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Nr. 130

– ATLAN exklusiv Band 14 –

 

Meister der Echsen

 

Eine unheimliche Armee marschiert – Saurier gehorchen Funkbefehlen

 

von Clark Darlton

 

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Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man das Jahr 10.497 v.A. – eine Zeit, die dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht, eine Zeit also, da die Erdbewohner in Barbarei und Primitivität verharren und nichts mehr von den Sternen oder dem großen Erbe des untergegangenen Lemuria wissen.

Arkon hingegen – obzwar im Krieg gegen die Maahks befindlich – steht in voller Blüte. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Herrschaft übernehmen zu können.

Auch wenn Orbanaschol seine Herrschaft gefestigt hat – einen Mann hat der Imperator von Arkon zu fürchten: Atlan, Sohn Gonozals, den rechtmäßigen Thronerben und Kristallprinzen des Reiches, der inzwischen zum Mann herangereift ist.

Nach der Aktivierung seines Extrahirns hat Atlan den Kampf gegen die Macht Orbanaschols aufgenommen und strebt den Sturz des Usurpators an.

Doch Atlans Möglichkeiten und Mittel sind noch begrenzt. Er muss sich vorerst mit einer Art Guerillatätigkeit zufriedengeben – dies zeigt auch sein Einsatz auf der Freihandelswelt Jacinther IV.

Atlan und seine Gefährten beginnen bei den politischen Intrigen der Gouverneure dieses Planeten kräftig mitzumischen. Fartuloon, der väterliche Freund des Kristallprinzen, erweist sich dabei als MEISTER DER ECHSEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Kristallprinz beschreitet den Pfad der Rache.

Fartuloon – Atlans alter Lehrmeister wird zum »Meister der Echsen«.

Eiskralle – Der Chretkor verteilt tödliche Händedrücke.

Morvoner Sprangk – Ein Raumkommandant bekommt es mit der Polizei zu tun.

Coraschol und Harakas – Atlans unfreiwillige Helfer.

Mavillan Ruuver – Gouverneur von Kortasch-Auromt.

1.

 

Beim ersten Anblick des Hafenbeckens von Kortasch-Auromt fühlte ich mich in die Pionierzeiten des Imperiums zurückversetzt. Überall auf den Molen standen Fahrzeuge, die keinen eigenen Antrieb besaßen. Im Wasser schaukelten altertümliche Frachtschiffe, darunter auch mehrmastige Segler.

Obwohl reges Leben und Treiben herrschte, konnte ich niemanden bemerken, der sich sonderlich beeilt hätte.

Die kleinen Häuser der Stadt gruppierten sich in einem Halbkreis um die natürliche Bucht der großen Insel, die als einer der vier Kontinente des Handelsplaneten Jacinther IV galt. In den engen Gassen war es noch dunkel, obwohl die Sonne längst aufgegangen war. Sie verbarg sich hinter einer unheilverkündenden Wolkenbank im Osten.

Die abenteuerlichsten Gestalten drückten sich an den Hauswänden entlang. Einige schoben Karren mit Lasten vor sich her, andere wiederum trugen Körbe oder Säcke auf ihren Schultern.

Mein Blick wanderte mehr in südliche Richtung, wo ich am fernen Horizont des noch relativ flachen Hinterlandes einen dunklen Streifen am Horizont entdeckte: das Hochland.

Dort also lag unser Ziel.

Im Augenblick allerdings sah es ganz so aus, als wolle man sich auch in dieser Hinsicht Zeit lassen, denn niemand kümmerte sich um uns, obwohl wir als wichtige Gefangene galten.

Der stählerne Gitterkäfig war vom Schiff auf einen Wagen gebracht worden, der an der Mole stand. Nur wenige der Passanten warfen uns neugierige Blicke zu, die anderen gingen unbeeindruckt weiter, als seien wir irgendeine unwichtige Handelsware.

Fartuloon nahm das Schicksal, das uns getroffen hatte, mit ziemlicher Gelassenheit hin. Er hockte in seiner Ecke des Käfigs, den breiten Rücken gegen die Gitterstäbe gelehnt, und studierte die Umgebung. Manchmal fing ich seinen Blick auf, und dann vermeinte ich, in seinen Augen so etwas wie unterdrückte Heiterkeit zu erkennen.

Auch der Chretkor Eiskralle machte sich nicht viel aus der Gefangenschaft, in die wir mehr oder weniger freiwillig geraten waren. Wie wir alle war er davon überzeugt, dass der Augenblick der Flucht noch nicht gekommen war. Sobald dieser Augenblick kam, würde er zu einer unerbittlichen Kampfmaschine werden, indem er seine Gegner durch einen Händedruck in Eis verwandelte.

Nicht ganz so zufrieden war der vierte im Bunde: der alte Arkonidenkommandant Morvoner Sprangk. Ständig murmelte er Flüche vor sich hin und drohte den Vorbeigehenden. Ich konnte ihm ansehen, dass er am liebsten bereits jetzt ausgebrochen wäre und die Passanten verprügelt hätte.

»Halt den Mund, Morvoner!«, knurrte Fartuloon. »Da kann ja kein Mensch schlafen, wenn du dauernd Selbstgespräche führst.«

»Ach, schlafen willst du? Am helllichten Tag willst du schlafen und dich von diesen heruntergekommenen Individuen begaffen lassen? Sieh sie dir doch an, Bauchaufschneider! Diese verlausten Kreaturen wären in der Flotte Arkons nicht einmal als Latrinenpersonal eingestellt worden.«

»Ihr sollt euch nicht immer streiten!«, meldete sich nun auch der sensible Chretkor zu Wort. »Lasst doch die Leute hier aussehen, wie sie wollen. Was geht das uns an? Die Hauptsache ist doch, sie bringen uns bald zu ihrem Auftraggeber, damit wir endlich erfahren, was er von uns will.«

Es schien mir an der Zeit, auch etwas zu sagen.

»Es dürfte klar sein, was er von uns will, Freunde, trotzdem soll er es uns selbst sagen. Er wird genauso scharf wie Prillgram Galbass auf den Posten des angeblich todkranken Fertomash Agmon sein, der als offizieller Imperiumsbeauftragter diesen Planeten beherrscht. Alle vier Gouverneure möchten seinen Posten, und wenn Agmon wirklich bereits tot ist, wie Gerüchte wissen wollen, wird hier bald ein Machtkampf entbrennen, in den wir auf keinen Fall hineingeraten dürfen.«

»Ich habe immer noch mein Skarg«, murmelte Fartuloon und legte die Hand auf den Griff seines legendären Schwertes, dessen geheimnisvolle Kräfte selbst ich nicht kannte. »Die werden ihr blaues Wunder erleben!«

Ich vergewisserte mich, dass kein Lauscher in der Nähe war.

»Es geht nicht ums Kämpfen, Fartuloon, das weißt du ganz genau. Unsere Aufgabe ist es, die Ankunft des arkonidischen Ökonomen Freemush abzuwarten und ihn in unsere Gewalt zu bringen. Damit allein versetzen wir Orbanaschol einen schweren Schlag. Er wird sich kaum von dem letzten erholt haben.«

»Ich bin gespannt«, meinte Eiskralle fast träumerisch, »wann wir wieder dem verdammten Blinden Sofgart begegnen. Ich möchte ihm nur zu gern die Hand kräftig drücken ...«

Das Gespräch schlief wieder ein, als einige Karren in unmittelbarer Nähe zum Abtransport bereitgestellt wurden. Noch während ich überlegte, wer sie ziehen sollte, sah ich etwas sehr Merkwürdiges. Auch meine drei Freunde wurden aufmerksam, als sie die seltsame Prozession erblickten.

Voran gingen etwa zehn verwegen aussehende Männer, unterschiedlich gekleidet und offensichtlich trotzdem einer ganz bestimmten Kaste angehörend. Alle trugen sie auf der Brust einen kleinen, schwarzen Kasten, der mit Riemen am Körper befestigt war. Die wippende Antenne verriet, dass es sich um Sender oder Empfänger handelte.

Hinter ihnen kamen – Saurier!

Mir fiel im Augenblick keine bessere Bezeichnung ein, aber ich erfuhr sehr bald, dass sie genau stimmte. Es mochten etwa zweihundert von ihnen sein, und sie marschierten in Reih und Glied hinter den zehn vorangehenden Arkoniden her. Seitlich wurden sie von weiteren Wärtern flankiert, von denen keiner ohne den schwarzen Kasten war.

Die Saurier waren nicht sehr groß, sahen aber in ihrer Gedrungenheit ungemein kräftig aus. Sie wirkten friedlich, was unter den gegebenen Umständen um so befremdender sein musste.

Nicht weit von uns entfernt hielt der Zug an.

»Ob die eine Zirkusvorstellung geben wollen?«, brummte Morvoner Sprangk voller Skepsis. »Doch wohl nicht uns zu Ehren ...?«

Niemand antwortete ihm, denn jeder von uns beobachtete fasziniert, was weiter geschah.

Die Tiere verteilten sich im Hafengelände und begannen – mit der Arbeit. Einige trotteten, stets von einem der Wärter begleitet und mit Hilfe des Senders dirigiert, zu den am Kai liegenden Schiffen und begannen, die dort bereitgelegten Lasten ans Land zu tragen, wo sie gestapelt wurden. Andere verluden die Ballen, Kisten und Körbe auf die Fahrzeuge, bis eine ganze Kolonne der meist vierrädrigen Karren zur Abfahrt bereitstand.

Schließlich wurden bisher untätig gebliebene Saurier davorgespannt, und der ganze Zug setzte sich nach Süden zu in Bewegung. Er ging an der Stadt vorbei ins Landesinnere, und mir wurde klar, dass dies die landesübliche Methode war, die von zwielichtigen Händlern und Piraten nach Jacinther gebrachten Waren zum Handelsstützpunkt im Hochland zu bringen, wo zugleich der Sitz des Gouverneurs sein musste.

»Die spinnen, die Händler von Jacinther!«, stellte Fartuloon lakonisch fest. »Warum so umständlich, wenn es auch einfacher geht?«

»Das ist vielleicht der einfachste Weg, wer weiß das?« Eiskralle hatte in der Zwischenzeit die Gespräche einiger Passanten belauscht, die achtlos an unserem Käfig vorbeigegangen waren. »Diese lustigen Viecher heißen Moojas. Sie müssen ziemlich empfindliche Gehirne haben, sonst würden sie nicht auf Funkimpulse reagieren. Wenn die aber mal richtig Wut kriegen, möchte ich nicht dabei sein.«

Noch ahnte ich nicht, welche Überraschung uns hinsichtlich der Moojas bevorstand. Im Augenblick hielten wir alle sie für abgerichtete Arbeitstiere, die mit Hilfe von elektronischen Impulsen gesteuert wurden.

Einer der Wärter näherte sich uns. Er blieb vor dem Karren mit unserem Käfig stehen und betrachtete uns mit Blicken, in denen Neugier zu lesen war. Wir kamen uns vor wie seltene Tiere in einem Zoo, die von den Besuchern angestarrt wurden.

»Jetzt geht es auf die Reise«, sagte der Wärter schließlich, und seine Stimme war nicht gerade unfreundlich.

»Wohin bringen Sie uns?«, fragte ich höflich, um seiner Eitelkeit zu schmeicheln.

»Zum Gouverneur, wohin sonst? Er hat oben im Hochland seinen Regierungssitz.«

»Wissen Sie, was er von uns will?«

»Woher soll ich das denn wissen? Ich habe den Auftrag erhalten, euch hinzubringen, das ist alles. Und versucht nicht, euch aus dem Staub zu machen. Die Moojas rennen wie der Sturmwind und holen jeden ein. Ich will euch lieber nicht erst erzählen, was sie dann mit einem machen.«

Fartuloon drehte sich ein wenig um, damit er den Wärter sehen konnte. Er deutete auf dessen Sendegerät.

»Und deshalb gehorchen die Tierchen?«

Stolz nickte der Wärter.

»Damit habe ich Gewalt über alle. Gäbe es die Moojas nicht, müssten wir die Fahrzeuge selbst ziehen und die Lasten allein tragen. Passt auf, ich werde jetzt zwei herbeirufen, um sie vor den Wagen zu spannen.«

Er betätigte einen winzigen Hebel an dem schwarzen Kasten und drückte auf einige Knöpfe. Sofort trennten sich zwei der Saurier von ihren Artgenossen und trotteten in einem merkwürdig schaukelnden Gang herbei. Sie erinnerten an Echsen, wenn sie auch einen kürzeren Schwanz hatten. Ihre Haut bestand aus einem feinen Schuppenpanzer, der sie fast unverwundbar machte.

Gehorsam stellten sie sich vor den Wagen. Der Wärter spannte sie ein und betrachtete dann sein Werk, als habe er das heute zum ersten Mal getan. Dann trat er zurück und winkte zwei andere Arkoniden herbei. Er deutete auf uns.

»Du weißt Bescheid, sie werden zu Mavillan Ruuver gebracht. Der Gouverneur hat ausdrücklichen Befehl gegeben, sie schonend zu behandeln, da er sie verhören möchte. Ich komme selbst mit euch. Drei Mann werden genug sein.«

Die Moojas zogen an.

Rumpelnd setzte sich das Gefährt in Bewegung.

 

*

 

Wir hatten hin und her überlegt, welches die beste Methode sei, dem mächtigen Gouverneur der Handelsinsel unter die Augen zu treten. Wenn er dem Gouverneur des Südkontinents, Prillgram Galbass, charakterlich ähnelte und die gleichen Ziele verfolgte, was wir stark vermuteten, durfte unsere Ausgangsposition nicht zu schwach sein. Trotzdem ließen wir uns gefangen nehmen, um mehr über die Art seines Regierens zu erfahren. Außerdem ersparte uns der Gefangenentransport die Mühe, selbst den Weg ins Hochland zu suchen.

Wir hatten jedoch nicht vor, den Gouverneur als Gefangene aufzusuchen, sondern als freie Männer mit einigen Trümpfen in der Hand. Wir wollten uns vorher befreien und dann Mavillan Ruuver freiwillig aufsuchen. So etwas imponierte Männern seines Schlages.

Wir wussten nicht, wann der richtige Zeitpunkt zur Flucht kam. Sie musste unter einigermaßen dramatischen Begleitumständen erfolgen, damit unserem Erscheinen im Gouverneurspalast einige haarsträubende Berichte vorangingen. Das würde Ruuver entsprechend beeindrucken.

Der Hafen und die Stadt blieben zurück.

Die Straße war voller Löcher und ungepflegt. Rechts und links erstreckten sich wildwuchernde Felder mit Obstbäumen und Gemüsegärten. Vor uns stieg das Gelände nur wenig an, aber das Hochplateau in der Ferne vor uns war deutlich zu erkennen. Ich schätzte die Entfernung auf knapp vierzig Kilometer, aber das konnte täuschen.

Noch immer war die Sonne nicht sichtbar, denn die Wolkenbank, die aus dem Osten kam, war schneller als sie. Fast der ganze Himmel war nun bedeckt. Auch schien es mir, als sei der Wind kräftiger geworden.

Die drei Wärter saßen vorn auf der Kutschbank. Sie waren viel zu faul, um sich zu unterhalten. Einer von ihnen war eingeschlafen und schnarchte wie drei Sägewerke. Die beiden Moojas trotteten gehorsam dahin und schienen die schwere Last überhaupt nicht zu spüren.

Fartuloon sagte:

»Lange hält mein Hinterteil das nicht mehr aus.«

Eiskralle befühlte sein eigenes, das wesentlich weniger Gewicht besaß.

»Was soll denn ich erst sagen?«, erkundigte er sich. »Du bist doch genug gepolstert und solltest nichts spüren.«

»Jeden Ruck und Stoß spüre ich, ich bin eben empfindlicher als du.«

Ich ließ sie reden und hing meinen eigenen Gedanken nach.

Dieser Ökonom Freemush, dessen Ankunft auf Jacinther angekündigt worden war, bekleidete einen Posten, der mit dem eines Handelsministers zu vergleichen war. Immerhin kam er im Auftrag des Imperators, um Jacinther zu inspizieren. Wenn wir ihn in unsere Gewalt bekamen, würde Orbanaschol, Brudermörder und zugleich mein Onkel, abermals sehr eindrucksvoll auf mich aufmerksam gemacht werden. Er sollte wissen, dass ich meinen Vater rächen und Anspruch auf den Thron des Großen Imperiums erheben würde.

Orbanaschol sollte Tag und Nacht keine Ruhe mehr finden. Ständig sollte er befürchten müssen, die Rächer kämen zu ihm, um das Urteil zu vollstrecken, das er selbst über sich gefällt hatte, als er meinen Vater ermorden ließ.

Freemush war der nächste Schritt auf dem Pfad meiner Rache.

»Ich drehe den verdammten Kerlen das Genick um, wenn sie nicht vorsichtiger kutschieren können!«, fluchte Morvoner Sprangk, als die Räder des Karrens über einen Stein holperten.

»Das wirst du nicht tun!«, riet ihm Fartuloon. »Wir werden ihnen etwas zeigen, das sie noch nie in ihrem Leben gesehen haben, und dann müssen sie Ruuver die Umstände unserer Flucht schildern. Das können sie aber nicht mit umgedrehtem Hals tun. Ich warte jetzt nur noch auf ein richtig schönes Gewitter.«

»Gewitter? Wozu denn ein Gewitter?«

Fartuloon grinste.

»Lass dich doch mal überraschen, Morvoner.«

Ich wusste zwar auch nicht, wozu wir ein Gewitter brauchten, aber ich stellte keine Fragen. Es hätte auch wenig Sinn gehabt, denn wenn Fartuloon einmal entschlossen war, eine seiner Vorstellungen zu geben, war es sinnlos, vorher Erkundigungen einziehen zu wollen.

Eigentlich hatte es mich von Anfang an gewundert, dass man uns nicht alle Waffen abgenommen hatte. Natürlich besaßen wir keine energetischen Handstrahler, aber zumindest Fartuloons Schwert war nicht zu übersehen gewesen.

Ich nutzte die Gelegenheit, mich noch einmal umzudrehen. Stadt und Hafen lagen bereits einige Kilometer hinter uns und waren gut zu erkennen. Gerade lief ein neues Schiff in die Bucht ein, ein Raddampfer uralter Bauart.

Wie mochte es Farnathia jetzt gehen?

Ich hatte sie auf dem Asteroiden der Piraten unter der Obhut ihres Anführers Hanwigurt Sheeron dort zurückgelassen, wenn ich ihm auch nicht recht über den Weg traute. Aber er wusste von meiner wahren Identität und würde sich hüten, nicht gut auf das Mädchen aufzupassen. Sollte ich jemals mein Ziel erreichen und Imperator von Arkon werden, wäre er seines Lebens nicht mehr sicher, wenn Farnathia etwas passieren sollte.

Genau das wusste der Anführer der Piraten, die mich und meine drei Freunde nach Jacinther gebracht hatten.

Dieses Wissen war meine Lebensversicherung für Farnathia.

Ich drehte mich wieder um. Das Vibratormesser unter meiner Jacke erinnerte mich daran, dass wir jederzeit unser Gefängnis verlassen konnten, wenn wir das wollten. Es würde die Gitterstäbe mühelos zerschneiden. Aber wahrscheinlich schien Fartuloon diese Methode zu wenig eindrucksvoll, denn er hatte meinen entsprechenden Vorschlag rundweg abgelehnt.

Die Straße wich einer flachen Anhöhe aus, und als wir sie hinter uns gebracht hatten, waren Stadt und Hafen unseren Blicken entschwunden. Vor uns lag die steinige und nur wenig bewachsene Ebene, und im Hintergrund türmte sich das eigentliche Hochplateau wie eine gewaltige Mauer auf.

Die Wolken über uns zogen niedriger und schneller dahin. Unsere Wärter warfen immer wieder besorgte Blicke nach oben. Nur die niedrige Wandung des Wagens hielt den Wind ab, der durch die Gitterstäbe pfiff.

Fartuloon blickte nach oben. Er studierte den Zug der Wolken und richtete sein Augenmerk besonders auf eine fast schwarze Bank, die sich immer näher an uns heranschob. Ich konnte beobachten, dass die Wärter immer öfter ihre Sender betätigten, um die Moojas zu beruhigen. Die Tiere glichen lebenden Robotern, die durch positronische Impulse gesteuert wurden.

»Bald ist es soweit«, murmelte der ehemalige Leibarzt meines ermordeten Vaters. »Haltet euch bereit, wenn ich die Show abziehe.«

»Was hast du vor? Es ist besser, wenn wir es wissen.«

»Unsinn!« Er klopfte abermals auf den Griff seines Schwertes. »Ihr sollt mal sehen, was mein Skarg alles kann. Schon mal was von einem Energiespeicher gehört, von Aufladen und willkürlicher Entladung? Das Gewitter kommt mir gerade recht. Und wenn es dazu noch schön regnet, wird die ganze Geschichte hundertmal effektvoller. Dieser Ruuver wird glauben, wir seien Zauberer, wenn er sie hört – und ich hoffe, er wird uns entsprechend empfangen.«

»Da kannst du recht haben«, knurrte Morvoner.

»Ich kenne Leute, die bringen Zauberer auf der Stelle um.«

alle