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Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental

Vorwort der Herausgeber

Es zählt zu den Traditionen der Schiern-Schriften, auch regionale Überlieferungen von Sagen und verwandten volkstümlichen Erzählstoffen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gerade in unseren Tagen, wo die durch Generationen geübte mündliche Weitergabe dieser Inhalte kaum mehr stattfindet, erweist sich die Drucklegung als besonders gerechtfertigt, damit dieses Gut auch für künftige Generationen erhalten bleibt. Die Herausgeber der Reihe sind daher Herrn Franz Traxler für seine Initiative sehr dankbar, die bisher nur in sehr verstreuten und kaum mehr allgemein zugänglichen Veröffentlichungen von Sagen und verwandten Erzählungen systematisch zu erfassen, die einst Anton Schipflinger gesammelt und publiziert hat. Herr Traxler äußert in seinem Vorwort die Absicht, mit dem vorliegenden Neudruck auch das Gedächtnis an eine verdiente Persönlichkeit wachzuhalten, deren Andenken fast völlig erloschen ist. Ohne Zweifel gebührt mit Anton Schipflinger einem Menschen diese Aufmerksamkeit und dieser Respekt. Sein kurzes Leben war geprägt von der Liebe zu seiner Heimat, und obwohl er bereits mit 23 Jahren sterben mußte, hat er trotzdem bereits ein ansehnliches literarisches Werk hinterlassen.

Zahlreiche Gemeinden, Tourismusverbände und Geldinstitute aus der engeren Heimat Anton Schipflingers haben durch die Bereitschaft zur Abnahme von mehr oder weniger Exemplaren bzw. durch direkte Subventionen die Drucklegung dieses Bandes wesentlich gefördert. Einen willkommenen Beitrag stellte auch die Kulturabteilung der Tiroler Landesregierung zur Verfügung. Ihnen allen sind die Herausgeber und der Verlag zu Dank verpflichtet.

MARJAN CESCUTTI

JOSEF RIEDMANN

Vorwort zur 2. Auflage

Wenn die rege Nachfrage nach einer Publikation eine Neuauflage notwendig macht, so erweckt dies üblicherweise beim Autor des Werkes und beim Verlag Freude und Genugtuung. Der frühverstorbene Anton Schipflinger als Sammler der Sagen, Bräuche und Erzählungen kann an dieser Freude nicht mehr teilhaben. Wohl aber bedeutet es für den Herausgeber des Bandes Franz Traxler einen verdienten Lohn für die aufgewandte Mühe, wenn so viele Leser an dem von ihm besorgten Band Gefallen gefunden haben und hoffentlich auch weiterhin Gefallen finden werden.

MARJAN CESCUTTI

JOSEF RIEDMANN

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Anton Schipflinger (1921 – 1944)

Vorwort

Bei meinen volkskundlichen Forschungen in der Bibliothek des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck stieß ich des öfteren auf den Namen Anton Schipflinger, Hopfgarten. Als engerer Landsmann auf diese Persönlichkeit neugierig geworden, befaßte ich mich in der Folge konkreter mit dem Lebenswerk Schipflingers, das in seiner Heimat in Vergessenheit geraten war: Ich sammelte alle seine Veröffentlichungen mit dem Ziel, sie dem heimatkundlich interessierten Leser in Buchform vorzulegen.

Vor über fünfzig Jahren, am 11. Jänner 1944, ist Anton Schipflinger in Makarowo (Rußland) gefallen. Er war noch nicht 23 Jahre alt. Er stammte aus Hopfgarten, wo er am 22. Februar 1921 geboren worden war. Eine Woche nach der Geburt starb seine Mutter, und der kleine Bub kam zu deren Schwester, Frau Anna Schipflinger. Zu seiner Ziehmutter, die auch seine heimatkundliche Lehrerin wurde, hatte Anton zeitlebens ein sehr inniges Verhältnis. In einem Beitrag über Volkserzähler im Brixental, den er im Jahr 1939 für die „Wiener Zeitung für Volkskunde“ schrieb, führt er sie als ständige Fördererin seines volkskundlichen Interesses an. „Wenn ich an erster Stelle meine Mutter, Frau Anna Schipflinger geb. Fuchs nenne, so deshalb, weil sie von meiner Wiege bis heute viel dazu beigetragen hat, in mir das zu fördern, was mich der Volkskundeforschung zuführte. Von den Wiegenreimen, die sie an meiner Wiege sang, bis heute hat sie ungemein viel über das heimatliche Wesen gesprochen. Geboren im Windautale auf dem höchsten Berghofe des Schwaigerberges, dem Bauernhofe Rait, war sie immer in der Bauernarbeit tätig. Sagen, Brauchtum über alle Zeiten des Jahres und noch vieles andere verdanke ich ihr. Wie war es so heimelig in der Stube beim gutgeheizten Ofen, wenn die Mutter von Geistern und anderen Gestalten der Brixentaler Sagenwelt erzählte.“

Im Herbst 1927 trat Anton in die Volksschule ein und war bei den Klassenbesten. Seine noch lebenden Mitschüler können sich gut daran erinnern, daß er ein ausgezeichneter Geschichtenerzähler war. Bereits in seiner Volksschulzeit war Anton Schipflinger ein begeisterter Leser von Sagen und anderen volkskundlichen Erzählungen.

Im Jahr 1931 traf die Familie Schipflinger ein schwerer Schicksalsschag: der heimatliche Hof brannte bis auf die Grundmauern nieder. Der Brand war von den berühmt-berüchtigten „Feuerteufeln“ aus Hopfgarten gelegt worden.

Als junger Bub war Anton Schipflinger in der elterlichen Landwirtschaft tätig. Neben dieser Arbeit aber widmete er sich mit großer Leidenschaft dem Lesen und Sammeln heimatlicher Sagen und Begebenheiten. Bereits seit seinem 15. Lebensjahr war er ein eifriger Mitarbeiter einer der bedeutendsten historisch-volkskundlichen Zeitschriften des Landes, der „Tiroler Heimatblätter“. Aber auch überregionale Blätter wie die „Wiener Zeitschrift für Volkskunde“ nahmen seine Beiträge gerne auf.

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, schien es das Schicksal mit Anton Schipflinger insofern noch gut zu meinen, als er – als einziger Hoferbe – das Privileg hatte, nicht zum Fronteinsatz herangezogen zu werden. Er kam aber, nach kurzfristiger Verwendung im Deutschen Arbeitsdienst (1940/41) Anfang Mai 1941 zur Deutschen Wehrmacht und mußte mit dem Nachschub nach Rußland rücken, wo er im Partisanenkampf umkam. In zwei kurzen Würdigungen in den „Tiroler Heimatblättern“ nach dem Krieg heißt es: „Am 11. Jänner 1944 fiel an der russischen Front der Schusterhäuslbauer vom Penningberg bei Hopfgarten, Anton Schipflinger, im 23. Lebensjahre.“ – „Eine zerstörte Hoffnung bedeutete sein Heldentod für alle Freunde der unterinntalischen, zumal der Brixentaler Heimatkunde.“ (1947 Nr. 1/2, S. 17 und 1949 Nr. 1, S. 33)

Anton Schipflinger hat nur eine Volksschulausbildung genossen. Durch sein waches und intensives Forschen hat er sich selbst weitergebildet. Trotz seiner Jugend war er in seiner weiteren Umgebung als Heimatforscher bereits wohlbekannt. Die zahlreichen Volkssagen, die er sammelte und die dadurch oft zum erstenmal publiziert wurden, fanden in regionalen und überregionalen Zeitungen und in wissenschaftlichen Zeitschriften Aufnahme. Wie kaum ein anderer wäre Anton Schipflinger prädestiniert dazu gewesen, einmal ein umfassendes Unterländer Heimatbuch zu schreiben. Sein früher Tod hat dies verhindert. Dieses Buch aber soll dem Gedenken an diesen besonders begabten Sammler und Herausgeber vieler Volkserzählungen und – bräuche gewidmet sein.

Bezüglich der Wiedergabe der von Anton Schipflinger gesammelten und publizierten Texte seien noch einige kurze Vorbemerkungen gestattet: Der Text der Vorlagen wurde völlig unverändert übernommen. Dies gilt auch für die bisweilen ungewohnte Zeichensetzung und die Übernahme bzw. Erläuterung von Dialektwörtern. In diesem Bereich eine Vereinheitlichung und Angleichung durchzuführen, würde nicht nur eine Verfälschung der Vorlage bedeuten. Die manchmal eigenwillige Form der Interpunktion und Rechtschreibung ist auch geeignet, die Eigentümlichkeit der Erzählform anschaulich wiederzugeben. Hinsichtlich der inhaltlichen Darstellung ist zu berücksichtigen, daß Schipflingers Arbeiten größtenteils in den dreißiger Jahren erschienen und sich seine häufigeren Hinweise auf Bräuche, die „vor dem Weltkrieg“ üblich waren, auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg beziehen. Ein Verzeichnis der ursprünglichen Druckorte findet sich im Anhang.

Abschließend möchte ich Herrn OSR Vinzenz Dablander und Herrn OSR Johann Graß für ihre wertvolle Hilfestellung meinen herzlichen Dank aussprechen.

lnnsbruck, im Herbst 1995

FRANZ TRAXLER

Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental

und seiner näheren Umgebung

gesammelt und niedergeschrieben
vom Penningberger Volksliteraten

Anton Schipflinger

zusammengestellt von

Franz Traxler

Mit 21 Textillustrationen von Siggi Eder

Zweite Auflage

SCHLERN-SCHRIFTEN BAND 299

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UNIVERSITÄTSVERLAG WAGNER • INNSBRUCK

Die Schlern-Schriften wurden 1923 von Raimund v. Klebeisberg begründet, dem Franz Huter als Leiter der Schriftenreihe folgte. Mit Band 290 übernahmen Marjan Cescutti und Josef Riedmann die Leitung der Reihe.

Für den Inhalt sind die Verfasser verantwortlich.

E-Mail: mail@uvw.at

Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental und seiner näheren Umgebung / gesammelt und niedergeschrieben vom Penningberger Volksliteraten Anton Schipflinger. Zusammengestellt von Franz Traxler. Mit 21 Textillustrationan von Siggi Eder. – 2. Auflage – Innsbruck: Universitätsverlag Wagner, 2002 (Schlern-Schriften; 299)

ISBN 978-3-7030-0921-1

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, W. 23075

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Inhaltsverzeichnis

1. Sagen

Sagen aus dem Brixental:

Der Heidenschatz

Das Totenmandl

Die Älpler von Streitschlag und Wildenfeld

Die übermütigen Knappen

Der Bock von der Gumpau

Die Erlösung der Manharter

Der Salvenhirt

Der Tagweid-Stier

Der spottende Hirt vom Moderstock

Wie der Unfriedenteufel auf den Glantersberg kam

Die Wildalpseen in der Sage

Das Männlein auf der Stegnerbrücke

Der Teufel von Hörbrunn

Die Percht im Brixental

Irrwurzen im Brixental

Die wilden Löda

Die Almgeister aus dem Brixental:

Der Putz von der Schledereralm

Die Rauchnachtmandln

Der Almgeist von der Buchaualm

Das Rauchnachtfeuer

Die Sagen von den wilden Frauen auf den Hopfgartner Almen:

Die Götzenfrauen auf der Hohen Salve

Die sieben Geisterfrauen

Das Steinhütt-Fräulein

Das wilde Freil und das Kasermanndl

Das wilde Freil von Schmalzeck

Die Baumgartner wilden Fräulein

Sagen vom Schloß Itter:

Der Burggeist

Der verzauberte Ritter

Der Schatz vom Itterer Schloß

Das Mitternachtsfeuer

Die goldene Schüssel

Der letzte Fluch

Sagen von der Werburg:

Der Geist von der Werburg

Die verstoßene Bäuerin

Sagen von Engelsberg:

Der Schatz von Engelsberg und das Venedigermandl

Der Huzelmann

Der Wintergeist

Sagen von Elsbethen:

Das Elsbethenkirchlein

Der Bauernstein

Der Elsbethener Zwerg

Wunderbare Quelle

Sagen vom Harlaßanger-Kirchlein:

Der gottlose Senner

Die reiche Dirn

Sagen vom Kirchanger-Kirchlein:

Das Sünderbild

Der Kirchanger Rabe

Der weiße Teufel vom Kirchanger

Sagen um Schloß Kaps:

Der schwedische Soldat

Das Sonnwendfeuerl

Die Magd von Kaps

Der Fehdegang

Sagen von Kitzbühel und Umgebung:

Das Pestmandl

Die tapferen Weiber

Der Goldknappe

Die Berghexe

Der Kasergeist

Die Münichauer Reiter

Die Goldtruhe

Der Fememord am Schwarzsee

Sagen aus dem Kaisergebirge:

Der Kaiserkrug

Der verbannte Bauer

Der Teufelsbaum

Die „wilden Freil“ vom Kaisergebirge

Das Goldtröglein

Der Bettlerstein

Die wilde Innschiffahrt:

Die wilde Innschiffahrt in den Rauchnächten

Die Sagen vom Treiben der wilden Innschiffahrt

Der Inngeist

Sagen vom Schloß Matzen:

Der Alpbacher Schloßgeist

Der Freundsberger Ritter

Der ungerechte Richterspruch

Die Hexe auf Matzen

Verschiedene weitere Sagen:

Die Venedigermännlein

Das alte Kasermandl

Der Bock und der Pfannenflicker

Die Trud

Das Wetterglöcklein (Oberland)

Das Feuermännlein (Oberland)

Katzensteine im Unterinntal:

Der Katzenstein beim Kirchanger-Kirchlein

Der Elsbethener Katzenstein

Ruine Katzenstein bei Windshausen

2 Bräuche

Brauchtum im Jahreslauf:

Maria Lichtmeß

Bauernsonntag, Bauernfasnacht und Truhentag

Bauernlitaneien aus Hopfgarten

Der „Palm“ im Sölland

Der Palm

Das „Palmholz“

Antlaßei und Antlaßreis

Der Maibaum

Brauchtum der Brixentaler am Medarditag

Der Veitstag

Almleben und Almbrauchtum im Brixental

Bergfeuer

Der Weihbusch’n

Alte Bauernfeiertage im Brixental

Die Maria-Heimsuchung-Kräuterweihe

Ägiditag

Tuschgeißelfreitag

Kirchtag

Burschenbrauchtum um Martini

Das Almafahr’n

Das Almererfahren am Martinitag

Vom Andreastag

Alter Volksglaube und Barbarazweige

Die Anklöpfler

Anklöpfi-Lied aus der Wildschönau

Weihnachtsbräuche im Brixental

Weihnachtszeit bei den Bauern im Brixental

Um Geburt, Heirat und Tod:

Wiegenreime aus dem Bri xental

Brixentaler Hochzeitsbrauchtum

Das „Anmelden“

Von Arbeit und Freizeit:

Zeug und G’wand des Bergbauern im Brixental

Holzarbeit und Holzknechtleben im Brixental

Der Holzschuh

Das jaggln

Unterinntaler Bauernspiele

Das Teufelswassern

Wie man Tiere bannt

Vom Essen und Trinken:

Das Kloberbrot

Das Moosbeerklauben

Vom Hollunder

Vom Kraut

3. Geschichten

Historische und sagenhafte Gestalten:

G’waltwoferl im Brixental

Bayrische Innschiffleut

Bauerndoktoren und Hexenglaube im Brixental

Bauerndoktoren

Von den „Hexen“

Das Manhartlied

Einiges über die wilden „Freil“

Humorvolle Geschichten, Weisheiten und Sprüche:

Volkshumor aus der Wildschönau

Volkshumor aus St johann

Der Weibermaibaum

Die miserable Zeit

Bauernweisheit

Volksrätsel aus dem Unterinntal

Hausinschriften aus Hopfgarten und Umgebung

Übernamen

Mundart und Volkserzähler aus dem Brixental:

Von der Brixentaler Mundart

Volkserzähler im Brixental

Quellennachweis

Sagen aus dem Brixental

Der Heidenschatz

Am Falkenstein im Spertentale hausten in alter Zeit heidnische Riesen. Ihre Hauptbeschäftigung war: Schätze sammeln. Tagelang wanderten sie und trugen dann Silber, Gold und andere Kostbarkeiten nach Hause. Je mehr Schätze diese Riesen zusammenbrachten, desto uneiniger wurden sie untereinander. Eines Tages kam es soweit, daß sie die Schätze teilen mußten. Jeder bekam seinen Teil.

Manche von den Riesen zogen in die Fremde. Diejenigen, welche in der Heimat blieben, siedelten sich auf den Berggipfeln an. Keiner wollte den anderen grüßen.

Der Riese, der auf dem Falkenstein blieb, galt als der Stärkste und deshalb fürchteten sie ihn alle. Diese Furcht nützte er gründlich aus. Er zog zu jedem seiner Brüder, forderte dessen Gold und wollte sich dieser etwa weigern, so erschlug er ihn. So brachte der Riese von Falkenstein wieder einen beträchtlichen Schatz zusammen. Er hätte sicher sein Vermögen noch vermehrt, wenn ihm nicht der Tod einen Streich gemacht hätte: An einem Winterabend soll der Falkensteiner Riese beim Anblick seines Schatzes plötzlich gestorben sein.

Natürlich kamen nun seine Brüder, um sich ihren Teil wieder zu holen. Beim Teilen kam es nun zu Streitigkeiten und man begann wieder zu raufen. Während nun alle rauften, raubte einer den Schatz und flüchtete. Jetzt sahen die anderen, wie dumm sie waren. Sie wollten den Riesen verfolgen, doch es war schon zu spät. Jeder zog zu seiner Siedlung und dachte traurig an den verlorenen Schatz.

Alles Denken half nichts, der Schatz kam nicht mehr. Vor Gram stürzten sich die Riesen in den Kampf und fanden dort den Tod.

Eine Redensart erinnert an diese Begebenheit; man hört sie öfters: „Des kost’ a Heid’nsgeld“ – viel Geld, wie zur Heidenszeit diese Riesen hatten.

Das Totenmandl

Im Brixental hauste in alter Zeit ein mittelgroßes, bärtiges Männlein, das man Totenmandl nannte. Jede Begegnung wurde mit ihm ängstlich vermieden. Denn, so sagten die Leute, wer das Totenmandl sieht, muß innerhalb drei Stunden sterben. Da aber dieses Männlein nichts arbeitete, und von der Luft allein auch nicht leben konnte, so ging es betteln. Damit der Alte aber ja nicht in ein Haus kam, sperrte man die Türe zu und setzte das Essen für ihn vor die Tür. Dem Männlein tat dies nichts; er nahm das Essen und wenn es gegessen hatte, sagte er: „Gott vergelts, i kimm bald wieda.“

Eine Bäuerin stellte einmal das Essen für das Männlein vor die Tür. Sie wollte nun die Tür zusperren – doch der Riegel war angenagelt. Bis man Rat wußte, was man tun könne, kam das Totenmännlein und trat in das Haus. Bauer und Bäuerin, Knechte und Dirnen ergriffen die Flucht. Das Mandl lachte sich in das Fäustchen und verzehrte alles, was in Küche, Speis und Keller zum Essen war. Dann zog das Totenmandl weiter.

Von den geflüchteten Hausbewonern wollte niemand als Erster in das Haus treten. „I gib dir die beste Kuh“, sagte der Bauer zu einem seiner Knechte, „wenn du hineingehst und uns sagst, wie es drein ausschaut.“

Der Knecht lehnte das Angebot ab. Niemand wollte es wagen, auch nur einen Schritt in das Haus zu machen.

Vor Sonnenuntergang wagten sie es doch, in das Haus zu treten. Bewaffnet mit Hakken und Sensen betraten sie das Haus. Vom Männlein fanden sie nichts; nur seine Spur in Küche, Speise und Keller entdeckten sie. Doch dies war das Leichtere. – Gestorben ist keines; und auch vom Totenmandl hörte man nie mehr etwas.

Die Älpler von Streitschlag und Wildenfeld

Auf den Almen Streitschlag und Wildenfeld lebten vor langer, langer Zeit übermütige Älpler. Sie fingen, als der Übermut am größten war, mit Butterknollen Kegel zu spielen an. Es lebte auch ein alter Mann auf dieser Alm; er mahnte die Älpler, sich nicht zu versündigen. Doch alles Mahnen half nichts.

Einmal ging der alte Mann in den Wald. Da hörte er einen Vogel, der sagte: „Alter Mann, geh von dann!“ Der alte Mann befolgte den Rat des Vogels. Er verließ die Alm. Kaum hatte er die Nachbaralm betreten, hörte er einen Krach und die Älpler waren verschwunden. Auch soll die Alm seither nicht mehr so fruchtbar sein wie früher.

Die übermütigen Knappen

Zur Zeit, als in Kirchberg noch das Bergwerk in Betrieb war, lebte im Spertentale ein alter Müller, ’s Rettenbachermüllerle. Dieser Müller wurde von den Knappen immer verspottet. Eines Tages sah der Müller, daß die Knappen Goldnägel statt Eisennägl auf den Schuhen trugen. Da sagte er: „Lang weascht’s nimma dauern, aft (dann) ist enka Prachtnix mehr. Bald d’ Hopfgaschta aufa keman Erlstaud’n hack’n1, aft is gar mit enk.“ Es dauerte nicht mehr lange, da kamen die Hopfgartner Erlen zu schlagen und der Erzsegen ließ sofort nach. Die Knappen wurden brotlos und mußten in eine andere Gegend ziehen.

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Das Totenmandl

Der Bock von der Gumpau

Auf dem Bauernhofe Gumpau hauste in alter Zeit ein reicher, eigensinniger Bauer. Was er sich in den Kopf setzte mußte geschehen, wenn es auch keinen Nutzen brachte. Zu Lichtmeß kam eine neue Dirn. Sie hatte von diesem Bauern schon oft reden gehört, aber sie wollte doch, ein Jahr wenigstens, Dirn sein.

An einem Sonntag sagte der Bauer zur Dirn: „Heut Nachmittag wirst du Erbsen setzen.“ „Ist Morgen auch Zeit“, erwiderte die Dirn und ging zur Kirche. Der Bauer blieb daheim und dachte nach, wie er die Dirn zur Sonntagsarbeit bringen könnte. Er wollte unbedingt, daß am heutigen Sonntagsnachmittag Erbsen gesetzt werden. Die Dirn war jedoch nicht zu bewegen etwas zu arbeiten. Sie gab ihm immer eine „gschnappige“ Antwort und damit mußte der Bauer zufrieden sein.

Wie er nun sah, daß alles Reden und Drohen nichts nutzte, fing er an Verwünschungen auszusprechen.

In der folgenden Nacht kam ein Ziegenbock zum Fenster des Bauern und forderte diesen auf mitzugehen. Der weigerte sich, denn er hatte Furcht vor einem „redenden“ Bock. Da drohte der Bock mit dem Teufel. Jetzt überlegte es sich der Bauer und ging mit.

Vom Bauern hörte man nichts mehr. Der Bock kam noch oft nach Gumpau, aber er fügte niemandem ein Leid zu.

Die Erlösung der Manharter

Damit die Manharter erlöst wurden und in den Himmel kommen konnten, mußte folgendes geschehen:

Es mußte eine Tanne wachsen. Aus dieser wurde eine Wiege gezimmert, und das erste Kind, welches in die Wiege gelegt wurde, war ein Knabe. Dieser Knabe wurde ein Priester. Bei seiner ersten heiligen Messe sah er alle Manharter vorbeiziehen.

Der Salvenhirt

Die hohe Salve soll in alter Zeit eine gottgesegnete Alm gewesen sein. Wie es nun ist, wenn es jemandem zu gut geht; man kannte kein Maß und Ziel mehr. In der Milch badeten sich die Älpler, Wege bestrichen sie mit Butter. Nur einer von diesen Almleuten dachte anders. Es war der Kuhhirt Er mahnte seine Kameraden. Diese schlugen alles in den Wind.

Eines Tages kam das unausbleibende Strafgericht. Es wollte nicht mehr Tag werden. Als der Senner zu seinem Vieh nachschauen ging, traf ihn der Blitz.

Die anderen fingen an zu beten und den Herrgott zu bitten, daß er ihnen das Leben schenke. Der Kuhhirt kniete in einem Winkel der Almhütte. Als sie den schmerzhaften Rosenkranz zu Ende gebetet hatten, stand er auf und sagte: „Ich will mein Leben für das Eure geben:“ Schnell riß er die Tür auf und verschwand in der Dunkelheit.

Kurze Zeit darauf wurde es hell, die Sonne schien, nur die Kühe wollten nicht mehr bleiben. Sie rissen sich los und eilten dem Tale zu. Die Älpler hinterher. Kaum hatten sie die Alm verlassen, so ertönte ein Donner und die Almhütten waren verschwunden.

Von dem Kuhhirten, der sein Leben für das der anderen hergab, hörte man nie mehr etwas.

Der Tagweid-Stier

Auf der Tagweidalm in der Windau war vor langer Zeit ein Melker, welcher einen großen Teil der Milch, die er molk, in den „Schoakoast“1 goß. Während des Sommers ahnte niemand von diesem Tun des Melkers etwas. Als es von der Heimfahrt zur Milchrechnung kam, war es dem Bauer zuwenig Milch. Der Bauer stellte den Melker zur Rede. Dieser erwiderte: „Wenn ich einen Tropfen Milch vergossen habe, so soll ich, wenn ich gestorben bin, ein Stier werden. „

Bald darauf starb der Melker. Im Langs, als man mit dem Vieh auf die Alm fuhr, war auf der Tagweidalm ein Stier. Und dazu ein ganz eigenartiger – er riß immer los, weidete allein und hatte ein auffallendes Gebrüll. Die Älpler beschlossen, ihn in den Steinkarsee zu senken. Man führte den Stier zum Steinkarsee. Kaum waren sie dort angekommen, als der Stier zu sprechen begann. Er sagte: „Wenn’s ös mi in See senkt, aft laß’ i ’n aus, daß ’s Wassa beim Huzn2 beim Kuchlfensta einchi rinnt.“ Von dieser Art, den Stier los zu werden, ließen die Älpler nun ab. Was tun? Man frug weit und breit nach einem guten Mittel. Gar viele Ratschläge erhielten die Älpler. Aber der eine war nicht gut genug und den anderen getrauten sie nicht auszuführen. Schließlich kam man auf den Gedanken, den Stier auf den Kaiser zu bannen.

Man ließ einen Pater kommen. Dieser mußte den Stall aussegnen und dann den Stier auf den wilden Kaiser bannen. Ein Mann mußte vorausgehen, ohne zurückzuschauen, und immer im Schlitt- oder Wagenloast3 gehen. Der Pater folgte betend dem Stier.

Der Stier muß solange im Kaiser draußen bleiben, bis der Schreibname „Sturm“ ausgestorben ist.

Zu Kummern – zu diesem Bauernhofe gehörte damals die Tagweidalm – mußten sie jährlich etliche Messen stiften. Dies mußten sie tun, damit der Stier nicht mehr auf die Alm komme.

Der spottende Hirt vom Moderstock

Auf der Alpe Moderstock war einmal ein Hirt namens Sepp. Er hatte ein „grobes Maul“1 und fluchte und teufelte2 wegen jeder Kleinigkeit. Kein Tag verging, an dem er nicht eine Gotteslästerung aussprach.

Ein regnerischer Tag war es. Sepp mußte die Kühe in den Haag treiben. Da geschah es, daß ihm eine Kuh in die Ache ging. Nun wurde ihm bange. Er versuchte die Kuh herauszutreiben – alles half nichts. Wie es die Gewohnheit des Sepp war, fing er an zu fluchen und teufeln. Er grub mit den Händen ein Loch und legte den Hut darüber. „Wanns an Toifl geit, aft sollt er bei den (diesem) Loch auffa schaug’n“, sprach er. Er nahm den Hut weg und wurde ganz bleich. Der Teufel schaute wirklich herauf.

Der Hirt begann sich zu bessern. Er wußte, daß es einen Teufel gibt.

Wie der Unfriedenteufel auf den Glantersberg kam

In Hopfgarten war ein Viehmarkt Auch die Bauern von Glantersberg trieben einige Kühe auf den Markt. Auf dem Wege zum Markt sprachen zwei Bauern – sie waren Nachbarn – über die Erfolge in der Viehzucht. Jeder schnitt ein wenig auf. Hatte der eine mehr Erfolg, so hatte der andere schon eine Lug’ erfunden. So ging es, bis sie zum Viehplatze kamen. „Du bist ein Lugner!“ Mit solchen Worten trennten sie sich.

„Eine Arbeit für mich“, dachte sich der Unfriedenteufel, der immer hinter den beiden Nachbarn war. Der Teufel sorgte auch dafür, daß er die beiden Bauern immer mehr in den Unfrieden brachte.

Es war spät abends, da ging einer von den zwei Bauern heim. Er schimpfte und fluchte über seinen Nachbarn. Kurze Zeit hernach ging der andere heim: auch dieser fluchte und schimpfte. Im Walde holte der letztere den ersteren ein. Sie schauten sich feindselig an und sprachen kein Wort.

Der Unfriedenteufel war nun auch auf den Glantersberg gekommen. Er versuchte des öfteren sein Glück und hatte auch Glück. Auf dem Weiler „Hof“ hatte er besonderen Erfolg, weshalb man ihn auch den „Hafer Unfriedenteufel“ nannte.

Die Wildalpseen in der Sage

In der Nähe der Roßwildalm liegen die zwei Wildalpseen. Von diesen Seen geht die Sage, daß zwei Männer einmal versuchten, die Tiefe zu ergründen. Sie nahmen einen Zwirnknäuel, an dessen Anfang sie einen Stein anknüpften. Während die Männer den Zwirn vom Knäuel abrollen ließen, hörten sie auf einmal eine Stimme aus der Tiefe des Sees: „Ergründ’st du mich – verschlint1 ich dich“, sprach die geheimnisvolle, unbekannte Stimme. Die Männer zogen den Zwirn zurück und seither versuchte niemand mehr die Tiefe der Wildalpseen zu ergründen.

Eine andere Sage berichtet von einer unterirdischen Verbindung der Wildalpseen mit dem Steinkarsee. Einem Fisch hängte man ein rotes Bändchen um. Im darauffolgenden Jahre beobachtete man den Fisch im Steinkarsee.

Man sagte auch, die letzten Heiden aus dem Pinzgau seien in die Wildalpseen geworfen worden.

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Der spottende Hirt vom Moderstock

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Die Wildalpseen in der Sage

Das Männlein auf der Stegnerbrücke

An einem Sonnwendtag in alter Zeit stand auf der Stegner Brücke in Hopfgarten ein katzgraues Männlein. Ging eine Weibsperson über die Brücke, so sagte das Männlein: „Weibl, Weibl, wohin so gneatig, bist in dein Grenn (Lauferei) nit bald fertig?“ Überschritt ein Mann die Brücke, dann sagte es: „Mannaleut wohin? Zu einer Frau im Hopfgartner Marktl?“

Gegen Mittag schritt ein Penningberger Bauer über die Brücke. Das Männlein stellte sich in die Mitte der Brücke und fragte den Bauern:

„Wohin gehst du?“

„Ins Marktl“, entgegnete der Bauer.

„Dann laß dir Zeit.“

„I habs eilig.“

„Magst a Geld?“

„Ja“, antwortete der Bauer vor Freude.

„Wenn du in deinem Keller nachgrabst, findest du drei Häfen voll Gold.“

„Gott vergelt’s“, antwortete der Bauer.

„Aber“, fuhr das Männlein fort, „nit heiraten darfst.“

„Ja, ja. Gott vergelt’s“, sagte der Bauer. Er ging schnell nach Hause, grub im Keller nach und fand, wie das Männlein sagte, drei Häfen voll Gold.

Bald darauf überschreitet eine schöne Bauerntochter die Stegnerbrücke. Das Männlein fragt:

„Wohin, schönes Bauerntöchterlein? Magst a Geld?“

„A Geld?“ fragte das Bauernmädchen, „Geld mag ich alleweil.“

„Dann grabst bei der Eiche, welche vor eurem Haus steht nach und hast genug für dein Leben,“ sagte das Männlein.

„Gott vergelt’s, Gott vergelt’s“, dankte die Bauerntochter.

„Aber nicht heiraten darfst!“ befahl das Männlein.

„Ja, ja“, versprach die Bauerntochter, eilte nach Hause, und während der Nacht grub sie nach. Und richtig – drei Häfen mit Gold gefüllt konnte sie mit in ihre Kammer nehmen.

Einige Jahre vergingen. Beide vergaßen die Worte des Männleins. Der Bauer heiratete jenes Bauernmädchen. Das junge Ehepaar war glücklich. Drei Knaben und ein Mädchen schenkte ihnen Gott.

Dreizehn Jahre waren verstrichen seit jenem Tage, an dem sie mit dem Männlein auf der Stegner Brücke zusammen trafen. Auf einmal klopfte jemand an der Tür. „Herein! „sprach der Bauer. Da trat jenes Männlein ein.

„Ihr habt“, begann es zu sprechen, „sehr schlecht euer Wort gehalten. Nun müßt ihr mit.“

Jetzt erinnerten sich beide an das gegebene Wort.

„Wir haben aber vier Kinder und können daher nicht fortgehen,“ wendete der Bauer ein.

„Dann will ich von meiner Forderung abstehen“, sprach das Männlein und verschwand.

Der Teufel von Hörbrunn

Eine gute Gehstunde braucht man, um von Hüpfgarten nach Hörbrunn zu kommen. Den Hopfgartnern kommt das Wort „Hörbrunn“ fremd vor, sie sagen: „Geh ma in d’Giashütt.“

Vor 140 Jahren wurde dort eine Glashütte eröffnet, welche später aufgelassen wurde. Manche Sage umwebt diese einst blühende Glasfabrik.

Die Arbeiter der Glasfabrik waren „Böhm“ (Böhmerwäldler) und glaubten auf den Herrgott nicht viel. Deswegen wurden sie von den Hopfgartnern nicht besonders geachtet, und mancher wünschte ihnen, daß der Teufel sie besuchen sollte. Der Wunsch ging in Erfüllung. An einem Werktag, die Arbeiter waren eifrig beschäftigt, schöne Gläser zu blasen, da kam der Teufel. Die Arbeiter warfen alles weg. Es gab nur eine Rettung – fliehen. Aber fliehen, wo doch der Teufel unter der Tür stand, war eine gewagte Sache.

„Hilfe! Hilfe!“ riefen die Arbeiter.

Nichts rührte sich. Es schien, als ob sie niemand gehört hätte. Der Teufel trat näher zu den Arbeitern. Diese schrien wieder um Hilfe. Da überrannten einige den Teufel und alle suchten das Weite. Der Teufel, über die Kühnheit der Arbeiter erstaunt, verließ die Glashütte und ließ sich nicht mehr sehen.

Nach langem Zureden nahmen die Arbeiter die Arbeit wieder auf. – Seit jenem Tage soll bei jeder Sonntagsmesse kein einziger Arbeiter gefehlt haben, denn sie wollten mit dem Teufel nicht mehr in Berührung kommen.

Die Percht im Brixental

Am Dreikönigsabend zieht die Percht mit ihrer Schar von Haus zu Haus, klopft an die Fenster, und wenn sie ein Spinnrad surren hört, dann sagt sie das Sprüchl: „Spinn, spinn, morg’n bist hin.“ Daher soll man in der Rauchzeit, vor allem aber am Dreikönigsvorabend bis zum dritten Tag nach Dreikönig nicht spinnen, will man ein gesundes Jahr erhoffen. Auch als Kinderschreck für die schlimmen Kinder tritt die Perchtl auf.

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Das Mannlein auf der Stegnerbrücke

Die Bäuerin kocht am letzten Rauchabend nicht Nudeln, wie es an den vorhergehenden Rauchabenden Sitte ist, sondern sie kocht Krapfen, d’ Percht’nkrapfen werden sie geheißen. Etliche Stück werden als Opfer für die Perchtl auf die Labn gestellt, damit sie mitgenommen werden. Dies wird von den Bäuerinnen gerne geübt, denn sie glauben, wenn die Perchtl die Krapfen nimmt und ißt, dann geht sie über das Flachsfeld und der Flachs wird im kommenden Sommer gut geraten, besonders einen schönen, feinen Zwirn kann man spinnen.

Die Percht reitet durch die Luft, sie hat auch dort und da eine Rastbank; so dienen ihr Baumstücke, auf denen drei Kreuze oder ein Drudenfuß ausgehackt sind, als Raststätte. Man erzählt: Die Percht war einmal sehr müde, nirgends fand sie eine Raststätte. Endlich erblickte sie einen Baumstock, auf dem drei Kreuze ausgehackt waren. Sie setzte sich darauf und als sie ausgeruht hatte und weiter zog, sagte sie: „Baum wachs, werd’ a Wieg’n und laß Glück daraus schrein.“ Der Baumstock fing an zu sprießen und schnell wuchs ein stattlicher Baum; er wurde gefällt und aus seinem Holze machte man eine Wiege und keines, das in dieser Wiege lag, starb ohne Nachkommenschaft.

Kommt aber die Percht in das Haus, so bringt sie nur Unglück, weshalb man daher am letzten Rauchabend drei Kreuzlein auf die Fensterstockrahmen macht und auf die Türen die Anfangsbuchstaben der Namen der hl. drei Könige schreibt. Dies ist gut gegen alle bösen Feinde des Menschen; auch die Percht kann nicht mehr in das Haus, wenn an den Türen und Fensterstockrahmen die Zeichen des letzten Rauchabends angebracht sind.

Das Perchtenspringen gehört ebenfalls zum Brauchtum der Dreikönigszeit junge, lustige Bursche vermummen sich und springen über Felder und Äcker. Die Bäuerin sieht es gerne, wenn sie über den Fleck springen, wo im Frühjahr der Flachs gesät wird. Ein Sprüchl sagt: „Wie der Percht’nsprung am Haarfleck, so wächst das Haar“ (Flachs). Es gibt also mehr Handlungen, durch welche der Flachs geratet.

Die Perchtenspringer werden von der Bäuerin nach getaner Arbeit in das Haus geladen und festlich bewirtet. Zu essen und trinken gibt es, was es nur Platz hat. Nebenbei wird es lustig. – Das Sternsingen und das Perchtenspringen tun miteinander ringen, heißt es im Volksmund. Damit will angedeutet sein, daß das Sternsingen das weihnachtliche Brauchtum abschließt und das Perchtenspringen den Fasching ins Land bringt.

Doch kann man diesem Spruche nicht ganz beipflichten. Das Perchtenspringen gehört doch auch zum Brauchtum der Weihnachtszeit. Natürlich erinnert die muntere, springerische, lebendige Art schon mehr die Zeit der Fasnacht. Das Sternsingen dürfte wohl erst mit dem Eindringen des Christentums – der Name und auch die Handlung beweisen es ganz deutlich – aufgekommen sein.

Nun einige Sagen aus der Perchtlnacht, die im Brixental erzählt werden:

1. Ein Bauer vom Naziberg (Westendorf) ging in der Perchtlnacht in das Dorf. Auf dem Wege begegnete ihm die Percht, riß ihm die Haare aus und sagte: „Nächstes Jahr z’ruck.“ Er ging im nächsten Jahre wieder diesen Weg, die Perchtl begegnete ihm auch wieder und tat ihm das Haar wieder auf den Kopf. Dieser Bauer wurde sehr alt, jedoch blieb ihm das Haar schön erhalten und wurde nie grau.

2. Mußte da ein übermütiger Bauernbursche im Windautale in der Perchtlnacht fensterln gehen. Er kam krank heim und starb bald. Die Percht soll ihn von der Labn gestürzt haben.

3. Auf dem Salvenberg kommt die Percht in der Dämmerstunde. Auf dem Naziberg zur Mitternachtsstunde; in der Windau in der zweiten Stunde nach Mitternacht. In der letzten Stunde kommt die Percht in das Spertental.

4. Am Sonnberge bei Brixen lebte ein Bauer, der mit seinem Nachbarn in Streit lag. In der Perchtlnacht stritten sie wieder sehr heftig; da flog die Perchtl vorbei und riß beiden die Haare aus. Im nächsten Jahre warteten die zwei Bauern an der gleichen Stelle auf die Percht. Sie brachte ihnen das Haar wieder.

5. Im Windautale nahm die Percht einmal sechs kleine Kinder mit. Diese Kinder holte sie aus Häusern, an denen die Zeichen des letzten Rauchabends nicht angebracht waren. Als man beim nächsten Dreikönigsvorabend die Kreuzlein und Buchstaben anbrachte, da hörte man die Percht vorbeiziehen; sie sagte: „Feascht war’ ns nit da, hoia schon, i geh’ mit die Kinder davon und bring’ sie euch, wenn die Kreuzlein geh’n.“ Die Kreuzlein wurden dann weggewischt und die Percht brachte die Kinder in das Haus.

6. Wer an einem Rauchabend spinnt, stirbt bald. Die Percht spricht ihr Sprüchl und der Betreffende stirbt bald eines unerklärlichen Todes. Lebte da im Brixental eine Spinnerin, die ihr Brot im Winter durch das Flachsspinnen bei den Bauern erwarb, die es sich nicht nehmen ließ, am letzten Rauchabend zu spinnen. Gesund und lachend ging sie schlafen, am Morgen lag sie tot im Bette.

7. Einmal erschien die Perchtl den Perchtenspringern. Diese erschraken nicht wenig. Doch sie ging wie sie gekommen. Der Flachs geriet aber so sehr, daß man zwei Winter zu spinnen hatte, wogegen man mit gewöhnlicher Ernte in einem Winter leicht fertig wurde.

8. „Wennn mir die Percht eine gute Flachsernte verschafft, gib ich zwei Haarreistl,“ sagte eine Bäuerin. Die Flachsernte wurde gut, das Versprechen jedoch nicht gehalten. In den folgenden Jahren geriet der Flachs nicht mehr. Endlich erfüllte sie das Versprechen und der Flachs geriet wieder.

Irrwurzen im Brixental

In zwei Wäldern des Brixentales kommen Irrwurzen vor. Es sind dies jene Wurzen, bei denen man in die Irre geht, vom Weg abkommt, wenn man darauf tritt. Im Bruggberg-Walde und im Auner-Walde sind solche Wurzen und die Sage weiß viel von diesen Wurzen und den Begebenheiten über Menschen, die auf solche Wurzeln traten, zu erzählen. Vor allem der Bruggberg mit seinen sumpfigen Wiesen ist sagenumwoben. Oft erzählen Bauern, Bäuerinnen und Dienstboten, besonders die in der Nähe dieser Wälder wohnen, von den lrrwurzen. Auch meine Mutter wußte mehr als ein halbes Dutzend Sagen. Einige dieser Sagen mögen folgen:

Einst ging ein Wildschönauer nach Söll zu einem Bekannten. Er benützte den Weg über den Bruggberg, der ihn schneller an das Ziel führte. Es war bereits dämmrig, als er zu Oberfoisching nach dem Weg fragte. Die Bäuerin sagte ihm den Weg genau an, da es aber schon sehr dämmrig war, fügte sie die Mahnung hinzu: „Bleib bei uns über Nacht, denn, wenn du auf eine Irrwurz trittst, so kommst du sieben Tage nicht mehr aus dem Wald.“ – Der Wildschönauer schlug die Warnung der Bäuerin in den Wind und ging den Weg weiter. Bald wurde es dunkel, es kam die Nacht und nach einer Weile schien der Mond in verschwenderischer Helligkeit. Der Mann kam nicht mehr aus dem Walde. Nach stundenlangem Umherirren kam er zu einer moosigen Wiese, an deren Rande er sich unter einem Baume niederlegte, um den Tag zu erwarten. Es wurde nicht mehr Tag. Oft wurde der Wildschönauer wach, immer schien der Mond gleich hell. Die Schatten der Bäume, das wunderbare Dunkel im Walde war so schön, daß er sich unter dem Baume aufrichtete und die Schönheit betrachtete. Ein wunderschönes Bild war es. „Geh, die Irrwurz führt dich“, sagte tief und widerhallend eine Stimme. Der Wildschönauer ließ sich dies nicht zweimal sagen. Er ging, wohin ihn die Füße trugen. Nach einer langen Weile kam er zu einer alten Lärche. Um diese Lärche tanzten drei Berggeisteln. – „Was tanzt ös da?“ fragt der Bauer. – „Den Irrwurzentanz mit Waxlaubkranz“, antworteten die Berggeisteln. – „Tanz mit! Tanz mit!“ luden sie den Wildschönauer ein. – „Meine Füaß sand zu alt“, darauf der Wildschönauer. – „Niemand is z’ jung, niemand is z’ alt, Mitternacht kimt bald“, erwiderten die Berggeisteln. Der Bauer tanzte nicht mit. Er wartete bis Mitternacht und als dann der ganze Spuk verschwand, legte er sich zu dieser Lärche hin und schlief bald ein. Als er am nächsten Morgen wach wurde, trat er seinen Weg an und kam gegen Mittag aus dem Dickicht des Waldes hinaus.

In seinem Leben ging er nie mehr diesen Weg, denn das Erlebnis in jener Nacht wirkte in ihm so nachhaltig, daß er Zeit seines Lebens zu keiner Tanzunterhaltung mehr ging. Daß er mit den Berggeistein nicht mitgetanzt habe, sei sein Glück gewesen, so daß er am nächsten Mittag aus dem Irrwurzenwalde herauskam. Wenn er mitgetanzt hätte, wäre er sicherlich in das geheimnisvolle Innere des Berges gezaubert worden und wäre erst dann wieder herausgekommen, wenn seine Haare schneeweiß geworden.

Ein Bauer in der Nähe des Bruggberges war mit seinen Leuten auf der Streumahd auf dem Bruggberg. Während alle abends heimgingen, blieb der Bauer droben, denn es verdroß ihn, heimzugehen. Als es dunkel wurde, hörte der Bauer eine Stimme, die sagte: „Geh’ oan Schritt, geh eine Weil’, wart’ nit lang, geh’, bis Mitternacht wird.“ – Etliche Male hörte der Bauer diesen Spruch, ohne einen Fuß zu rühren. Als aber die Stimme immer lauter wurde, erhob er sich vom Boden und ging ein kleines Stück in den Wald hinein. Da trat er auf eine lrrwurz. Den Weg zum Zurückgehen fand er nicht mehr. Immer tiefer kam er in den Wald hinein. Schließlich legte er sich bei einer Tanne nieder und schlief bald ein. Am frühen Morgen des nächsten Tages versuchte er, den Weg aus dem Walde zu finden, ohne Glück und Erfolg zu haben.

Während des ganzen Tages irrte er umher. Am Abend war der Bauer ganz verdrossen und verzagt. Der Schlaf übermannte ihn bald. In dieser Nacht hatte er einen gar seltsamen Taum. Er sah seinen Hof im Winterkleid, so in der Zeit um Neujahr etwa. Da trug man eine tote Frau zu seinem Hause und begehrte Einlaß. Erschrocken öffnete er und man trug seine Frau in das Haus. – Am nächsten Tage fand der Bauer den Weg und kam aus dem Walde. – Der Traum wurde bittere Wahrheit. In einer Nacht nach Neujahr brachte man seine Frau tot in das Haus. Sie ging abends zum Nachbarn und starb dort in der Stube eines jähen Todes.

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Irrwurzen im Brixental

Beim Lengerer Stall waren früher stets Tanzunterhaltungen. An frischen Herbstabenden fand sich das junge Volk des Bruggberges hier zusammen und unterhielt sich auf das beste. Gar nicht weit von diesem Stalle entfernt steht ein Stein, auf dem die Fußspuren des Teufels zu sehen sind.

Da war wieder einmal so ein lustiger Tanz. Alles war fröhlich und munter; echter Kirschschnaps, tückisch und süß, wie er ist, ging um die Runde. Während alle sich fröhlich nach den Klängen der Musik drehten, tat der Teufel, auf dem Steine stehend, einen grellen Juchezer, so daß alles erschrak. Man eilte aus der Tenne und jedermann sah zu seinem Entsetzen den Teufel, der nun recht hölzern lachte. Eilig trennte sich das junge Volk und ging schnellen Schrittes nach Hause. Manche waren von der anderen Seite des Bruggberges und mußten durch den Wald gehen, um nach Hause zu kommen. Im Walde sahen sie zur linken Seite immer das Bild des hölzern-lachenden Teufels. Zwei junge Burschen traten in dieser Nacht auf eine lrrwurz, kamen vom Wege ab und mußten im Walde bleiben. Gegen Morgen kamen sie auf einen schönen Hof. Im Osten stieg die Sonne immer höher. Als sie vor dem Hause standen, war es bereits ordentlich Tag. Aus dem Hause kam ein alter Bauer und sagte: „Seid’s jung und werd’s bald alt.“ – „Ach was! Wir arbeiten am Hof, wir füttern das Vieh und leben ohne Sorgen“, erwiderte einer der beiden, langte nach der Mistgabel und begann mit der Herbstdüngung. Der andere folgte seinem Kameraden und beide schafften Tag für Tag. Zu essen bekamen sie von der alten Bäuerin. Die Kost war gut. Bald wurde es Winter. Schnee fiel auf die Erde; die Rauchnachtzeit kam. In dieser Zeit starben die beiden Bauersleute. Nun waren die beiden Burschen Bauern und mußten es so lange bleiben, bis ein anderer sich hierher verirrte.

Auch vom Aunerwald bei Westendorf sind uns etliche Sagen von Irrwurzen überliefert.

Einmal trat ein Bauer im Aunerwalde auf eine lrrwurz. Nach langem Umherirren fand er eine Höhle. Aus Neugierde trat er ein. Darin schliefen drei Riesen beim Schein einer Pechfackel. Der Bauer bestaunte das Innere der Höhle und es kam ihm ungemütlich vor. Als er sich entfernen wollte, wurden die Riesen wach und luden ihn ein, bei ihnen zu bleiben. Der Bauer folgte der Einladung, setzte sich in ihre Mitte und fing mit ihnen zu plaudern an. Sie redeten von harter Arbeit, von guter Kost, vom Vieh, vom Wetter und von der Kraft. Die Riesen erzählten voll Stolz von ihrer gewaltigen Kraft und erzählten Begebenheiten, wo sie ihre Kraft unter Beweis stellen mußten.

Der Bauer hörte aufmerksam zu, fügte manchmal ein Wort hinzu und foppte die Riesen. Dadurch wurden die Riesen immer redseliger. Einer machte dem Bauern den Vorschlag, wenn er ihnen ein „Mensch“ verschaffe, so könne er sie zur Arbeit auf seinem Hofe haben. Jetzt gefiel dem Bauern die Rede nicht mehr. Er schickte sich an die Höhle zu verlassen. Die Riesen hielten ihn mit schönsten Worten zurück. Nun gaben ihm die Riesen zu verstehen, daß er ihnen nicht mehr entrinnen könne, denn er sei auf eine Irrwurz getreten und müsse daher so lange bei ihnen bleiben, mit ihnen essen und leben, bis ein anderer auf eine Irrwurz trete und den Weg zu den Riesen gehe. Dies dauerte doch immer etliche Jahre, denn man mied den Weg durch den Aunerwald bei Nacht. In dieser Zeit, und mochte sie noch so kurz sein, wurde bei den Riesen jeder alt und seine Haare nahmen schneeweiße Farbe an.

Eine andere Sage berichtet von einer Bauerndirn, die ebenfalls bei Nacht im Aunerwalde auf eine Irrwurz trat und zu den Riesen kam. Anfangs war sie keck und fröhlich, doch Tag für Tag wurde sie stiller und „dasiger“. Wenn sie vom Fortgehen sprach, grinsten sie die Riesen höhnisch an und sagten: „Geh nur, du kommst doch bald wieder.“ Eines Tages entschloß sie sich zum Gehen. Ihre Füße trugen sie nicht weit. Alles war dunkel, unheimlich und gefühllos. Wenige Schritte war die Dirn gegangen, als sie umkehrte. Bald darauf starb sie.

Die Sagen von den Irrwurzen werden stets als Hinweis zum Tode gebraucht, denn wer auf eine Irrwurz getreten ist, der kann nicht mehr gesund zu den Seinen zurück, wenn er überhaupt noch zurückkonnte. So hatten die Leute der vier Westendorfer Höfe Burwegen, Degenmoos, Schwaigern und Tappen das Unglück, auf dem Wege durch den Aunerwald auf eine Irrwurz zu treten. Sie kamen alle nicht mehr zurück.

Quellen: Mündliche Mitteilungen von Anna Schipflinger, Hopfgarten, und Leonhard Oberlindober, Bauer zu Vorderaschenmoos. (Anton Schipflinger)

Die wilden Löda

Meine Mutter erzählte oft von den Schätze hamsternden Nachkommen der Riesen, die in der Sage und in den Erzählungen der Bauern als „wilde Löda“ benannt werden

Alte Älpler berichteten mit mancher Sage von diesen Männern. Den Sagen voraus schicke ich die Ansicht über die Besiedlung und Urbarmachung des Brixentales, wie sie sich die alten Leute, eben auf Grund der Sagen von den Riesen und wilden Männern, vorstellen.

Riesen lebten im Brixental vor vielen Jahrhunderten, sie waren die ersten Siedler des Tales, sie rodeten die Wälder und schufen fruchtbares Ackerland. Ihre Nachkommen hatten nicht mehr diese Riesenkraft und konnten auch nicht solches leisten, wie die Riesen leisteten. Kleine Menschen waren Nachkommen der Riesen. So erklären sich ältere Leute die Besiedlung des Brixentales.

Die Riesen leben heute noch in der Volksüberlieferung, in den Geschichten und Sagen der wilden Löda, fort.

Diese wilden Löda waren die wenigen Nachkommen der ersten Riesen, die das Tal rodeten. Große, kräftige Männergestalten waren sie. Leistungen vollbrachten sie, daß jedermann staunen mußte. Bäume entwurzelten sie mit Leichtigkeit, Steine preßten sie zusammen, daß das Wasser herausrann, und noch vieles andere taten sie.

Besonders berühmt wurden die Riesen vom Falkenstein im Spertentale. In der Sage „Der Heidenschatz“ wird das Schicksal der Riesen so richtig beleuchtet. Die Sage gibt uns ein Bild vom Ende der Riesen. Schätze sammeln war die Hauptleidenschaft der Falkensteiner Riesen; auch die anderen Riesen im Tale haben gleiches getan. Und das Ende: durch die vielen Schätze wurden sie uneinig. War es da nicht ein Leichtes, daß sie von Zwergen, kleineren Leuten, besiegt wurden? Diese haben dann das von den Riesen gerodete Land in Besitz genommen und bewirtschaftet. Die Riesen drängte man auf die Berge. Sie wurden arbeitsscheu und widmeten sich immer mehr ihrer Hauptleidenschaft, dem Schätze sammeln.

Die zurückgedrängten Riesen wurden leutscheu; sie trauten niemandem. In der Einsamkeit führten sie jedoch kein eintöniges Leben. Im Gegenteil, sie fingen nun wohl von neuem zu arbeiten an, doch ihre Arbeit war umsonst. Sie waren nun einmal dem Golde ergeben, das sie vom Segen der Arbeit losband.

Von ihrem Leben in den Wäldern erzählen folgende Volksg’sagat:

Ein Bauer hatte auf der Alm noch manches zu tun und so begab er sich an einem regnerischen Herbsttage dorthin. Als er in die Hütte kam, war alles in Unordnung, obwohl der Senner bei der Heimfahrt alles in Ordnung brachte. Schnell stieg dem Bauern der Gedanke auf, daß die wilden Löder hier gewesen sein müssen. Am Abend kochte sich der Bauer ein Mus. Während er aß, kamen drei wilde Löder bei der Tür herein, stellten sich um die Esse und begannen für sich das Nachtmahl vorzubereiten. Auf den Bauern achteten sie gar nicht. – Einer brachte eine Muspfanne, die so groß war wie ein Kaskessel. Der zweite brachte einen Sechter Schmalz, warf es in die Pfanne und begann zu kochen. Der Dritte steuerte Wurzenmehl bei. Nachdem das Mus fertiggekocht war, teilten sie es in drei Teile und jeder begann seinen Teil zu essen. Löffel brauchten sie keinen, denn sie nahmen die Hand. – Dem Bauern wurde es ungemütlich und er verließ noch in selbiger Nacht die Hütte.

Aus den Wurzeln der Waldkräuter erzeugten sie Mehl. Sie sammelten die Wurzeln, trockneten sie und mahlten sie mit zwei großen Mühlsteinen. Auch auf die Jagd gingen sie; das Fleisch brateten sie am Spieß. Ihre Hauptkost war Fleisch und Mus.