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Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im
Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-95894-026-0

Fotografien: Tanja Matzku
Fotografien Cover: VICUSCHKA; Africa Studio, Carlos Rondon,
Mariusz Szczygiel, Natali Zakharova / Shutterstock (www.shutterstock.com)
Innenlayout und Gesamtkonzept: Tanja Matzku
Lektorat: Moritz Langer

© Copyright: Omnino-Verlag, Berlin / 2016

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen
und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.
E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

FÜR PAPI

Dieses Buch widme ich meinem Vater, Dieter Matzku, der trotz alpenländischer Prägung immer dazu bereit war seiner Tochter vegetarische Gerichte zu zaubern, und am Ende an seinen eigenen Kreationen mehr als einmal Geschmack gefunden hat.

Danke für Deine Offenheit und Deinen Ideenreichtum.

INHALT

VORWORT

Danke Berlin, du machst es einem leicht.

Aller Anfang war schwer. In den 90er-Jahren in Bayern Vegetarier zu sein, war recht außergewöhnlich. Die Normalität im konservativen Wohlstandsdeutschland hieß: Morgens, mittags und abends tierische Speisen – und bitte niemals fragen, woher sie kommen, sondern einfach nur kaufen. Ich hatte das Glück in jungen Jahren von einer wirklich großartigen Englischlehrerin aus meinem Dornröschenschlaf geweckt worden zu sein. Eine Dokumentation über die Fleischproduktion für McDonald's im Regenwald, die sie uns knallhart im Unterricht präsentierte, hatte mir die Augen geöffnet. Diese Bilder habe ich bis zum heutigen Tag nicht vergessen.

Das Leben als Vegetarier in München war damals nicht gerade ein Kinderspiel. Abgesehen von ständigen, unfreiwilligen Diskussionen mit einem oft feindlich reagierenden Umfeld, ließ schlichtweg das Nahrungsmittelangebot sehr zu wünschen übrig. Aus einem mir nicht nachvollziehbaren Grund bedeutete vegetarisch damals: Unmengen Brokkoli und Mais. Bestellte man sich eine vegetarische Pizza, kam nicht etwa die Pizza ohne den Prosciutto, sondern eine Pizza mit einer etwa 3 cm dicken Schicht Mais und Brokkoli. Grauenhaft. Essen unterwegs war im Grunde gar nicht möglich.

Dann die erste Reise nach Berlin. Was für eine Offenbarung! Eine große Stadt mit, sogar damals schon, vielfältigem Angebot. Subkulturen, Alt-68er, Punks, Alternative, Ökos, Techno. Und bezahlbares Essen, aus aller Herren Länder. Ganz vorne, das geliebte und bis dahin unbekannte Falafel. Unterwegs mal was auf die Hand, ohne Tier. Ein Traum. In München dann wieder der ständig schwelende Appetit. Gammeldöner hier, Gammeldöner da. Also aufgeben?

Nein, die die keine Stimme haben, brauchen eine. Und Tiere stehen ganz unten in der Hierarchie. Sie bekommen die meiste menschliche Gewalt zu spüren, vor allem in Form von Massentierhaltung, die Grundlage der Ernährung der meisten ist. Dann doch lieber die Stadt wechseln. Mein knurrender Magen und meine feste Überzeugung zogen mich schließlich nach Berlin.

Oh Berlin, du warst meine Rettung! Eine richtige Großstadt eben, offen für Neues. Den logischen Schluss vom Vegetarier, der ja weiterhin Massentierhaltung unterstützt, nur in Form anderer Produkte, zum Veganer zu werden, hatte ich noch nicht gezogen. Vegan war noch nicht in, vegan war noch nicht angekommen. Auch in Berlin verbreitete sich die Idee erst langsam aber stetig. Ich konnte es Jahr für Jahr beobachten, fühlen und schmecken.

Schließlich kam er, der sehnsüchtig erwartete Tag: Nach Jahren der Abstinenz wieder ein Stück Kuchen, einen Brownie. Double chocolate fudge. In einem Café gekauft, vollkommen ohne Massentierhaltung, vegan, und „tierisch“ lecker. Schlemmen ohne Leid. Yes!! Berlin rockt. Hier machen einfach nicht alle das Gleiche und genau das war die Chance zum veganen Weg. Manche halten hier auch mal inne, denken nach, spüren nach und machen es dann anders. Manchmal entsteht daraus eine richtig gute Sache. Für die Welt UND meinen Magen! Heute ist das in Berlin Normalität. Veganer aus ganz Europa kommen hierher und essen sich einmal durch. Herrlich.

Gekocht und ausprobiert habe ich auch selbst im Laufe der Jahre viel. Vor allem die deftigen Gerichte aus meiner Kindheit wollte ich nicht missen und habe sie daher einfach vegan nachgekocht. Mein Buch ist eine Sammlung persönlicher Favoriten, einfach nachzukochen – das war mir wichtig. Man muss sich nicht auf absolut neue und unbekannte Gerichte einstellen. Wem es nach Omas leckerer Sauerbratensoße ist, der findet sie in diesem Basiskochbuch. Wer zu seinem Kaffee mit Hafermilch eine Zimtschnecke genießen will, der findet sie hier auch. Es geht auch „ohne“, das ist der Tenor. Genuss ohne Tierisches ist kein Ding der Unmöglichkeit. Wenn wir es alle gemeinsam schaffen, unseren Konsum tierischer Produkte einzuschränken und die wenigen verbleibenden tierischen Produkte bei guten Bauern zu kaufen, die sich um das Wohl ihrer Tiere sorgen und diese respektvoll behandeln, dann ist die Sache doch geritzt! Es schmeckt, macht satt und ist einfach eine logische Weiterentwicklung. Wieso also nicht. Mal ehrlich, weniger ist einfach fast immer mehr, oder nicht?

Den Kampf für die Würdigung jeglichen Lebens, für den Schutz unseres Klimas, für den Erhalt der Natur, für eine gerechte Verteilung der Nahrungsmittel, auch für jene, die nicht in westlichem Überfluss leben und ihre Kinder satt und glücklich sehen wollen, diesen Kampf dürfen wir nicht aufgeben. Jeder einzelne sollte sich beteiligen. Gegen jede Bequemlichkeit.

Denn die Frage ist doch letztendlich: Was für Werte wollen wir unseren Kindern vorleben und was für eine Welt wollen wir ihnen hinterlassen? Wem die Zusammenhänge zwischen einer veganen Lebensweise und Umweltschutz, Klimaschutz, gerechter Nahrungsverteilung, und dem Schutz künftiger Generationen noch nicht klar sind, den möchte dieses Buch aufklären – und einen Weg zeigen, wie man einen kleinen Beitrag durch das tägliche Essen leisten kann.

Uff jeht's, meene Lieben!

Tanja Matzku

WARUM PFLANZLICH?

I. MENSCHENRECHTE UND ÖKONOMISCHE ASPEKTE: Für eine gerechte Ressourcenverteilung weltweit

Die Welternährungsorganisation der vereinten Nationen FAO (Food and Agriculture Organization) geht davon aus, dass die Erträge der momentanen weltweiten landwirtschaftlichen Produktion ausreichend für die zweifache Erdbevölkerungszahl sind. Jeder Mensch auf diesem Planeten hätte gegenwärtig, zumindest in der Theorie, mehr als genug Nahrung zur Verfügung. Trotzdem leiden geschätzte 800 Millionen Menschen an Hunger. Im Jahre 1999 verhungerten weltweit 30 Millionen Menschen. Alle 5 Sekunden stirbt ein Kind an Unterernährung. Gleichzeitig hat die Zahl der übergewichtigen Menschen die Zahl der hungernden überholt. Ebenfalls mit Folgen für die Gesundheit, denn in den industrialisierten Wohlstandsländern nehmen ernährungsbedingte Krankheiten drastisch zu. So haben die einen zu wenig und die anderen viel zu viel. Bei der weltweiten Verteilung von Ressourcen werden Menschenrechte nicht in Betracht gezogen, vielmehr globaler Profit. Hunger ist von Menschen gemacht.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Rolle der fleisch- und milchproduzierenden Industrie eingehen, deren Beitrag zum Problem beachtlich ist.

Hunger

Das meiste Land dieser Erde nimmt das Rind in Anspruch. Mit einer weltweiten Population von etwa 1,5 Milliarden Tieren zählt es unbestreitbar zu den erfolgreichsten Lebewesen dieses Planeten. Der Ökologe Josef H. Reichholf geht davon aus, dass die meisten dieser Rinder sogar besser mit Nahrung und Medikamenten versorgt sind, als sehr viele Menschen es sind. Unsere Nutztiere sind uns einen großen Aufwand wert. Im Buch „Das Imperium der Rinder“ von Jeremy Rifkin wird der Nahrungsbedarf der weltweiten Haustierpopulation in den 80er Jahren bereits auf das Dreifache des menschlichen Nahrungsbedarfs geschätzt. Von gut 45 Millionen Tonnen Getreide, die in Deutschland im Jahre 1996 produziert wurden, wurden 10 Millionen exportiert, 13,4 Mio verbraucht und 21,6 Mio Tonnen an Tiere verfüttert. Also mehr als die Hälfte des im Inland verbrauchten Getreides.

Tierzucht ist aufwändig. Es ist davon auszugehen, dass der Boden, der heute durchschnittlich für ein einziges Rind verbraucht wird, zur Nahrungserzeugung für nicht weniger als 100 Menschen genutzt werden könnte. Denn für die Produktion eines Kilogramms Fleisch werden 7-16 kg Getreide oder Hülsenfrüchte benötigt. Das Rind verbraucht etwa 90 % der aufgenommenen Pflanzenergie und wandelt sie in Gülle um. Der Anteil nutzbaren Fleisches beim Rind soll sich dabei nur auf magere 35 % belaufen. Der Umweg der Nahrung über das Tier erzeugt also hohe Verluste. Gleiches gilt immer mehr auch für Hausschweine, die heute kaum mehr mit Haushaltsabfällen, sondern mit Viehfutter aus Soja oder Mais gefüttert werden. Dieses Viehfutter für unsere Haustiere wird dort angebaut, wo nicht selten Menschen hungern. Gut ein Drittel der deutschen Rinder und wahrscheinlich noch mehr Schweine und Hühner fressen ausschließlich Getreide und Soja aus Südamerika.

Während Sojabohnen in Brasilien im Überfluss für den Export geerntet werden, sind dort mehr als vierzig Millionen Menschen von Hunger betroffen. Bedenkt man, dass Soja so viel Eiweiß wie Fleisch enthält und daher die Bevölkerung mit reichlich Protein versorgen könnte, erscheint dieser Abtransport in die Wohlstandsländer und die dortige, verschwenderische „Veredelung“ zu Fleisch und Milchprodukten noch unglaublicher. Die besagten Bohnen sind weitgehend genmanipuliert, mit noch nicht erforschten Folgen für Vegetation und Endverbraucher und ihre Erträge füllen die Taschen einiger weniger Saatgut-Großkonzerne, während große Teile der Bevölkerung gegen ihren Hunger ankämpfen.

Auch die aktuelle Diskussion zum Thema Biosprit soll hier Beachtung finden. Eine Alternative zu Normalbenzin findet als weiterer Grund für den Hunger der Welt schnell und direkt den Weg in die Medien. Dass für Biosprit gegenwärtig nur 3 % der Welternte, zur Fütterung der Haustiere der Wohlhabenden dieser Erde jedoch weit über ein Drittel der Welternte verbraucht werden, sind Fakten, die dem Verbraucher aus vermutlich weniger humanitären Gründen vorenthalten werden.

Durst

Nicht nur Hunger, auch Durst wird durch die weltweite Fleisch- und Milchproduktion mit bedingt. Bedauerlicherweise steigt auch in Entwicklungsländern der Fleischkonsum immer mehr an. Ein wachsender Anteil der wohlhabenderen Bevölkerungsschichten orientiert sich an westlichen Essgewohnheiten, die Folgen haben auch hier v.a. die Mittellosen zu tragen. Viehhaltung verbraucht große Mengen an Wasser. Für 1 Kilo Fleisch benötigt man ungleich mehr, etwa fünf mal so viel Wasser wie für die Produktion eines Kilos Getreide. In niederschlagsarmen Ländern hat dies zu starkem Rückgang des Grundwassers und damit vor allem für die armen Bevölkerungsschichten zu erschwertem Zugang zu Trinkwasser geführt. Insgesamt leidet etwa ein Drittel der Weltbevölkerung unter Wassermangel, die wachsende Verbreitung der Luxusnahrung Tier wird dieses Problem in Zukunft weiter verschlimmern.


JEAN ZIEGLER, Soziologe, Politiker, Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen (2000-2008) :

„... Die weltweite Getreideernte ist rund 2 Milliarden Tonnen pro Jahr. Über 500000 werden dem Vieh der reichen Nationen verfüttert – während in den 122 Ländern der Dritten Welt (wo 4,8 der 6 Milliarden Menschen unseres Planeten wohnen) pro Tag nach UNO-Statistik 43000 Kinder am Hunger sterben. Diesen fürchterlichen Massenmord will ich nicht mehr mitmachen: kein Fleisch zu essen ist ein minimaler Anfang.“

Geliebter Luxus Tier

Für wen rechnet sich diese Verschwendung? Für den preisbewussten Endverbraucher in den westlichen Wohlstandsländern? Würde man die Höhe der hiesigen, über Steuern eingenommenen Fördermittel für die konventionelle, industrialisierte Viehwirtschaft in Form von Massentierhaltung mit dem endgültigen Ladenpreis verrechnen, so erhielte man sicher eine magere Bilanz.

Billigfleisch ist eine Täuschung, rechnet man bezahlte Agrarsubventionen, den Energieverbrauch für Tierhaltung, gestiegene Trinkwasserkosten, Kosten für den Umweltschutz oder die Folgen des Klimawandels (siehe Seite 34) mit ein, ganz zu schweigen von den Belastungen für das Gesundheitssystem, die durch den übermäßigen Verbrauch tierischer Produkte durch die Bevölkerung entstehen. Auch jene Konsumenten, die tierische Lebensmittel in geringem Maß und beim Biobauern kaufen, werden über Steuern ungefragt für die haltlose Massenproduktion mit zur Kasse gebeten. Der Profit dieser Machenschaften auf der anderen Seite fließt, davon ist auszugehen, in private Taschen und kommt keineswegs der Allgemeinheit zugute.

Warum machen wir das weiterhin mit? Weil es einerseits extrem schwer ist, die Zusammenhänge zu durchschauen. Massenzucht- und Schlachtanlagen werden bewusst vor den Augen der Verbraucher versteckt gehalten. Außerdem nimmt Fleisch in vielen Kulturen noch immer eine Sonderstellung ein. Die psychologische Beziehung des Menschen zu Fleisch ist ein interessantes Phänomen. Fleisch und andere tierische Produkte sind seit jeher ein Maßstab für Wohlstand und Macht. Und auch heute noch kann man bei vielen Menschen die tief verwurzelte Überzeugung feststellen, dass auf einem Teller ohne Fleisch nichts „Anständiges“ zu essen sei. Auch von der vermeintlichen Kraft, die speziell Fleisch verleihen soll, sind viele Menschen noch immer überzeugt. Die genauen Ursachen und Zusammenhänge der verklärten Beziehung des Menschen zum tierischen Nahrungsmittel zu ermitteln, ist mir an dieser Stelle nicht möglich und führte zudem viel zu weit. Sie muss aber als eine der Ursachen für die weit reichende Akzeptanz industrialisierter Massenproduktion von Tieren und deren Folgen gesehen werden.


MAHATMA GANDHI, indischer Pazifist und Menschenrechtler (1869-1948):

„Die Erde hat genug für die Bedürfnisse eines jeden Menschen, aber nicht für seine Gier.“

QUELLEN:

Brot für die Welt, Hilfsaktion der evangelischen Landes- und Freikirchen in Deutschland

Reichholf, J.H. (2006): Der Tanz um das goldene Kalb. Der Ökokolonialismus Europas. Klaus Wagenbach, Berlin Rifkin, J. (1994): Das Imperium der Rinder. Campus, Frankfurt

Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus (SVV), Bahnhofstr. 52, 9315 Neukirch-Egnach Vegetarierbund Deutschland (VEBU), Blumenstraße 3, 30159 Hannover Wagenhöfer, E. & M. Annas (2006): We feed the world. Orange-press, Freiburg Welternährungsorganisation (FAO), Viale delle Terme di Caracalla 00100 Rom, Italien Worldwatch Institute, 1776 Massachusetts Ave., N.W. Washington, D.C. 20036-1904, USA

II. ÖKOLOGISCHE FOLGEN VON MASSENTIERHALTUNG

Die Erhaltung natürlichen Lebensraumes ist nicht nur wegen der Artenvielfalt selbst und ihrer Bedeutung für die Evolution ein Anliegen. Auch kommende Menschengenerationen sollen die Möglichkeit haben, sich von der Schönheit, Vielfalt und Ruhe der Natur inspirieren zu lassen und sie ohne gesundheitliche Risiken genießen zu können.

Die die Natur schonenden, nachhaltigen Formen der Landwirtschaft sind außerdem Voraussetzung für eine gesicherte Zukunft, da sie nicht heute zerstören und ausbeuten, was von den Kindern unserer Kinder morgen noch gebraucht werden wird.

Neben Industrie, Verkehr und Siedlungsbau geht die Zerstörung der Umwelt und damit der Artenvielfalt in Deutschland vor allem auf das Konto der landwirtschaftlichen Nutzung.

Besonders die Viehwirtschaft ist es, die die Natur in größtem Maße belastet. In Deutschland ist das Lebendgewicht von Rindern, Schweinen, Schafen und Pferden zusammen fünfmal so hoch wie das der Menschen. Diese immens große Zahl von Nutztieren bleibt nicht ohne Folgen.

Wasser

Die landwirtschaftliche Viehhaltung soll ein mindestens drei mal so hohes Abwasseraufkommen wie die Gesamtbevölkerung Deutschlands haben. Im Gegensatz zu menschlichem Abwasser jedoch müssen diese Massen an Gülle nicht kompliziert geklärt werden, sondern werden unverändert auf den Fluren verkippt. Ein Großteil gelangt ins Grundwasser und in Bäche und Flüsse. In Deutschland ist die Grundwasserbelastung durch Massentierhaltung in weiten Bereichen so hoch, das Trinkwasser eingekauft werden muss. Nicht nur Flüsse, Seen und das Grundwasser, auch Nord und Ostsee sind von der Überdüngung mit Gülle betroffen. Das Ökosystem der belasteten Gewässer verändert sich, Arten sterben. Gleichzeitig wird in der Viehhaltung enorm viel Wasser verbraucht. Trotz ausreichendem Niederschlag ist Trinkwasser kostbar geworden.

Deutschland soll hier nur als Beispiel für die Probleme industrialisierter Länder dienen. So spricht man in den USA von einer Fäkalbelastung durch Nutztierhaltung, die 100 mal größer sein soll als die durch den Menschen verursachte. In den 90er Jahren war die von der Landwirtschaft verursachte Wasserverschmutzung in den USA sogar umfangreicher als die aller Städte und Industrien zusammen.

Vegetation und Artenvielfalt

Zusätzlich zur direkten Belastung durch die Gülle wird verflüchtigter Ammoniak aus der Gülle und den Viehställen durch Regen in der Luft gebunden und gelangt über den Niederschlag auch in Gebiete, in denen nicht gedüngt werden soll, wie z.B. in Naturschutzgebiete. Überdüngung überleben nur jene Pflanzenarten, die das Überangebot an Nährstoffen tolerieren können. Die in Bayern üblichen grünen Löwenzahnwiesen sind ein Beispiel. Löwenzahn wächst schnell und verdrängt andere Pflanzen, die nährstoffarme Böden gewöhnt sind. Die Vielfalt stirbt aus und verändert die Umweltbedingungen. Mit ihr sterben Tiere wie z.B. bodenbrütende Vögel oder Feldhasen, wie der Ökologe Josef H. Reichholf in seinem Buch „Der Tanz um das goldene Kalb – Der Ökokolonialismus Europas“ ausführlich erklärt.

Auch der sogenannte „Saure Regen“ ist zum Großteil auf die Luftschadstoffe aus der industriellen Landwirtschaft zurückzuführen. Neben Industrie und Verkehr schädigt er auch Jahre nach dem öffentlichkeitswirksamen Thema „Waldsterben“ noch immer in großem Maße unsere Wälder und Böden.

Die Fluren, besonders die offenen Agrarlandschaften, sind offenbar die artenärmsten in Deutschland. Überdüngung, Flurbereinigungen (Zerstörung von Biotopen), Bodenerosion und der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln leisten ihren Beitrag dazu. Flora und Fauna scheinen immer mehr in stadtnahe und städtische Gebiete auszuweichen. So kommt es, dass es in der Großstadt Berlin mehr Nachtigallen oder Haubenlerchen gibt als beispielsweise in ganz Bayern. Seeadler brüten im Stadtgebiet. In Berlin leben 140 verschiedene, auch seltene Vogelarten, das sind zwei Drittel aller in Deutschland vorkommenden Arten. Berlin ist somit ein Vogelschutzgebiet. Laut Reichholf ist in ganz Deutschland zu beobachten, dass in den städtischen Bereichen mehr Vogelarten, Pflanzenarten und Schmetterlinge leben als in ländlichen Gebieten. Die landwirtschaftliche Nutzfläche macht in Deutschland allerdings mehr als die Hälfte der Landesfläche aus, Siedlungsflächen nehmen einen ungleich geringeren Raum ein. Die artenreicheren Stadtgebiete werden es auf Dauer nicht schaffen, die Defizite auf dem Land auszugleichen.

Die Zerstörung natürlichen Lebensraums für u.a. den Anbau von Viehfutter und die immense Überdüngung sind als wesentliche Ursachen für die stark gesunkene Artenvielfalt zu sehen. Bedauerlicherweise konzentriert sich der Umweltschutz in Deutschland (als Beispiel für viele Industrienationen) noch immer nur auf Siedlungsbau, Industrie und Verkehr, und die enormen Schäden durch die Landwirtschaft werden, aus welchen Gründen auch immer, übersehen. Viele Bemühungen laufen somit ins Leere und investiertes Geld ist verschwendet.

Luft

Die Öffentlichkeit bleibt über die Auswirkungen der Massentierhaltung weithin uninformiert, obwohl auch der Mensch nicht nur indirekt, sondern ganz direkt von den Auswirkungen der landwirtschaftlichen Massentierhaltung betroffen ist. Sekundäre Aerosole, die aus dem freigesetzten Ammoniak in der Atmosphäre entstehen, schädigen als sogenannter Feinstaub (PM10) in alarmierender Weise das Atmungssystem des Menschen.

Globale Folgen

Die Natur und mit ihr die Menschen und Tiere des ganzen Planeten sind betroffen. Der ungehemmte Verbrauch von Fleisch hat dazu geführt, dass der Bedarf an Weidefläche und und Viehfutter weltweit rasant und stetig steigt. Auch durch die BSE-Krise, die vermutlich durch falsche Fütterung (erzwungener Kannibalismus bei vegetarisch lebenden Kühen) entstanden ist, sind die Futtermittelimporte in Deutschland und anderen Industrienationen extrem in die Höhe geschnellt. Davon besonders betroffen sind die Regenwälder Zentralamerikas. In den vergangenen 40 Jahren sind 40 % der Wälder der Rodung für Weideland oder Futtermittelanbaufläche (Soja und Mais) zum Opfer gefallen. Tropische Böden sind sehr nährstoffarm. Regenwälder leben von ihrem eigenen Recycling-Kreislauf und Nährstoffen aus dem Niederschlag, nicht jedoch von der Bodenqualität. Als Anbaufläche oder Weideland eignen sie sich nur für kurze Zeit, dann ist der Boden ausgelaugt. Die Rinder brauchen daher weit mehr Fläche als auf nährstoffreichen Böden. Auf ein Stück Vieh kommen etwa 1000 Tonnen Tropenwald! In Lateinamerika leben etwa 3 Rinder pro Mensch und der Landbedarf ist somit enorm. Die Beanspruchung des Bodens durch den Futtermittelanbau ist gleichfalls zu groß und hat Erosion und Versteppung und somit weiteren Landbedarf zur Folge.

Die Abholzung der Tropenwälder verursacht die größte Ausrottung von Arten weltweit. Vorsichtig geschätzt stirbt pro Stunde eine Art aus. Wie viele es wirklich sind lässt sich nur erahnen, da die tatsächliche Artenzahl in den Regenwäldern der Erde nicht bekannt ist.

Landbedarf zur Produktion von
einem Kilo (inkl. Futtermittel):
Rind mit Kraftfutter .. 323 m2
Rind von der Weide .. 269 m2
Fisch......................... 207 m2
Schwein......................55 m2
Masthühner................53 m2
Eier.............................44 m2
Reis .............................17 m2
Teigwaren...................17 m2
Brot.............................16 m2
Gemüse/Kartoffeln.......6 m2

Quelle: WWF Schweiz

CO2 und Klimawandel

Die weltweite Rinderhaltung trägt zudem in 4-facher Weise zum Klimawandel bei. Methangas, welches stark am sogenannten Treibhauseffekt beteiligt ist, wird von den Rindern bei der Verdauung ausgeatmet. Unbekannt ist, dass in großen Massen die Rinderweiden bevölkernde Großtermiten eine vergleichbare Menge Methangas freisetzen. Jährlich wird zudem eine Fläche der Größe Australiens abgebrannt, um den Graswuchs zu fördern. Die dabei entstehende Wärme sowie das freigesetzte Kohlendioxid leisten ebenfalls ihren Beitrag. Mittlerweile fehlt der Erde auch die kühlende Wirkung (durch Verdunstung) großer, zusammenhängender Flächen Regenwalds. Gleiches gilt im übrigen für die etwa eine Milliarde Wolle und Fleisch liefernden Schafe dieser Erde. Um junges, nährstoffreiches Gras zu erhalten, müssen die stark beanspruchten Weiden regelmäßig abgebrannt werden. Sie tragen somit in dem Autoverkehr vergleichbarem Maße zu Änderungen in der Erdatmosphäre bei.

Nicht zuletzt der enorme Energieverbrauch der Stallhaltung ist extrem unökonomisch und umweltschädlich. Jeremy Rifkin errechnet in seinem Buch „Das Imperium der Rinder“ (1994) für die U.S.A. der 80er Jahre einen Energiebedarf von 8 Liter Treibstoff (Haltung, Transportkosten, Kühlung etc.) für 1 Kilogramm Rindfleisch.

In Deutschland ist die Stallhaltung noch intensiver und die Abhängigkeit von Futterimporten extrem hoch. Der jährliche Beitrag Deutschlands zum Klimawandel über die Rindfleischerzeugung entspricht somit bei grober Schätzung etwa dem Jahresbetrieb von 10-15 Millionen PKWs, für die Schweinefleischerzeugung kämen nochmal etwa 28,5 Millionen PKWs hinzu. Macht über 40 Millionen betriebene PKWs pro Jahr. Zusätzlich beteiligen sich die deutschen Rinder am weltweit überhöhten Methanausstoß.

Mit anderen Worten: Wer täglich mehrfach Produkte aus dem Supermarkt zu sich nimmt (welche fast alle tierische Inhaltsstoffe aus Massentierhaltung enthalten), trägt in so massivem Maße zum Klimawandel bei, dass er auch mit dem Auto zum Briefkasten fahren könnte. Es wird außerdem klar, warum die Politik dieses Thema noch immer umschifft. Es betrifft jeden von uns, wir alle sind beteiligt und niemand sympathisiert mit Menschen, die einen auf die eigene Mitwirkung aufmerksam machen.

Fisch als Alternative?

Leider hat auch der Verbrauch an Fisch in so ungesundem Ausmaß zugenommen, dass die Weltmeere überfischt und viele Fischarten bedroht sind. Eine Folge der Überfischung ist der Übergang zu Fischfarmen, in denen Fische gezielt gezüchtet werden. Wegen der extremen Enge, in der die Fische dieser Farmen gehalten werden, brauchen sie große Mengen Antibiotika und andere Medikamente, um nicht an zahlreichen Krankheiten zu verenden. Sowohl Chemikalien als auch Krankheiten erreichen auch die Wildtiere, die außerhalb der Zuchtbecken leben. Um 1 Kilo Speisefisch zu erhalten, werden dem Meer etwa 2 Kilo Futterfisch entnommen, also Fisch, der für die menschliche Speisekarte nicht geeignet ist. Die Futterverluste sind hoch. Zusätzlich wird ein Drittel aller Fische zu Fischmehl verarbeitet, mit dem v.a. die Schlachttiere auf dem Land gemästet werden.

Auch der weltweite Verbrauch an Garnelen ist hoch. Für die Shrimp-Farmen werden großflächig Mangrovenwälder zerstört. Die Mangrovenwälder bieten vielen Fischen Raum zur Brutpflege. Durch die Shrimp-Farmen sind vielerorts die Fänge um bis zu 90 % gesunken. Während die Shrimps in andere Länder exportiert werden, nimmt die ansässige, traditionell fischende Bevölkerung großen Schaden. Auch durch die Wasserverschmutzung durch Exkremente, Futterreste und Chemikalien. Mangrovenwälder sind außerdem eine natürliche Bremse großer Flutwellen (Tsunamis). Auch Korallenriffe haben eine Flutwellen bremsende Wirkung. Viele Korallenriffe werden durch Sprengstoff-Fischerei zerstört, mit ihnen eine unglaublich vielfältige Unterwasserwelt.

QUELLEN:

Bundesamt für Umwelt der Schweiz (BAFU), 3003 Bern
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) e. V., Godesberger Allee 18, 53175 Bonn
Greenpeace e.V.: Anbau von Gen-Soja in Argentinien. Große Elbstraße 39, 22767 Hamburg
KATALYSE, Institut für angewandte Umweltforschung e.V., Volksgartenstr. 34, 50677 Köln
Reichholf, J.H. (2006): Der Tanz um das goldene Kalb. Der Ökokolonialismus Europas. Klaus Wagenbach, Berlin
Rifkin, J. (1994): Das Imperium der Rinder. Campus, Frankfurt
Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus (SVV): Ökologische Folgen des Fleischkonsums. Bahnhofstr. 52,
9315 Neukirch-Egnach
Worldwatch Institute, 1776 Massachusetts Ave., N.W. Washington, D.C. 20036-1904, USA

III. TIERSCHUTZ IM EINUNDZWANZIGSTEN JAHRHUNDERT Für respektvolles Verhalten gegenüber Leben

Ethik, Definition (Duden):

1.a) (Philos.) Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebenssituationen; ... 2. ... Normen u. Maximen der Lebensführung, die sich aus der Verantwortung gegenüber anderen herleiten.

In Deutschland lebt eine unvorstellbar große Zahl von Kühen, Schweinen, Hühnern und anderen Tieren in beengten und nicht artgerechten Stallungen. Nach einem würdelosen Leben und einem traumatisierenden Transport sterben diese so genannten „Nutztiere“ einen grausamen Tod in Massenschlachtanlagen. Die Tötung erfolgt mit großer Regelmäßigkeit unsauber und alles andere als schmerzfrei. Unzählige Tiere werden bei lebendigem Leibe und vollem Bewusstsein weiterverarbeitet. Die Vorgänge, die im für Menschen verwendeten Sprachgebrauch zu Recht als „Folter“ bezeichnet würden, sind mittlerweile allgemein bekannt. Der industrialisierte Terror gegen das Tier hat Ausmaße angenommen, die sich ein Kleinbauer vor 200 Jahren sicher schwerlich hätte vorstellen können. Aufrechterhalten durch die nicht abreißende, flächendeckende Unterstützung durch die Konsumenten. Normalität in Deutschland und anderen Industrienationen.

Unsere Haustiere besitzen wie wir Menschen Nervenbahnen, empfinden körperliche Schmerzen und erleben Emotionen wie Todesangst. Über die Gründe, warum die meisten Menschen diese Tatsachen ignorieren, lässt sich spekulieren. Ist es das fehlendes Vermögen der Tiere, sich mit menschlicher Sprache mitteilen zu können oder ihre Zugehörigkeit zur „falschen“ Spezies?

Menschen, die sich gegen diese Gewalt einsetzen, haben oft das Problem, die richtigen Worte zu finden. Menschliche Gewalt, gegenüber „minderwertigem Leben“ aller Art, ist ein sehr emotionales Thema und lässt Gefühle wie Mitleid und Fassungslosigkeit aufkommen. Vor allem auch Unverständnis gegenüber jenen Menschen, die diese Gewalt scheinbar gleichgültig akzeptieren, unterstützen und mit verursachen. Die aus dieser Fassungslosigkeit entstehende Wortwahl ist verständlicherweise oft sehr bildhaft und emotional geschwängert. Leider bewirkt sie jedoch beim Gegenüber damit meist genau das Gegenteil. Abwehr, eine Steigerung der Gleichgültigkeit und offene Diskriminierung der Engagierten.


ALBERT SCHWEITZER deutsch-franz. Theologe, Philosoph, Musiker, Arzt und Friedensnobelpreisträger (1875-1965):

„Ethik ist ins Grenzenlose erweiterte Verantwortung gegenüber allem, was lebt.“

Trotz der verfestigten Fronten, die sich so zwischen Tierschützern und Otto Normalverbrauchern im Laufe der Zeit aufgebaut haben, ist es, meine ich, nicht zu viel verlangt, dass sich jeder zum Nachdenken oder gar Umdenken bereite und fähige Mensch früher oder später ein paar Fragen zum uralten und grenzenlosen Themenkomplex „menschliche Gewalt“ stellt. Denn die Position, als Mensch vermeintlich an der Spitze der Schöpfung zu stehen, bringt eine große Menge Verantwortung mit sich.

Wie viel Gewalt erlaubt diese Position? Gegenüber wem? Wer entscheidet? Ist überflüssige Gewalt rechtfertigbar? Sind persönliches Verlangen oder Profitstreben Rechtfertigungen für Gewalt? Bedeutet die Entwicklung von Menschlichkeit im positiven Sinne auf lange Sicht nicht die Fähigkeit zum Verzicht auf sinnlose und eigennützige Gewalt und den Respekt vor dem Leben aller? Ist Grausamkeit zivilisiert? Unterscheidet uns nicht eigentlich die Fähigkeit Mitleid zu empfinden, unser Einfühlungsvermögen vom Tier? Was sind wir, wenn wir diese emphatischen Fähigkeiten unterdrücken und verkümmern lassen? Was bedeutet Gnade? Legitimiert sich Gewalt dadurch, dass sie in einer Kultur lange verwurzelt ist und vom Gros der Gesellschaft akzeptiert und gefördert wird? Dürfen wir Gewalt aus Bequemlichkeit und Gewohnheit tolerieren und forcieren? Sollten wir nicht mit dem Respekt, den wir für uns fordern, auch anderen Lebewesen gegenübertreten?

Unangenehme, aber notwendige Fragen, vor denen wir uns, wie ich finde, nicht drücken sollten, wenn wir eine Weiterentwicklung der Menschheit, und damit unserer selbst, für erstrebenswert erachten. Wenn Gerechtigkeit für uns bedeutet, dass wir anderen keine Grausamkeiten antun, denen wir selbst nicht ausgesetzt sein möchten, dann lässt sich ein gelegentliches Hinterfragen des eigenen Handelns nicht vermeiden. Leben und leben lassen.


MAHATMA GANDHI, indischer Pazifist und Menschenrechtler (1869-1948):

„Ich glaube, dass geistiger Fortschritt an einem gewissen Punkt von uns verlangt, dass wir aufhören, unsere Mitlebewesen zur Befriedigung unserer körperlichen Verlangen zu töten.“

IV. GESUNDHEITLICHE ASPEKTE

Die heutige westliche Ernährungsweise ist neben viel Zucker und Salz und wenig Gemüse und Obst vor allem durch ein Übermaß an tierischen Fetten und Proteinen geprägt. Während man im asiatischen Raum Kulturen findet, die sich der Wirkung von Nahrungsmitteln auf Körper und Psyche schon seit Jahrtausenden bewusst sind, scheint in industrialisierten Ländern eine andere Herangehensweise zu gelten: billig sollte es sein, schnell zu verzehren und überwiegend tierisch. Eine Reihe von Krankheiten werden durch falsche Ernährung in verschiedenem Ausmaß mitbedingt. Die Kosten, die durch chronischen Erkrankungen wie Diabetes Typ II, Fettstoffwechselstörungen, Osteoporose und andere in Deutschland im Jahre 2003 beispielweise entstanden, beliefen sich auf ca. 70 Milliarden Euro. Etwa ein Drittel der Gesamtausgaben des Gesundheitssystems.

Trotzdem fürchten viele Menschen noch immer, dass pflanzliche Ernährung als Alternative eine Mangelernährung ist, die krank machen könnte. Wir haben es einerseits verlernt, auf unser Körpergefühl und unseren gesunden Menschenverstand zu vertrauen, und sind andererseits fixiert auf vermeintlich wissenschaftliche Beweise, denen wir mehr Vertrauen schenken als unseren körpereigenen Signalen. Problematisch ist dabei nur, dass wissenschaftliche Untersuchungen oft von finanzschweren Privatunternehmen gesponsert werden, deren Interesse ganz bestimmten Forschungsergebnissen gilt. Eine von einer Milch-Mix-Getränke-Firma finanzierte Untersuchung kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu dem Schluss, dass ein zu geringer Verzehr von Milchprodukten kein Grund für Calciummangel sein kann. Letztendlich muss also jeder für sich entscheiden, welche Informationen er aus der Fülle an angebotenen für glaubhaft hält. Es hilft zu Hinterfragen, für wen die Ergebnisse von Nutzen sein könnten, und seinem körperlichen Befinden wieder mehr Beachtung zu schenken.

Die Milch macht's?

Da Kuhmilch von Natur aus für ein rasantes Wachstum von Kälbern bestimmt ist, stellt sich die Frage, wie sie auf Menschen, vor allem auch Menschenkinder eigentlich wirkt. Sich nur auf die Werbeschlagsätze der Milchindustrie zu verlassen, scheint da nicht ratsam. Welche Spezies außer dem Menschen ernährt sich und ihren Nachwuchs mit der Muttermilch einer anderen Art und was können mögliche Folgen sein?

Vor allem Kleinkinder reagieren oft empfindlich auf das körperfremde Kuhmilchprotein. Eine Allergie, die Durchfall, Koliken, Brechreiz, Asthma, chronische Schlafstörungen oder Ekzeme bis hin zur chronischen Neurodermitis zur Folge haben kann, ist eine ernstzunehmende immunologische Abwehrreaktion des Körpers. Kinder, die an einer Kuhmilchallergie leiden, neigen außerdem dazu, im späteren Leben oft auch Unverträglichkeiten gegen andere Nahrungsmittel oder Heuschnupfen zu entwickeln.

Aber auch ohne eine Allergie im Säuglingsalter kann die Ernährung eines Säuglings mit Kuhmilch im späteren Leben zu Problemen wie Allergien führen. Die Antikörper im Blut, die gegen das Kuhmilchprotein gebildet werden, können auch nach Jahren noch Probleme verursachen. Auch erwachsene Menschen sind nicht sicher vor einer Milchallergie. Symptome sind vor allem Hautreizungen, Atemwegsbeschwerden und Störungen im Bereich des Magen-Darm-Traktes.

Aufgrund unterschiedlicher Untersuchungen wird auch ein Zusammenhang zwischen Kuhmilch und Diabetes Typ 1 (juveniler Diabetes), der am häufigsten bei Jugendlichen auftritt, angenommen. Die Wirkung der Milchprotein-Antigene auf die Bauchspeicheldrüse spielt hier eine zentrale Rolle.

Auch Eisenmangel bei Säuglingen konnte auf eine Ernährung, die hauptsächlich auf Kuhmilch basiert, zurückgeführt werden. Kuhmilch enthält weniger Eisen als Muttermilch und davon ist nur ein geringer Prozentsatz für den Säugling verwertbar. Man geht außerdem davon aus, dass Kuhmilch die Eisenaufnahme aus anderen Nahrungsmitteln verschlechtert.

Bei den meisten Menschen verringert sich die Fähigkeit des Körpers, Milchzucker (Laktose) durch das Enzym Laktase abzubauen, ab etwa dem 2.-5. Lebensjahr. Dies ist natürlicherweise die Zeit, in der das Kind abgestillt, d.h. von der Säuglingsnahrung Milch entwöhnt wird. Die Fähigkeit, Milch zu verdauen, ist für den Körper danach (eigentlich) nicht mehr von Bedeutung. Folgen bei Milchkonsum können dann z.B. Blähungen, Aufstoßen, Krämpfe und Durchfall oder Erschöpfung sein.

Bei der nord- und mitteleuropäischen erwachsenen Bevölkerung vertragen etwa 10-20 Prozent Milch überhaupt nicht oder nur in ganz geringen Mengen. In Asien und Afrika liegt die Laktoseintoleranz bei Erwachsenen sogar bei über 90 Prozent. Die bessere Verträglichkeit von Milch, also die anhaltende Produktion der Laktase bei erwachsenen Menschen europäischer, nahöstlicher und sibirisch/mongolischer Abstammung, ist auf eine vererbte Mutation zurückzuführen.

Ein weiteres Problem ist das industrielle Bearbeiten von Milch. Milch wird schon lange nicht mehr in der Form getrunken, in der sie aus dem Kuheuter kommt. Durch Erhitzen denaturierte Milchproteine, wie sie beim Pasteurisieren von Milch entstehen können, fördern Arteriosklerose. Arteriosklerose ist die häufigste Ursache koronarer Herzkrankheiten.

Gerne vergisst man auch die Tatsache, das Milchfett, besonders in fettreichen Milchprodukten wie Butter, Sahne oder Käse, hauptsächlich aus gesättigten Fettsäuren besteht, die den Cholesterinspiegel im Blut erhöhen. Ein hoher Cholesterinspiegel gilt allgemein hin als eine der Hauptursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie sind die häufigste Todesursache in westlichen Industrieländern. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät deshalb zu einer Ernährung, die arm an tierischen Fetten und damit arm an gesättigten Fettsäuren ist.

Übergewicht und seine Folgen

Durch Fett im Übermaß, gepaart mit mangelnder Bewegung, leiden immer mehr Menschen in den Industrienationen an Übergewicht. Man geht davon aus, dass in Deutschland etwa 50 Prozent der Frauen, 67 Prozent der Männer und zirka 10-18 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig sind.

Menschen, die sich pflanzlich ernähren, haben tendenziell ein niedrigeres Körpergewicht und leiden seltener an Fettleibigkeit als Mischköstler. Somit ist auch ihr Risiko, an durch Übergewicht verursachten chronischen Leiden zu erkranken, wesentlich geringer.

Begleiterscheinung von Fettleibigkeit sind oft Bluthochdruck, ein hoher Blutcholesterinspiegel und stark erhöhte Insulinwerte im Blut. Diese Störungen gelten als Ursachen für Herzkrankheiten. Durch die niedrigeren Cholesterinwerte strenger Vegetarier (geringer oder kein Verzehr von Butter, Käse, Sahne etc.), die auf den niedrigen Anteil gesättigter Fettsäuren und den höheren Anteil ungesättigter Fettsäuren zurückzuführen sind, ist ihr Risiko, an Beschwerden des Herz-Kreislauf-Systems zu erkranken, geringer.

Auch die Gefahr der Erkrankung an Diabetes Typ 2 ist bei Übergewicht erhöht. Außerdem werden Arthrose oder Gallensteine