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Nr. 120

– ATLAN exklusiv Band 9 –

 

Im Reich des Folterkönigs

 

Flucht aus dem Sepulkorvat – der Hölle der tausend Martern

 

von Clark Darlton

 

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Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man das Jahr 10.497 v.A. – eine Zeit, die dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht, eine Zeit also, da die Erdbewohner in Barbarei und Primitivität verharren und nichts mehr von den Sternen oder dem großen Erbe des untergegangenen Lemuria wissen.

Arkon hingegen – obzwar im Krieg gegen die Maahks befindlich – steht in voller Blüte. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der den Tod seines Bruders Gonozal VII. inszeniert hat, um selbst die Herrschaft übernehmen zu können.

Auch wenn Orbanaschol seine Herrschaft gefestigt hat – einen Mann hat der Imperator von Arkon zu fürchten: Atlan, den rechtmäßigen Thronerben, der kurz nach dem Tode Gonozals zusammen mit Fartuloon, dessen Leibarzt, spurlos verschwand und bei der Allgemeinheit längst als verschollen oder tot gilt.

Doch der junge Kristallprinz ist quicklebendig! Nachdem man ihn über seine wahre Herkunft informiert und sein Extrahirn aktiviert hat, ist sein ganzes Sinnen und Trachten nur darauf gerichtet, den Usurpator zu stürzen.

Im Zuge seiner Maßnahmen bleibt Atlan – in der Maske des Satago Werbot – dem Blinden Sofgart, dem Henker des Imperators, dicht auf den Fersen. Atlan will Farnathia befreien, das Mädchen, das er liebt. Doch Farnathia ist nur eine von vielen Gefangenen IM REICH DES FOLTERKÖNIGS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Kristallprinz gibt sich zu erkennen.

Kelese Ta-Amonte – Atlans Kampfgefährte.

Der Blinde Sofgart – Folterkönig von Ganberaan.

Argee – Ein Oberwächter fällt in Ungnade.

Farnathia – Gefangene des Blinden Sofgart.

1.

 

Meine Einsicht kam zu spät. Wenn ich auf Fartuloon gehört hätte, säße ich jetzt nicht in einer tödlichen Falle – in einer Falle, aus der es kein Entkommen gab. Wenigstens sah es ganz so aus.

Mein neuer Verbündeter, der arkonidische Edelmann Kelese Ta-Amonte, kannte meine wahre Identität natürlich nicht. Wir waren uns zwar in den letzten Stunden nähergekommen, und ich konnte ihm vollkommen vertrauen, aber ich hielt es für besser, wenn er mich weiterhin für den von einem Transporter entflohenen Satago Werbot hielt. Er wusste auch nicht, dass meine Haare schwarz gefärbt waren und mein Gesicht durch einen geschickten Maskenbildner um Jahre älter gemacht worden war.

Seit zwei Stunden hockten wir in einem dunklen Seitengang der Folterfestung des Blinden Sofgart auf dem Planeten Ganberaan und warteten auf eine Gelegenheit, unseren Weg in das Innere des gigantischen Bauwerks fortzusetzen.

Zwei Stunden können lang wie eine Ewigkeit sein. Jedenfalls hatte ich Zeit genug, mir noch einmal die Ereignisse der vergangenen Tage ins Gedächtnis zurückzurufen.

Mein Ziel war es, den Imperator des Großen Arkoniden-Imperiums auf eindrucksvolle Art und Weise davon zu unterrichten, dass ich, der rechtmäßige Herrscher des Reiches, den feigen Mord an meinem Vater rächen würde. Denn Orbanaschol hatte seinen Bruder, meinen Vater, umbringen lassen, um selbst auf den Thron zu gelangen.

Fartuloon hatte eine einfache Funkbotschaft für vernünftig gehalten, aber mir genügte das nicht. Wenn schon, dann sollte Orbanaschol, mein verräterischer Onkel, durch eine Schreckensbotschaft von meiner Existenz erfahren. Und so machte ich mich auf den Weg in die Höhle des Löwen – in die Festung Sepulkorvat des Blinden Sofgart, der Bestie in Menschengestalt.

Ich hatte Kelese Ta-Amonte aus den Klauen der Kralasenen befreit und so einen treuen Freund gewonnen. Gemeinsam waren wir durch den sumpfigen Dschungel des Folterplaneten Ganberaan geflohen, hatten uns die Uniformen von Kralasenen angeeignet und waren so in die Vorhalle der Festung gelangt.

Niemand hatte unser Eindringen bemerkt.

Ganberaan war der vierte und äußerste Planet einer mir unbekannten roten Sonne, eine heiße und feuchte Urwelt mit unendlichen Waldflächen, riesigen Sumpfgebieten und trockenen Hochebenen. Die Rotation dauerte etwas mehr als zwanzig Stunden, was kurze Tage und Nächte bedeutete. Die Schwerkraft betrug 1,26 Gravos und hätte mir zu schaffen gemacht, wenn ich keinen Antigravprojektor von den Kralasenen erbeutet hätte.

Kelese Ta-Amonte saß neben mir, den Rücken gegen die Wand der Nische gelehnt. Aus der glattgefügten Decke kam gedämpftes Licht. Irgendwo war das qualvolle Jammern eines Gefolterten, aber ich begann schon, mich daran zu gewöhnen. Ich konnte keinem helfen, ohne mich selbst der Gefahr auszusetzen, in einem der schrecklichen Käfige zu landen.

Aber einen Gefangenen würde ich retten müssen, und wenn es mein Leben kosten sollte!

Einer der Gefangenen in der Höllenfestung war meine über alles geliebte Farnathia, die Tochter des Tatos Armanck Declanter. Der Blinde Sofgart hatte sie entführen und hierher bringen lassen. Sie war verloren, wenn ich sie nicht herausholte.

Wo aber war sie jetzt?

Ich durfte mir nicht vorstellen, dass Farnathia in eine der Sumpfmulden getaucht und dass ihr nackter Körper den Bissen unbekannter Insekten ausgesetzt wurde. Aber wahrscheinlich hielt Sofgart sie hier im Innern der Festung gefangen, wohin er sie ja auch zuerst gebracht hatte.

»Hier können wir nicht ewig bleiben«, murmelte Kelese Ta-Amonte und brach damit das dumpfe Schweigen, das zwischen uns herrschte. »Selbst wenn sie uns nicht durchschauen, haben wir für unser Verhalten keine Erklärung. Faulheit wird bestraft – auch hier.«

Ich nickte.

Natürlich hatte er recht. Wir mussten weiter. Aber ich war froh gewesen, mich nach den Strapazen der letzten Stunden ein wenig ausruhen zu können. Und der Seitengang war relativ sicher. Wir hatten seit zwei Stunden keinen Kralasenen mehr gesehen.

»Wir waren entkräftet und erschöpft«, erinnerte ich ihn. »Jetzt sind wir wieder frisch und können handeln. Aber wir werden nur dann handeln, wenn es unbedingt notwendig ist. Ich fürchte, wir haben bereits die Aufmerksamkeit der Wachen auf uns gelenkt, und es kann nicht mehr lange dauern, bis der Blinde Sofgart nach uns forschen lässt. Bis dahin müssen wir ein sichereres Versteck gefunden haben. Außerdem muss ich herausfinden, wo Farnathia steckt.«

»Du liebst sie sehr?«

»Wir sind verlobt.«

Kelese Ta-Amonte nickte vor sich hin. Ich hatte ihm nicht die volle Wahrheit erzählen können, aber das wenige, das er erfahren hatte, genügte, ihn meine Gefühle ahnen zu lassen.

Farnathia, meine geliebte Farnathia, in den Klauen eines Ungeheuers! Erst jetzt, da ich die Folterfestung sah und die Klagen der Gefangenen vernahm und ihren Schmerz und ihre Verzweiflung förmlich spürte, kam mir zu Bewusstsein, in welcher Lage sie sich befinden musste.

Ich würde den Blinden Sofgart mit meinen eigenen Händen erwürgen, wenn ihr etwas zugestoßen sein sollte. Dieser Teufel hatte den Tod tausendfach verdient.

»Es tut mir leid«, sagte Kelese.

Ich hatte ihn vor dem sicheren Tod gerettet, und dafür war er mir dankbar, wenn wir auch beide noch lange nicht in Sicherheit waren. Noch nie war jemandem die Flucht von Ganberaan geglückt. Nun gut, dann würden wir eben die ersten sein – zusammen mit Farnathia.

»Danke«, murmelte ich und stand mühsam auf. »Gehen wir.«

Der Gang war von einer sterilen Sauberkeit, die nicht zu den meist schmutzig und verkommen aussehenden Kralasenen passen wollte. Ich nahm an, dass er von Wartungsrobotern gereinigt wurde. Allerdings funktionierte die Klimaanlage nicht einwandfrei, denn die Luft war warm und fast stickig. Dem Boden sah ich an, dass er regelmäßig begangen wurde. Bis jetzt hatten wir Glück gehabt und waren niemandem begegnet.

Wir passierten einen hell erleuchteten Seitengang und hielten an. Das Stöhnen der Gefangenen, die in vergitterten Nischen saßen und auf die Folter oder den Tod warteten, schnürte mir fast die Kehle zu. Mein Herz krampfte sich zusammen, wenn ich daran dachte, wie viel Freunde meines ermordeten Vaters hier auf ihr Ende warten mochten. Männer, die dem wahren Imperator treu ergeben waren und die Herrschaft seines Mörders nicht anerkennen wollten.

Ich stieß Ta-Amonte an. Wir hasteten weiter, ohne unser Ziel zu kennen. Das Sepulkorvat, wie Ta-Amonte die Folterfestung nannte, war ein gewaltiger Komplex. Ein Tafelberg von anderthalbtausend Metern Höhe und sechs Kilometern Durchmesser war ausgehöhlt und bewohnbar gemacht worden. Dem Gipfelplateau zu verjüngte sich der konisch geformte Berg nur wenig. Ich konnte mir leicht ausrechnen, dass man monatelang durch das Labyrinth irren konnte, ohne einen Raum zweimal betreten zu müssen.

Ta-Amonte blieb plötzlich stehen, so dass ich gegen ihn rannte. Er legte einen Finger auf die Lippen und deutete nach vorn. Ich hörte die Schritte.

Rechts und links gab es weder einen Seitengang noch eine Nische. Es gab kein Versteck. Aber wir trugen ja die Uniformen von Kralasenen, und wenn uns nicht gerade ein Vorgesetzter begegnete, würden wir auf dumme Fragen einfach keine Antwort geben.

»Weitergehen!«, ermahnte ich meinen Begleiter. »Wir haben eine Aufgabe. Keine Antwort, wenn wir gefragt werden – und wenn es sein muss, lass mich reden.«

Wir gingen nebeneinander her, ziemlich schnell, so als hätten wir einen wichtigen Befehl erhalten, der möglichst schnell ausgeführt werden müsste. Meiner Schätzung nach gab es in der Folterfestung des Blinden Sofgart Tausende von Kralasenen, und sicherlich kannten sie einander nicht alle.

Drei Kerle waren es, denen die Uniform zerlumpt am Körper hing. Selten hatte ich so verkommen aussehende Subjekte gesehen. Sie waren vielleicht auf der Oberfläche bei den Sumpfmulden beschäftigt gewesen und kehrten vom »Einsatz« zurück. Wie dem auch sei, jedenfalls waren sie bewaffnet und sahen alles andere als vertrauenerweckend aus.

Ta-Amonte und ich warfen ihnen einen nichtssagenden Blick zu, nickten kurz und gingen weiter.

Einer der Kralasenen hielt an und drehte sich um.

»He, wohin geht ihr?«

Zuerst dachte ich, es sei vielleicht klüger, die Frage zu ignorieren, aber dann überlegte ich es mir doch anders. Ich blieb ebenfalls stehen und drehte mich um.

»Geheimbefehl!«, erwiderte ich kurz.

Der Kralasenen grinste wissend und sah nun noch hässlicher aus als vorher. Am liebsten hätte ich ihm meine Faust mitten hinein ins grinsende Gesicht gesetzt. Wie viel Gefangene mochte er schon zu Tode gefoltert haben?

»Spezialfolterung, eh?«, machte er. »Hat ja ein Mädchen angeschleppt, unser Chef. Wird ihm sicher viel Vergnügen bereiten, aber später haben wir dann auch etwas davon, wenn sie dann noch lebt ...«

Jetzt zuckte es mir wirklich in der rechten Hand, aber ich beherrschte mich mühsam. Ta-Amonte war ebenfalls stehengeblieben. Ich fing seinen warnenden Blick auf.

»Leider ist es nicht das Mädchen«, presste ich zwischen den Zähnen hervor. »Ein abtrünniger Arkonide, wenn ich nicht irre.«

»So? Die überlässt der Blinde doch meist den Robotern. Das wundert mich aber ...«

Verdammt, da hätte ich fast einen Fehler gemacht, aber woher sollte ich auch die Gepflogenheiten des Blinden Sofgart so genau kennen?

»Vielleicht ein Spezialfall?«, sagte ich leichthin und wandte mich zum Gehen.

Er hielt mich nicht auf, aber ich spürte sein Misstrauen und seine Blicke. Dann aber hörte ich, dass er seinen Kameraden folgte.

Erleichtert atmete ich auf.

»Ist gut gegangen«, flüsterte Ta-Amonte.

»Hoffentlich«, gab ich skeptisch zurück.

Wieder Schritte, die uns entgegenkamen!

Genau wie beim ersten Mal gingen wir einfach weiter, wenn ich auch bald in dem hellen Licht feststellen konnte, dass wir es nun mit Robotern zu tun hatten. Ihre Form ließ darauf schließen, dass es sich um Wartungsroboter handelte. Sie waren unbewaffnet.

Stur marschierten sie an uns vorbei, als hätten sie uns nicht gesehen.

Aber es gab ja auch Wach- und Kampfroboter in der Folterfestung. Die waren auf Misstrauen programmiert und mit Sicherheit in der Lage, Psychogramme gewissermaßen im Vorübergehen aufzunehmen. Unsere Muster waren nicht in der Kartei. Da die Roboter wahrscheinlich auch noch mit automatischen Sendeanlagen ausgerüstet waren, konnte es nur Minuten dauern, bis in der Überwachungszentrale festgestellt wurde, dass sich zwei nicht registrierte Kralasenen in der Festung aufhielten.

Vielleicht sah ich aber zu schwarz.

Schließlich war Ganberaan der Planet einer unbekannten und namenlosen Sonne. Niemand wusste, wo der Blinde Sofgart seine Machtzentrale aufgebaut hatte, und wer hierherkam, der gehörte entweder zu seiner gefürchteten Truppe, oder er war ein Gefangener. Und Gefangene hatten Ganberaan bisher noch niemals lebend verlassen.

»Eine Folterhalle!«, sagte Ta-Amonte, als der Gang plötzlich endete und wir in einem großen Raum standen, dessen Seitenwände aus vergitterten Nischen bestanden, hinter denen Gefangene auf ihre Stunde warteten. »Wir müssen hier weg ...«

Natürlich hatte er recht, und ich hätte nicht zu sagen vermocht, warum ich zögerte. Ich sah nur die angstvollen und verzweifelten Gesichter der Gefangenen, von denen jeder wohl annahm, dass wir gekommen waren, um sie zu quälen.

In der Mitte der Halle bemerkte ich Schienen, auf denen ein mit komplizierten Kontrollen ausgestattetes fahrbares Schaltpult stand. Der Zweck wurde mir nicht sofort klar, aber ich konnte mir vorstellen, dass hier gewisse Foltermethoden vorprogrammiert werden konnten. Kein Kralasene musste sich hier die Finger schmutzig machen. Alles erfolgte vollautomatisch, und wenn der Gefolterte ein Geständnis machte, so wurde es von verborgenen Mikrophonen in der jeweiligen Zelle aufgenommen und weitergeleitet.

Noch während wir überlegten, begann sich das fahrbare Schaltpult plötzlich zu bewegen. Es rollte ein Stück über die Schienen auf uns zu und hielt abrupt an.

Ein Scheinwerfer drehte sich langsam zur anderen Seite und konzentrierte sein grelles Licht auf das Quadrat einer Zelle, in der ein Arkonide in vornehmer Kleidung mehr lag als saß. Der Gefangene schloss geblendet die Augen und legte die Hände davor. Aber es war vielleicht weniger das Licht, das ihm Unbehagen bereitete, als die enorme Hitze, die in der trockenen Luft des Gefängnisses noch unerträglicher werden musste.

Meine Hand zuckte zum Griff des Strahlers. Ta-Amonte hielt mich zurück.

»Lass das, Satago! Es ist sinnlos! Unsere Anwesenheit würde sofort bemerkt, und wir könnten den Gefangenen nicht einmal retten. Er hat bald ausgelitten.«

»Ich habe auch dich befreit, obwohl es sinnlos schien!«, erinnerte ich ihn.

Er schüttelte den Kopf.

»In jener Situation hättest du jeden befreien können und doch etwas damit erreicht. Hier ist das anders, oder hast du Farnathia vergessen? Willst du ihren Tod?«

Wieder einmal hatte er recht! Es hatte keinen Sinn, die Foltermaschine mit einem Strahlschuss zu zerstören, denn sie würde sofort durch eine andere ersetzt werden. Außerdem würde der Blinde Sofgart sofort wissen, dass Fremde in das Sepulkorvat eingedrungen waren. Die Ausgänge würden sich schließen und das Innere der Festung hermetisch von der Außenwelt abriegeln. Dann würde die Jagd beginnen, und es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass man uns früher oder später entdecken würde.

Nein, es war sinnlos, dem bedauernswerten Opfer helfen zu wollen.

Das Jammergeschrei lag mir noch in den Ohren, als wir längst die Halle verlassen hatten und weitergegangen waren.

Wer war dieser Blinde Sofgart nur? War es vielleicht seine Blindheit, die ihn so grausam gemacht hatte? Wollte er sich so für die Benachteiligung rächen, der er zum Opfer gefallen war? Aber mit Hilfe seiner Spezialbrille konnte er doch sehen. Warum also?

Wahrscheinlich gab es überhaupt keine Antwort.

Der Gang mündete in einen breiteren Korridor, der fast unmerklich bergan führte. Die Richtung konnte ich unmöglich feststellen, aber ich nahm an, dass wir weiter in das Innere der Festung vordrangen, wenn wir ihm folgten. Ich musste eine Spur von Farnathia finden, und der Weg führte zweifelsohne über den Blinden Sofgart.

Mir lief ein Schauer über den Rücken, wenn ich nur daran dachte, ihm begegnen zu müssen. Sollte ich ihn töten? Sollte ich damit warten? Was überhaupt sollte ich tun, wenn es zu einer Konfrontation kam?

Ein Trupp Kralasenen kam uns entgegen. Sie trugen Gitterkäfige mit Gefangenen. Mir war klar, dass man sie hinaus in den Dschungel zu den Sumpfmulden brachte, wo die ausgehungerten und blutgierigen Insekten Ganberaans bereits auf ihre hilflosen Opfer warteten.

Kelese Ta-Amonte sah mit Entsetzen auf die Käfige, die er nur zu gut in Erinnerung hatte. Sie wurden mit ihren Insassen in den Sumpf versenkt und erst dann wieder emporgezogen, wenn die Opfer halb erstickt waren. Dann kamen die Insekten ...

Zum Glück riss er sich zusammen.

Ich gab das Nicken des Anführers gelassen zurück, und unbehelligt konnten wir weitergehen. Ich sah, dass Ta-Amonte befreit aufatmete, als die Schritte hinter uns verklangen.

»Widerlich!«

»Nicht nur das!«, erwiderte ich leise. »Es ist erstaunlich.«

»Was ist erstaunlich?«

»Die Methode der Sumpfmulden, mein Freund. Du hast die automatischen Folteranlagen in der Festung gesehen, wenigstens einen Teil davon. Roboter verrichten die Hauptarbeit, und trotzdem schleppen Kralasenen ihre Gefangenen noch in Käfigen hinaus in den Urwald, um sie dort zu foltern. Reine Beschäftigungstherapie, wenn du mich fragst. Der Blinde Sofgart hat zuviel Diener.«

»Es wird noch andere Gründe geben«, widersprach Ta-Amonte.

Weitere Kralasenen begegneten uns, aber wir wurden kaum von ihnen beachtet. Meine Theorie, dass sie sich gegenseitig nicht kannten, wurde dadurch noch mehr bekräftigt. Der Korridor wurde breiter, und dann erreichten wir eine Verteilerstation. Hier begann zugleich das Laufband.

Es war nichts anderes als eine endlos rollende Kunststoffschleife, die rechts und links des Hauptkorridors in beiden Richtungen lief und ein jederzeitiges Auf- oder Absteigen ermöglichte. Ein rollender Bürgersteig, wie ich ihn von den technisch hochentwickelten Planeten des Imperiums her kannte.

»Na also«, murmelte Ta-Amonte voller Sarkasmus. »Jetzt kommen wir weiter in die Hölle hinein, ohne uns anstrengen zu müssen.«