sagst du da? Du unterschätzt ja diesen Mann in allen Punkten! Du hast unseren Plan schon zerstört, bevor Rhodan hier eingetroffen ist!« Seine Erregung ließ Mory kalt. Gelassen sagte sie: »Was ist Perry Rhodan noch? Was er einmal war, zählt doch nicht mehr. Wenn er auf Badun eintrifft, dann ist er der Mann, der in fünfzehn Tagen sterben muss – er, Reginald Bull, Atlan und die anderen!«

»Bis dahin haben wir das Gegenmittel ...«

»Glaubst du wirklich daran, Vater? Oder versuchst du dich selbst zu belügen?«

»Dann ist doch unser gesamtes Vorgehen sinnlos, Mory!«, fistelte der Lord und sprang auf.

»Damit es wieder Sinn bekommt, habe ich gehandelt, Vater. Dreißig unserer besten Agenten sind nach Plophos unterwegs, um unter allen Umständen das absorbierende Gegenmittel aufzutreiben. In deinem Namen habe ich ihnen befohlen, alles daranzusetzen, damit wir binnen fünf Tagen im Besitz des Stoffes sind. Mit dem Mittel in der Hand werde ich mich dann erneut mit Rhodan unterhalten. Für ihn heißt es dann: leben oder sterben! Für uns bedeutet es, einen der fähigsten Köpfe innerhalb der Galaxis als Berater zu gewinnen!«

»Mory ...« Lord Kositch Abro begann in seinem Arbeitsraum auf und ab zu wandern. »Meine Angst, dass du Rhodan völlig falsch einschätzt, wird immer größer. Er wird unter diesem Druck, den du auf ihn ausüben willst, nicht nachgeben. Dieser Mann stirbt, aber er lässt sich nicht erpressen!«

Sie lächelte ihren Vater an. »Männerlogik«, sagte sie nachsichtig. »Wie klug ihr Männer doch immer wieder seid! Wer hat denn behauptet, dass ich Rhodan erpressen will? Weißt du, wann eine Frau bei einem Mann alles erreicht? Wenn der Mann glaubt, der Frau zu tieferem Dank verpflichtet zu sein. Und Rhodan wird mir zu danken haben, ich werde die gefühlvolle Stunde nutzen und ihm das Versprechen abnehmen, auf das wir warten ...«

»Du glaubst, dass er sein Wort hält? Du bist doch närrisch, Mory!«, rief er verzweifelt.

Ruhig hielt sie ihm entgegen: »Deine Geschichtskenntnisse sind mangelhaft, Vater. Ich habe Rhodans Lebenslauf studiert. Es gibt in seinem Leben nicht einen einzigen Fall, in dem er eins seiner Versprechen gebrochen hat! Ich glaube, ich kenne ihn doch besser als du.«

»Gut«, entschied Abro, »ich lasse dir vorläufig freie Hand, wenngleich ich nicht überzeugt bin, dass du Rhodan richtig beurteilst. Hoffentlich irre ich mich.«

»Ich werde dir beweisen, dass du irrst, Vater!«

 

Es war sinnlos, den Plophoser-Neutralisten Okika zu fragen, wohin die verrostete Korvette fliegen würde. Es war ebenso sinnlos, dagegen zu protestieren, dass man sie in eine Kabine gesperrt hatte.

Vor einer Stunde waren Rhodan, Atlan, Bully und Melbar Kasom an Bord des kleinen Kugelraumers geführt worden. Dieses Schiff, das rund zweihundert Jahre alt war, zeigte sich innen ebenso verwahrlost wie außen.

»Hier hinein!«, hatte ihnen ein Plophoser gesagt und auf eine Kabinentür gedeutet. Drei Neutralisten standen hinter ihnen. Lässig hielten sie die Strahlwaffen, aber diese Lässigkeit konnte keinen der vier Männer täuschen. Rhodan und seine Freunde hatten inzwischen erfahren, welcher Art diese Menschen waren.

Melbar Kasom öffnete die Kabinentür. Bully schaute hinein und sagte empört: »Das ist ja ein Loch!«

»Vorwärts!«, befahl der Plophoser, der auf die Kabinentür gedeutet hatte. Er hob die Waffe. Sein Gesicht war ausdruckslos, seine Augen blieben kalt.

Sie betraten die Kabine. Hinter ihnen fiel die Tür krachend ins Schloss. Danach wurde sie noch verriegelt.

»Was wird man mit André Noir machen?«, fragte Rhodan, der über den Schmutz in diesem Raum hinwegsah.

Bully stieß einen alten Plastikeimer in die Ecke. »Uns in solch ein Loch zu sperren«, sagte er grimmig. »Was diese Burschen mit Noir machen werden? Er wird sicher auch an Bord kommen.«

Melbar Kasom versuchte die Bordverständigung in Gang zu bringen. Sie funktionierte nicht. Atlan hockte auf einer massiven Spule, die aus der Energieabteilung der Korvette stammte. Grübelnd blickte er zu Boden. Bully nahm neben ihm Platz. Er setzte zum Sprechen an, als im Ringwulst die Impulstriebwerke des kleinen Raumers anliefen.

Das Schiff stand in einer riesigen Höhle, vor jeder Sicht geschützt. Daraus würde es gleich zum Flug durch den Raum starten und sie irgendwohin bringen.

»Etwas Schlimmeres hätte uns nicht passieren können«, sagte der Arkonide kopfschüttelnd. »Bald können wir die Tage an unseren Fingern abzählen. Na, Perry, siehst du in diesem Flug eine Verbesserung unserer Chancen?«

»Darauf kann ich erst antworten, wenn ich weiß, wohin man uns bringt. Über einen Punkt jedoch habe ich Gewissheit: Man denkt nicht daran, uns zu töten. Ich glaube, man wird alles Menschenmögliche tun, um das Gegengift zu beschaffen.«

»Und worauf basiert dein Wissen?«, fragte Atlan spöttisch.

»Als ich André Noir zum letzten Mal aufsuchte, besaß er seinen Zellaktivator noch. Bisher hat man auch keinen Versuch gemacht, Bully den Aktivator abzunehmen. Dabei war den Rebellen bekannt, welche Kostbarkeiten wir besitzen.«

»Bist du sicher, dass Noir ihn auch jetzt noch hat?«, zweifelte Atlan. »Wenn ich bedenke, wie heimtückisch man unseren Mutanten ausgeschaltet hat, dann kann ich von diesen Neutralisten nichts Gutes erwarten.«

Rhodan, der darauf verzichtete, sich auf dem Gerümpel ihrer Kabine niederzulassen, lehnte sich gegen die Wand.

»Ich kann das Vorgehen der Rebellen gut verstehen, Atlan.«

Bully sah ihn erstaunt an. »Nachdem die Neutralisten entdeckt hatten, dass Noir über starke hypnotische Kräfte verfügte ...« In diesem Augenblick krachte es dort, wo der USO-Agent Kasom stand.

»Erledigt, Sir«, sagte er. »Keine Einrichtung in diesem Loch funktionierte, aber die Abhöranlage dafür um so besser. Ich habe sie ausgebaut!«

»Bitte!«, sagte Rhodan und deutete auf Melbar Kasom. »So handeln unsere Agenten, und im gleichen Stil haben die Rebellen gehandelt, als sie André Noir in Tiefnarkose versetzten. Jeder sichert sich so gut ab, wie er kann. Ich möchte sogar behaupten, dass wir hier nicht lange eingesperrt bleiben. Wenn sich die Korvette im freien Raum befindet, wird man uns eine begrenzte Bewegungsfreiheit zugestehen.«

»Wie ich dich für deine gute Meinung bewundere!«, sagte Bully bissig. »Darf ich dich daran erinnern, dass man uns vor sechzehn Tagen ein Gift injiziert hat, das uns noch die lächerliche Frist von fünfzehn Lebenstagen lässt?«

»Vielleicht tritt unser Ende noch früher ein, Bully«, meinte Rhodan gelassen. »Aber hört euch das mal an!«

Die Impulstriebwerke heulten – und wie sie heulten. Solche Geräusche hatten die Männer noch nie an einem startklaren Raumschiff vernommen. Mit dieser Korvette zu fliegen, war geradezu Selbstmord.

Die Zelle begann zu schwingen. Das Heulen steigerte sich. Jetzt wurde sogar der Andruck spürbar. Ein Zeichen, dass die Andruckabsorber nicht einwandfrei arbeiteten. Sogar Melbar Kasom ging in die Knie.

»Das ist ein Sarg und kein Raumschiff!«, stellte Bully grimmig fest. Niemand antwortete. Alle horchten auf das Heulen und Dröhnen, das sich zum Fortissimo steigerte. Aber noch lauter war das Brüllen der Alarmsirenen, das in dieser Sekunde aufklang.

»Kasom, versuchen Sie, die Kabinentür aufzubrechen!« Rhodan musste schreien, um sich verständlich zu machen.

Der über sechzehn Zentner schwere Riese warf sich mit einem Satz gegen die Tür und flog mit ihr auf das Deck. Als er sich aufraffte, standen die anderen schon neben ihm. Sie rannten zum Antigravlift. Das Heulen und Dröhnen der Impulsmotoren war zu einem unerträglichen Kreischen geworden. Während sie im Liftschacht zum Kommandodeck schwebten, meinten sie, die Korvette müsse jeden Augenblick auseinanderfliegen.

Perry Rhodans Gesicht war maskenhaft starr. Bully dagegen konnte man anmerken, wie erregt er war. Atlan kontrollierte jedes Deck, an dem sie vorbeischwebten. Bis jetzt war ihnen noch kein Rebell begegnet.

Dann hatten sie das Deck erreicht, das zum Kommandoraum führte. Melbar Kasom fühlte sich mehr denn je verantwortlich für die Sicherheit von Rhodan, Bully und Atlan. Er sah, dass kurz vor dem Schott des Kommandoraumes eine Tür geöffnet wurde. In einem Sprung von zwanzig Metern erreichte er sie und riss sie ins Schloss.

So dicht vor der Zentrale des kleinen Raumschiffes von einem Mitglied der Besatzung entdeckt zu werden, konnte für sie böse Folgen haben.

Die drei Männer rasten an ihrem Agenten vorbei. Perry Rhodan erreichte als erster das Schott zur Kommandozentrale, dichtauf folgten ihm Bully und der Arkonide.

Wenn diese Korvette auch rund zweihundert Jahre alt war, so kannte Rhodan das Schiff doch in jeder Einzelheit. Er betätigte einen Knopf. Das Schott sprang auf. Im gleichen Moment war Melbar Kasom hinter ihnen.

Fünf Rebellen hielten sich in der Zentrale auf. Bei dem Höllenlärm, der auch hier herrschte, merkten sie nicht, dass sie Besuch erhalten hatten.

Der Panoramaschirm zeigte ein fürchterliches Bild. Über die Bordverständigung liefen ununterbrochen Meldungen aus den einzelnen Abteilungen ein. »Wo bleiben die Ortungsresultate?«, brüllte Kommandant Okika.

»Distanz- und Energieortung zur Zeit ausgefallen!«, schrie einer der Plophoser.

Immer noch unbemerkt standen die vier Männer am Eingang der kleinen Zentrale und beobachteten. Sie hatten begriffen, warum die Impulsmotoren über Maximum beansprucht wurden – warum die Spulbänke, Transformer und Generatoren aus dem Triebwerksteil des Schiffes brüllten und jaulten: Dieses schrottreife Beiboot war auf der Flucht.

Kommandant Okika flog das Schiff. Dieser Mann war ein erstklassiger Pilot, der auch in einer gefährlichen Situation nicht die Nerven verlor.

»Strukturtasterortung!«, gellte ein Ruf auf. »Großer Himmel, das ist ja eine ganze Flotte! Das sind ja Terraner!«

»Wo bleiben die Koordinaten?«, übertönte Okika den Lärm.

Drei Männer, die nur noch wenige Tage zu leben hatten, wenn kein Wunder geschah, blickten sich an. Melbar Kasom stand sprungbereit, um auf ein Kommando zwei Rebellen anzugreifen und blitzschnell unschädlich zu machen.

Okika erhielt seine Koordinaten, er erfuhr auch, aus welcher Richtung die Kugelraumer des Imperiums heranrasten.

Rhodan, Bully und Atlan hatten sich durch Blicke verständigt. Rhodan wollte den Kommandanten unschädlich machen, Atlan den Rebellen am Bordgehirn und Bully den Plophoser, der mit der ausgefallenen Energie- und Distanzortung beschäftigt war. Die beiden letzten Neutralisten sollte der USO-Mann ausschalten. Es musste blitzschnell geschehen. Diese fünfköpfige Besatzung der Zentrale durfte keine Gelegenheit erhalten, über die Bordverständigung die Besatzung von dem Überfall zu unterrichten.

War dieser Plan gelungen, dann war es nur noch Sache einer halben Stunde, bis sie die anfliegenden terranischen Schiffe erreicht hatten und sich vorerst in Sicherheit befanden. Aus dem instinktiven Gefühl heraus, dass sich ihre Situation plötzlich verändert hatte, drehte sich Rhodan hastig um.

Auf dem Zentraldeck standen zwei Plophoser. Die Männer rührten sich nicht, unbeweglich hielten sie ihre Strahler auf die Terraner und den Ertruser gerichtet.

Wir haben Glück gehabt, dachte Rhodan, der langsam wieder den Kopf drehte und so tat, als ob ihn die Bedrohung hinter ihren Rücken nicht interessieren würde.

Zu diesem Zeitpunkt hatten auch Bully, Atlan und Melbar Kasom bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Rhodan machte eine Handbewegung, die sie alle verstanden. Er setzte sich langsam in Bewegung und ging auf den Plophoser Okika zu. Erst in diesem Augenblick wurden sie von der Besatzung bemerkt.

»Die Terraner sind hier!«, brüllte der Neutralist vom Bordgehirn.

Okika hatte eiskalte Männer um sich. »Übernehmen!«, befahl er und drehte sich dabei nicht einmal um. Vom Deck her rief ein Rebell: »Okika, wir haben sie unter Kontrolle!«

Wieder verständigten sich Rhodan, Atlan und Bully durch Blicke. Nichts anmerken lassen!

Als die beiden Plophoser in die Zentrale stürmten, um sie daraus zu vertreiben, herrschte Rhodan die Männer an: »Wir bleiben! Man hat uns Bewegungsfreiheit zugesichert und wir nehmen diese Zusicherung auch in Anspruch! Oder gleichen die Neutralisten den Leuten des Obmanns?«

Die beiden jungen Männer mit den harten Gesichtern ließen sich nicht anmerken, ob Rhodans Anspielung sie getroffen hatte.

»Raus!«, herrschte sie ein Blondschopf an. In diesem Augenblick ließ sich der Kommandant hören. »Lasst sie, Männer! Unsere CC-2 geht gleich in den Linearraum!« Die beiden Rebellen traten etwas zurück, hielten aber weiterhin ihre Strahler auf die vier Männer gerichtet. Rhodan, Bully und Atlan gingen näher an den Panoramaschirm heran. Er zeigte den Planeten Greendoor, den sie vor knapp einer Stunde mit dieser Korvette verlassen hatten.

»Da haben wir aber noch einmal Glück gehabt!«, stellte Bully fest und beobachtete, wie auf Greendoor ein neuer Atompilz unter grellen Blitzen wuchs und sich mit rasender Geschwindigkeit nach allen Seiten ausbreitete.

Okika musste Reginald Bulls Worte trotz des Lärms verstanden haben. Eiskalt sagte er: »Und wenn die Greendoor-Plophoser in der nächsten Zeit noch ein Dutzend geheime Stützpunkte von uns entdecken und auf die gleiche Weise vernichten – siegen werden wir Neutralisten doch!«

Mit keinem Wort erwähnte Okika die anfliegende Flotte des Imperiums. Diese Schiffe schienen für ihn nicht zu existieren. Seine Gedanken drehten sich um den brutalen Vernichtungsangriff der Greendoor-Plophoser. »Wir kommen zurück, Obmann Iratio Hondro unterschätzt uns Neutralisten, genauso wie Sie, Rhodan!«

»Ihre Behauptung stimmt nicht, Okika«, widersprach Rhodan. »Ich habe die Menschen bis heute immer richtig eingeschätzt, und da sie alle, Plophoser wie Neutralisten, von der Erde abstammen, weiß ich, wie gefährlich sie sind!«

Er verstand weder den Blick, den ihm Okika zuwarf, noch dessen Bemerkung: »Na, dann ist es ja gut, wenn Sie uns so sehen. Es wird auch gut für Ihre Freunde sein.«

Rhodan sah an den Instrumenten, dass die CC-2 gleich in den Linearraum gehen würde, wo sie vor jeder Ortung sicher war. Besorgt fragte er nach André Noir.

»Er befindet sich an Bord, Rhodan, und schläft tief. Glauben Sie mir, es geht ihm den Umständen entsprechend gut.«

Rhodan schien das zu bezweifeln. Jedenfalls drückte sein Blick das aus. Die Ortung meldete: »Wir werden von drei Schiffen des Obmanns verfolgt!« Kurz danach kam die Bemerkung: »Distanzortung ist immer noch ausgefallen!«

Gleichzeitig lief der Hilferuf aus dem Maschinenraum ein: »Konverter drei und fünf liegen still. Wie lange soll die Höllenfahrt denn noch dauern? Hier droht alles hochzugehen!«

»Was macht der Kalup?«, fragte Okika.

»Klar wie immer!«

»Danke«, rief Okika in die Verständigung, »Schiff geht in fünfzehn Sekunden in den Linearraum.« Seine nächste Frage galt der Ortung. »Etwas Neues von den drei Schiffen des verdammten Obmanns?«

»Nichts Neues!«

Drei Sekunden später sprang der Kalup an und schleuderte die Korvette in den Linearraum.

 

Acht Lichtjahre vom Eugaul-System entfernt wartete das Flaggschiff Iratio Hondros. Nicht einmal der Kommandant des Raumers war von Hondro informiert worden, was sich ereignen würde.

Kurz nach dem Start von Plophos hatte der Obmann seinem Kommandanten mitgeteilt, welche Koordinaten anzufliegen waren. Dort sollte dann das Schiff in den freien Fall gehen.

Der Offizier kannte seinen Chef zu gut, als dass er es wagte, eine einzige Frage zu stellen, auch jetzt nicht, nachdem die PLOPHOS schon über eine Stunde am Zielpunkt wartete.

Über Funk erfuhren die Offiziere, dass es der Flotte wiederum gelungen war, einen bedeutenden Stützpunkt der Neutralisten zu zerstören. Im Gegensatz zu den bisherigen Gepflogenheiten wurde hierbei zum ersten Mal der Planet erwähnt, auf dem ein Versteck der Rebellen entdeckt worden war. Als der Name Greendoor fiel, traf es viele Offiziere wie ein Schock. Sie hatten sich nicht vorstellen können, dass die Neutralisten auf Planeten, die vom Obmann beherrscht wurden, Stützpunkte errichteten. Jetzt mussten sie damit fertig werden. Einige Männer aber fragten sich, warum man überhaupt den Namen des Planeten bekanntgegeben hatte.

Später war niemand mehr in der Lage, anzugeben, wer zuerst die Namen Perry Rhodan, Reginald Bull und Atlan mit Greendoor in Verbindung gebracht hatte. Auch Kommandant Landin war daran interessiert, mehr über die Vernichtungsaktion auf Greendoor zu erfahren. Er suchte die Funkzentrale auf. Unter dem Vorwand, eine Kontrolle durchzuführen, wollte er sich über die eingegangenen Hyperkomsprüche unterrichten. Er versprach sich davon eine Bereicherung seines Wissens.

Als er den Funkraum betrat, erstattete der diensttuende Offizier Meldung. Nur ein Sergeant beachtete Landins Eintritt nicht. Er blickte auf die Bildscheibe, auf der ein Klartext erschien.

Landin trat hinter den Sergeanten und blickte ihm über die Schulter. Erstaunt las er: »An Obmann Iratio Hondro. Ankunft 20.80 Standardzeit.«

Kommandant Landin konnte nicht verhindern, dass der Sergeant, ohne sich vorher Erlaubnis eingeholt zu haben, die Direktverbindung zum Obmann herstellte und die Meldung an ihn weitergab.

»Was haben Sie soeben getan?«, fragte er den Sergeanten scharf.

»Befehl des Obmanns ausgeführt«, meldete der Sergeant, »Meldungen, die mit V unterzeichnet sind, unverzüglich an ihn durchzugeben!«

»Danke!«, sagte Landin. Seine Lust, sich für gewisse Nachrichten zu interessieren, war verflogen. Es ärgerte ihn wieder, dass Hondro ihn nicht über diesen Befehl informiert hatte. Aber gab es unter den Plophosern einen einzigen Menschen, der behaupten konnte, Iratio Hondros Vertrauter zu sein?

Kommandant Landin machte auf der Stelle kehrt und ging zur Zentrale zurück. Als er sie betrat, erreichte ihn ein Durchruf des Obmanns.

»Landin, veranlassen Sie, dass alle Decks, die zwischen meinen Räumen und der Schleuse drei liegen, sofort von der Besatzung geräumt werden. Ich lasse in fünf Minuten durch meine Wachroboter kontrollieren!«

»Jawohl, Obmann«, konnte Landin gerade noch sagen, als es in der Verständigung auch schon knackte. Iratio Hondro hatte abgeschaltet. Unwillkürlich sah Landin auf seinen Chronometer. Er zeigte 20:20 Uhr.

In diesem Moment hatte die Ortung ein Raumfahrzeug erfasst, das sich der PLOPHOS mit 85 Prozent Licht näherte. Die Strukturtasterortung, die für einen Moment unbesetzt gewesen war, meldete sich mit Signal.

Ein Offizier sprang hinzu, überprüfte die Instrumente und gab dann an den Kommandanten weiter: »Unbekannter Raumer ist im Abstand von 8,45 Lichtminuten zur PLOPHOS aus dem Linearraum gekommen.«

Der Funkruf hatte sich zur Zentrale durchgeschaltet und gab an: »Befehl vom Obmann: Anfliegendes Boot aus der Ortung nehmen!«

Die Offiziere schauten sich bedeutungsvoll an. Jeder hätte gern erfahren, wer der Gast war, der unter diesen geheimnisvollen Umständen den Obmann aufsuchte. Jeder wusste aber auch: Allzu große Neugier wurde vom Obmann damit geahndet, dass der Betreffende die Giftinjektion erhielt.

An Bord der PLOPHOS gab es bis jetzt nur einen Mann, in dessen Adern das Gift kreiste und der spätestens alle einunddreißig Tage das Gegenmittel erhalten musste, wenn er nicht sterben sollte: Kommandant Landin.

Drei seiner Offiziere wiesen die Besatzung des Flaggschiffes an, alle Decks sofort zu räumen, die zwischen den Kabinen des Obmanns und der Schleuse drei lagen. Warnend betonten sie, dass anschließend Wachroboter auf den einzelnen Gängen patrouillieren würden.

Anders ausgedrückt, hieß es: Wer von einem Wachroboter auf einem der Gänge entdeckt wird, oder wer nur durch einen Türspalt auf den Gang sieht, hat mit seiner Hinrichtung durch Strahlwaffen zu rechnen.

Das geheimnisvolle Raumboot war aus der Ortung genommen worden. Die Zeiger der Chronometer näherten sich der dreißigsten Minute in der zwanzigsten Tagesstunde.

Die Kontrolllampe für Schleuse drei leuchtete in der Zentrale auf. Die Neugier der Offiziere wuchs.

Die Schleuse des Flaggschiffes war von außen geöffnet worden! Derjenige, der jetzt das Schiff des Obmanns betrat, kannte nicht nur den Kode, nach dem man die Schleuse von außen öffnen konnte, sondern war auch im Besitz des Schlüssels, um die Alarmanlage auszuschalten.

Nur das unübersehbare Flackern der Kontrolllampe für Schleuse drei in der Zentrale verriet, dass jemand das Schiff betreten hatte. Dieser Jemand trug einen Raumanzug. Den Klarsichthelm zurückgeklappt, schwebte er im Antigravschacht hinauf, betrat Deck III und ging zielsicher auf die Kabine zu, die man betreten musste, um über drei weitere Kabinen bis zu Iratio Hondro vordringen zu können.

Die Roboter, denen er begegnete, beachtete er ebenso wenig wie diese ihn. Er stieß die Kabinentür auf, trat zwei Schritte vor und blieb stehen.

Hinter ihm fiel die Tür automatisch ins Schloss. Drei Wachroboter überprüften ihn mit ihren Individualtastern. Die Prüfung war kurz. Die Roboter traten zur Seite. Der Besucher verschwand in der nächsten Kabine. Dass er hier noch einmal kontrolliert wurde, verwunderte ihn nicht. Er wusste, wie vorsichtig Iratio Hondro war.

Dann stand er vor dem mittelgroßen, wuchtig gebauten Obmann, der wortlos hinter seinem Schreibtisch saß und seinen Besucher kühl musterte. Hinter ihm standen zwei Wachroboter, die den Gast nicht aus ihrer Kontrolle ließen.

Hondro verstand es, sich vor Attentaten zu schützen, denn er wusste, dass ihn sein Zellaktivator nicht vor einem gewaltsamen Tod bewahren konnte.

Er sah zu, wie sein Besucher den Raumanzug abstreifte, ihn über einen Sessel legte, dann die Kombination, die er darunter trug, am Hals öffnete, mit beiden Händen zugriff und mit einem Ruck die Plastikmaske über den Kopf streifte.

Al Jiggers, Iratio Hondros bester Agent, stand vor seinem Obmann.

»Sie sind pünktlich, Jiggers«, stellte Hondro fest. Er griff nach links. Als die Hand wieder auftauchte, hielt sie eine handelsübliche Injektionspistole. »Sie geben sich die Spritze besser selbst«, sagte er mit einem unangenehmen Lächeln.

Für Al Jiggers war heute der achtundzwanzigste Tag. Dieses araische Stopp-Serum, das er sich jetzt in die Vene jagte, hielt die tödliche Wirkung des seinerzeit injizierten Giftes für einen Monat auf. Er lächelte verkrampft, als er das medizinische Gerät zur Seite legte, den Ärmel seiner Kombination herunterstreifte und Platz nahm.

»Jiggers, machen Sie es kurz! Ich habe heute weniger Zeit denn je. Dass starke Verbände der Terraner in unseren Bereich eingeflogen sind, wird Ihnen bekannt sein. Ich möchte mich auf jeden Fall wieder auf Plophos aufhalten, wenn diese arroganten Burschen über unserem Planeten auftauchen. Und das wird in Kürze sein. Also?«

»Ich habe eine Aufstellung mitgebracht, die alles enthält, was ich innerhalb von wenigen Tagen benötige, Obmann.«

Hondro beachtete die Liste nicht. »Wie lange soll das noch in dieser Form weitergehen, Jiggers?«, fragte er scharf. »Ich habe Ihnen doch das Mittel ausgehändigt, das sich wunderbar eignet, verschwiegene Neutralisten gesprächig zu machen!« Hondro sprach von dem furchtbaren Gift.

Al Jiggers, ein verwegen aussehender Mann im dreißigsten Lebensjahr, hielt Hondros Blick stand. »Wir haben das Mittel an Neutralisten verwandt, die eigentlich das Versteck von Lord Abro hätten kennen sollen, dennoch konnten sie uns nichts sagen. Denn die letzte Transition wird allein von einem Rechengehirn durchgeführt. Ich glaube, dass kein Rebellenkommandant weiß, welchen Weg durch den Linearraum sein Schiff nimmt.«

»Aber über den Relieftaster ist der Zielstern doch zu erkennen! Jiggers, mit welchen Ausreden kommen Sie mir?«, hielt ihm Hondro scharf vor.

»Sowie das Bordgehirn die Schiffsführung übernimmt, schaltet sich der Relieftaster automatisch aus«, erklärte Al Jiggers. »Nach der Landung in Abros Versteck kommen jedes Mal seine Positronikspezialisten an Bord und nehmen Veränderungen am Rechengehirn vor. Aber ich glaube nicht einmal, dass Abros Experten an der Schiffspositronik arbeiten, sondern an dem Zusatzgerät, das ein Rebellenkommandant Navigator nannte.«

»Warum reden Sie dann zuerst von den Bordgehirnen und kommen schließlich auf diesen Navigator? Ich glaube, dass Sie sich in den kommenden vier Wochen keine neue Injektion verdienen werden!«

Mit der Angst, in vier Wochen zu sterben, trieb Hondro seine Männer zu größten Leistungen an. Er war sich bewusst, dass bisher kein einziger Agent so viele wichtige Nachrichten über Kositch Abro und seine Rebellen geliefert hatte wie Al Jiggers. Aber in den letzten Monaten trat auch sein bester Agent auf der Stelle.

»Obmann«, sagte Jiggers beschwörend. »Ich bekomme Landeerlaubnis auf Abros Planet, wenn ich innerhalb von drei Tagen die Waffen und Maschinen liefern kann, die meine Aufstellungen enthalten.«

Iratio Hondro ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Die Schiffe Terras, die seit einigen Stunden in seinem Herrschaftsbereich kreuzten, machten ihm weniger Sorgen als die fanatischen Neutralisten, die Lord Kositch Abro um sich versammelt hatte. Die Terraner würden sich hüten, kriegerische Aktionen zu starten, aber von Abros Seite her hatte er jeden Tag mit einem Angriff zu rechnen.

»Unter der Bedingung, Jiggers, dass Sie auf Abros Planet landen, können Sie alle angeforderten Waffen und Geräte in vierundzwanzig Stunden in Empfang nehmen. Übergabe an bekannter Stelle. Was haben Sie, Jiggers?«

Der Agent hatte ein nachdenkliches Gesicht gemacht. »Ich mache mir Sorgen wegen der Flottenverbände aus dem Solsystem, Obmann.«

Hondro lächelte kalt. Mit einer knappen Handbewegung tat er Jiggers Bedenken ab. »Sorgen Sie dafür, dass Sie auf Abros Stern landen können. Aber vergessen Sie nicht, wie schnell achtundzwanzig Tage vorbei sind! – Sie haben zehn Minuten Zeit, die PLOPHOS zu verlassen!«

Neun Minuten später schwebte Al Jiggers im Raumanzug zu seinem kleinen, überlichtschnellen Boot hinüber.

2.

 

 

Die Korvette, die im Schiffsregister der Rebellen CC-2 genannt wurde, raste durch den Linearraum in Richtung auf das Zentrum der Galaxis. Kommandant Okika hatte Perry Rhodan die Erlaubnis gegeben, André Noir aufzusuchen. Der Hypno sah unverändert aus. Sein blasses Gesicht war entspannt, sein Puls ging langsam. Als Rhodan ihm ein Augenlid anhob, zeigte sich kein Reflex.

»Wie lange wird die Narkose anhalten?«, fragte Rhodan den Plophoser, der an der anderen Seite von Noirs Lager stand.

»Das hängt allein von Ihnen und Ihren Freunden ab«, erwiderte Okika.

»Wollen Sie sich nicht klarer ausdrücken?«, forderte Rhodan ihn auf.

Kalt entgegnete der Kommandant: »Sie sind ja auch nicht Großadministrator geworden, weil Sie ein Schwätzer waren. Warten Sie's ab.«

Rhodan stand immer noch neben dem Bett seines Mutanten. Hauptsächlich deshalb war er gekommen, um festzustellen, ob noch keiner der Rebellen den Versuch gemacht hatte, ihm den lebenserhaltenden Zellaktivator zu stehlen. Als er die Hand unter die Decke schob, verstand Okika, was das zu bedeuten hatte.

»Er besitzt das verdammte Ding noch!«, sagte der Rebell grimmig. »Solange Ihr Mann auf meinem Schiff ist, wird er den Aktivator tragen.«

»Okika, hat es deswegen schon Schwierigkeiten gegeben?«

Der Neutralist wich Rhodans Blick nicht aus. »Großer Himmel, Schwierigkeiten nennen Sie das? Sie haben gut reden. Ihr Apparat ist auf Sie eingestellt und der des Arkoniden auch. Es ist sinnlos, sich diese beiden Wundergeräte anzueignen. Aber der Zellaktivator dieses Mannes und Ihres Freundes Bull ... Rhodan, sehen Sie die Verletzung an meiner Hand? Sonst zählt die Besatzung meines Schiffes fünfzig Mann. Im Augenblick sind es nur achtundvierzig, weil ich zwei vor einer Stunde hier in dieser Kabine niederschlagen musste. Und seit dieser Zeit ist auf dem Schiff die Hölle los!«

»Dann wird einer von uns in diesem Raum Wache halten, Okika!«, verlangte Rhodan.

In den Augen des Plophosers blitzte der Spott. »Lieber Mann, Sie scheinen schon wieder vergessen zu haben, dass nur ich allein an Bord dieses Schiffes zu befehlen habe. Sie sind nichts weiter als ein Mann, den ich zum Lord zu bringen habe. Dass Sie auch der Großadministrator eines Imperiums sind, in dem es drunter und drüber geht, kümmert mich nicht. Was bedeuten schon Titel? Also, hier wird keine Wache gehalten. Wenn jemand auf das verfluchte Wunderding Ihres Hypnos aufpasst, dann ein verlässlicher Mann aus meiner Besatzung.«

»Trauen Sie sich eigentlich selbst noch über den Weg?«, fragte Rhodan.

Aber diese Plophoser waren auch durch unerwartete Angriffe nicht zu überrumpeln. Der unerbittliche Kampf gegen den Obmann hatte jeden Neutralisten zu einem harten, wachsamen Kämpfer gemacht.

»In Ihrer Umgebung haben sich wohl wenig Männer bewegt, denen Sie uneingeschränkt vertrauen konnten!« Herausfordernd sah Okika dabei Perry Rhodan an.

Da flog die Tür auf. Rhodan reagierte sofort und warf sich zu Boden. Ein Strahlschuss verfehlte ihn um Zentimeter. Auf der anderen Seite des Bettes kämpfte Okika mit einem Mann seiner Besatzung. Rhodan rollte sich unter Noirs Bett, kaum dass er den Boden berührt hatte.

Er sah zwei Fußpaare. Eines gehörte dem Kommandanten, der jetzt laut stöhnend zu Boden ging. »Das Ding gehört mir!«, zischte ein Mann.

»Unter dem Bett liegt ein Terraner ...«, versuchte der andere seinen Komplizen abzulenken.

»Mir egal! Aber mich bestiehlst du nicht! Die Hände hoch, oder ...«

Das Bett, in dem der Mutant lag, stand auf ungewöhnlich hohen Beinen. Rhodan konnte die Knie anziehen und den Rücken krümmen. Er brachte es sogar fertig, unter dem Bett in die Hocke zu gehen. Er konnte keine Rücksicht darauf nehmen, ob Noir beim Sturz aus dem Bett Beulen davontragen würde.

Alle Muskelkräfte setzte er ein, als er sich unter dem Bett blitzschnell aufrichtete, dieses samt André Noir anhob und quer durch die Kabine schleuderte.

Er hörte einen Aufschrei, aber er sah nicht, wer geschrien hatte. Ein Energiestrahl aus einer Handwaffe blendete ihn, traf ihn jedoch nicht.

Mit einem Handkantenschlag machte er einen Mann kampfunfähig. Der zweite, der vom Bett an die Seite geschleudert worden war, richtete seine tödliche Waffe auf Rhodan. Dieser reagierte blitzschnell. Der Rebell kam nicht mehr dazu, seinen Strahler einzusetzen. Von zwei Schwingern getroffen, brach er zusammen.

In Rhodans Augen stand ein gefährliches Leuchten. Aufmerksam sah er sich um. André Noir lag in der Ecke, halb vom umgestürzten Bett verdeckt. Er hatte weder von seinem Sturz noch von dem Kampf etwas gemerkt.

Vor Rhodans Füßen lag ein Strahler. Als er die Waffe in der Hand hielt, wurde der Wunsch in ihm wach, die Korvette zu erobern.

Eine halbe Minute später hatte er nicht nur die beiden kampfunfähigen Männer entwaffnet, sondern auch Okikas schweren Desintegrator an sich genommen.

Auf dem Gang wurden Stimmen laut. Er verstand: »Sie sind zu ihm! Sie wollen ihm das Ding abnehmen!«

Rhodan begriff, dass die Chance verloren war. Er schob Okika den Strahler wieder ins Futteral und trat dann bis an die Wand. Schritte kamen schnell näher. Vier Männer stürmten in die Kabine und blieben wie angewurzelt stehen, als sie Perry Rhodan bewaffnet sahen.

»Kommen Sie herein«, forderte Rhodan sie auf, »oder wollten Sie auch meinen Freund berauben?«

Einer der vier trug die Abzeichen eines Offiziers. Bevor seine Männer auf Rhodans scharfe Anspielung eine Antwort geben konnten, befahl er, auf die Kampfunfähigen deutend: »Schafft sie hinaus und sperrt sie ein!«

Die eigenen Leute gingen mit den bewusstlosen Männern nicht gerade sanft um. Rhodan äußerte sich nicht dazu. Er ließ seinen Impulsstrahler erst sinken, als auch der zweite hinausgezerrt worden war.

Kommandant Okika richtete sich stöhnend auf, fuhr sich mit der Hand über die Augen und blickte sich verwirrt um. Dann fluchte er wild, betrachtete das umgestürzte Bett und Perry Rhodan, der vor der Wand stand, den Impulsstrahler nach unten gerichtet.

»Nicht nötig«, winkte Okika ab und erhob sich ohne Unterstützung. Er sah, dass Rhodans Taschen sich wölbten. »Was haben Sie in den Taschen?« Gleichzeitig griff er an sein Waffenfutteral, um sich zu überzeugen, ob er noch seinen Desintegrator besaß. Er stutzte, als er den Waffenkolben fühlte.

Nacheinander warf Rhodan vier Strahler auf das Bettzeug am Boden.

»Sie sind allein mit diesen beiden Männern fertig geworden?«, fragte Okika. In seiner Stimme schwang ehrliche Anerkennung mit.

Rhodan antwortete nicht. »Helfen Sie mir, das Bett aufzurichten und meinen Freund hineinzulegen!« Sein Befehl galt dem Offizier. Als dieser fragend seinen Kommandanten ansah, fuhr Perry Rhodan ihn an: »Muss ich es Ihnen zweimal sagen?«

»Helfen Sie!«, ordnete Okika an.

Als Schritte auf dem Gang laut wurden, war Rhodan plötzlich erneut bewaffnet. Er legte die Waffe erst wieder zu den anderen, nachdem draußen nichts mehr zu hören war. Er und der Offizier hatten André Noir ins Bett gelegt, als sich Okika äußerte: »Ich habe eine sehr aufschlussreiche Studie gemacht, Rhodan. Diese Studie betrifft Sie. Sie sind so gefährlich, dass ich Ihnen einen Impulsstrahler anvertrauen möchte, damit derjenige Ihrer Leute, der diesen narkotisierten Mann bewacht, ihn auch verteidigen kann. Können Sie mir auch im Namen Ihrer Freunde Ihr Wort geben, dass der Strahler unter keinen Umständen für andere Zwecke verwendet wird?«

Der Offizier schaute seinen Kommandanten entgeistert an. Rhodan erwiderte ohne Zögern: »Ich nehme Ihren Vorschlag gern an. Sie haben mein Wort, das auch für meine Freunde gilt. Lassen Sie unter der Besatzung verbreiten, dass wir durch das Gift in unseren Adern vom Leben nichts mehr zu erwarten hätten, aber trotzdem unsere Sicherheit bis zuletzt verteidigen würden!«

Bis auf eine Prellung am Kopf, hatte André Noir den Sturz aus dem Bett gut überstanden. Übler war Okika dran, der aus einer Platzwunde über der linken Schläfe blutete. Aber jetzt erst fühlte er den Schmerz und spürte, dass Blut über sein Gesicht lief.

»Sie haben nichts abbekommen, Rhodan?«, fragte er verwundert.

»Muss man Verletzungen haben, wenn man aus einem Kampf kommt?«

Okika beantwortete Rhodans Frage nicht. Wortlos verließ er mit seinem Offizier die Kabine. Rhodan war mit seinem Hypnomutanten allein. Während die Schritte der beiden Männer auf dem Deck leiser wurden, ging er zur Tür und schloss sie. Im gleichen Augenblick wurde ihm wieder bewusst, dass Gift in seinen Adern kreiste.

Er hörte sich schwer atmen. Dann sagte er: »Noch fünfzehn Tage! Nichts, verglichen mit der Ewigkeit.« Er schloss die Augen, schüttelte den Kopf.

Fühlte er sich nicht irgendwie anders als je zuvor? Brachten die Nebenwirkungen des Giftstoffes die beklemmenden Angstgefühle hervor?