Alexander Koeberle-Schmid

Der Beirat

Wie ein kritischer Begleiter
den Erfolg von Familienunternehmen
sichert und steigert

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Alexander Koeberle-Schmid

Der Beirat

Wie ein kritischer Begleiter den Erfolg von Familienunternehmen sichert und steigert

Frankfurter Societäts-Medien GmbH

Frankenallee 71  81

60327 Frankfurt am Main

Geschäftsführung: Oliver Rohloff

1. Auflage

Frankfurt am Main 2015

ISBN 978 - 3-95601 - 138-2

Copyright

Frankfurter Societäts-Medien GmbH

Frankenallee 71  81

60327 Frankfurt am Main

Umschlag

Julia Desch

Satz

Uwe Adam, Freigericht, www.adam-grafik.de

Titelbild

© pressmaster – Fotolia.com

E-Book

Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, vorbehalten.

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort – Praxisratgeber für den exzellenten Beirat

Der Beirat – Sparringspartner, Aufpasser und Konfliktlöser

1. Vorbehalte und Vorurteile

2. Der richtige Zeitpunkt

3. Das muss im Gesellschaftsvertrag stehen

4. Höchste Zeit für einen Beirat

5. Zufriedenheit mit dem Aufpasser

6. Garant für mehr Erfolg

Vier Stufen zum effektiven Beirat

1. Enormer rechtlicher Spielraum

2. Die beste Heimat für den Beirat

3. Das Modell und seine vier Stufen

4. Individuell und passgenau konzipieren

Stufe 1: Die Leitplanken des Beirats

1. Was vom Beirat erwartet wird

2. …und was er auf keinen Fall tun soll

Stufe 2: Die Aufgaben des Beirats

1. Wie viel Rat soll der Beirat geben?

2. Der Beirat als Wächter und Kontrolleur

3. Macht über das Top-Management – oder auch nicht

4. Mediator und Schiedsrichter

5. Netzwerker, Türöffner und Headhunter

6. Moderator für die ganze Familie

7. Alles hat seine Grenzen

8. Geburtshelfer für den neuen Chef

Stufe 3: Die Stellhebel des Beirats

1. Grundlagen und Rüstzeug

2. Nur die Besten schaffen es in den Beirat

3. Das Werkzeug des Beirats

4. Das kostet der Beirat

Stufe 4: Ehrliche und selbstkritische Rückschau

1. Effizienz und Effektivität prüfen

2. Mindestens einmal im Jahr Bilanz ziehen

3. Sach- und fachgerechte Bewertung

4. Die richtigen Fragen stellen

Schlusswort – Modernisierung des Beirats über Generationen

Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Der Autor

Vorwort
Praxisratgeber für den exzellenten Beirat

Familienunternehmen sind etwas ganz Besonderes. Sie werden wahlweise als Herz, Rückgrat, Hauptschlagader oder Standbein der deutschen Wirtschaft bezeichnet. Völlig zu Recht, wie ein Blick auf die Statistik bestätigt: Familiengeführte Unternehmen weisen bei Umsatz, Rendite, Beschäftigung, Ausbildung und Eigenkapitalquote Spitzenwerte aus. Selbst in Krisenzeiten sind sie Wachstums- und Jobmotor. Ihre Strukturen, Eigentumsverhältnisse und Strategien unterscheiden sich deutlich von Publikumsgesellschaften und Unternehmen im Besitz von Staat oder Finanzinvestoren – was bedeutet, dass sie anders geführt, entwickelt und kontrolliert werden müssen. Hieraus ergibt sich ein ständiger Überprüfungs- und Korrekturbedarf. Dabei kann ein Beirat helfen, früh freie Fahrt zu geben oder ein Stoppsignal zu setzen. Ein Beirat hat viele Funktionen: Er kann als wohlmeinender Aufpasser, Sparringspartner, Kontrolleur, Personalentscheider, Moderator und Streitschlichter fungieren. Je nachdem mit wie viel Macht er ausgestattet ist, verhindert er falsches Tun, unterstützt richtige Entscheidungen und bewahrt Unternehmer vor hohen finanziellen Risiken oder gar Verlusten. Studien und Umfragen, auf die in diesem Buch immer wieder verwiesen werden, belegen, dass ein Beirat signifikanten positiven Einfluss auf ein Familienunternehmen haben kann.

Trotzdem haben hierzulande längst nicht alle Unternehmensbesitzer ein solches Gremium installiert und lehnen dies sogar teilweise strikt ab. Denn sie wollen Menschen, die nicht zur Familie gehören, keine Einblicke in interne Vorgänge und Unterlagen ihres Unternehmens gewähren. Auf den ersten Blick ist das verständlich. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass auf der Institution Beirat viele Vorurteile und Irrtümer lasten.

Mit diesem Praxisratgeber möchte ich mit Trugschlüssen und Fehleinschätzungen aufräumen. Der Beirat ist, wenn er richtig konzipiert ist, ein geeignetes Mittel, ein Unternehmen zu sichern und modern auszurichten. (Es kann aber auch gute Gründe geben, auf ein solches Gremium zu verzichten.) Das Buch erklärt Vor- und Nachteile eines Beirats in bestimmten Konstellationen, was er bewirken kann, wo seine Grenzen liegen und – vor allem auch – wo sie liegen sollten. Am Ende der Lektüre werden Sie wissen, ob ein Kontroll- und Beratungszentrum dieser Art für Ihr Unternehmen in Frage kommt, wie es ausgestaltet sein sollte oder wie Sie einen schon existierenden Beirat optimieren könnten.

Egal, welche Frage Sie zu dem Themenkomplex haben – in diesem Ratgeber finden Sie die Antworten. Das Buch beruht auf dem etablierten Vier-Stufen-Beiratsmodell, das hier in einer Weiterentwicklung erklärt und von zahlreichen Profi-Tipps, Checklisten sowie Beispielen ergänzt wird. Es ist aus der Praxis für die Praxis entwickelt worden und basiert auf Best-Practice-Empfehlungen von Unternehmern, Beratern und Wissenschaftlern. Das Konzept wird seit vielen Jahren mit Erfolg angewendet. Unternehmer und deren Familien loben es als einfach verständlich, aber dennoch ausreichend und praktikabel.

Dieses Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist von Beginn an ausdrücklich so konzipiert worden, dass nicht alle Details beleuchtet werden. Ich bin der Meinung, dass überbordende Komplexität dem Ratsuchenden die Entscheidung für oder gegen einen Beirat nur erschweren würde. Wer einen schon existenten Beirat weiter professionalisieren möchte, um dessen Arbeit zu verbessern, auch dem ist mit einem Übermaß an Details nicht geholfen. In diesem Ratgeber geht es bewusst um eine Hilfestellung zur Einrichtung und Weiterentwicklung des eigenen Beirats. Falls Sie darüber hinaus spezifische – also, juristische oder steuerliche – Spezialfragen zum Thema Beirat beantwortet haben möchten, empfehle ich Ihnen eines der Fachbücher oder den Gang zu einem Berater.

Mein Dank gilt allen, die den Praxisrategeber Beirat unterstützt und begleitet haben. Besonders danke ich Herrn Professor Dr. Peter May, Herrn Dr. Joachim Groß und Herrn Dr. Arno Lehmann-Tolkmitt, die an der Erarbeitung einer Vorstufe des Modells mitgewirkt haben. Ebenfalls bedanke ich mich bei den Unternehmern und Beiräten, die in meinen Seminaren und Beratungen kritische Fragen gestellt und ihr praktisches Know-how eingebracht haben.

Ihnen, liebe Leser, wünsche ich viel Erfolg bei der Installation oder Weiterentwicklung Ihres Beirats. Über Fragen, Anregungen und Erfahrungsberichte würde ich mich freuen.

Dr. Alexander Koeberle-Schmid

aks@der-beirat.org

Der Beirat – Sparringspartner, Aufpasser und Konfliktlöser

Ein Beirat im Familienunternehmen übernimmt die Rolle des wohlmeinenden Aufpassers. Er ist ein langjähriger Begleiter, der mit dem nötigen Abstand falsches Tun verhindert und richtiges Tun bewirkt. Mit strengem, aber wohlwollendem und qualifiziertem Blick auf das Handeln der Geschäftsführung schützt er die Firma zum Wohle von Gesellschaftern und Mitarbeitern vor Fehlern. So sagen manche Familienunternehmer: „Ohne Beirat geht es nicht“. Sie empfinden es als beruhigende Absicherung, dass ein kompetenter, vertrauensvoller Dritter strategische Entscheidungen beurteilt, bevor sie operativ umgesetzt werden. Eine zweite, unabhängige und familienexterne Meinung verhindert Unternehmensblindheit und falsche Weichenstellungen.

Familienunternehmen treffen häufig schnelle Entscheidungen, die nicht immer die richtigen sind, viel Geld kosten und den Betrieb schlimmstenfalls in Existenznöte bringen. Manch Firmeneigentümer freut sich im Nachhinein, dass ihn sein Beirat vor kleinen und großen Fehlern bewahrt hat, sogar vor existenziellen – und nicht zuletzt vor ihm selbst, können doch Familienunternehmer manchmal eigensinnig und uneinsichtig sein. Und in Fällen, in denen Fehlentscheidungen getroffenen worden sind, hilft das Beratungsgremium, diese aufzufangen und abzumildern.

Der Beirat dient also nicht nur als Wegweiser, sondern auch als Stabilisator. Er hilft Familienunternehmen und ihren Besitzern bei der Verwirklichung ihres wichtigsten Ziels: Der Sicherung des Betriebes über Generationen hinweg. Der Erhalt ihres Lebenswerks ist für Firmeninhaber von zentraler Bedeutung. Immer mehr von ihnen gehen die Übergabe früh und entschlossen so an, dass die Familie ihre Rolle als dominanter, einflussreicher Eigentümer bewahrt. Ein Beirat kann auch einen bedeutenden Beitrag dazu leisten, den schwierigen Prozess des Stabwechsels anzugehen.

 Profi-Tipp

Drei zentrale Gesichtspunkte

Ob Sie den Beirat nun als Berater, Kontrolleur, Sparringspartner oder als Helfer bei der Übergabe betrachten – in jedem Fall muss er so konzipiert sein, dass er die in ihn gesetzten Hoffnungen und Erwartungen erfüllen kann. Drei entscheidende Aspekte sind stets zu berücksichtigen:

1. Vorbehalte und Vorurteile

Obwohl zahlreiche Gründe für die Installation eines Beirats sprechen, haben nur etwas mehr als die Hälfte der deutschen Familienbetriebe ein solches Gremium oder einen Aufsichtsrat eingerichtet.1 Skeptiker führen diverse Ein- und Vorwände an. Manche haben ihren Beirat aus Enttäuschung über dessen Leistungen wieder abgeschafft. Das sollte allerdings auf gar keinen Fall dazu führen, an der Institution grundsätzlich zu zweifeln. Denn scheitert ein Beirat kläglich, gibt es so gut wie immer handfeste Gründe, die sich bei näherer Betrachtung als vermeidbar herausstellen: Er war falsch konzipiert, inkompetent besetzt und seine Aufgaben waren diffus formuliert, um nur einige Möglichkeiten für den Misserfolg zu nennen.

Unternehmer, die auf eine solche externe Berater- und Aufpasserinstanz verzichten, legitimieren ihren Entschluss mit derlei negativen Praxisbeispielen oder führen andere Vorwände ins Feld. Meist ist es die – durchaus nachvollziehbare, aber unberechtigte – Sorge, „Unbeteiligten“ Firmeninterna preiszugeben. Die Skepsis beruht oft auf Erfahrungen, die daraus entstanden, dass weder der Unternehmer seinen Beirat noch dessen Mitglieder ihre Aufgaben ernst nahmen. Ein derartig defizitäres Zusammenspiel führt unweigerlich dazu, dass der erhoffte oder erwartete Nutzen sich nicht einstellte. Wobei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt werden soll, dass es Familienunternehmen gibt, die seit Jahrzehnten ohne eine solche Kontroll- und Beraterinstanz auskommen und erfolgreich sind. Die Entscheidung muss jede Firma ganz individuell treffen.

Die Skeptiker oder Gegner von Beiräten haben Glaubenssätze aufgestellt, die hier im Folgenden beleuchtet werden.2

„Ich erwarte nicht, dass ein Beirat unserem Familienunternehmen nutzen wird.“

Wer das sagt, urteilt voreilig. Die Praxis widerlegt gerade diesen Glaubenssatz entschieden: Die Existenz eines Beirats führt vielfach zu einem positiven Bewertungseffekt in der Außenbetrachtung, zum Beispiel bei Ratings und der Anwerbung von Führungskräften. Und er hat manchen Unternehmer noch einmal vor einer Insolvenz geschützt, durch kritisches Hinterfragen und Druck zur Professionalisierung. Allerdings gilt: Unternehmer, die einen Beirat mit viel zu hohen Erwartungen überfrachten, die zudem gar nicht zu dessen originärem Aufgabenbereich gehören, werden ebenso enttäuscht sein wie derjenige Firmeninhaber, der den Beirat als kostengünstige Alternative zum Einkauf externer Berater missversteht oder gar missbraucht. Wer nach dem Motto verfährt: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, wird keine gute Symbiose mit einem Beirat eingehen.

„Ich möchte nicht, dass Dritte mit unseren Herausforderungen konfrontiert werden.“

Ratschläge sind vielfach gewinnbringender, wenn sie losgelöst von familiären Verquickungen und persönlichen Abhängigkeiten geäußert werden. Viele Unternehmerfamilien neigen jedoch dazu, firmeninterne Schwierigkeiten nicht offenzulegen und schon gar nicht mit Fremden zu diskutieren. Dabei vergessen sie, dass ein Beirat zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Obendrein kann er den Finger in die Wunde legen und Probleme aufzeigen, die ein Unternehmer vielleicht nicht wahrhaben will oder überhaupt nicht sieht. Außerdem kann der Austausch mit außenstehenden Experten anderer Fachrichtungen und Erlebnishorizonte – zum Beispiel aus größeren Unternehmen oder fremden Märkten – hilfreich sein.

„Ich möchte nicht, dass wir durch einen Beirat an Flexibilität verlieren und Entscheidungsprozesse verlängert werden.“

Zugegeben: Ein personell stark besetzter Beirat schränkt die unternehmerische Entscheidungsfreiheit in einem gewissen Maße ein. Das rechtfertigt jedoch kein generelles Nein zur Institution Beirat. Das Beratungs- und Kontrollzentrum muss so installiert werden und arbeiten können, dass die Risikobereitschaft einer Firma nicht auf null reduziert wird. Spielräume müssen durch klare Aufgabendefinitionen erhalten werden: Wird auf unnötige Regeln und Vorgaben wie übertriebene Berichtspflichten verzichtet, bleiben Flexibilität und Geschwindigkeit erhalten. Ein Problem entsteht erst dann, wenn der Beirat nicht ernst genommen wird: Werden seine Empfehlungen und Entscheidungen ohne inhaltliche Prüfung oder gar aus Prinzip in den Wind geschlagen, hat sich die Sache erledigt. Denn dann verlängern sich Prozesse insofern, dass die Sitzungen nur Zeit und Geld kosten, ohne einen Nutzen zu erzeugen.

„Ich möchte nicht, dass der Beirat mich kontrolliert.“

Warum eigentlich nicht? Unternehmer prüfen ihre Entscheidungen gründlicher und gehen mit sich härter ins Gericht, wenn sie wissen, dass ihre Beschlüsse in regelmäßigen Abständen geprüft werden und sie Rechenschaft ablegen müssen. Der Beirat dient also auch als Instrument der Selbstdisziplinierung. Zahlreiche Firmen stellen die Beratungs- und Sparringspartnerfunktion des Gremiums in den Vordergrund. Unternehmer mit Beiräten ohne vertraglich definierte Kontrollaufgabe erklären dennoch, dass sie sich bei inhaltlichen Differenzen nie über Entscheidungen oder die Meinung der Mitglieder des Gremiums hinweggesetzt haben. Sie fühlen sich nicht kontrolliert, sondern halten die Ratschläge von Persönlichkeiten aus anderen Branchen, Fachrichtungen, Firmengrößen und Familienunternehmen für äußerst wertvoll.

„Ich möchte nicht, dass mir der Beirat zu sehr reinredet.“

Das tut er auch nicht. Je nachdem mit wie viel Macht der Beirat ausgestattet ist, haben seine Empfehlungen und Entscheidungen rechtsverbindlichen Charakter oder eben auch nicht. Doch selbst wenn sie bindend sind, gilt: Die Mitglieder des Gremiums stehen vertraglich in der Pflicht zu helfen, dass das Unternehmen, das sie beaufsichtigen und beraten, wächst und gedeiht. Sie wissen: Konflikte sind kontraproduktiv. Der Beirat wird also nie oder – dann vielleicht aus guten Gründen – in seltensten Fällen versuchen, eine Entscheidung gegen den erklärten Willen der Geschäftsführung und/​oder Eigentümer durchzudrücken. Kommt es tatsächlich zum offenen Streit, stimmt ohnehin etwas Grundsätzliches nicht im Zusammenspiel zwischen Unternehmen und Kontrolleur. Abgesehen davon: Dem Beirat können übertragene Aufgaben wieder entzogen werden, wenn die dafür notwendige Mehrheit der Gesellschafter es so möchte. Außerdem können sich die Eigentümer ein Recht einräumen, bei Entscheidungen immer das letzte Wort zu haben, also das Beiratsvotum ignorieren zu dürfen.

„Ich möchte nicht, dass der Beirat für ewig zementiert ist.“

Niemand ist verpflichtet, einen Beirat für die Ewigkeit zu gründen. Sind sich die Eigentümer des Familienunternehmens einig, können sie die Einrichtung jederzeit wieder abschaffen. Das gilt auch für Alleininhaber.

Diese Liste der Einwände und Vorurteile gegen die Einführung eines Beirats könnte noch fortgesetzt werden. „Mein Anwalt rät mir davon ab.“ „Ich möchte nicht, dass Mitgesellschafter mehr Mitspracherechte haben.“ „Ich habe keine Idee, wer in meinem Beirat sitzen könnte.“ „Ich bin nicht organisiert genug.“ „Die Beiratsmitglieder werden mein Geschäftsmodell nie verstehen.“ Dass diese Punkte alle entkräftet werden können, zeigen die folgenden Ausführungen, Praxishinweise und Empfehlungen.

Doch die Praxis zeigt: Beiräte bringen Familienunternehmen und ihren Eigentümern einen enormen Nutzen. Ist er mit kompetenten und pfiffigen Mitgliedern besetzt und klappt die Interaktion mit den Gesellschaftern und den Geschäftsführern, bildet diese Gemeinschaft ein Fehler- und Krisenfrühwarnsystem sowie ein Ideen- und Kontrollzentrum zum Vorteil aller Beteiligten und der Mitarbeiter.

2. Der richtige Zeitpunkt

In den allermeisten Fällen wird ein Beirat erst einige Jahre nach der Unternehmensgründung ins Leben gerufen. Auslöser kann der Wunsch des Eigentümers sein, einen permanenten kritischen Begleiter zu haben, aber auch die nachhaltige Lösung der Übergabeproblematik durch langfristige Suche eines geeigneten Nachfolgers.

Zwei zentrale Entwicklungsebenen von Familienunternehmen beeinflussen die Einführung bzw. die Gestalt des Beirats.3 Das sind die Inhaberschaft und die Managementstruktur.

Bei Familienunternehmen wird in drei Variationen von Eigentumsverhältnissen unterschieden. Beim Alleininhaber gehört der Betrieb – wie der Begriff schon anzeigt – einer Person, die in den allermeisten Fällen auch Firmenchef ist. In der Geschwistergesellschaft – auch das drückt der Name bereits aus – gehört der Besitz mindestens zwei Geschwistern. Das Vetternkonsortium entwickelt sich über mehrere Generationen: Der Besitz – und damit die machtausübende Dominanz im Gesellschafterkreis – geht von Brüdern und Schwestern zu Vettern und Cousinen ab dem ersten Grad über, also den direkten Nachkommen.

Geschwister heiraten, gründen neue Familien, die Verwandtschaft wächst: Mit dieser Entwicklung nimmt in der Regel die Anzahl der Eigentümer zu. Das wiederum führt zu einer steigenden Unterschiedlichkeit der Gesellschafter: In ihren Zusammenkünften treffen verschiedene Meinungen, Lebensentwürfe und Interessen aufeinander. Diese Vielfalt kann prinzipiell eine Bereicherung für ein Familienunternehmen sein, kann aber auch Abstimmungen erschweren, da das Konfliktpotential größer wird.

Um mit dieser Mischung konstruktiv umgehen zu können, ist es angebracht, spätestens ab der Geschwistergesellschaft einen Beirat einzuführen. Er kann die unterschiedlichen Gedanken, Wünsche und Auffassungen „einsammeln“ und strukturieren, die Kommunikation zwischen den Verwandten sicherstellen und darauf achten, dass die verschiedenen Interessen der unterschiedlichen Eigentümer berücksichtigt werden. Letzten Endes kann er mit eigenen Vorschlägen Wege zur Konfliktlösung ebnen.

Allerdings sollte auch ein Alleininhaber die Einrichtung eines Beirats erwägen, sobald das Thema Nachfolge ansteht, wenn auch noch in einiger Ferne. Die Praxis hat vielfach gezeigt, dass gerade in Notfällen die Unterstützung externer Ratgeber sehr hilfreich ist, die das Unternehmen seit Jahren kennen, was auf etliche Beiratsmitglieder zutrifft.

Wie schon erwähnt, beeinflusst auch die Managementstruktur Form und Gestalt eines Beirats. Man unterscheidet zwischen inhabergemanagten Familienunternehmen, bei denen Eigentum und Führung zu 100 Prozent in einer Hand liegen, familiengemanagten Firmen, bei denen es im Unternehmen tätige und nicht-tätige Gesellschafter gibt, sowie fremdgemanagte: Hier sitzen ausschließlich Spitzenkräfte in der Chefetage, die nicht zur Eigentümerfamilie gehören.

Liegen Inhaberschaft und Geschäftsführung in einer Person, also bei der inhabergemanagten Firma, so ergeben sich logischerweise keine Interessenskonflikte. Der Firmenbesitzer entscheidet und steht dafür gerade. Dies kann sich mit Einführung einer Doppelspitze aus zwei Geschwistern ändern, die Firmenanteile halten und das Unternehmen gemeinsam lenken. Schon in dieser Konstellation kann es zu unterschiedlichen Präferenzen und Zielen der zwei Geschäftsführenden Gesellschaftern kommen. Das Konfliktpotential nimmt immer weiter zu, je mehr Leute das Sagen haben und je mehr Inhaber sich den Gewinn ihres Unternehmens teilen. Das heißt nicht, dass es in einem familiengemanagten Betrieb, der im Besitz mehrerer Verwandter ist, von denen manche im Unternehmen mitarbeiten, meist auf Geschäftsführungsebene, und andere neben ihrer Gesellschafterrolle eigene berufliche Wege gehen, permanent rappelt. Doch die Gefahr, dass es zu einem Streit kommt, ist höher. Eigentümer, die nicht in dem Unternehmen arbeiten, möchten in der Regel – und verständlicherweise – mit ihrem eingesetzten Kapital eine adäquate Rendite erzielen. Die geschäftsführenden Gesellschafter dagegen wollen die Gewinne – auch sie haben gute Gründe – lieber wieder in die Firma stecken, in Investitionen oder Forschung und Entwicklung. Gerade hier ist ein Beirat ein geeignetes Instrument, sich daraus ergebende Interessenskollisionen früh zu erkennen und zu managen – wenn es sein muss, auch als Mediator oder Schiedsrichter.

Spätestens, wenn die Eigentümer die Geschäftsführung komplett „Fremden“ überlassen, braucht es einen Beirat, um den dominanten Einfluss der Inhaberfamilie weiterhin im Unternehmen zu erhalten. Das heißt: Sie trifft weiterhin Grundsatzentscheidungen, aber der Beirat sorgt in seiner Rolle als Aufpasser dafür, dass das Management nichts gegen den erklärten Willen der Familie durchsetzt. Oder er wird als Vermittler tätig, der nach geeigneten Lösungen sucht.

Doch nicht nur die Inhaber- und Managementstruktur haben Einfluss auf Einführung und Struktur eines Beirats, sondern auch die Art und Größe des Familienunternehmens. Bei einer eher jungen Firma ist die Folge knapper Ressourcen wie Investitionskapital, Personal und Rohstoffe, dass sie sich auf eine ganz bestimmte Aktivität fokussiert. Sie steht im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns. Bei einem großen Betrieb zieht eine solche Konzentration automatisch ein erhöhtes Risiko nach sich. Denn Gedeih und Verderb sind stark an das Hauptprodukt geknüpft. Ein Beirat dient Firmen, die ihr Hauptaugenmerk auf ein bestimmtes Produkt oder eine genau festgelegte Dienstleistung richten (fokussierte Familienunternehmen), als Sparringspartner bei internen und externen Herausforderungen: Dazu zählen Strukturveränderungen aufgrund der Auftragslage und notwendige Innovationen.

Mit zunehmender Unternehmensgröße gewinnt die Verteilung von Verlustgefahren auf möglichst viele Bereiche und Schultern (Risikodiversifizierung) an Bedeutung. Ein Blick auf den Kapitalmarkt macht deutlich, was gemeint ist: Kein Geldgeber investiert sein Vermögen in nur eine Aktie, er verteilt es lieber auf verschiedene Anlageklassen und darin auf diverse Einzeltitel. So streut er das Risiko. Große Familienunternehmen sind deshalb auch in mehreren Branchen und Märkten engagiert (diversifizierte Familienunternehmen). Hier kann ein Beirat wesentlichen Beitrag dazu leisten, den – salopp formuliert – Gemischtwarenladen zu steuern. Dazu gehören das Aufzeigen von Synergien und Hinweise zu Erweiterungen des Portfolios. Der Beirat steht auch mit Rat zur Seite, wenn es darum geht, Investitionsentscheidungen zu treffen, also Ressourcen wie einbehaltene Gewinne auf die unterschiedlichen Geschäftssegmente richtig zu verteilen.

Zieht man ausschließlich die Unternehmensgröße als Maßstab der Entscheidungsfindung heran, gilt die Faustregel: Ab etwa 100 Mitarbeitern sollte zwingend über einen Beirat nachgedacht werden. Hier ist genau abzuwägen, ob der Nutzen den Aufwand überwiegt. Ab etwa 25 Mio. Euro Jahresumsatz gehört ein solches Gremium definitiv zu einem professionell gemanagten Familienunternehmen. Eine wissenschaftliche Studie belegt: Je mehr Umsatz eine Firma generiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Beirat (nötig) hat. So haben Unternehmen mit einem Umsatz von zwischen 25 und 125 Mio. Euro in knapp 60 Prozent der Fälle einen Beirat, Firmen mit mehr als 125 Mio. Euro in 85 Prozent.4

3. Das muss im Gesellschaftsvertrag stehen

Für die Einrichtung eines Beirats muss so gut wie immer der Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung geändert werden. Müssen sich mehrere Eigentümer einigen, kann es schwierig sein, einen notwendigen Konsens darüber zu finden. Für die Gründung eines Beirats braucht es jedenfalls ein hohes Maß an Zustimmung. Für die Änderung des Gesellschaftsvertrages, der die Struktur und elementare strategische Handlungsabläufe des Familienunternehmens festschreibt, müssen meistens 75 Prozent der Firmeninhaber votieren, mitunter sogar 100 Prozent. Erst mit diesen Quoten kann der Beirat rechtlich bindend festgeschrieben werden. Seine Abschaffung ist ebenfalls nur möglich, wenn die entsprechende Mehrheit zustande kommt. Es sei denn, die Einrichtung wird als ausschließliches Beratergremium etabliert. Dann muss sie nicht in dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung verankert werden.

Allerdings kann der Beirat auch von Beginn an im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung aufgenommen werden mit dem Zusatz, dass er erst aktiviert wird, wenn zum Beispiel der Unternehmensgründer aus der Geschäftsführung abtritt oder sich die Zahl der stimmberechtigten Eigentümer erhöht. Wer diesen Weg wählt, dem sollte klar sein, dass es bei der Besetzung der Beiratsposten zu Spannungen oder gar zu einem offenen Streit kommen könnte. Dieser Gefahr kann mit Vorsorgeregeln begegnet werden. Mittels Klausel kann vorab festgelegt werden, wer in das Gremium einzieht oder ein Recht für bestimmte Gesellschafter festgezurrt werden, zu einem gewissen Zeitpunkt ihre Wunschpersonen entsenden zu dürfen.

4. Höchste Zeit für einen Beirat

Leider zeigt sich oftmals erst in der Praxis, dass ein Beirat zu spät eingerichtet worden ist. Geschwistern, deren Verhältnis durch Streit belastet ist, gelingt selten eine Einigung auf ein solches Berater- und Kontrollgremium. Die Ironie dabei: Gerade in Konfliktfällen ist der Beirat ein geeignetes Schlichtungs- und Vermittlungsinstrument. Allerdings hat sich das noch nicht überall herumgesprochen: Ein Unternehmer, der mit 75 Jahren noch immer das Ruder in der Hand hält, wird sich kaum mit der Position des Vorsitzenden eines Beirats begnügen – und sich deshalb von vornherein gegen dessen Installation stellen.

 Profi-Tipp

Kriterien für den Planungsbeginn

Ein Beirat sollte spätestens dann geplant oder implementiert werden, wenn:

 Beispiele aus der Praxis

Hinweis an die Leser: Die Beispiele stammen alle aus Praxiserfahrungen des Autors. Sie sind entweder echt oder beruhen weitgehend auf realen Vorbildern. Die Namen der drei Unternehmen sowie bestimmte Details mit Wiedererkennungswert sind zu deren Schutz allerdings – wenn man so will – nach konkreten Vorbildern frei erfunden. Das gilt insbesondere für das Beispiel der Familie Cietelmann, wo selbst die Sparten, in denen der Konzern tätig ist, geändert werden mussten, um keine Rückschlüsse zuzulassen.

Ralf Ammann ist Alleininhaber des 1970 gegründeten gleichnamigen Maschinenbauers, der jährlich rund 40 Mio. Euro Umsatz macht. Er hat sich aus freien Stücken entschlossen, einen Beirat ins Leben zu rufen. Seiner Entscheidung ging ein einschneidendes Erlebnis voraus. Ein befreundeter Konkurrent fiel nach einem Autounfall für neun Monate komplett aus. Dass dessen Sohn, der das Unternehmen eigentlich erst Jahre später übernehmen sollte, die Zeit ohne den eigentlichen Geschäftsführer reibungslos überbrücken konnte, lag in hohem Maße daran, dass ihm der Beirat mit Rat und Tat zur Seite stand. Ohne das Fachwissen und die Firmenkenntnisse der Beiratsmitglieder wäre das nicht gelungen. Diese Erfahrung ließ bei Ammann die Erkenntnis reifen, ein solches Beratergremium zu installieren, das in Fragen der Strategie sowie der Nachfolge seine Meinung einbringt und im Notfall wichtige Dienste leisten könnte. Amman hat selbst zwei Söhne, die seine Wunschkandidaten für die Nachfolge sind, und schwört sich, alles zu tun, ihnen den Weg an die Unternehmensspitze zu ebnen.

Der Schokoladenhersteller Baumann existiert seit mehr als 50 Jahren und macht jährlich rund 250 Mio. Euro Umsatz. Inzwischen gehört er zu exakt gleichen Teilen den drei Brüdern und zwei Töchtern des Firmengründers Werner Baumann, der das Unternehmen groß gemacht hat. Die Geschwister sind zwischen 41 und 56 Jahre alt. Einige Jahre nach dem Tod des Vaters arbeiteten sie eine Familienverfassung aus mit dem Ziel, ein gemeinsames Regelwerk zu haben, um – ungeachtet aller Emotionen und Rücksichtnahmen innerhalb der Verwandtschaft – professionell zusammenarbeiten zu können. Dafür holten sie sich Unterstützung von einem Berater, der ihnen empfahl, einen Beirat zu etablieren. Anfangs war die Skepsis groß, Familienfremden Einblicke in Firmeninterna zu gewähren. Die Idee wurde deshalb verworfen. Noch während der Verhandlungen über die Familienverfassung brach ein Streit aus: Dem ältesten Bruder, der schon zu Lebzeiten des Vaters im Unternehmen arbeitete, warfen die jüngeren Geschwister eine gravierende Fehlentscheidung vor. Um den Konflikt zu schlichten, brachte der Berater erneut das Thema Beirat auf die Agenda und begründete sein Plädoyer für das Gremium mit dem konkreten Beispiel, das gerade alle Beteiligten erlebt hatten und das den Nutzen eines Beirats bestens veranschaulichte. So einigte sich die Familie nicht nur auf den Inhalt ihrer Verfassung, in der die Rechte und Pflichten der Geschäftsführung und Gesellschafter neu definiert worden sind, sondern im Zuge dieser Diskussion auch auf die Gründung eines Beirats, der sechs Monate später als Wächter über die Einhaltung des Abkommens seine Arbeit aufnahm.

Das Familienunternehmen Cietelmann ist ein breit aufgestellter Konzern, der sich – getrieben von technischen Innovationen – immer wieder neu erfinden musste. Sein Ursprung reicht in das letzte Viertel des 18. Jahrhunderts zurück. Albert Cietelmann war der jüngste Sohn eines Bergarbeiters aus dem Ruhrgebiet. Wie sein Vater rackerte er von früh bis spät, verzichtete auf Wirtshausbesuche und legte vom kargen Lohn stets etwas zurück, bis er mit dem ersparten Geld als 30-Jähriger ein Pferd kaufen konnte. Er bot seine Dienste als Transportunternehmer an. Später erwarb er weitere Pferde, die er an die Zechen der Gegend entlieh. Das Geschäft lief prächtig. Schließlich brachten im 18. und frühen 19. Jahrhundert Pferdebahnen die Kohle zu den Verladestellen an der Ruhr. Als dampfmaschinengetriebene Transportmittel und im Anschluss das Auto auf kamen, erneuerten Cietelmanns Nachkommen den Fuhrpark, eröffneten zugleich eine Dampfmaschinenfabrik sowie einen Handel mit Autos und Landwirtschaftsfahrzeugen. Nach dem ersten Weltkrieg kaufte sich die Familie – damals in fünfter Generation – in die Düngemittelproduktion und in den 70er Jahren in die Pharmabranche ein. Jüngste Investition ist die Gründung einer Kette günstiger Design-Hotels. Heute hat der Konzern nach wie vor sechs Zweige: Spedition, Schwermaschinenbau, Großfahrzeughandel, Pharma- und Chemieindustrie sowie Hotelbetrieb.

Ungeachtet der vielen Geschäftsfelder und Einzelfirmen blieb der Gesellschafterkreis bei Cietelmann mit heute 25 Eigentümern recht überschaubar. Immer wieder ließen sich Familienmitglieder auszahlen oder hatten keine Nachkommen. Konflikte gab es dennoch zuhauf. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verloren Cietelmanns einen immensen Teil ihres Vermögens wegen eines riskanten Investments im Ausland. Es dauerte Jahre, sich davon zu erholen.

Ende der 70er Jahre waren acht der damals zwölf Eigentümer der sechsten Generation auf diversen Ebenen und in unterschiedlichen Firmen des Konzerns tätig. Es war unklar, wer von wem der Chef war und letztendlich das Sagen hatte. Durch den Zuwachs um die Pharmasparte wurde die Abstimmung schwieriger: Wachsende Spannungen zwischen den Inhabern und zunehmendes Kompetenzgerangel verkomplizierten die Handlungsabläufe im Konzern zusätzlich oder blockierten sie sogar. Die Gesellschafter zogen die Reißleine: In einem radikalen Schritt entschieden sie, sich aus dem Management komplett zurückzuziehen und die Konzernführung eingekauften Führungskräften zu überlassen. Um den Einfluss der Familie auf den Gesamtkonzern aber trotzdem vollumfänglich abzusichern, entschlossen sich Cietelmanns, parallel zum Ausstieg aus der Firmenleitung einen Beirat zu installieren, der bis heute existiert.

5. Zufriedenheit mit dem Aufpasser

Nur sehr wenige Unternehmer schaffen ihren Beirat wieder ab, weil sie ihre Erwartungen an die Institution nicht erfüllt sahen. Sie sind allerdings eine große Ausnahme. Die ganz überwiegende Mehrheit ist mit ihrer Entscheidung auch Jahre später zufrieden und erkennt an, dass ihr Beirat zu einem wichtigen Informations- und Know-how-Transfer beiträgt, die Entwicklung des Betriebes fördert und bei internen oder externen Turbulenzen stabilisierend wirkt.

Dessen ungeachtet kann es jedoch vorkommen, dass sich über viele Jahre hinweg eine gewisse oder konkrete Unzufriedenheit mit dem Beirat einschleicht. Das liegt häufig daran, dass dieser nicht mehr so zusammengesetzt ist, dass er zur Lage des Unternehmens passt. Oder er ist überaltert, erhält Informationen nicht rechtzeitig vor Sitzungen oder es finden keine echten, befruchtenden Diskussionen mehr statt.

Doch – wie schon oben erwähnt – sind das die Ausnahmen. Mehr als drei Viertel der Familienunternehmer in Deutschland geben ihrem Beirat die Note eins oder zwei, wie zwei unabhängig voneinander durchgeführte Studien ergaben.5 Miserabel beurteilen extrem wenige ihr Kontrollgremium. Das ist ermutigend für all jene, die noch zögern, ein solches Gremium in der Firma anzusiedeln.

6. Garant für mehr Erfolg

Beiräte beeinflussen den Erfolg des Unternehmens, für das sie tätig sind, positiv, wie in zahlreichen Gutachten und Befragungen festgestellt worden ist.6 Kontrolliert das Beratergremium die Geschäftsführung, steigt die Rentabilität. Halten die Mitglieder mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg und gibt es eine echte Debattenkultur, leisten sie einen deutlichen Beitrag zur erfolgreichen Weiterentwicklung der Firma.

Befragt nach dem Zusammenhang zwischen Beiratsarbeit und wirtschaftlichem Erfolg, bestätigen 85 Prozent der Unternehmer diesen positiven Effekt.7 Die externe Zuarbeit fördert die betriebliche Leistung wie folgt:

Vier Stufen zum effektiven Beirat

Das Vier-Stufen-Beiratsmodell ist auf Basis praktischer Erfahrungen, Best-Practice-Empfehlungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelt worden. Es hat sich in der Praxis häufig und erfolgreich bewehrt. Das Konzept dient als Leitfaden, individuell, strukturiert und passgenau einen Beirat zu konzipieren, der exakt zu den Erfordernissen des jeweiligen Unternehmens passt. Mit dem Modell kann jedoch auch ein schon existierender Beirat weiterentwickelt und sowohl seine Effektivität als auch Effizienz erhöht werden.

Die Entscheidung, ob und in welcher Form ein Beratungs- und Kontrollgremium in den hier folgenden Varianten zum Leben erweckt wird, liegt allein in der Hand der Firmeninhaber. Denn es ist deren explizite Aufgabe, die Eckpunkte und Kompetenzen aller Gremien und Organe ihres Unternehmens festzulegen. Im Gesellschaftsvertrag, der Satzung oder weiteren juristischen Dokumenten werden sämtliche Punkte festgehalten, die als Ergebnis des Vier-Stufen-Modells auf dem Weg zum eigenen Beirat erarbeitet worden sind.

1. Enormer rechtlicher Spielraum

Grundsätzlich können Unternehmerfamilien freiwillig entscheiden, ob sie für ihren Betrieb in der Rechtsform der Personengesellschaft (OHG, KG, GbR, GmbH & Co. KG) einen Beirat implementieren wollen oder nicht. Dies gilt auch für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Es gibt grundsätzlich keine gesetzlichen Regelungen, die die Ausgestaltung des Gremiums definieren. Es herrscht in den meisten Fällen Organisationsfreiheit. Das ist der Grund, warum Beiräte in Familienunternehmen oftmals aus einem praktischen Bedürfnis heraus entstehen. Das Gremium ist also fakultativ und beruht auf kollegialem Verständnis. Seine Mitglieder sind gleichberechtigt und treffen gemeinschaftlich Entscheidungen. Allerdings macht der Gesetzgeber einige Vorgaben und definiert gewisse Grundformen.

 Profi-Tipp

Viel Freiheit

Familienunternehmer sollten bei der Einrichtung eines Beirats den überaus großen Spielraum nutzen, den ihnen der Gesetzgeber gewährt. Er bietet die Chance, das Gremium ganz nach persönlichen Vorstellungen und den Bedürfnissen der Firma zu installieren. Das gilt auch für dessen Besetzung und Leistungsfähigkeit.

Entscheidet sich eine Unternehmerfamilie dafür, der Firma solch einen kritischen Begleiter an die Seite zu stellen, hat sie die Wahl, entweder einen schuldrechtlichen oder organschaftlichen Beirat zu bilden (vgl. Abbildung 1):8 Damit verbunden ist, wie viel Macht die Institution erhält, ob ihre Beschlüsse bindend sind und sie im Fall schwerer Fehler juristisch dafür gerade stehen muss.

Ist das Familienunternehmen als Aktiengesellschaft (AG) oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) organisiert, sind die Inhaber rechtlich verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu implementieren. Dieser Zwang kann auch durch mitbestimmungsrechtliche Gesetze für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) begründet sein. Diese obligatorischen Aufsichtsräte müssen dann ab 500 Mitarbeitern eingerichtet werden.

Entscheiden sich die Eigentümer einer GmbH für einen freiwilligen Aufsichtsrat, sind aktienrechtliche Vorschriften zu beachten – es sei denn, die Satzung schließt dies explizit aus. Der Aufsichtsrat übernimmt in diesem Fall regelmäßig auch die Kontrolle zentraler Unternehmenstätigkeiten und trifft Personalentscheidungen in Bezug auf das Top-Management.

Abbildung 1: Grundformen von Beiräten in Familienunternehmen

 Profi-Tipp

Spielräume nutzen

Aufgrund rechtlicher und organisatorischer Gestaltungsspielräume gleicht so gut wie kein Beirat dem anderen. Diese Freiheit drückt sich in der Synonymvielfalt für den Begriff „Beirat“ aus. Manche Fachleute sprechen generell von einem Aufsichtsgremium und fassen unter diesen Begriff Beiräte, Aufsichtsräte, Verwaltungsräte usw. zusammen. Unternehmerfamilien sind grundsätzlich frei, wie sie die jeweilige Einrichtung nennen. Allerdings sind mit bestimmten Bezeichnungen gewisse Aufgaben verbunden. Dabei steht bei einem Beirat oftmals die Beratung im Vordergrund, beim Aufsichtsrat die Kontrolle und beim Verwaltungsrat neben der Prüfung der unternehmerischen Entscheidungen die aktive Einmischung ins operative Geschäft, so dass bei Letzterem der Vergleich mit einer Geschäftsführung durchaus zulässig ist. Zudem kann es in manchen Fällen sinnvoll sein, neben einem obligatorischen Aufsichtsrat einen Beirat zu installieren, wenn zum Beispiel ein Familienunternehmen unter die Mitbestimmung fällt.

2. Die beste Heimat für den Beirat

Wie die Praxis leider immer wieder zeigt, existieren nicht selten Beiräte, die von der Geschäftsführung nicht den Handlungsspielraum erhalten (haben), der ihnen vor ihrer Bildung zugestanden worden war. Oder – fast noch schlimmer – sie werden von den Gesellschaftern schlicht und ergreifend übergangen. Oft ist unklar, welche Aufgaben das Gremium übernehmen oder leisten soll, die Abgrenzung zu einem Gesellschafterausschuss oder Familienrat ist unpräzise oder gar nicht formuliert. Bestehen mehrere Beiräte in einer Unternehmensgruppe, kann es schnell zu Überschneidungen der Aufgaben der einzelnen Kontrollorgane kommen. Eventuelle Probleme dieser Art sind Anzeichen für eine misslungene oder halbherzige Integration der jeweiligen Beiräte in die Organisation und Struktur des gesamten Firmenapparates.

Damit der Beirat passgenau eingerichtet und ins Gefüge eines breit aufgestellten Großunternehmens eingebunden werden kann, sollte zuerst definiert werden, wo er verankert wird. Ziel muss sein, dass es zu einem reibungslosen Zusammenwirken mit den anderen Instanzen und Zweigen des Konzerns kommt. Gibt es nur ein Unternehmen, stellt sich diese Frage nicht. Bestehen mehrere neben- oder untereinander, ist sie relevant. In Abbildung 2 wird gezeigt, an welcher Stelle ein Beirat angesiedelt werden könnte. Erfolgt die Etablierung des Beirats auf Holdingebene, muss er anders ausgestaltet sein als einer, der an eine Tochtergesellschaft gebunden werden soll. Nutzen, Aufgaben und Zusammensetzung werden jeweils unterschiedlich sein. Der Ort der Verankerung hat oftmals auch Einfluss auf die Namensgebung. Bei der Holding wird er mehr als Sparringspartner der Gesellschafter dienen. Auf der Ebene der Tochtergesellschaften ist der Beirat vor allem Steuerungs- und Kontrollinstanz der jeweiligen Geschäftsführer der einzelnen Sparten. Er unterstützt also das Top-Management der Holding, die Ziele der Gesellschafter zu erreichen. Dem Gremium kann obendrein das Recht eingeräumt werden, das Spitzenpersonal in der Firmenleitung der Holding und der Tochterunternehmen zu bestellen sowie abzuberufen.

Abbildung 2: Möglichkeiten der Verankerung eines Beirats

 Profi-Tipp

Beiräte in einer GmbH & Co. KG

Bei der GmbH & Co. KG ist eine Besonderheit zu beachten. Hier kann der Beirat bei der KG oder der Geschäftsführungs-GmbH verankert werden. Das ist in erster Linie abhängig von der Aufgabenverteilung zwischen der KG und der Geschäftsführungs-GmbH. Ist allein die KG operativ tätig, sollte das Wächtergremium bei der KG aufgenommen werden. Übt die GmbH eine Holdingfunktion in mehreren KGs aus, sollte der Beirat bei der GmbH eingerichtet werden. Kontrolliert der Beirat vorrangig die Geschäftsführung und entscheidet über alle Personalangelegenheiten, sollte er wiederum bei der GmbH angesiedelt sein.

Bei einer Einheits-GmbH & Co. KG, bei der die Anteile der Geschäftsführungs-GmbH von der KG selbst gehalten werden, wird die funktionale Überschneidung zwischen Eigentümerversammlung der GmbH und der Geschäftsführung durch einen Beirat verhindert, indem er bei der KG angesiedelt wird. Denn sind nicht entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag der KG getroffen worden, könnten sich die Geschäftsführer der GmbH selbst zu Geschäftsführern der KG bestellen. Dem kann dadurch Abhilfe geschaffen werden, in dem der Beirat die Gesellschafterrechte der KG in der GmbH ausübt. Es ist aber auch möglich, dass die Kommanditisten selbst alle Aufgaben ausüben oder aber dem Beirat nur gewisse Aufgaben übertragen werden.

Aus steuerlichen Gründen wird das Kontrollgremium oftmals bei der KG eingerichtet, da die Abzugsfähigkeit der Beiratsvergütung bei der GmbH auf die Hälfte beschränkt ist. Es ist auch denkbar, dass der Beirat bei der KG und der GmbH angesiedelt wird, was bedeuten würde, dass die Regelungen alle gleichlauten müssten. Wichtig ist, dass sichergestellt wird, dass die durch den Beirat getroffenen Beschlüsse auch von der Geschäftsführungs-GmbH umgesetzt werden.

3. Das Modell und seine vier Stufen