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Band 500-549 – Die Abenteuer der SOL – Teil 1

 

Im Jahr 3586 bricht das terranische Fernraumschiff SOL mit unbekanntem Ziel in die Weiten des Universums auf. Es beherbergt rund 100.000 Menschen und Außerirdische, für die der über sechs Kilometer lange Koloss längst zu einer neuen Heimat geworden ist.

Über zwei Jahrhunderte lang bleibt die SOL verschollen. Dann jedoch – im Jahr 3791 – gelangt der unsterbliche Arkonide Atlan an Bord des Raumers. Er findet dort chaotische Zustände vor. Das hantelförmige Schiff sitzt in einer kosmischen Falle fest, seine Besatzung sieht einem ungewissen Schicksal entgegen.

Fern der Heimat nimmt Atlan den ungleichen Kampf gegen mächtige Gegner und widrige Umstände auf. Auch wenn er selbst an Erinnerungslücken leidet, so weiß er eines genau: Die SOL und ihre Bewohner sind Teil eines größeren Plans, von dessen Gelingen sehr viel abhängt ...

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Nr. 500

 

Die Solaner

 

Unterwegs in der Unendlichkeit

 

von William Voltz

 

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Es geschah im Dezember des Jahres 3586, als Perry Rhodan mit seinen Gefährten die SOL verließ und zur BASIS übersiedelte, nachdem er den Solgeborenen das Generationenschiff offiziell übergeben hatte.

Die neuen Herren der SOL sahen sich somit endlich in die Lage versetzt, ihre Wünsche zu realisieren. Sie trennten sich von der Menschheit, um ihre eigenen Wege zu gehen und ihre ureigenen Ziele zu verfolgen. Sie betrachteten den Weltraum als ihren eigentlichen Lebensbereich und das Schiff als ihre Heimat – und sie scheuten davor zurück, ihre Füße auf den Boden von Planeten zu setzen.

Seit der Zeit, da die SOL unter dem Kommando der Solgeborenen auf große Fahrt ging und mit unbekanntem Ziel in den Tiefen des Sternenmeeres verschwand, sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, und kein Terraner hat in der Zwischenzeit etwas vom Verbleib des Generationenschiffs gehört.

Im Jahr 3791 ist es jedoch soweit – und ein Mann kommt wieder in Kontakt mit dem verschollenen Schiff. Dieser Mann ist Atlan, der Arkonide, der, wie schon so oft in seinem langen Leben, eine Mission durchzuführen hat, die ihm alles abverlangt. Die Kosmokraten entlassen Atlan, damit er sich um die SOL kümmert und um DIE SOLANER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Kartron Amer, Builty Monk und Shia Deen – Drei Weltraummenschen.

Chart Deccon – Kommandant der SOL.

Sagoth Herlw – Ein Rostjäger.

Atlan – Der Arkonide kommt an Bord der SOL.

1.

 

Chart Deccon, High Sideryt und Bruder ohne Wertigkeit, blickte auf den Bildschirm der Außenbeobachtung und sah ein paar Buhrlos wie plumpe rote Motten um das Schiff tanzen. Sie sammelten E-kick für Deccon und die Magniden – ein unsichtbarer Vorgang – und versuchten gleichzeitig, etwas mehr über den Zugstrahl von Mausefalle herauszufinden.

Der Begriff »Zugstrahl« war im Grunde genommen eine simple Bezeichnung, denn er wurde in keiner Weise den Kräften gerecht, denen die SOL seit nunmehr zweieinhalb Wochen ausgesetzt war.

In einer Ecke des Bildschirms sah Deccon einen Zipfel von Mausefalle-Sonne. Er erinnerte ihn an ein glühendes Auge, das spöttisch über den Rand des Geräts schielte, um die Gefangenen zu beobachten.

Und Gefangene waren alle 90.000 bis 100.000 Besatzungsmitglieder an Bord: SOLAG-Angehörige, Buhrlos, Terra-Idealisten, Monster, Extras, SOL-Farmer und ... Deccon hielt in seiner gedanklichen Auflistung unwillkürlich inne, denn er sah, dass zwei der Buhrlos sich Zeichen machten. Der High Sideryt hatte die wichtigsten Signale der Weltraummenschen studiert und sich eingeprägt, doch das gestenreiche stumme Gespräch lief so schnell ab, dass er ihm nicht folgen konnte. Trotzdem hatte er den Eindruck, dass einer der Buhrlos die Hände über dem Kopf verschränkt hatte.

Das hieß: Etwas unglaublich Bedeutsames!

Deccon verließ seinen Platz an den Kontrollen und begab sich zu einem Interkomanschluss. Wenn sich der fast zwei Meter große Hüne mit seinem von Muskeln und Fleischwülsten bedeckten Körper durch seine Zentrale (er nannte den Raum auch seine Klause) bewegte, wirkte er trotz seiner Trägheit auf eine bestimmte Weise unerbittlich und entschlossen. Sein Gesicht war massig, rot und aufgedunsen; die Röte zog sich bis zum kahlen Schädel hinauf. Deccons Nase war aufgequollen, fast wie eine Art Gewächs; seine Lippen wulstig wie zwei fette, eng nebeneinander her kriechende Würmer. In diesem Gesicht waren die Augen kaum zu sehen, nur wenn Deccon die Brauen hob, erinnerten sie an zwei in feuchten Beton gedrückte graue Steine.

Der High Sideryt schaltete den Interkom ein. Als uneingeschränkter Herrscher der SOLAG konnte er fast jeden Punkt innerhalb des Schiffes erreichen, von ein paar Ausnahmen, die ihm wie Stachel im eigenen Fleisch erschienen, einmal abgesehen.

Ein Bildschirm erhellte sich, die eigentliche Zentrale der SOL wurde sichtbar.

»Wer hat Dienst an den Kontrollen?«

Seine Stimme klang grollend, sie verstärkte den düsteren Gesamteindruck, den dieser Mann machte.

»Brooklyn«, antwortete jemand, der noch nicht in den Sichtbereich der Aufnahme gekommen war.

Deccon bewegte sich zur Seite. Seine Jacke, die ebenso wie die Hose aus blau schimmernden Metallschuppen zusammengesetzt war, klirrte leise. Obwohl sich diese Kleidung eng an den Körper schmiegte und seine Linien deutlich erkennen ließ, wirkte sie wie eine Rüstung. Um den Hals trug Deccon ein goldenes Kettchen, an dem ein kleiner Kasten befestigt war, der auf Deccons Brust hing. Niemand wusste, was sich in diesem Behältnis befand.

Brooklyn tauchte auf dem Interkomschirm auf. Deccon erinnerte sich daran, dass niemand ihren richtigen Namen kannte. Es ärgerte ihn ein bisschen, denn er sah darin, was ihn anging, einen gewissen Autoritätsverlust. Brooklyn gehörte jedoch zu der Gruppe der Fortschrittlichen unter den Magniden, und da Deccon insgeheim mit dieser kleinen Partei sympathisierte, vermied er es, ihre Angehörigen unter Druck zu setzen.

»Hallo, Chart«, sagte Brooklyn freundlich.

»Wie viele sind draußen?«, brummte er.

Sie dachte nach, als sei sie von der Sprunghaftigkeit seiner Fragen irritiert.

Wie kann sie nur so liebenswürdig und charmant sein?, fragte er sich ärgerlich. Ich möchte wissen, was wirklich im Kopf dieser grauhaarigen, alten Dame vorgeht.

»Einundzwanzig«, sagte sie schließlich.

Unwillkürlich überlegte er, wie viel E-kick das bedeutete. Er fluchte leise. Seine Gedanken kreisten viel zu häufig um E-kick, dabei hatten sie jetzt andere Sorgen.

Und was für Sorgen!, dachte er grimmig.

»Hast du eine Namensliste?«, erkundigte er sich.

Ihre Verwirrung wuchs.

»Wozu brauchst du eine Liste, High Sideryt?«

»Ich glaube, dort draußen geht etwas Ungewöhnliches vor«, antwortete er.

Sie sah erstaunt aus.

»Zweifellos«, bestätigte sie ironisch. »Wir zappeln wie ein Fisch an der Angel.«

Was zum Teufel, weiß sie über Angeln?, ging es ihm durch den Kopf.

Sie fuhr fort: »Wahrscheinlich kommt etwas vorbei.«

Seit zweieinhalb Wochen wurde die SOL von allen möglichen Objekten überholt, die sich ebenfalls im Kraftfeld von Mausefalle befanden – und überholte ihrerseits langsamere Gegenstände. Es war auch für die Wissenden innerhalb der SOLAG nicht möglich, die Kriterien zu bestimmen, nach denen sich die Geschwindigkeiten jener Dinge richteten, die in Mausefalle festsaßen. Besonders teuflisch erschien Deccon die Tatsache, dass jedes eingefangene Objekt, einschließlich der SOL, seine Geschwindigkeit ständig änderte. Auf diese Weise ließ sich nicht einmal bestimmen, wann das Schiff die Bahn des äußersten von insgesamt dreiundzwanzig Planeten dieses Systems kreuzen würde.

Das Kraftfeld, in dem die SOL scheinbar unrettbar festgehalten wurde, ging vermutlich von Mausefalle-Sieben aus, aber sicher war man bei der SOLAG nicht.

Deccon rieb sich den kahlen Schädel mit einer flachen Hand.

»Es kommt ständig irgend etwas vorbei«, sagte er seufzend. »Das ist die gewaltigste kosmische Falle, von der ich jemals gehört habe – und ausgerechnet wir sind hineingetappt.«

»Das lag an den mangelhaften Vorbereitungen«, versetzte sie mit sanftem Vorwurf. »Die SOL hätte, bevor wir uns dazu entschlossen, in diesem Sonnensystem Vorräte aufzunehmen, eine Zeitlang außerhalb operieren und Messergebnisse abwarten sollen. Schließlich haben wir nichts zu versäumen.«

Deccon wäre ihr fast in die Falle gegangen. Ihr letzter Satz war gezielte Schlauheit: Sie wollte herausfinden, inwieweit er die Fortschrittlichen unterstützte.

»Ja«, sagte er lahm. »Schon möglich.«

»Außerdem«, sagte sie, »sind etwas mehr als dreitausend Mitglieder für die SOLAG einfach zu wenig. Gemessen an der Besatzungsstärke vor allem. Die Katastrophe ist unausweichlich.«

Er lachte auf.

»Seit Jahrzehnten schlittern wir von einer Krise in die andere«, erinnerte er. »Bisher haben wir noch jede überstanden.«

»Aber die Situation an Bord war noch nie so unübersichtlich und gespannt«, hielt sie ihm entgegen. »Dazu kommt nun eine äußere, lebensbedrohende Gefahr.«

Deccon witterte einen unausgesprochenen Vorwurf in ihren Worten. Er war nun seit zwei Jahren und vier Monaten High Sideryt, dazu bestimmt von seiner Vorgängerin im Amt, Tineidbha Daraw. Unmittelbar nach seiner Ernennung hatte Chart Deccon seinen Nachfolger ausgewählt und dessen Namen in SENECA gespeichert. Seine Wahl war geheim; nur er und SENECA wussten, wer sein Erbe sein würde. Allerdings war er berechtigt, den Namen jederzeit auszutauschen. Deccon hielt das nicht für unproblematisch, denn SENECA war in seinen Funktionen wesentlich schlimmer gestört, als den meisten Wissenden bekannt war.

»Ich werde nicht der High Sideryt sein, unter dessen Herrschaft es zu einer Katastrophe kommt«, sagte er trotzig.

Er benutzte den Begriff »Herrschaft« anstelle von »Kommando« völlig bewusst, um sie zu ärgern.

Brooklyn reagierte jedoch nicht darauf.

»Ich habe ein paar Namen«, sagte sie. »Art Drutan, Loony Waltzeck, Kartron Amer ...«

»Ach, lass doch!«, unterbrach er sie, plötzlich anderen Sinnes geworden. »Was sind schon Namen? Behaltet die Burschen im Auge und stellt fest, ob etwas Bedeutsames geschieht.«

»Wann starten wir das nächste Manöver?«, wollte sie wissen.

Die SOL konnte sich, obwohl sie in Mausefalle festsaß, 1500 Kilometer in alle Richtungen bewegen, das hieß, ihr war eine Operationsraumkugel mit einem Durchmesser von 3000 Kilometer geblieben. Gemessen an den Entfernungen, die das Schiff seit dem 24. Dezember 3586 zurückgelegt hatte, war dies lächerlich wenig. Eine weitere Teufelei von Mausefalle war, dass jedes eingefangene Objekt eine unterschiedlich große Operationsraumkugel behalten hatte.

Jemand spielt mit uns!, dachte Deccon erbittert.

»Sobald wir neue Informationen haben«, erwiderte er ausweichend.

Unwillkürlich blickte er auf den Zeitmesser.

4. März 3791, las er das Datum ab. Als High Sideryt besaß Chart Deccon das Logbuch der SOL. Er war, was die Ereignisse in den vergangenen zweihundert Jahren anging, der am besten eingeweihte Solaner.

»Ich glaube«, bemerkte die grauhaarige Frau auf dem Bildschirm, »wir befinden uns in der Krise.«

»Was heißt das?«, fragte Chart Deccon schroff, obwohl er genau wusste, was sie ausdrücken wollte.

»Die Schläfer«, sagte sie. »Wir müssen sie wecken.«

»Nein«, sagte er heftig. »Das ist kein Thema.«

Er spürte die Erregung in sich aufsteigen wie einen Schwall heißen Blutes. Seit nunmehr fast zweieinhalb Jahren war er Einsamkeit gewöhnt, nun kam eine völlig neue Erfahrung für ihn hinzu: Das Gefühl der Verlorenheit.

»Schon gut«, sagte er schnell. »Macht weiter.«

Dann unterbrach er die Verbindung. Seine Blicke wanderten zum Bildschirm der Außenbeobachtung. Im Augenblick waren dort sieben Buhrlos zu sehen. Unwillkürlich beneidete Deccon sie um diese Art von Freiheit, ohne jeden künstlichen Schutz im Weltraum schweben zu können. Diese Fähigkeit unterlag zwar einer zeitlichen Begrenzung, aber Deccon wusste, dass die Weltraummenschen in einem Aufenthalt im All ihre Erfüllung sahen.

Im Grunde genommen waren die Buhrlos Deccon so fremd wie die Extras an Bord, und er wäre der Verfolgung, der diese Solaner manchmal ausgesetzt waren, sicher nicht so energisch entgegengetreten, wenn sie nicht auch die Funktion als E-kick-Beschaffer erfüllt hätten.

Der Bruder ohne Wertigkeit fragte sich, ob E-kick tatsächlich eine lebensverlängernde Wirkung besaß. Da diese Energie erst vor zwanzig Jahren entdeckt worden war, konnte darüber noch keine endgültige Aussage gemacht werden. Eines war jedoch gewiss: Nach einer Behandlung mit E-kick fühlte man sich ausgeruht und zu großen Taten stimuliert, außerdem besaß diese Energieform eine wohltuende Wirkung. Niemand wusste genau, wie jene Aura entstand, mit der Buhrlos sich regelrecht aufluden, wenn sie länger als fünf Stunden im Weltraum arbeiteten. Nach ihrer Rückkehr an Bord der SOL wurden aufgeladene Buhrlos regelrecht »gemolken«, indem man ihre Aura in spezielle Akkumulatoren transformierte. Diese Transformation musste allerdings spätestens eine Stunde nach der Rückkehr aus dem Weltraum an Bord der SOL abgeschlossen sein, da die Aura sonst erlosch.

Deccon wäre durchaus bereit gewesen, außer den Magniden auch den Angehörigen der unteren Kasten der SOLAG E-kick abzugeben, doch dazu reichten die Vorräte nicht aus. Nur der High Sideryt und die Brüder der ersten Wertigkeit, die zehn Magniden, konnten versorgt werden.

Der Chef der SOLAG wunderte sich darüber, dass die unteren Kasten (von den devoten Ferraten, die die Brüder der sechsten Wertigkeit waren, einmal abgesehen) bisher noch nie mit massiven Forderungen nach E-kick aufgetreten waren. Vor allem die Pyrriden, die Brüder der vierten Wertigkeit und die Vystiden mit ihren Haematen-Soldaten, die Brüder der zweiten Wertigkeit, waren ansonsten alles andere als zimperlich. Deccon vermutete, dass er diese Zurückhaltung den Ahlnaten zu verdanken hatte, jenen Brüdern der dritten Wertigkeit, die einen großen Einfluss auf die anderen Kasten ausübten.

Manchmal wünschte Deccon, die Hierarchie der SOLAG wäre weniger verkrustet gewesen, dann wäre es ihm gewiss leichter gefallen, die eigenen Ideen durchzusetzen.

Jede Kaste innerhalb der SOLAG hatte ihre bestimmte Aufgabe. Die Ferraten waren in dieser Rangordnung die am geringsten einzuschätzende Gruppe. Sie setzte sich im Augenblick aus 1258 Mitgliedern zusammen, Männer und Frauen. Die Ferraten wurden auch Rostjäger genannt, weil sie die einfachen Wartungs- und Reparaturarbeiten an Bord erledigten, ohne dabei ein tiefergehendes Wissen in die technischen Zusammenhänge eines Raumschiffs zu besitzen.

Nach den Ferraten kamen die Pyrriden (die Brüder der fünften Wertigkeit, die Troiliten, waren ein Kuriosum, weil niemand unter den normalen Solanern wusste, ob es diese geheimnisvollen Mordkommandos überhaupt gab – deshalb mussten sie hier ausgeklammert werden), deren Aufgabe es war, das Schiff bei Planetenanflügen mit Rohstoffen zu versorgen. Heute, am 4. März 3791, zählte die Kaste der Pyrriden 804 Angehörige.

Die Ahlnaten waren so etwas wie Priester und Lehrer, vor allem für die Ferraten, denen sie ihre Arbeiten zuwiesen. Allerdings waren die Ahlnaten nicht mit den letzten technischen Geheimnissen des Schiffes vertraut. In dieser Kaste waren 678 Mitglieder rekrutiert.

Die Vystiden waren zusammen mit den Haematen die Offiziere und Soldaten an Bord. Diese Solaner, ihre Zahl betrug im Augenblick 469, hatten überall dort einzugreifen, wo es innerhalb der SOL zu Zwischenfällen und Unruhen kam. Deccon nahm an, dass die Brüder der Zweiten Wertigkeit die am häufigsten beschäftigte Kaste war, denn an Bord gärte es immer stärker.

Die zehn Magniden schließlich waren zusammen mit dem High Sideryt die eigentlichen Lenker des Schiffes und hielten sich vornehmlich im Mittelteil der SOL innerhalb der Zentrale auf. Sie und Deccon waren in die letzten Geheimnisse des Fernraumschiffs eingeweiht und wussten zum Beispiel, dass die SOL eine Trinität darstellte, von der jedes Drittel autark funktionieren und handeln konnte.

Die SOLAG, dachte Deccon, während er sich die Zusammensetzung dieser Institution ins Gedächtnis rief, war ein ebenso mächtiges wie zerbrechliches Gebilde.

Wie mächtig oder zerbrechlich sie war, würden vermutlich die nächsten Tage und Wochen zeigen, wenn die SOL immer tiefer in Mausefalle hineingezogen wurde.

Der hünenhafte Mann sah auf den Bildschirmen, dass zusammen mit den Buhrlos auch ein paar Ferraten im Weltraum arbeiteten, vermutlich von den Ahlnaten als Aufpasser für die Weltraummenschen mit ins All geschickt.

Deccon ergriff einen E-kick-Akku und trug ihn zu einem Tischchen, das neben einem Sessel auf einem von insgesamt sieben stufenförmigen Podesten in der Klause stand. Der 120 Quadratmeter große Raum, den Deccon bewohnte, lag unmittelbar neben der eigentlichen Zentrale des Schiffes. Deccons Schlafraum war ebenso wie das Bad kabinenähnlich abgeteilt. Offiziell besaß die Klause nur einen Zugang, zum Hauptkorridor hin gelegen, aber der High Sideryt besaß eine Geheimtür, durch die er heimlich zu Streifzügen quer durch das ganze Schiff aufbrach. In letzter Zeit verminderte sich die Zahl dieser Ausflüge immer mehr, denn was Deccon an Bord beobachten konnte, dämpfte seinen noch immer vorhandenen Optimismus in Hinblick auf das weitere Schicksal der SOL doch erheblich.

Im Zentrum des Raumes gab es noch eine Fluchtröhre für den Fall einer Katastrophe, aber sie hatte noch nie benutzt werden müssen.

Im Hintergrund stand Deccons Robotleibwache, sieben der besten Kampfmaschinen, die es an Bord noch gab. Das Mobiliar, soweit es nicht zur technischen Einrichtung gehörte, bestand aus klobigen schwarzen Holzteilen. Am Boden und an den Wänden lagen und hingen farbige Teppiche. Bilder und Spiegel waren nirgends zu sehen, Deccon hatte sie bei seinem Amtseintritt entfernen lassen.

Alles, was nicht zu der üppigen technischen Ausrüstung der Klause gehörte, verbreitete eine ähnlich düstere Atmosphäre wie sein Besitzer.

Dieser Raum hatte etwas von der Einsamkeit angenommen, die seinen Bewohner umgab.

Deccon sank in den thronähnlichen Sessel und zog das Tischchen mit dem Akku näher an sich heran. Eigentlich war jetzt nicht die Zeit für eine E-kick-Behandlung, aber die letzten Stunden hatten den High Sideryt müde und unbehaglich gestimmt, und er wollte sich aufheitern.

Er befestigte die Elektroden an nackten Hautstellen und schaltete den Akku ein. Die Transformation von E-kick war nicht zu spüren.

Über dem Podest, auf dem er saß, konnte jederzeit ein Schutzschirm eingeschaltet werden, aber Deccon konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wer bis hierher vordringen und ihn angreifen sollte, deshalb verzichtete er auf diese Sicherheitsvorkehrung.

Er schloss die Augen und dachte nach.

Sollte er wegen der Krise Verbindung zu SENECA aufnehmen? Als High Sideryt besaß er sogar einen Kodegeber, um die Bordpositronik zu programmieren. Er beschloss, SENECA vorläufig nicht allzu intensiv einzuschalten, denn das Gehirn war ein Unsicherheitsfaktor.

3220 Menschen, mehr oder weniger unwissend und verblendet, kontrollierten dieses Schiff.

Und er, Chart Deccon war High Sideryt und Bruder ohne Wertigkeit – uneingeschränkter Diktator an Bord. Von ihm und der SOLAG hing es ab, was mit der SOL geschehen würde.

Sie muss mich wirklich geliebt haben, dachte Deccon melancholisch, als er sich seiner Vorgängerin erinnerte. Gewiss, er hatte eine der unzähligen Krisen für die SOLAG gemeistert, aber das war nicht der wahre Grund für seine Berufung gewesen.

Tineidbha Daraw hatte ihn geliebt.

Was für eine verrückte Geschichte! Ein Mann wurde nach oben gespült, weil er die Zuneigung einer machthungrigen Frau gefunden hatte.

Ein kaum spürbarer Ruck ging durch die SOL und unterbrach Deccons Gedanken. Er war jedoch zu müde, um die Zentrale anzurufen und sich bei den Magniden zu erkundigen, ob das Schiff von Mausefalle-Sieben aus (immer vorausgesetzt, das Kraftfeld hatte seine Quelle tatsächlich auf dem siebten Planeten von Mausefalle-Sonne) in seinem Flug gebremst oder beschleunigt worden war.

Wie konnten sie aus dieser dreimal verdammten Falle entkommen, in die sie mehr oder weniger ahnungslos geraten waren?

Und was sollten sie, wenn sie wirklich entkamen, tun, um das Schiff wirklich zu retten – dieses gewaltige Schiff mit 100.000 verzweifelten Menschen an Bord?

Sie konnten keine lange Zeit mehr ziellos zwischen den Sternen herumfliegen, ohne Ziel, ohne Bestimmung – das wäre einer Aufgabe gleichgekommen.

Dieses Schiff, dachte Deccon schläfrig, braucht ein Ziel.

Er war vierundachtzig Jahre alt.

Er war ein Tyrann.

Er war einsam.

Aber er wollte der Mann sein, der dem Schiff eine Bestimmung gab.

E-kick rieselte in seinen Körper. Sein Groll und sein Unbehagen verflogen.

Für eine erbärmlich kurze Zeit würde dieses Gefühl der Hochstimmung anhalten, mit dem er kurz darauf den Sessel verließ und den Akku abschaltete.

2.

 

Das Erwachen war wie Auftauchen aus tiefem Wasser.

Der Körper, in Wirklichkeit bewegungslos, wurde getragen von einem Willen, den er gerade erst zu seinem eigenen gemacht hatte und zu dem es noch einen harten Widerspruch in einem entfernten Winkel seines Bewusstseins gab.

Er hielt die Augen geschlossen, lag einfach da und lauschte.

Es war still, unglaublich still.

Er erbebte innerlich, denn mit dieser unheimlichen Lautlosigkeit hatte er nicht gerechnet. Dann spürte er, dass irgend etwas seinen Körper eng umhüllte. Seine Hände krochen am Körper entlang.

Ich stecke in einem Anzug, vermutlich in einem Raumanzug!, war sein erster klarer Gedanke.

War dies der Grund für die Stille?

Nein, jeder vernünftig konstruierte Anzug dieser Art besaß ein System, über das Geräusche von außen in den Helm übertragen wurden. Er hob beide Arme, griff nach seinem Kopf und spürte, genau wie er erwartet hatte, die Rundung des Helms.

Er öffnete die Augen.

Da war ein Licht, ein weißer Kegel aus Licht, der scheinbar von seiner Stirn ausging und die Umgebung erhellte.

Mein Helmscheinwerfer!, durchzuckte es seine Gedanken.

Das Licht fiel auf eine Art Decke, mit seltsamen Ornamenten verziert, niedrig und von gelber Farbe.

Sein Atem stockte. Sein Bewusstsein tauchte in ein Meer von Panik.

Irgend etwas ist schiefgegangen!, schrien seine Gedanken.

Dies ist nicht die SOL.

3.

 

Kartron Amer blickte nicht ohne Belustigung zu den zwölf Ferraten hinüber, die (von Amers Standpunkt aus) kopfunter an der Außenfläche der SOL hingen und in ihren Raumanzügen wie fette Fledermäuse aussahen. Mindestens einer dieser Brüder der sechsten Wertigkeit beobachtete Amer, um festzustellen, was er tat.

Amer bewegte sich in dreißig Meter Abstand parallel zur Oberfläche der SOL. In der linken Hand hielt er ein kleines Rückstoßaggregat, denn auch ein Buhrlo konnte ohne Hilfsmittel im Weltraum keine größeren Manöver ausführen. Builty Monk und die Buhrlo-Frau Shia Deen kamen schräg hinter Amer, aber sie achteten darauf, dass bei den Ferraten nicht der Eindruck entstehen konnte, sie würden Amer folgen.

Weit jenseits der zweiten Hauptkugel der SOL waren die schemenhaften Umrisse eines gigantischen Gebildes zu sehen. Amer beobachtete es mit klopfendem Herzen. Das Objekt war zweifellos künstlichen Ursprungs, auch wenn es an manchen Stellen so zerklüftet zu sein schien wie ein Asteroid. In den zweieinhalb Wochen, in denen die SOL unaufhaltsam in das System von Mausefalle-Sonne hineinstürzte, war sie oft von seltsamen Dingen passiert worden – und hatte ihrerseits seltsame Dinge passiert. Alles, was ziemlich nahe vorbeigekommen war, hatten die Buhrlos beobachtet und in Gesprächen untereinander beschrieben. Daher wusste Amer, dass die Erscheinung, die offenbar ziemlich schnell von Mausefalle angezogen wurde, ungewöhnlich war. Vor allem würde sie sehr nahe an der SOL vorbeikommen, vielleicht sogar deren Operationsraumkugel tangieren oder überschneiden.

Die Ferraten hatten das Objekt natürlich noch nicht entdeckt, dazu waren sie viel zu sehr mit der Beobachtung der Buhrlos beschäftigt und außerdem viel zu ängstlich.

Amer bezweifelte sogar, dass man im Innern des Schiffes auf das Gebilde aufmerksam geworden war. Er wusste nicht viel über die Bordtechnik und die geheimnisvollen Zentralen, aber er nahm an, dass die konzentrierte Aufmerksamkeit der SOLAG-Verantwortlichen auf jene Planeten gerichtet war, von denen das Kraftfeld, in dem das Schiff festsaß, ausging.

Man hatte sich an Bord bereits zu sehr an die Nachbarschaft ganzer Schwärme von eingefangenen Objekten gewöhnt, um noch ständig nach ihnen Ausschau zu halten.

Auf die Dauer jedoch, davon war Amer überzeugt, war dieses Gebilde nicht zu übersehen, denn es war wesentlich größer als die SOL.

Amer blickte auf seine Uhr. Er befand sich seit nunmehr zweieinhalb Stunden im Weltraum, das bedeutete, dass er noch gut zwanzig weitere Stunden hier verbringen konnte, ohne in die SOL oder eines ihrer Beiboote zurückkehren zu müssen.

Amer blickte zur Schiffshülle hinab. Er überquerte gerade eine beleuchtete Luke. Dahinter glaubte er schattenhafte Gestalten zu erkennen, die sich bewegten. Vielleicht waren es ebenfalls Buhrlos. An Bord der SOL gab es 4650 Weltraummenschen. Man nannte sie auch die »Gläsernen«, wegen der rötlich schimmernden, zwei Zentimeter dicken und fast transparenten Haut, die ihre Körper umspannte. Bei einem Aufenthalt im Weltraum schloss sich die Buhrlo-Haut auch über Körperöffnungen und Sinnesorganen, so dass ihr Träger gegen das Vakuum isoliert war.

An Bord der SOL gab es auch Menschen, deren Körper von so genannten Buhrlo-Narben bedeckt waren. Die Zahl dieser Halbbuhrlos betrug 2150. Keiner von ihnen war in der Lage, sich wie ein echter Buhrlo im All zu bewegen.

Amer wusste, dass er sich in jeder Sekunde, in der er sich außerhalb des Schiffes aufhielt, mit E-kick auflud, aber das war ein sekundärer Prozess, der nach allem, was man wusste, nichts mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten eines Gläsernen zu tun hatte.

Wie alle Buhrlos war Amer an Bord der SOL geboren worden, deshalb lehnte er auch die Bezeichnung »Weltraumgeborene«, wie die Gläsernen manchmal genannt wurden, ab.

Hinter Amer passierten nun Builty Monk und Shia Deen die beleuchtete Luke. Ihre rötlichen Körper schienen dabei aufzuleuchten. Bei einem Buhrlo wanderte jedes Karotin-Molekül, das nicht anderswo dringender gebraucht wurde, in regelrechte Pigmentreservoire der Haut, von denen aus es dann je nach Bedarf an die Chloroplasten weitergeleitet wurde, die sich in den unteren Zellschichten der Buhrlo-Haut gebildet hatten. In diesen Farbstoffträgern taten die Moleküle dann ihre Arbeit und erzeugten Stärke, wobei als Abfallprodukte Wasser und Sauerstoff frei wurden. Das Wasser war kein Problem für den Organismus, und der Sauerstoff wurde in den Zellen der Buhrlo-Haut gespeichert. Die beiden Ausgangsstoffe dieser Produktion, Wasser und Kohlendioxyd, standen einem menschlichen Körper in beliebiger Menge zur Verfügung – jedenfalls nach den Maßstäben, die für die Photosynthese bei den Buhrlos galten.

Diese Ausgangsstoffe wurden durch das Blut herangeführt. Das Licht, dessen Energie für diesen Prozess benötigt wurde, stand an Bord der SOL ausreichend zur Verfügung (in Amers Gedanken entstand unwillkürlich das Bild von Buhrlos, die sich in den Solarien der SOL drängelten), und damit es die Chloroplasten erreichte, war die Haut der Weltraummenschen durchsichtig. Die von Molekülen erzeugte Stärke (sie entstand natürlich erst nach entsprechenden Bemühungen der Chloroplasten aus Zucker) erfüllte ebenfalls einen bestimmten Zweck: Wann immer ein Buhrlo die SOL verließ, musste er sich nicht nur vor Dekompression, sondern auch vor der Kälte schützen. Dazu wurde der Zucker den Hautzellen als zusätzlicher »Heizstoff« zugeführt und abgebaut. Bedingt durch den limitierten Vorrat an Zucker und Sauerstoff, konnte ein Buhrlo nicht länger als vierundzwanzig Stunden im Weltraum verbringen; kehrte er danach nicht an Bord eines Raumschiffs zurück, musste er erfrieren oder ersticken. Es gab äußere Einflüsse, die diese Zeitspanne beeinträchtigten: Die Nähe einer Sonne wirkte sich günstig aus, weil dann der Assimilationsprozess in einem gewissen Umfang weiterging, während der Aufenthalt im Leerraum zwischen zwei Galaxien problematisch war.

In diesem Augenblick wurden Amers Gedanken unterbrochen, weil einer der Ferraten sich von der Schiffshülle löste. Das Rückstoßaggregat des Solaners spie zwei goldene Pfeile in den Raum. Amer sah, dass der Mann in seine Richtung blickte und die linke Hand hob. Ein paar der Ferraten waren in der Zeichensprache der Buhrlos geschult, aber es kam häufig vor, dass sie Signale und deren Bedeutung verwechselten.

Es sah so aus, als hätte der Ferrate die Hand gespreizt, aber Amer konnte sich nicht vorstellen, dass der Mann ihm das Zeichen für Nahrung machte.

Amer hielt inne. Als der Ferrate näher herangekommen war, sah Amer, dass der Mann nur den linken Zeigefinger ausstreckte. Das hatte er vorher wegen des dicken Skaphanderhandschuhs nicht bemerkt.

Aufpassen, ich will etwas mitteilen!, hieß diese Geste.

Verstanden!, signalisierte Amer mit dem rechten Zeigefinger zurück.

Der Ferrate presste beide Hände dicht zusammen, als wollte er sie falten, aber das war ihm wegen der Handschuhe nicht möglich. Amer verstand ihn auch so.

Zurück in die SOL!, bedeutete dieses Zeichen.

Amer dachte nach. Von sich aus hätte kein Ferrate den Befehl zur Umkehr gegeben, schon gar nicht, wenn die für eine E-kick-Aufladung benötigte Zeit nicht einmal zur Hälfte verstrichen war. Das konnte nur bedeuten, dass die Brüder der sechsten Wertigkeit, die zusammen mit Amers Gruppe herausgekommen waren, einen Funkbefehl aus der SOL erhalten hatten. Das wiederum bedeutete, dass man an Bord der SOL das herannahende Riesengebilde endlich entdeckt hatte – denn einen anderen Grund für eine vorzeitige Rückkehr konnte Amer sich einfach nicht vorstellen.

Builty und Shia hielten sich abseits. Amer war sicher, dass der Ferrate zwischen ihm und den beiden anderen Buhrlos noch keine Verbindung ausgemacht hatte.

Der Rostjäger ballte die linke Faust.

Komm!, hieß das.

Gehorsam schwenkte Amer herum. Er sah, dass die übrigen elf Ferraten nun ihre Plätze verließen. Zusammen mit den Buhrlos, die aus allen Richtungen herbeischwebten, bewegten sie sich dorthin, wo die Schleuse lag.

Amer machte abermals das »Verstanden-Zeichen«.

Der Ferrate schien zufrieden zu sein, denn er glitt davon und landete mit einem grotesk anmutenden Sprung auf der Außenhülle des Schiffes. Aus mehreren Luken der näheren Umgebung stachen baumdicke Lichtschenkel in den Raum. Amer bewegte sich seitwärts. Schräg vor ihm begann die in das schwache Licht von Mausefalle-Sonne eingetauchte Sektion der Außenhülle.

Die Ferraten waren immer froh, wenn sie in das Schiff zurückkehren konnten, und sie verhielten sich bei diesem Manöver jedes Mal ausgesprochen hektisch. Um die Buhrlos kümmerten sie sich in diesen Augenblicken kaum; der einzige Zeitpunkt, da sie ihrem Status als »Begleiter« einigermaßen gerecht wurden.

Builty und Shia waren nicht mehr zu sehen. Vereinbarungsgemäß kauerten sie in einer Lukennische und warteten, dass die anderen Buhrlos mit den Ferraten im Schiff verschwanden. Die Buhrlos wussten von den Plänen Amers, deshalb würden sie alles tun, um die Ferraten in der Schleuse abzulenken.

Amer zweifelte keinen Augenblick daran, dass es gelingen würde. Die Brüder der sechsten Wertigkeit würden sich kaum die Zeit nehmen, die hereinkommenden Buhrlos zu zählen. Die Buhrlos ihrerseits würden sofort nach allen Seiten davoneilen, sobald sich das innere Schleusentor öffnete. Die bereitstehenden E-kick-Akkus waren diesmal nutzlos.

Amer sah sich vergeblich nach einer nahen Nische um. Als er keine entdecken konnte, sank er auf die Schiffshülle und legte sich platt darauf nieder. Sekundenlang glaubte er, das Leben an Bord durch die dicke Stahlschicht pulsieren zu spüren. Er hob den Kopf, um zu sehen, ob vielleicht einer der Ferraten seine Abwesenheit entdeckt hatte und zurückkam, um nach ihm zu suchen.

Der Gläserne konnte die Rostjäger nicht leiden. Die einfachen Arbeiten, die sie verrichteten, glichen manchmal einem religiösen Ritual. Trotz ihrer Unwissenheit verhielten sich die Angehörigen der untersten Kaste der SOLAG anderen Solanern gegenüber arrogant. Der Begriff »Rostjäger« hatte eine doppelte Bedeutung und hing nicht nur mit der Arbeit dieser Kaste zusammen. Die Ferraten gingen auch gegen Solaner vor, die gegen die SOLAG opponierten. Ihre Befehle erhielten die Rostjäger von den Ahlnaten. Bei größeren Unternehmungen waren auch immer Ahlnaten bei den Ferraten-Gruppen zu beobachten.

Amer wusste, dass fast alle Ferraten unfruchtbar waren. Die Arbeit in verschiedenen Sektoren des Schiffes war mit Genschäden verbunden, ausgelöst durch Radioaktivität, mutagene Chemikalien und andere gefährliche Einflüsse. In ihrer Dünkelhaftigkeit sahen die Ferraten ihre Kinderlosigkeit als eine Auszeichnung an, durch die sie sich von den übrigen Solanern unterschieden.

Manchmal brachte aber auch ein Ferraten-Pärchen ein Kind zur Welt, aber das waren fast ausschließlich Monster, die nur selten eine Überlebenschance besaßen.

Weil sie selbst nicht für den Nachwuchs in ihrer Kaste sorgen konnten, wurden Ferraten von Mitgliedern anderer SOLAG-Gruppen in jungen Jahren geraubt, gekauft oder angeworben.

Als äußeres Zeichen ihrer Zugehörigkeit zu den Brüdern der sechsten Wertigkeit trugen die Ferraten dunkelblaue Uniformen mit dem unvermeidlichen Abzeichen ihrer Kaste an den Schultern: Ein gelbes Atomsymbol aus Stoff, dass die Molekülstruktur von Eisenrhodanid darstellte.

Was die Ferraten dem jungen Buhrlo jedoch am unsympathischsten erscheinen ließ, war die devote Haltung gegenüber vorgesetzten SOLAG-Mitgliedern.

Zufrieden registrierte er, dass sich niemand um ihn und die beiden anderen kümmerte.

Nun mussten sie nur noch aufpassen, dass man sie nicht durch einen dummen Zufall entdeckte.

Als die Schleuse wieder zuglitt, richtete Amer sich auf. Builty und Shia krochen aus den Nischen und winkten ihm zu. Amer schaute an ihnen vorbei, über die »hintere« SOL-Zelle hinweg zu dem faszinierenden Riesenobjekt hinüber, das langsam näher kam.

 

*

 

Chart Deccon saß vornübergebeugt in seinem thronähnlichen Sessel und beobachtete die Bildschirme. In der neben seiner Klause liegenden Hauptzentrale waren alle Geräte der Außenbeobachtung auf eine bestimmte Stelle im Weltraum justiert.

Deccon stieß prustend die Luft aus, als hätte er längere Zeit den Atem angehalten.

»Nun gut«, sagte er unwirsch, »wofür haltet ihr das?«

Er wusste, dass er die zehn Magniden mit dieser Frage in arge Verlegenheit stürzte, denn sie kannten die Antwort natürlich ebenso wenig wie er.

»Ich habe einmal ein paar alte Bilder von einem Gebäude gesehen, das als Burg bezeichnet wurde«, sagte jemand zu Deccons Überraschung. »Daran musste ich unwillkürlich denken, als ich das Ding erblickte.«

Die Stimme gehörte zu Wajsto Kolsch. Deccon nannte diesen Magniden, der zu der Gruppe der Traditionalisten gehörte, insgeheim einen »Monsterjäger.«

Die Augen des High Sideryt wurden schmal.

»Ich wusste nicht, dass du alte Bilder anschaust, Wajsto. Hast du vielleicht Kontakt zu den Terra-Idealisten?«

Kolsch lachte unbekümmert.

»Ich würde dir jederzeit den Kopf von Terranie bringen, Bruder«, versicherte er. »Und alte Bilder vernichte ich, sobald ich sie angeschaut habe.«

Ja, dachte Deccon, daran besteht kein Zweifel, du verdammter Traditionalist.

»Es war bei einer Feier der Pyrriden«, fuhr Kolsch fort. »Sie haben einige dieser alten Bilder herumgezeigt und dann verbrannt.«

Deccon sagte ärgerlich: »Ich halte es nicht für gut, wenn Magniden an den ... Feiern der Pyrriden teilnehmen.«

»Mhm!«, brummte Kolsch, was ebenso gut Zustimmung wie Ablehnung bedeuten konnte. »Was der Mensch braucht, muss er haben.«

»Was ist das – eine Burg?«, fragte Lyta Kunduran, das mit 29 Jahren jüngste Mitglied der Magniden-Kaste.

Jemand lachte laut und verächtlich über ihre Unwissenheit.

»Ein festungsähnliches Gebäude«, erklärte Deccon.

»Es ist fünfmal so groß wie die SOL«, bemerkte Palo Bow. »Und es scheint uns in absehbarer Zeit zu überholen.«

Gallatan Herts sagte: »Hoffentlich rammt es uns nicht!«

Deccon lächelte verbissen.

»Solange wir einen Operationsraum von dreitausend Kilometer Durchmesser behalten, wird uns nichts rammen.« Er wurde nachdenklich. »Es sei denn, auf diesem Objekt gäbe es eine Besatzung, die es auf eine Kollision anlegte, aber das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.«

»Schicken wir doch ein paar Pyrriden mit einem Beiboot hinaus, damit sie sich dort umsehen, sobald das Ding nahe genug ist«, schlug Homer Gerigk vor.

Gerigk war überzeugt davon, dass Deccon ihn als Nachfolger für das Amt des High Sideryt nominiert hatte, und manchmal schien er zu vergessen, dass Deccon lebte und in Amt und Würden war. Deccon versuchte sich vorzustellen, was für ein High Sideryt Gerigk wohl sein würde, und ein Gefühl des Grauens beschlich ihn.

»Die Idee ist vielleicht nicht so schlecht«, hörte Deccon sich sagen.

»Vielleicht lernen wir jemand kennen, der ebenso wie wir in der Falle steckt und schon einiges darüber weiß, wie man aus ihr entkommen kann«, meinte Ursula Grown. »Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir die Solaner davon unterrichten sollten, was mit dem Schiff geschieht. Uns liegen Berichte vor, dass es wilde Gerüchte gibt.«

»Vorläufig nicht«, entschied Deccon. »Eine bordumspannende Panik wäre das letzte, was wir jetzt brauchen könnten. Die Wahrheit wird sich in dosierter Form herumsprechen und damit eine nicht so dramatische Wirkung haben.«

»Wie würdest du die Situation bezeichnen, wie wir sie jetzt an Bord haben?«, fragte Nurmer spöttisch. »Ist das vielleicht keine Panik?«

Einen Augenblick lang war Deccon versucht, dem alten Mann mit der Streichung von E-kick-Rationen zu drohen, doch er biss sich auf die Unterlippe und schwieg.

»Angesichts dieses Objekts«, meinte Curie van Herling nach einer längeren Zeit allgemeinen Schweigens, »können wir uns eine ungefähre Vorstellung davon machen, wie stark das Kraftfeld ist, das von Mausefalle-Sieben ausgeht.«

»Mausefalle-Sieben ist als Quelle noch nicht eindeutig identifiziert«, wandte Arjana Joester ein.

Deccon rief sich das Bild des Planeten ins Gedächtnis, wie es sich zuletzt auf den Bildschirmen der Fernortung dargeboten hatte: Eine von einer dichten und scheinbar undurchdringlichen Atmosphäre umhüllte Welt.

Was verbarg sich unter diesen Wolken?

Noch war die SOL ein paar hunderttausend Kilometer vom äußersten Planeten des Systems entfernt, aber das konnte sich, je nach der Geschwindigkeit, die das Schiff einzuschlagen gezwungen war, ändern.

Deccon spürte, dass die Magniden – und dabei unterschieden sich die Traditionalisten und Fortschrittlichen ausnahmsweise einmal nicht – darauf warteten, dass er Entscheidungen traf.

Aber er fühlte sich wie gelähmt. Die bordinterne Situation war schon schlimm genug, nun kam noch dieses verdammte Kraftfeld dazu.

Hätte ich mich doch nur niemals dazu entschieden, ausgerechnet dieses System zur Rohstoffaufnahme anzufliegen!, dachte der High Sideryt.

Sein nächster Gedanke war noch wesentlich rhetorischer:

Wäre ich doch nie High Sideryt geworden!

Aber er war es, und man konnte es drehen und wenden, wie man wollte – auf ihm lastete letztlich die Verantwortung.

Er fluchte so laut und heftig, dass einige der Magniden überrascht den Kopf hoben.

»Es ist nichts«, beschwichtigte sie Deccon. »Ich wünschte nur, wir hätten das alles schon hinter uns.«

Er konnte nicht ahnen, dass erst alles begann.

 

*

 

Kartron Amer strich mit beiden Händen über seinen Körper und betastete verschiedene Hautpartien. Seine Buhrlo-Haut musste drei Anforderungen gerecht werden: Sie musste dem Innendruck des Körpers standhalten, isolierend gegen Kälte wirken und lichtdurchlässig bleiben.

Irgend jemand hatte einmal zu Amer gesagt: »Deine Haut hat schließlich mehr zu tun, als dich vor spitzen Gegenständen zu schützen.«

Diesen Ausspruch hatte der Gläserne nie vergessen. Er hatte ihn veranlasst, sich intensiv mit seinem Metabolismus auseinanderzusetzen. Daher wusste er, dass seine Glashaut nichts anderes war als modifizierte Hornhaut, in der Assimilationsprozesse abliefen und in der es eine Keimschicht gab, in der sich Zellen teilten. Die Zellen wuchsen gleichmäßig von unten her nach. Je älter sie wurden, desto stärker lagerte sich die Hornsubstanz Keratin in ihnen ab. Anders als bei den normalen Solanern funktionierte die Haut bei den Buhrlos wie ein echtes Organ. Die Keimschicht in der Haut eines Weltraummenschen war wesentlich dicker als die eines normalen Solaners, ihre Zellen blieben wesentlich länger jung. Je höher die Zellen gerieten, desto nachlässiger wurde der Umgang mit ihren »Zellnachbarn«. Sie gaben die übliche vertikale Versorgung allmählich auf, setzten Keratin an und grenzten sich nach oben hin durch zusätzliche, nachträglich aufgebaute Zellwände ab. Über der Keimschicht entstanden so Lagen um Lagen solcher Zellen, die immer weiter ineinanderflossen, durch horizontale Wände gestützt, aber nicht isoliert – ein ganzes Labyrinth von vertikalen Hohlräumen, jeder nur einen Bruchteil von einem Millimeter dick. Dabei waren die untersten Zellen mit den größten Hohlräumen ausgestattet. Dort wurde der gewonnene Sauerstoff deponiert, bis dorthin reichten auch noch die feinen Kapillargefäße. Darüber verödeten die ganzen Verbindungen, die Zellen begannen, sich nicht nur nach oben, sondern auch nach unten hin abzuschließen. Winzige Versorgungskanäle blieben natürlich offen, durch sie erhielten die Zellen immer mehr Keratin, damit sie am Leben blieben und weitere Wände errichteten.

Keratin war ein klarer, durchsichtiger Stoff. Die waagerecht verlaufenden Zellwände kamen dieser Eigenschaft entgegen. Damit der Zusammenhalt der Zellen nicht ganz in Vergessenheit geriet, hatte die Natur dafür gesorgt, dass aus der Keimschicht heraus in einer Art Wabenmuster ganze Wände aus kleinen, extrem festwandigen Zellen wuchsen, die bis zur Oberfläche hin reichten und ganz nebenbei zwei wichtige Aufgaben erfüllten: Sie dienten zusammen mit denen in ihnen eingelagerten Nervenzellen der Reizübermittlung und trugen gleichzeitig zur Entgiftung des Körpers bei. Die Hautatmung wurde von der Keimschicht übernommen, da sie das ausgeschiedene Kohlendioxyd laufend verbrauchte. Durch die Anordnung der Zellwände entstanden außerdem regelrechte Facetten, durch die das Licht zu den in der Keimschicht wartenden Chloroplasten gelenkt wurde.

Und es waren diese Zellwände, die die eigentliche »Weltraumfestigkeit« der Buhrlos garantierten!

Um auch wirklich zur Oberfläche hinaufzureichen, waren die Zellen gezwungen, sich ständig zu teilen. Den für diese Arbeit benötigten Sauerstoff erhielten sie nicht in ausreichendem Maß. Darüberliegende Zellen, denen der Sauerstoff bis zu einem gewissen Umfang entwendet werden konnte, gerieten bei diesem Vorgang in Schwierigkeiten, denn in ihnen entstand Unterdruck, der schließlich zum Kollaps führte. Die betroffenen Zellen stürzten in sich zusammen und bildeten mit ihren vielen Hilfswänden eine fast homogene Masse aus Horn. Es entstand ein Panzer, der stabil genug war, um gegen das Vakuum zu schützen; trotzdem noch elastisch genug, um dem Buhrlo seine Bewegungsfreiheit zu lassen.

So gesehen, dachte Amer und grinste breit, gewann das Sprichwort von Menschen, denen man ob ihrer Gelassenheit gern ein dickes Fell bescheinigte, einen völlig neuen Sinn.

Natürlich besaß der »Panzer« eines Buhrlos Schwachstellen in Form von Lücken, die durch die wabenförmig aufgebauten Zellwände entstanden. Die in ihnen verlaufenden Nerven bildeten eine offene Verbindung zum Stoffwechselsystem eines Gläsernen. Diese Verbindung hätte sich bei einem Aufenthalt im Weltraum als äußerst gefährlich erweisen können, wenn es sich bei der gesamten Hornschicht nicht um die Hinterlassenschaft von Milliarden von Zellen gehandelt hätte. Zellwände waren niemals völlig glatt, und noch so sauerstoffhungrige Zellen konnten einen derartigen Komplex nicht völlig leersaugen. Ein Rest von Luft blieb immer in diesem System, und im Augenblick des Eintritts eines Buhrlos in das Vakuum dehnte diese verbleibende Luft sich aus. Wegen der gesamten Organisation der Zellen war eine vertikale Ausdehnung jedoch nicht möglich, sie erfolgte also parallel zur Körperoberfläche. Die winzigen Porenöffnungen wurden bei diesem Vorgang regelrecht »überrannt«. Wie unzählige, mikroskopisch kleine Schuppen schlossen sich die Hornplättchen zu einem Panzer zusammen.

Amer unterbrach seine Gedanken, denn er sah Builty Monk und Shia Deen auf sich zuschweben. Es bereitete Amer Spaß, in schwierigen Situationen konzentriert über Dinge nachzudenken, die für ihn alltäglich waren; er hatte herausgefunden, dass dies seine innere Spannung milderte.

Monk hob Mittel- und Zeigefinger der linken Hand.

Alles in Ordnung!

Amer lächelte und ballte die linke Faust.

Kommt!

Er übernahm die Führung, weil er am häufigsten im Weltraum gewesen war, ganz einfach deshalb, weil er zu den ältesten Buhrlos an Bord gehörte. Außerdem hatte er diesen Plan ausgeheckt und alle Vorbereitungen getroffen.

Shia glitt an seine Seite. Einem normalen Solaner wäre das sicher niemals aufgefallen, aber Amer hielt diese Frau für sehr schön. Unwillkürlich bildete er mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand einen Kreis – das Zeichen für Zuneigung.

Shia lächelte schüchtern, aber sie wiederholte das Zeichen nicht.

Monk schob sich zwischen sie und deutete voraus.

Amer nickte.

Sie flogen dicht über der Schiffshülle dahin, wobei sie alle Luken mieden. Diese Vorsicht war übertrieben, denn der Anblick von im Weltraum schwebenden Buhrlos war für die meisten Solaner alltäglich. Allerdings mussten sie damit rechnen, von einem SOLAG-Mitglied gesehen zu werden, und diese wussten mit Sicherheit, dass im Augenblick kein Buhrlo draußen sein dürfte.

Amer ließ sich ein bisschen zurückfallen, um seine beiden Begleiter zu beobachten. Sie erinnerten ihn an zwei rötlich schimmernde Fische.

Er musste daran denken, welch ein fragwürdiger Ast seine Art am Stamm der Evolution war – ein zum Absterben verurteilter Ast, wenn man den Lehren glauben wollte, die den Buhrlos bekannt waren.

Trauer befiel Amer. Waren sie wirklich zum Aussterben verurteilt, nichts weiter als ein spekulativer Seitensprung der Entwicklung?

Amer erinnerte sich an einen Spruch, den er einmal irgendwo gelesen hatte: Gott würfelt nicht!

Aber wer war Gott – und vor allem, wo war er?

Es gab Leute an Bord der SOL, die den High Sideryt für eine Art von Gott hielten, aber die Buhrlos gehörten zu den aufgeklärtesten Menschen im Schiff und hätten sich eine derartig absurde Meinung niemals zu eigen gemacht.

Am liebsten hätte Amer in diesem Augenblick kehrt gemacht und wäre ins Schiff zurückgegangen. Aber eine solche Handlungsweise hätte er Builty und Shia kaum verständlich machen können.

Die drei Buhrlos sanken über die aus ihrer Höhe kaum als Rundung erkennbare Schiffshülle hinab zu jener Nahtstelle, wo das zylinderförmige Mittelteil der SOL begann.

Irgend jemand hatte einmal behauptet, die SOL würde dort eines Tages auseinanderbrechen. Amer hielt das für absurd.

Sie näherten sich der alten Schleuse. Die Buhrlos hatten herausgefunden, dass dieses Hangartor schon seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt worden war. Es gab an Bord mehr Beiboote als Besatzungsmitglieder, die mit ihnen umzugehen wussten.

Die Schleuse konnte manuell von außen geöffnet werden. Den Hangar von der SOL aus zu betreten, wäre zu gefährlich gewesen, denn man musste immer mit dem Auftauchen von ein paar Ferraten rechnen. Amer war nicht sicher, ob sie das, was sie für ihr Unternehmen benötigten, im Hangar finden würden, aber er hoffte es.

Er schaltete das Aggregat aus und landete auf dem Schiff. Es war kein unkompliziertes Manöver, aber für einen Mann, der es ein paar tausendmal ausgeführt hatte, war es ein Kinderspiel. Der Buhrlo dachte nicht einmal darüber nach.

Builty und Shia setzten neben ihm auf, das Mädchen mit der ihr eigenen Anmut.

Amer löste den Scheinwerfer vom schmalen Arbeitsgürtel und richtete den Lichtstrahl auf das Schleusentor. Es besaß die Ausmaße eines Sportfelds, wie es sie an Bord des Schiffes gab. Der Gläserne fragte sich unwillkürlich, ob es tatsächlich mit einem Handgriff geöffnet werden konnte und ob dieser Vorgang im Schiff nicht registriert wurde.

Die vielen Unwägbarkeiten ihres geplanten Unternehmens kamen ihm mehr und mehr zu Bewusstsein.

Monk trat vor ihn und hob zwei Finger. Sein Arm fuhr zurück.

Alles in Ordnung?

Amer antwortete nicht. Er wanderte ein Stück an der dünnen Linie entlang, die die Grenze der Schleuse markierte. Die beiden anderen folgten ihm und schauten sich immer wieder ängstlich um.

Der Verschlussmechanismus geriet in den Bereich des dahinhuschenden Lichtkegels.

Amer deutete darauf. Er lächelte mechanisch, eigentlich nur, um seine Begleiter zu beruhigen.

Er bedeutete Monk, dass er versuchen würde, die Schleuse zu öffnen.

Monk hob den rechten Zeigefinger.

Verstanden!

Amer bückte sich. Wie lange mochte es her sein, dass ein Mensch sich über diese Anlage gebeugt hatte? Zwei Jahrhunderte?

Ob sie noch funktionierte?