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Angelika Schmid

Pflege zu Hause + Ambulanter Pflegedienst - 15 Praxiserfahrungen mit der Pflegedienstleistung





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Vorwort

Dieses Buch soll Pflegenden Mut machen und ihnen Anregungen geben. So langsam Stück für Stück rutscht man bei einer langfristigen Pflege immer mehr in eine Selbstaufgabe hinein. Damit ihren Lesern das nicht passiert, hat Angelika Schmid ihre Pflegeerfahrung zusammengetragen. Sie pflegt seit 16 Jahren ihren Mann. In den Jahrzehnten davor begleitete sie schon einige erkrankte Angehörige aufgrund einer Erbkrankheit.

 

Viele erprobte Erfahrungen im Praxisalltag, für eine entspannte Pflege zu Hause, sind in diesem Ratgeber aufgelistet. Vielen Pflegebedürftigen ist es nämlich ein Herzenswunsch, in den eigenen vier Wänden gepflegt zu werden. Die ambulanten Pflegedienste leisten hierbei eine großartige Hilfe. Wichtig ist es allerdings, auch den richtigen Hilfsdienst zu finden.

 

Dieser Leitfaden gibt dir Anregungen, wie du die Pflege gestalten kannst. Und zwar erfährst du das anhand von praktischen Eigen-Erfahrungen. Zusätzlich erfährst du auch, wie du eine Mitfinanzierung der Pflegekasse erreichen könntest. Eine entspannte Pflege und selbstverständlich auch das Lebensglück des Pflegenden stehen dabei im Mittelpunkt.

 

Der Pflegenotstand

Seit Jahren hören wir schon von überlastetem Pflegepersonal in den diversen Pflegeeinrichtungen. Die Bewohner sind aus diesem Grund teilweise nicht so gut versorgt, wie sich das viele Pflegekräfte wünschen würden. Schon eine geraume Zeit streiten Sozialverbände, Politiker und Betreiber von Heimen über die Zustände in den deutschen Pflegeversorgungseinrichtungen. Inzwischen wurden sogar auch die Richter im Karlsruher Bundesverfassungsgericht angerufen. 

 

Zum Glück sind wenigstens die Pflegestärkungsgesetze in Kraft getreten, deren Wirkung jedoch zum Teil erst im Jahr 2017 etwas kraftvoller eintritt. Allerdings sind die Sozialverbände mit den Änderungen immer noch nicht einverstanden, weil sie bei Weitem nicht ausreichen. Pflegefamilien sind immer noch viel zu sehr belastet.

 

Klage gegen den Pflegenotstand

 

Die Klage gegen den beklagenswerten Zustand der Pflegeunterversorgung in Pflegeheimen ist leider gescheitert. Sechs ältere Menschen hatten sich zusammengeschlossen, um eine Besserung zu erreichen. Leider nahmen die Gerichte sich dieser mehr als notwendigen Klage nicht an. 

 

Trotzdem werden, auch aufgrund solcher Initiativen, Politiker aufmerksam und entwickeln Ideen. Obwohl sie auf Missstände gestoßen werden, greifen die Initiativen viel zu kurz, sie sind immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein, und sie dauern viel zu lange.

 

Aus welchem Grund erfolgte die Klage?

 

Die sechs Senioren hatten vermutlich Befürchtungen, falls sie selbst pflegebedürftig sind, einmal diesem Pflegenotstand ausgesetzt zu sein. In diesem Fall sahen sie ihr Grundrecht verletzt, welches der Staat nicht ausreichend schützen würde. Sie wollten, dass staatliche Behörden besser kontrollieren, und die Voraussetzungen besserer Pflegeversorgung schaffen sollte. Die Begründung ist nachzulesen im Az: BvR 2980/14. 

 

Diese Missstände sollen vorkommen:

 

 

Den Richtern reichten diese Begründungen nicht aus, um tätig zu werden. Obgleich auch Unterstützung geleistet wurde, und zwar durch den Sozialverband VdK, welcher schon lange auf diese Missstände in den Heimen hinweist. 

 

Da unter diesen Punkten ebenso auftaucht, dass die Pflegekräfte überlastet sind, können sie für diese Zustände auch nicht verantwortlich gemacht werden. Ein weiterer Punkt kommt noch hinzu, denn zum einen fehlt die notwendige Anerkennung und zum anderen ist die Vergütung zu gering. Ich pflege seit 16 Jahren und habe deshalb höchsten Respekt vor Menschen, die dies ein Leben lang tun.

 

Warum wurde die Klage nicht angenommen?

 

Die Verfassungsrichter sind der Ansicht, dass der Gesetzgeber "einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum“ haben kann. Der Eingriff des Bundesverfassungsgerichts sei nur zulässig, wenn dieser "seine Pflicht evident verletzt" hätte. Ein Kläger müsse zudem begründen, wie seine eigenen Rechte, und zwar unmittelbar und nicht in Zukunft, verletzt sein würden. Sie hätten zudem schließlich auch die Wahl zwischen unterschiedlichen Heimen. Diese Begründung fand ich besonders lustig, denn die Zustände sollen ja wohl überall nicht so besonders viel besser sein. Von welcher Wahl, zwischen Pest und Cholera, sprechen die Richter hier? Es sei denn man hat das Geld, in ein edles Seniorendomizil, wie z. B. ein Wohnstift, umzuziehen. Zudem sei nicht sicher, ob sie irgendwann überhaupt in ein Pflegeheim gehen müssten (siehe Anmerkung).

 

Anmerkung: Lt. VdK, kamen die Kläger aus dem gesamten Bundesgebiet und einige unter ihnen leiden an Demenz. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in ein Pflegeheim müssen ist deshalb mehr als gegeben. Einige von ihnen haben ebenfalls ein hohes Risiko. Die restlichen Kläger sitzen im Rollstuhl. Teilweise sind alle schon heute auf Pflege angewiesen. Soviel dazu, dass ihr Risiko, in ein Pflegeheim zu müssen, nicht nachgewiesen ist.

 

Wenn Angehörige zum Pflegefall werden

Es kommt auf immer mehr Menschen zu: Ein Elternteil kann sich nicht mehr selbst versorgen vielleicht auch der Lebenspartner, oder noch schlimmer, eines der Kinder, ist plötzlich pflegebedürftig. In den meisten Familienverbänden ist es dann selbstverständlich, wir kümmern uns selbst um die Pflege. Statistisch findet die Pflege in den eigenen vier Wänden für den Großteil der Pflegebedürftigen statt. Der Staat schätzt die Hilfe von Angehörigen zwar, er unterstützt sie jedoch immer noch zu kleinlich. Festzustellen ist allerdings, dass ohne die familiäre Ressourcen-Ausschöpfung unser gesamtes Pflegesystem vermutlich schnell zusammenbrechen würde. Die Familie steht nun vor der schwierigen Aufgabe zu klären, wer könnte die Pflegeleistungen übernehmen und inwieweit hilft die Familie oder soziale Umfeld.

 

Pflegelotsen & Co - Selbsthilfegruppen - Beratungen

 

Wer einen Pflegedienst oder ein Pflegeheim sucht, könnte unterstützt werden durch Datenbanken oder durch eine persönliche Beratung. Für Betreuungsleistungen stehen tagsüber oder gegebenenfalls auch nachts spezielle Dienstleistungen zur Verfügung. Aufgrund der Verhinderungs- oder Ersatzpflege kann die pflegende Person auch hin und wieder abgelöst werden. Manche Familien möchten den/die Pflegebedürftige mit in den eigenen Haushalt aufnehmen. Dazu sind häufig Veränderungen in der Wohnung und im Pflegezimmer erforderlich.

 

Zu allen drängenden Fragen müssen Betroffene Antworten finden:

 

 

Grundsätzlich sollte die Verantwortung, wenn es eben möglich ist, auf mehrere Familienmitglieder verteilt werden.

 

Die Versorgung kann folgendermaßen gewährleistet werden:

 

Häusliche Pflege mit folgenden Voraussetzungen:

 

  1. einen Verbund aus mehreren Pflegenden schaffen
  2. bei Unkenntnis ist ein Pflegekurs zu empfehlen
  3. Beratungsstelle zur Unterstützung für die Anträge aufsuchen
  4. ständige Anpassung der Pflegesituation mit Hilfs- und Verbrauchsmitteln
  5. eventuell Anpassung des Pflegezimmers z.B. Bad behindertengerecht usw.

 

Ambulante Pflege

 

Tagespflegeeinrichtung

ambulanter Pflegedienst 

 

Vollstationäre Pflege

 

Sorgfältige Auswahl einer guten Einrichtung

 

Bei ambulanter und stationärer Pflegedienstleistung ist es wichtig darauf zu achten:

 

 

Tipp: die Checklisten auf dieser Webseite: www.weisse-liste.de

 

Was ist nun wichtig?

                                                           

Zunächst einmal empfehle ich, sich mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen. Hier genügt schon ein Anruf, denn hier ist auch die Pflegekasse angesiedelt. Das weitere Prozedere hierzu erfährst du in weiteren Kapiteln. Zusätzlich ist es wichtig, zeitnah entweder einen Pflegestützpunkt oder in den einzelnen Kommunen die Beratungsstellen zu kontaktieren. In diesem Fall ist eine persönliche Beratung zur neutralen Einschätzung der Situation sehr wertvoll. Falls sich der Pflegebedürftige in einer stationären Klinik zur Reha oder in einem Krankenhaus befindet, geben dort die ansässigen Sozialstationen Auskunft und Hilfestellungen. Dies wird normalerweise auch vor oder bei der Entlassung automatisch angestoßen. 

 

Zudem ist es auch wichtig, einen Pflegegrad möglichst zeitnah zu beantragen. Dies ist nicht nur wichtig für das Pflegegeld, sondern es bedeutet auch zusätzliche Rentenpunkte für den Pflegenden. Zurückhaltung, Verzicht oder gar eine falsche Scham, Hilfsleistungen des Staates zu beantragen, das wäre völlig unangebracht.

 

Tipp für Pflegende: Der regelmäßige Austausch zu den zahlreichen Belastungen ist ausgesprochen wichtig. Man muss lernen, Hilfe von anderen anzunehmen. Ja man sollte sogar üben, diese einzufordern, auch wenn das anfangs schwer fällt. Den ersten Schritt hast du schon mit dem Kauf und der Lektüre des Buches gemacht. Ich möchte dich dazu ermutigen, die ganze Bandbreite der Wohn- und Betreuungsmöglichkeiten auszuloten, um für dich deine ganz persönliche Situation so gut wie möglich zu gestalten.

 

Solltest du diesen Band lediglich aus Interesse lesen, so kann ich dir ebenfalls nur raten: Setze dich gemeinsam mit der Partnerin oder dem Partner frühzeitig mit dem Szenario einer Pflegebedürftigkeit auseinander. Ebenso ist es wichtig auch über die eigenen Wünsche und Bedürfnisse, bis hin zu den Bestattungswünschen auseinanderzusetzen. Je früher, desto besser!