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Nr. 18

 

Hornschrecken

 

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

»Eine schreckliche Gefahr droht der Galaxis. Auch ich bin ihr nicht gewachsen und muss daher die Flucht ergreifen!« Mit diesen Worten verabschiedet sich ES, das seltsame Geisteswesen vom Kunstplaneten Wanderer, von Perry Rhodan.

 

Doch ES hinterlässt ein Abschiedsgeschenk: Fünfundzwanzig Zellaktivatoren werden in der Milchstraße verstreut. Wer einen Aktivator trägt, dem winkt die relative Unsterblichkeit. Ein Run auf die begehrten Geräte setzt ein; selbst Freunde werden beim Konkurrenzkampf zu unerbittlichen Feinden.

 

Für die Terraner gehen die »Spezialisten der USO« auf die Jagd nach den Aktivatoren. Es sind Menschen, die sich der Umwelt ihrer Heimatplaneten angepasst haben, riesengroß oder zwergenhaft klein. Zufällig vernichtet einer dieser Spezialisten einen Zellaktivator. Die freiwerdende Energie setzt eine Maschinerie in Gang: Auf Hunderten von Planeten schlüpfen monströse Kreaturen aus ihren Eiern – es sind die so genannten Hornschrecken ...

 

Vorwort

 

 

Es gibt durchaus ernstzunehmende Wissenschaftler, die behaupten, der natürliche, altersbedingte Tod eines Menschen sei in unserem ursprünglichen genetischen Programm eigentlich nicht vorgesehen und daher überflüssig. Vielleicht haben sie recht, und vielleicht hat unsere Sehnsucht nach dem ewigen Leben etwas damit zu tun. Die Mythen der Welt wimmeln jedenfalls von Geschichten über Jungbrunnen, Lebenselixiere und andere Formen der relativen Unsterblichkeit. Kein Wunder, dass sie auch in dem »modernen Mythos« Perry Rhodan eine Rolle spielt. Wir hatten ja auch keine andere Wahl, als die relative Unsterblichkeit, um unseren Titelhelden über die ersten fünfzig Wochen seiner Existenz hinüberzuretten. Was Perry Rhodan recht war, musste vielen seiner beliebten Begleitfiguren billig sein; für alle mussten Zellaktivatoren beschafft werden. Die relative Unsterblichkeit, garantiert durch diese Instrumente, ist ein interessanter Aspekt dieses Buches, in dem folgende Originalromane (unberücksichtigt der darin vorgenommenen Kürzungen und Bearbeitungen) Verwendung fanden: Die Spezialisten der USO von K. H. Scheer; Signale der Ewigkeit von Clark Darlton; Größer als die Sonne von Kurt Brand; Lemy und der Krötenwolf von K. H. Scheer; Explorer in Not von Clark Darlton; Die Geißel der Galaxis von Clark Darlton und Der Spiegel des Grauens von Kurt Mahr.

Die Autoren waren sich bei der Niederschrift der philosophischen und psychologischen Probleme, die mit der relativen Unsterblichkeit verbunden sind, durchaus im klaren. (Für mich würde sie z.B. bedeuten, bis in alle Ewigkeit silber-blaue Perry-Rhodan-Bücher herauszugeben!) In einigen Romanen wurde damals berichtet, wie Menschen sich verhielten, als es um die Verteilung von fünfundzwanzig Zellaktivatoren ging. Drei dieser Erzählungen finden sich nicht in diesem Buch, denn sie sind nur Varianten des genügend berücksichtigten Grundproblems und hätten außerdem vom eigentlichen Schwerpunkt der Geschichte (dem Molkexkomplex) abgelenkt. Ich hoffe, dass die Auswahl eine glückliche war; ein rundum spannender Roman ist in jedem Fall entstanden. Dabei standen mir wie immer Christa Schurm, Franz Dolenc und G. M. Schelwokat zur Seite, bei denen ich mich bedanke. Auch die zahlreichen Perry-Rhodan-Freunde, die mich mit mündlichen und schriftlichen Ratschlägen bei dieser gewiss nicht einfachen Arbeit unterstützten, sollen nicht unerwähnt bleiben.

 

Heusenstamm, 1984

William Voltz

Zeittafel

 

 

Die Geschichte des Solaren Imperiums in Stichworten:

 

1971 – Die STARDUST erreicht den Mond, und Perry Rhodan entdeckt den gestrandeten Forschungskreuzer der Arkoniden.

1972 – Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Perry Rhodan löst das galaktische Rätsel und entdeckt den Planeten Wanderer, wo seine Freunde und er von dem Geisteswesen ES die relative Unsterblichkeit erhalten.

1984 – Rhodans erster Kontakt mit dem Robotregenten von Arkon im Kugelsternhaufen M 13. Der Robotregent versucht, die Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Der Arkonide Atlan taucht aus seiner Unterwasserkuppel im Atlantik auf. Die Druuf dringen aus ihrer Zeitebene in unser Universum vor.

2043 – Rhodans Frau Thora stirbt und ihr gemeinsamer Sohn Thomas Cardif wird zum Gegenspieler seines Vaters.

2044 – Die Terraner stoßen nach Arkon vor und verhelfen Atlan zu seinem Erbe. Die Antimutanten tauchen auf.

2102 – Perry Rhodan entdeckt das Blaue System der Akonen.

2103 – Thomas Cardif stirbt, und Perry Rhodan erhält den Zellaktivator von ES.

2104 – Der Planet Mechanica wird entdeckt. Vernichtung des Robotregenten von Arkon.

2112 – Die Posbi-Roboter und die unsichtbaren Laurins tauchen auf.

2114 – Entdeckung der Hundertsonnenwelt und Bündnis mit den Posbis.

1.

 

Lemy Danger

 

 

Mein Name ist Lemy Danger. Nur erdgeborene Menschen mit Kenntnissen der englischen Regionalsprache wissen, dass mein Familienname »Gefahr« bedeutet. Auf meiner Heimatwelt, dem zweiten Planeten von Gladors Stern, bin ich eine geachtete Persönlichkeit; dies wollen aber die terranischen Riesen nicht einsehen.

Wenn ich auf den tieferen Sinn meines Namens hinweise und dazu andeute, dass ich eine ganz besondere Ausbildung genossen habe, ernte ich zumeist schallendes Gelächter. Es ist bedrückend, von keinem Menschen in entsprechender Form anerkannt zu werden.

Als ich mit den Riesen zum ersten Mal in Berührung kam, wurde ich wie ein Erard-Pinscher auf den Arm genommen und verhätschelt.

»Auf den Arm genommen« soll nicht etwa ein Slangausdruck sein. Ich meine es vollkommen ernst, denn Sie müssen wissen, dass ich nur 22,21 Zentimeter groß bin; genau gesagt 222,11 Millimeter.

Meine Schulterbreite ist jedoch enorm. Mit meinem vollendeten neunzigsten Lebensjahr habe ich das siganesische Idealmaß von über 60 Millimeter erreicht. Jetzt bin ich 92 Jahre irdischer Zeitrechnung alt, und meine Schultern sind schon 63,32 Millimeter breit.

Auf meiner Welt, dem Planeten Siga, bin ich Schwergewichtsmeister in verschiedenen Sportarten. Dies ist nicht allein ein Verdienst meiner Tüchtigkeit, sondern – ich will aufrichtig sein – mehr eine Folgeerscheinung meines enormen Körpergewichts. Ich wiege 852,18 Gramm und bin deshalb meinen leichteren Gegnern überlegen.

Meine Lebenserwartung beläuft sich nach den Angaben unserer Wissenschaftler auf etwa achthundert bis neunhundert Jahre. So ganz genau kann es aber noch niemand sagen, da ich zur letzten Reifegeneration zähle. Es gibt noch keine praktischen Erfahrungen über die Lebensspanne für Leute aus meinem Geburtsjahrhundert.

Wir Siganesen wissen nur, dass unsere Vorfahren terrageborene Menschen waren, die im Jahre 2003 ihre Heimat verließen, um sich auf der schönen Sauerstoffwelt Siga im System von Gladors Stern als Kolonisten anzusiedeln.

Heute schreiben wir das Jahr 2326. Seit der Besiedlung sind also 323 Jahre vergangen. Mein Großvater war noch fast einen Meter groß, aber er wurde auch nur annähernd zweihundert Jahre alt.

Mit jeder neuen Generation wurden die Sigageborenen kleiner. Niemand kann sagen, welche umweltbedingten Gesetze das Schrumpfen meines Volkes bewirken.

Vor zweihundert Jahren soll es noch Siganesen gegeben haben, die deshalb verzweifelten. Man hatte sogar an das Verlassen unserer wunderbaren Welt gedacht, was ich persönlich als unsinnig empfinde.

Mir ist es auch völlig gleichgültig, welche biochemischen oder biophysikalischen Vorgänge daran schuld sind, dass die Neugeborenen immer kleiner werden als ihre Eltern.

Wir Siganesen sind ein stolzes und strebsames Volk, auch wenn wir bald so klein sein werden, dass man uns mit der Lupe suchen muss. Das macht aber gar nichts, denn wir wissen genau, dass unsere Nachkommen andere, ungeahnte Fähigkeiten entwickeln werden.

Schon die Leute aus meinem Geburtsjahrhundert sind die besten Mikromechaniker des Universums. Wir haben sogar die Gurkenleute von Swoon eingeholt, die bis vor zweihundert Jahren noch als die fähigsten Mikrotechniker galten.

Wir machen es jetzt schon besser. Mein Sohn, der erst vor wenigen Wochen geboren wurde, dürfte eine Größe von höchstens zweihundert Millimeter erreichen. Das wird wahrscheinlich zur Folge haben, dass er etwa eintausend Jahre alt wird. Auch hier gibt es keine Erfahrungen, nach denen man vorausschauend die Lebenserwartung oder die erreichbare Körpergröße bestimmen könnte.

Um meine Vorstellung abzurunden, muss ich Ihnen sagen, dass Siganesen eine wunderschöne, lindgrüne Hautfarbe und tiefschwarze Haare besitzen. Ehe ich damit begann, diese Zeilen niederzuschreiben, fragte ich mich voll Furcht, ob Sie mich vielleicht verachten, oder – was viel schlimmer wäre – auslachen würden. Sie werden bestimmt viel größer und stärker sein als ich, obwohl ich ja – was ich nochmals bescheiden erwähnen möchte – 222,11 Millimeter messe.

Trotzdem will ich es wagen, von den Taten jenes galaktischen Volkes zu berichten, das man Menschen nennt.

Bitte sehr – auch wir Siganesen sind Menschen. Ich werde selten ernstlich wütend, aber wenn es ein terranischer Dummkopf hier und da wagt, mein Menschentum anzuzweifeln, werde ich zum rasenden Ungeheuer.

In solchen Fällen greife ich zu einer exemplarischen Strafe. Was halten Sie davon, wenn man Ihnen mit einem auf schwächste Leistung eingestellten Thermostrahler in die große Zehe schösse?

Meine Waffe ist natürlich nur winzig, aber ich habe noch nie einen Erdbewohner erlebt, der nach einem sorgfältig gezielten Schuss nicht mit einer dicken Brandblase herumgehüpft wäre.

Das Brüllen der Riesen ist für mein überfeines Gehör sehr unangenehm. Wir Siganesen hören zehnmal besser als ein terranisches Tier, das man »Luchs« oder so ähnlich nennt.

Ich bitte herzlich um Verzeihung, wenn ich Begriffe verwechseln oder unrichtig wiedergeben sollte. In unseren Schulen wird zwar terranische Geschichte gelehrt, aber meistens ist es so, dass sich die Leute meines Volkes doch mehr für die eigenen Belange interessieren. Auch wir haben bereits eine Geschichte, die mit der Landung des Siedlerschiffs LEDA begann.

Ich darf dazu bemerken, dass ich der direkte Nachkomme von Josua Hendrik Danger bin, der nachweislich mit der LEDA auf Siga ankam. Selbstverständlich lassen wir Erstlinge die von später eingetroffenen Siedlern abstammenden Siganesen nicht fühlen, dass wir in gewissem Sinn adlig sind.

Auf alle Fälle sind wir Menschen, auch wenn wir im Verhältnis zu den Erdgeborenen klein und schwach sind. Wir lassen uns die Bezeichnung »Mensch« nicht streitig machen.

Wir sind ein langlebiges, friedfertiges und gottesfürchtiges Volk, das seinen Schrumpfprozess mit heiterer Gelassenheit erträgt. Der Planet Siga gehört zum Imperium und überdies zur Galaktischen Allianz, die von Perry Rhodan am 10. September 2113 begründet wurde.

Damals funktionierte die Allianz noch nicht so recht, was sich aber wenige Jahre später änderte.

Die wirkliche Festigung der Galaktischen Allianz geschah nach dem 1. Januar 2115, als der arkonidische Imperator abdankte und Perry Rhodan zum Großadministrator gewählt wurde.

Damit wurde aus dem ehemaligen Arkonidenreich und aus dem Solaren Imperium ein neuer Großstaat, den man von da an »Vereintes Imperium« nannte. Wir sagen aber nur »Imperium« dazu, denn jedermann in der Galaxis weiß, was damit gemeint ist.

Seit dieser Zeit führt Perry Rhodan den Titel Großadministrator. Vor dem 1. 1. 2115 war er Regierungschef des relativ kleinen Solaren Imperiums. Aus diesem Grunde nannte sich Perry damals Erster Administrator.

Ich bin sehr stolz darauf, einen so wunderbaren Menschen wie den Großadministrator als obersten Vorgesetzten zu haben. Genau genommen hätte mir Perry Rhodan eigentlich nichts zu befehlen, aber über solche Kleinigkeiten sehe ich gern hinweg.

Mein tatsächlicher Chef ist der Arkonide Atlan, der bis zum Ende des Jahres 2114 als Imperator Gonozal VIII. amtierte.

Atlan legte mit Wirkung vom 1. Januar 2115 sein Amt nieder und gründete am 1. Juli des gleichen Jahres die »United Stars Organisation«, zu der wir USO sagen.

Er nahm den Titel »Regierender Lordadmiral« an und handelte mit Perry Rhodan einen Vertrag aus, der den Großadministrator verpflichtet, zehn Prozent der arkonidischen und terranischen Staatseinnahmen an die Kasse der USO abzuführen. Damit war die Finanzierung der galaktischen Feuerwehr gesichert.

Die USO ist eine übergeordnete Organisation mit eigener Flotte, Forschungsstationen und planetarischen Zentren, eine mächtige Nachfolgerin der ehemaligen terranischen UNO also.

Und ich, Lemy Danger, bin ein Spezialist der USO.

Der Titel Spezialist kann nur von der USO-Akademie auf dem Planeten Fossil vergeben werden. Er bedeutet viel mehr als etwa die uralte terranische Bezeichnung Doktor oder Professor.

Spezialisten haben eine Ausbildung hinter sich, die im Universum einmalig ist. Ich bin beispielsweise dreißig Jahre lang geschult worden, bis man mir den Titel Spezialist verlieh.

Nebenbei stehe ich noch im Rang eines Majors. Dabei handelt es sich aber nur um einen militärischen Dienstgrad. »Spezialist« ist viel mehr.

Wir Geheimagenten der USO haben die Aufgabe, die Belange des Imperiums und der Galaktischen Allianz zu wahren. Niemand außer uns weiß, wo unsere kosmischen Einsatzstationen zu suchen sind. Wenn es irgendwo in der Galaxis Schwierigkeiten gibt, werden wir vom Lordadmiral eingesetzt. In die internen Belange der autarken Imperiumsplaneten haben wir uns nicht einzumischen. Wenn es aber zu außenpolitischen Konflikten zwischen den Mitgliedern der Galaktischen Allianz oder zu Einmischungen fremder Kräfte in die inneren Belange eines Imperiumsplaneten kommt, beginnt unser Einsatz.

Nun ja, ich will später berichten, welch ein großartiges Instrument die USO ist. Eigentlich möchte ich mich ja nur vorstellen.

Ehe ich jedoch schließe, muss ich noch etwas erwähnen, das mich mit zwiespältigen Gefühlen erfüllt. Schuld daran ist dieser Melbar Kasom, der sich auf seine Körpergröße sehr viel einbildet.

Für meine Begriffe ist es rätselhaft, wie dieser überhebliche Umweltangepasste den Titel eines Spezialisten erringen konnte. Wahrscheinlich hat er die Lehrer der USO-Akademie unablässig bedroht. Melbar Kasom ist alles zuzutrauen.

Ich gebe zu, dass er ein tüchtiger Kerl ist, aber seine charakterlichen Werte lassen doch zu wünschen übrig.

Oder halten Sie es für besonders vornehm, wenn ein kleiner Bursche wie ich so brutal in Jackentaschen und Stiefelschäfte gesteckt wird, dass er bald zermalmt wird? Beim letzten Einsatz musste ich mich als terranischer Affe tarnen, und Kasom ließ mich zwei Stunden lang tanzen und die Trommel schlagen. Dazu spielte er so laut auf einer wurmstichigen Orgel, dass ich bald taub wurde. Am schlimmsten aber ist noch das Halsband gewesen, mit dem er mich zur Vorstellung zwang.

Das Unternehmen war ein voller Erfolg, aber den Kapuzineraffen vergesse ich Melbar nie.

Dabei ist der umweltangepasste Überriese nur ein Oberleutnant, und ich bin ein Major. Hören Sie nur nicht auf ihn, wenn er über mich schimpfen sollte. Er hält sich für ein einmaliges Exemplar der menschlichen Rasse. Ich werde ihm bald wieder einmal in die große Zehe schießen müssen, direkt unter den Nagel.

2.

 

Melbar Kasom

 

 

Mein Name ist Melbar Kasom, Spezialist und Oberleutnant der USO. Ich bin ein umweltangepasster Mensch, dessen Vorfahren auf dem Riesenplaneten Ertrus im Sonnensystem Kreit angesiedelt wurden.

Ertrus besitzt eine Gravitation von 3,4 Gravos, die das einzigartige Wachstum meines Volkes bedingt.

Ich bin 2,51 Meter groß, in den Schultern 2,13 Meter breit und wiege 16,3 Zentner. Wenn ich mich auf Welten mit niedriger Schwerkraft befinde, muss ich einen Mikrogravitator tragen, der mir die gewohnte Schwerkraft von 3,4 Gravos vermittelt. Wenn ich durch ein Zimmer gehe, zittern die Fensterscheiben.

Wir Ertruser sind stolz auf unsere Fähigkeiten, in erster Linie auf eine unnachahmliche Reaktionsgeschwindigkeit. Was ich sonst noch beherrsche, möchte ich vorerst verschweigen.

Schließlich bin ich kein siganesischer Wichtelmann wie Lemy Danger, der seine Minderwertigkeitskomplexe mit seinem vorlauten Mundwerk überspielen möchte.

Der Kurze, wie ich ihn nenne, hat wieder einmal furchtbar angegeben. Die Sache mit dem Affen war eine dienstliche Notwendigkeit. Natürlich habe ich den Kurzen mit dem Stachelhalsband gekitzelt und ihn auf der Stange herumhüpfen lassen. Er hielt es ja für taktisch klug, sich als Kapuzineräffchen zu maskieren.

Ich gebe zu, dass ich meinen Spaß dabei hatte, zumal Danger gezwungen war, zwei Stunden lang seinen Mund zu halten. Für mich bedeutete das eine Wohltat. Was denken Sie wohl, wie sehr der Kurze einem Menschenwesen von meiner Art auf die Nerven gehen kann. Seine Angeberei stört mich kolossal. Wir Ertruser sind da wesentlich bescheidener, obwohl wir zu den stärksten Menschen der Galaxis zählen.

Wenn Einbildung weh täte, müsste der Kurze Tag und Nacht vor Schmerzen brüllen. Ich habe mir vorgenommen, ihn bei der nächsten Gelegenheit durch die Nase einzuatmen und ihn erst dann wieder auszuhauchen, wenn er um Gnade winselt.

Es ist überhaupt eine Zumutung, mir einen solchen Wichtelmann als Vorgesetzten aufzuzwingen. Meine letzte Eingabe an den Lordadmiral wurde abgelehnt, obwohl ich eindeutig bewies, dass in dem winzigen Schädel des Kurzen niemals Platz für ein Gehirn sein könnte.

Lordadmiral Atlan kam aber zu der bedauerlichen Ansicht, Quantität hätte nichts mit Qualität zu tun.

Nun schön, die Meinung meines höchsten Vorgesetzten ist für mich oberstes Gebot. Ich hoffe nur, dass ich Lemy Danger, diesem Schrumpfterraner, nicht nochmals unterstellt werde.

Es ist eine Zumutung, unter Dangers Befehl zu stehen. Außerdem ist er erst zweiundneunzig Jahre alt; also noch ein Jüngling nach den Begriffen seines Zwergenvolks. Da Lemy aber wenigstens achthundert Jahre alt werden dürfte und ich bestimmt dreihundertfünfzig, steht mir noch allerlei bevor. Zur Zeit habe ich erst das vierundvierzigste Lebensjahr vollendet.

Ich bin im Vollbesitz meiner Kräfte und ebenfalls Schwergewichtsmeister aller Klassen; allerdings auf einer 3,4-Gravo-Welt, und das will etwas heißen.

Da der Kurze in diesem Punkt ehrlich war, will ich es auch sein. Meine sportlichen Erfolge sind ein Produkt meiner USO-Ausbildung. Mehr gebe ich aber auf keinen Fall zu. Schließlich muss man trotz allem noch an sich selbst arbeiten, bis man solche Erfolge nachweisen kann.

Die Männer und Frauen meines Volkes besitzen eine schöne rotbraune Hautfarbe. Bei edlen Geschöpfen sind die Haare sandfarben, so wie meine.

Ich trage meinen Schopf als Sichelkamm, der über der Stirn beginnt und sich bis zum Nacken hinzieht. Die übrige Kopfhaut ist enthaart. Um wirkliche Eleganz erreichen zu können, kommt es darauf an, die Haare des Sichelkamms steif und borstig zu halten.

Was sind dagegen Lemys kohlschwarze Seidenfäden, die lang und gewellt seinen Mückenkopf bedecken?

Ich sage das nur, um Ihnen deutlich vor Augen zu halten, welche Unterschiede zwischen mir und dem Kurzen bestehen. Die Muskulatur meines rechten Beines ist beispielsweise umfangreicher als der Rumpf eines normalen Terraners. Wie ich sonst aussehe, kann man sich nach diesem Maßstab vorstellen.

Die so genannten Überschweren der Springer sind gegen uns Ertruser Schwächlinge. Außerdem sind sie nur an 1,8 bis höchstens 2,5 Gravos gewöhnt. Ich bin unter 3,4 Gravos geboren und aufgewachsen, und deshalb bin ich ein echter umweltangepasster Mensch.

Ich freue mich schon auf die nächste galaktische Olympiade. Da werden wir Ertruser wieder einmal beweisen, was wir unter »Leistung« verstehen.

Wir machen nicht viele Worte um die Dinge. Der Kurze hätte wahrscheinlich noch stundenlang über sich selbst erzählen können. Lassen Sie sich nur nicht von ihm beeinflussen. Er versteht es, Charme zu entwickeln, was die Leute meistens begeistert. Übrigens habe ich den Begriff »Charme« nur deshalb niedergeschrieben, um zu beweisen, dass ich ebenfalls eine altterranische Sprache beherrsche.

Ich bereue es jetzt schon, mich auf diesen Bericht eingelassen zu haben. Der Kurze wollte mich unbedingt als Partner haben, wahrscheinlich aber nur deswegen, um mich mit seiner geschliffenen Ausdrucksweise erniedrigen zu können. Ich nenne die Dinge beim Namen, auch wenn ich dadurch ungehobelt erscheinen sollte. Der Kurze soll sich nur nicht einbilden, er könnte meine Berichte korrigieren. Es bleibt alles so stehen, wie ich es niederschreibe.

3.

 

Lemy Danger

 

 

»Wir sind gelandet – Sir«, sagte der Erste Pilot des Imperiumsschiffs.

Ich fixierte ihn scharf. War das »Sir« nicht etwas zögernd gekommen? Wagte dieser terranische Riese etwa zu grinsen?

Sein grobporiges Gesicht schwebte über mir wie die lunare Kraterlandschaft. Wahrscheinlich war dieser Terraner der Meinung, er besäße eine glatte und reine Haut.

Für meine Augen, mit denen ich mikroskopische Dinge sehen konnte, glich sein Gesicht einer Kraterlandschaft. Er hatte sich beim Rasieren die Oberlippe verletzt. Die winzige Schramme, die der Pilot sicherlich kaum wahrnehmen konnte, bot sich mir als Wunde von erschreckenden Ausmaßen dar. Sie war entzündet und von Eiterbakterien verseucht.

Ich gestand mir ein, dass ein Sehvermögen wie das meine nicht immer sehr angenehm ist. Schließlich bin ich kein Mediziner, der an den Anblick solcher Dinge gewöhnt ist.

Ich wandte mich ab und sorgte dafür, dass der Terraner meine Schulterstücke sah. Dann vergaß ich meinen Groll. Ich liebte sie nun einmal, diese großen, ungestümen Männer, unter denen ich viele Freunde hatte. Solange der Pilot nicht auf die Idee kam, mein Menschentum anzuzweifeln, wollte ich über seine Entgleisungen hinwegsehen.

Ich bat darum, meine Spezialausrüstung aus dem Schiff zu befördern.

»Vielleicht können Sie einen Lastenheber schicken?«, rief ich zu dem Gesicht hinauf.

Die Stirn des Terraners runzelte sich. Lässig schob er seinen Zeigefinger an mir vorbei, hakte ihn unter die Verschnürung des Pakets und hob es vor seine Augen.

»Einen Lastenheber, Sir?«, meinte er gedehnt.

Es war sein Glück, dass er mich nicht stärker verhöhnte. Dieser Mann hatte mit Siganesen noch nie zu tun gehabt. Es war nicht verwunderlich, dass er mich unterschätzte. Aus meinen Rangabzeichen ging nämlich nicht hervor, dass ich ein Spezialist der USO bin. Alle Agenten hatten von Lordadmiral Atlan den strikten Befehl erhalten, ihre Identität zu verschleiern.

Mein Spezialbett hatte ich bereits zusammengeklappt. Es war alles in dem Paket untergebracht.

»Wollen Sie nach draußen gebracht werden, kleiner Mann?«

Ich erstarrte. War das nun eine Frechheit gewesen oder ein Anflug von freundschaftlichen Gefühlen? Ich spähte nach oben.

Der Pilot hatte sich in die Hocke gesetzt und lachte mich an. Da konnte ich ihm nicht böse sein. Es war keine Kränkung, kleiner Mann genannt zu werden.

Ich nickte ihm zu, schwang mich mit einem Sprung auf seinen Schuh und streckte die Hände aus.

»Wenn Sie die Güte hätten, junger Freund, mich in Ihre Rocktasche zu stecken und mich nach draußen zu bringen, wäre ich dankbar«, bat ich. »Wissen Sie, wir Siganesen sind etwas klein geraten.«

Er nahm mich vorsichtig auf und steckte mich in die Außentasche seiner Kombination. Die Klappe schloss er nicht, damit ich genügend Luft bekam.

So wurde ich unauffällig aus dem Schiff befördert. Der Terraner befehligte eine moderne Space-Jet der Flotte. Dieses kleine Fahrzeug hatte mich auf Siga abgeholt und gleichzeitig Sonderbefehle vom Chef mitgebracht. Die Anweisung hatte mich sofort aufbrechen lassen, obwohl mir ein längerer Urlaub zustand.

Ich dachte an meine liebe Frau Mitra, die mir vor acht Wochen Terrazeit einen Sohn geschenkt hatte. Ich hatte ihn nach einem terranischen Freund, der im Einsatz gefallen war, Bosil genannt.

Wenn ich mich etwas zusammenkrümmte, konnte ich in der Außentasche vollkommen verschwinden. Ich trug meine Galauniform, zu der keine Dienstwaffe gehörte. Die Kleidung musste gewechselt werden, ehe ich mich in den Transmitter begab. Befehlsgemäß hatte ich mit dem nächsten Transport im Hauptquartier zu erscheinen.

Atlans Anweisungen hatten das Geheimzeichen für Dringlichkeitsstufe I enthalten. Im Großraum der Galaxis musste etwas geschehen sein, was ich noch nicht ahnen konnte. Wahrscheinlich würde ich noch mehr Spezialisten treffen, die alle auf dem schnellsten Weg zum HQ kommen sollten.

Dazu muss ich erwähnen, dass die Macht der USO hauptsächlich auf den hundertvier kosmischen Geheimstationen basiert.

Sämtliche Stationen schweben stationär in sternarmen Gebieten der Galaxis. Keine natürliche Sonne beleuchtet und erwärmt sie. Atlan hat auch nicht den Fehler begangen, unsere fliegenden Niederlassungen aus Stahlblechen zu bauen, wie das normalerweise üblich ist.

Die USO-Stationen bestehen grundsätzlich aus Himmelskörpern, die vor Jahren eingefangen und mit Hilfe von gewaltigen Schubtriebwerken an die vorbestimmten Plätze gebracht wurden.

Erst dort sind sie mit Desintegratoren ausgehöhlt und eingerichtet worden. USO-I, gleichzeitig das Hauptquartier der USO, ist beispielsweise ein zweiundsechzig Kilometer durchmessender Kleinmond, den Atlans Kommandos aus einem Sonnensystem entführt haben.

USO-Stationen tragen keine Eigennamen, ausgenommen das HQ. Im Gedenken an einen terranischen Geheimdienstoffizier, der schon vor hundertfünfzig Jahren gefallen ist, hat Atlan den ausgehöhlten Mond »Quinto-Center« genannt. Sonst aber bezeichnen wir die Schwebekörper nur mit Nummern, denen man die Abkürzung USO voransetzt.

Ich war also auf dem Weg zum Quinto-Center, wo ich weitere Befehle erhalten sollte.

Solche Reisen warfen für mich immer kolossale Schwierigkeiten auf; hatte ich doch die Anweisung erhalten, mich so wenig wie möglich sehen zu lassen. Siganesische Spezialisten gehören infolge ihrer winzigen Körpermaße zu den fähigsten Mitarbeitern in Atlans Stab. Wo andere Spezialisten längst nicht mehr hingehen können, bieten sich für uns immer noch Möglichkeiten.

So war es für mich gar nicht schwierig, in schwer gesicherte Festungen einzudringen, geheime Beratungen zu belauschen und an Bord von Feindraumschiffen zu schlüpfen.

Ich kam überall durch. Wenn es auf normale Art nicht mehr möglich war, dann legte ich eben eine meiner zahllosen Masken an. Die Phantasie der Wissenschaftler und Techniker meines Volkes ist unerschöpflich in der Herstellung der verschiedenartigsten Verkleidungen, die zum größten Teil flugfähig sind. Als Vogel getarnt, hatte ich mich immer ausgezeichnet bewegen können.

Schwieriger waren schon Kerbtiere nachzuahmen. Dazu war ich nun doch zu riesenhaft gebaut. Allerdings gab es auf verschiedenen Welten Insekten, die ich ebenfalls imitieren konnte.

Meine Spezialausrüstung bestand demnach überwiegend aus Masken, die dem jeweiligen Einsatzgebiet angepasst werden mussten. Natürlich kann ich auf einem Planeten, auf dem es niemals terranische Tauben gegeben hat, nicht als Taube auftreten. Das ist ganz klar.

Der Pilot setzte mich auf meine Bitte hin neben einem Abwasserkanal ab. Das Rohr war zur Zeit trocken und bot ein vorzügliches Versteck. Mein Paket schob er in die Öffnung, und ich war wunschlos glücklich.

Nach einigen Grußworten ging er davon. Ich sah seine Füße über den Stahlbelag des Raumhafens davonschreiten.

Ich befand mich auf dem dritten Planeten der Arkonwelten. Hier hatte mein jetziger Oberbefehlshaber bis vor 212 Jahren als Imperator amtiert. Nun, das war lange vorbei. Aus den Erzählungen wusste ich, dass man damals gegen die biopositronischen Roboter, die wir einfach Posbis nannten, einen erbitterten Abwehrkampf gekämpft hatte.

Schließlich hatten Perry Rhodan und Atlan die Hundertsonnenwelt gefunden und mit dem Zentralplasma der Posbis Frieden geschlossen. Seit dieser Zeit hatten sich die Posbis als wertvolle Bundesgenossen erwiesen.

Ich war sehr froh, dass es dem Großadministrator gelungen war, diese eigenartigen Geschöpfe zu Freunden der Menschen zu machen.

Ich zwang mich dazu, meine Träumereien aufzugeben. Immer wenn ich nach Arkon III kam, begann ich über Vergangenheit und Zukunft nachzudenken.

Da waren zum Beispiel die anderen Völker, die ebenfalls der Allianz angeschlossen waren, und die deshalb auch das Recht besaßen, die USO um Unterstützung zu ersuchen.

Zur Allianz gehörten neben Terra und den autarken Kolonialwelten Arkon mit allen Kolonien, Akonen, Aras, Antis, Springer, Überschwere und die Posbis.

Damit waren die bis zum Jahre 2114 andauernden Streitigkeiten endgültig überwunden worden. Es war ja immer nur um persönliche Freiheit, Freizügigkeit des Handels und Autarkie gegangen.

Alle einstigen Kolonialwelten hatten allerdings dem Imperium und damit auch der Galaktischen Allianz beitreten müssen. Das waren Rhodans Bedingungen gewesen.

Die freien Welten konnten machen, was sie wollten, nur durften ihre Regierungen niemals allein über außenpolitische Dinge entscheiden. Das war mit eine Angelegenheit des Imperiums, das sich schließlich hatte absichern müssen.

Ärgerlich auf mich selbst, stellte ich meine Betrachtungen ein. Es wurde Zeit, die Transmitterstation aufzusuchen. Wie gewohnt, durfte ich mich nicht in meiner wahren Gestalt sehen lassen, ehe ich nicht im Transmitter war. Auf Arkon III gab es zu viele neugierige Augen.

Ich schritt bis zum Rand des Kanalrohrs vor und spähte in östliche Richtung.

Dort, wo früher die gewaltige Energiekuppel des Robotregenten den Himmel beleuchtet hatte, war vor zweihundert Jahren ein monumentales Hochhaus mit zahlreichen Nebengebäuden errichtet worden. Es unterschied sich erheblich von den arkonidischen Trichterbauten, denn hier hatten terranische Architekten geplant.

In dem Gebäudekomplex lag die Vermittlungszentrale der USO. Da die hundertvier Kampf- und Einsatzstationen nur von uns betreten werden durften, war es naheliegend gewesen, ein Zentrum zur Nachrichtenübermittlung und für den unerlässlichen Papierkrieg zu errichten.

Wer etwas von der USO wollte, hatte sich an die Vermittlung zu wenden, die dann die Anträge, Beschwerden oder was es sonst sein mochte, an Atlan auf Quinto-Center weitergab.

Desgleichen besaß die Vermittlung den größten Ferntransmitter der Neuzeit. Von hier aus konnten Spezialisten, Nachschubgüter aller Art und sogar kleinere Raumschiffe durch den Pararaum befördert werden.

Ich musste unbemerkt in die Vermittlung hineinkommen, mich beim Chef melden und meine Identität beweisen. Er würde mir die Frequenzmarke geben, ohne die man keinen Transmitter betreten konnte.

Die Sicherheitsmaßnahmen waren naturgemäß sehr streng, denn wir legten keinen Wert darauf, von feindlich gesinnten Fremdintelligenzen überrascht zu werden. Die USO-Stationen waren so gut gegen Ortung abgesichert, dass sie nur durch einen unwahrscheinlichen Zufall entdeckt werden konnten.

Ich ging in das Rohr zurück und öffnete das Paket. Es enthielt meine persönlichen Habseligkeiten und einen Tarnanzug, der mich nach außen hin in einen Papagei verwandelte. Dieser Vogel war auch auf Arkon heimisch geworden. Ich konnte daher kaum durchschaut werden.

Ich legte das bunte Federkleid auf den Boden, öffnete am Brustteil den Magnetverschluss und schlüpfte mit den Füßen voran in die Hülle. Wie immer stieß ich schmerzhaft gegen die Mikromechanik der Flügel, die ich nicht durch Körperkraft bewegen konnte.

Unter meinem Leib, die Brust des Vogelkleides ausfüllend, lag die von Siga-Technikern gebaute Stromspeicherbank, deren Energie für einen Flug von zweihundert Stunden ausreichte und sogar länger, wenn man den Segelflug einwandfrei beherrschte.

Nun, damit war ich in vielen Trainingsstunden vertraut gemacht worden. Ich konnte bei einer einigermaßen guten Thermik stundenlang schweben, ohne die Flügelmechanik benutzen zu müssen. Das sparte Strom.

Ich zwängte mich weiter in den von Geräten eingeengten Kunstbalg hinein, schob die Füße durch die naturgetreue Imitation der kurzen Vogelbeine und tastete unten nach den Druckschaltern der Krallenbewegung. Ich musste mich jederzeit auf Ästen oder sonstigen Haltepunkten niederlassen können.

Endlich konnte ich mich aus meiner liegenden Stellung aufrichten. Der »Papagei« stand auf seinen Füßen. Zuletzt steckte ich meinen Kopf in den Schädel des Balges und klemmte die Elastobänder hinter meine Ohren. Die Schalter der Triebwerksbedienung lagen am Ansatzpunkt des Kunsthalses. Der Flug wurde durch zwei Impulsknüppel gesteuert.

Ich ließ die Flügel flattern, überprüfte meine Anzeigen und ließ dann den Brustverschluss zuschnappen. Wer mich jetzt noch als den Spezialisten Lemy Danger erkannte, musste schon einen sechsten Sinn haben. Ich hatte bei meinen Abschlussprüfungen Vogelkenner so nachhaltig getäuscht, dass einer der Professoren fast ohnmächtig geworden war, als ich auf seiner Schulter landete und aus dem Balg kletterte.

Aus dieser Schilderung können Sie entnehmen, wie gefährlich ein Spezialist von meiner Größe sein kann. Die Schwingen einer Papageitarnung trugen immerhin eine Nutzlast von vierhundert Gramm, mich nicht eingerechnet.

Selbstverständlich wäre alles nicht möglich gewesen, wenn die Frauen und Männer meines Volkes nicht so hervorragende Mikrotechniker gewesen wären. Ich besaß beispielsweise einen starken Hyperfunksender, der mitsamt dem Empfängerteil nicht größer war als die Daumenkuppe eines Erdenbürgers. Wenn man bedenkt, wie kompliziert ein überlichtschnelles Funkgerät ist, werden Sie vielleicht ermessen können, was wir Siganesen unter Mikrotechnik verstehen.

Darf ich nochmals daran erinnern, dass ich nur 22,21 Zentimeter groß bin? Sie glauben mir doch hoffentlich, dass ich einen Papagei imitieren kann? Ich war sogar schon ein Zwergpinscher, aber daran denke ich nur ungern zurück. Es war für mein Ehrgefühl erniedrigend, immer zu schnüffeln und das Beinchen heben zu müssen. Melbar Kasom hat den damaligen Einsatz zunichte gemacht, weil dieser ungehobelte Bursche im entscheidenden Augenblick wie ein Wahnsinniger zu lachen begann. Es geschah, als mir die Herzogin von Pronatus V einen Leckerbissen ins Mäulchen stopfte, an dem ich bald erstickt wäre.

Na ja, lassen wir die wenig schmeichelhaften Dinge. Wenn Sie jedoch das Gefühl haben sollten, mich deshalb verachten zu müssen, so bitte ich herzlich darum, zu bedenken, dass ich im Interesse unserer Menschheit handle. Und bitte – bezweifeln Sie nie, dass ich ein Mensch bin.

Mein restliches Gepäck hatte ich vor dem Verschließen des Balges erneut verschnürt. Es handelte sich jetzt nur noch um ein Päckchen – sogar für siganesische Begriffe. Ich verstaute es nach einigen Verrenkungen im Laderaum unter den Schwanzfedern und fühlte mich von da an ganz wohl. Endlich durfte ich wieder in den Einsatz gehen und etwas erleben. Meine Dienste wurden benötigt; Atlan hatte dringend gerufen. Was wollte ich noch mehr?

Als ich zum Ende des Kanalrohrs ging, verfiel ich automatisch in den Vogelschritt. Ich vergaß auch nicht, den Hals rhythmisch zu strecken und einzuziehen. So etwas geht einem in Fleisch und Blut über, wenn das Leben und der Erfolg eines Unternehmens davon abhängen.

Vorsichtig sah ich mich um. Weit entfernt donnerte ein gewaltiges Raumschiff seinem Element entgegen. Ich wartete, bis die Druckwelle abgeflaut war, und spreizte die Flügel.

Flatternd stieg ich in die Lüfte empor, lauschte auf das nur für mich hörbare Summen des Antriebs und der Pendelstangen der Flügel, um dann Kurs auf die Vermittlung zu nehmen.

Ich flog schnell und sicher. Die Maschine lag ruhig in der Luft und reagierte auf jeden noch so leichten Ausschlag des Steuerknüppels.

Schon wuchs der fünfhundert Meter hohe Hauptturm des Zentrums vor mir auf. Ich flog näher heran und landete mit steil angestellten Schwingen, die nun als Luftbremsen wirkten, auf der Fensterbank eines Zimmers im 93. Stockwerk. Hier lag das Arbeitszimmer des Dienststellenleiters.

Es handelte sich um Generaloberst Nargo Hemitsch, einen ehemaligen Offizier der Galaktischen Abwehr, den Atlan für die USO verpflichtet hatte.

Hemitsch war mein Freund. Wir kannten uns schon lange. Ich wartete, bis die Klimaautomatik seines Zimmers die Außenbelüftung öffnete und schlüpfte durch den Spalt.

Vor mir lag ein riesiger Raum, der von einem Arbeitstisch mit zahllosen technischen Geräten zur Nachrichtenübermittlung fast ausgefüllt wurde.

Hemitsch sprach mit einem verwahrlost aussehenden Terraner, in dem ich einen Spezialisten der USO erkannte. Auch dieser Mann war in seiner vorgeschriebenen Maske erschienen.

Erleichtert schaltete ich das Triebwerk ein, flatterte durch das Zimmer, drehte über Hemitsch Kopf einen gewagten Looping und landete genau vor ihm auf dem Schreibtisch.

Er stockte mitten im Wort, betrachtete mich und sagte dann in seiner brummigen Art: »Sie wollen sich wohl das Genick brechen, Danger! Was soll das?«

Mein als Vagabund getarnter Kollege begann zu lachen.

»Hei, Lemy, du siehst heute aber zerrupft aus«, meinte er. »Willst du rauskommen?«

Für mich war es ein wunderbares Gefühl, von den Männern so freundschaftlich begrüßt zu werden. Ich öffnete den Brustverschluss ein wenig und streckte den Kopf ins Freie.

»Hallo, wie geht es euch?«, rief ich, damit man meine zarte Stimme auch gut verstehen konnte.

»Brüllen Sie nicht so, Danger«, wies mich Hemitsch zurecht.

Ich war zufrieden. Hier wurde ich als Mensch anerkannt. Wenn jemand über mich lachte, dann nur deshalb, weil ich in meiner Verkleidung sehr komisch wirkte. Es wäre aber keinem Freund eingefallen, mich in gehässiger Weise zu hänseln.

Das heißt – Hänseleien gab es genug, aber ich ging von dem Grundsatz aus, dass der Ton die Musik macht.

»Wenn Sie gestatten, Sir, bleibe ich gleich in dem Balg. Es ist nicht einfach, laufend ein- und auszusteigen«, entgegnete ich.

Hemitsch schmunzelte. Sein Gesicht wies plötzlich viele Falten auf. Hemitsch hatte schon graue Haare, obwohl er erst zweiundfünfzig Jahre alt war.

Er hatte im Einsatz das rechte Bein verloren. Nach seiner Wiederherstellung hatte er die Vermittlungszentrale der USO übernommen.

Der General machte nicht viele Worte. Mir war es recht. Schon zehn Minuten später hatte ich meine Individualmarke erhalten, auf deren Schwingungen die Kontrollpositronik des Transmitters ansprechen würde.

Steve Paarts, mein Kollege, nahm mich auf die Schulter. Ich begann dummes Zeug zu plappern, als wir in die belebten Gänge der Vermittlung hinausschritten.

Es machte mir Spaß, einem dicken Zaliter »Speckmops« zuzurufen, was den Arkonidenabkömmling sichtlich erboste. Ich kann wunderbar krächzen, müssen Sie wissen.

»Halte den Schnabel, Kleiner«, flüsterte Paarts. »Ich werde sonst noch verhaftet. Der Sicherheitsdienst hat mich ohnehin kaum in das Gelände eingelassen.«

»Gib Kussi, gib Kussi«, schrie ich einer jungen Dame zu. Sie lachte mich an, rümpfte dann aber die Nase, als mein Kollege stehenblieb.

»Willst du wohl weitergehen«, sagte ich zu Paarts. »So war das nicht gemeint.«

Ungefährdet gelangten wir durch die automatischen Sperren der Kellerräume. Der akonische Großtransmitter war fünfhundert Meter unter der Oberfläche erbaut worden.

Als wir erst einmal jene Bezirke verlassen hatten, die auch dem galaktischen Publikum zugänglich waren, konnten wir uns ungezwungener bewegen. Ich flatterte zum Abfertigungsrobot hinüber, landete auf dem Verkleidungsblech des Individualtasters und ließ mich überprüfen. Die kleine Marke hielt ich im Schnabel.

»Durchgang genehmigt, Spezialist Danger«, hallte es aus dem Lautsprecher der gefährlichen Maschine. Mir war bei der Kontrolle nie ganz wohl, da es schon zweimal zu bedauerlichen Irrtümern gekommen war. Zwei Kollegen hatten dabei fast ihr Leben eingebüßt, da der Automat mit Abwehrwaffen ausgerüstet war.

Auch Paarts kam anstandslos durch. Ich durchflog den Hauptgang, passierte die Sicherheitsschleuse und gelangte somit in den Transmitterraum.

Hinter der transparenten Trennwand bemerkte ich die gleißenden Energiesäulen der Transportstation.

Paarts nahm mich mit. Die Finsternis zwischen den Bogensäulen kam näher. Noch einen Schritt weiter, und ich fühlte das schmerzhafte Ziehen der Entmaterialisierung.

Fast im selben Augenblick landete ich im Empfänger von Quinto-Center, 10.113 Lichtjahre von Arkon und 28.444 Lichtjahre von Terra entfernt.

Für einige Sekunden blieb ich erschöpft auf Paarts Schulter sitzen. Meine Füße ruhten auf den Kontaktschaltern der Krallenbewegung, bis der Terraner »au« sagte. Die Kunstklauen hatten seine Kleidung durchdrungen und die Haut geritzt.

»Entschuldige«, sagte ich matt. Transmitterbeförderungen waren für mich immer sehr anstrengend.

Ich flog zum Wachoffizier hinüber, ließ mich auf seinem Schreibtisch nieder und sammelte Kräfte.

Der Captain warf mir einen forschenden Blick zu. Er kannte die Schwächen der siganesischen Agenten.

»Danger, sind Sie es?«

Ich bejahte, und schon erhielt ich weitere Befehle.

»Melden Sie sich sofort beim Chef des Stabes. Es eilt.«

Schon wenig später bestieg ich zusammen mit Paarts eine Kabine des Rohrbahnzugs. Quinto-Center ist ein völlig ausgehöhlter Mond mit einem Durchmesser von zweiundsechzig Kilometern. Atlan hat damit eine künstliche Welt errichten lassen, der man es von außen nicht ansieht, dass sie geheimnisvolles Leben birgt. Aus dem Raum betrachtet, ist USO-I nichts weiter als ein öder Himmelskörper ohne Luft und Sonne.

Als der Mond ausgebaut wurde, hatte ich noch nicht gelebt. Er glich innen einem Labyrinth, in dem sich ein Fremder verirren konnte.

Alle Zimmer, Säle und Riesenhallen waren nach sorgfältiger Planung ausgeschmolzen worden. Genau betrachtet war Quinto-Center eigentlich ein gigantisches Raumschiff, dessen Außenhaut aus einer massiven Felsschale bestand.

Der robotgelenkte Zug fuhr los. Wir passierten die Schleuse und rasten in den luftleeren Rohren unserem Ziel entgegen.

Die Zentrale lag im Mittelpunkt der Station. Dort angekommen, mussten wir uns nochmals ausweisen. Die aufmarschierten Kampfroboter waren von den Posbis geliefert worden. Es handelte sich um Spezialkonstruktionen, die nach Atlans Wünschen auf der Hundertsonnenwelt gebaut worden waren. Die Maschinen besaßen einen biologisch lebenden Gefühlssektor, der den mechanischen Gehirnen zugeschaltet war. Es waren die besten Roboter der bekannten Galaxis, und ich konnte sie gut leiden.

Der Chef des Stabes war General Macom Dootsman, ein ertrusgeborener Überriese. Ich landete vor ihm und öffnete den Brustverschluss meines Fluganzugs.

»Spezialist Danger, Sir«, sagte ich mit erhobener Stimme. »Ich soll mich bei Ihnen melden.«

Dootsman warf mir einen prüfenden Blick zu, streckte die Hand aus und tippte mich mit seinem Zeigefinger an. Ich hielt nur mit Mühe Balance. Wenn diese Ertruser nur etwas behutsamer mit ihren Körperkräften umgegangen wären.

»Sie kommen spät, mein Lieber«, dröhnte seine Stimme. Ich presste die Hände über meine Ohren und dachte an Melbar Kasom, den ich seit Monaten nicht mehr gesehen hatte.

»Das Schiff kam zu spät an, Sir. Einen planmäßigen Linearraumer wollte ich nicht nehmen. Ich erhielt Geheimhaltungsstufe eins.«

Dootsman winkte ab, und ich wurde durch den entstehenden Luftzug vom Schreibtisch gefegt. Ziemlich hart fiel ich zu Boden, wo ich wütend schrie: »Muss das sein?«

Der Chef des Stabes lachte. Es klang wie Donnergrollen. Die ebenfalls anwesenden Terraner schienen mich jetzt erst zu bemerken. Jemand sagte etwas, das ich unter anderen Umständen sofort geahndet hätte.

So rief ich nur warnend: »Unterlassen Sie das, oder ich vergesse mich. Sie wissen wohl nicht, wen Sie vor sich haben, was?«

Dazu muss ich erwähnen, dass nur wenige Besatzungsmitglieder der USO-Station Spezialisten sind. Selbstverständlich müssen die komplizierten Anlagen eines Kunstplaneten ständig gewartet und überprüft werden. Der Technikerstab von Quinto-Center belief sich zur Zeit auf etwa zweitausend Mann.

Ich flog zur Tischplatte zurück und hörte mir an, was der General zu sagen hatte. Er sprach jetzt so leise, dass mein Gehör nicht mehr schmerzte.

»Melden Sie sich beim Lordadmiral. Ihre Ausrüstung ist überprüft und vervollkommnet worden. Sie starten in zwei Stunden mit Ihrem Spezialboot zu einem Ferneinsatz. Kommen Sie, ich bringe Sie hinüber.«

Mein Herz schlug bis zum Hals. Beim Lordadmiral sollte ich mich melden? Seit wann war es üblich, dass Atlan persönlich die Befehle erteilte? Dies geschah nur in ganz besonderen Fällen.

Dootsman steckte mich in seine Rocktasche. Die Schwingenautomatik zerdrückte mir bald die Wirbelsäule, aber der General hörte nicht auf mein Geschrei.

Als ich wieder aus der Tasche hervorgeholt wurde, sah ich mich rasch um. Ich befand mich in Atlans Privaträumen. Dootsman grüßte, ließ mich dabei los, und ich fiel erneut zu Boden. Jetzt hatte ich aber genug von diesem Überriesen.

Erzürnt kletterte ich aus meiner Maschine, schob sie in eine Ecke des Raumes und nahm Haltung an. Ich salutierte so überhastet, dass ich mir die Dienstmütze vom Kopf streifte. Zum Glück bemerkte es niemand.

Die Riesen hatten mich noch nicht einmal gesehen.

»Spezialist Danger zur Stelle!«, schrie ich mit vollster Lungenkraft. Natürlich musste dieser Dootsman dazwischenreden. Meine Stimme wurde überhaupt nicht vernommen.

Anschließend musste ich einen kurzen Spurt einlegen, um nicht von den Füßen eines Terraners zertrampelt zu werden.

»Unverschämtheit!«, schrie ich dem Leutnant nach. Jetzt wurde ich endlich gehört, aber es war kein Terraner, der meinen Zornesausbruch wahrnahm.

Ein Nichtirdischer kam auf mich zu. Ich erkannte den Mausbiber Gucky, von dem man sich die unwahrscheinlichsten Dinge erzählte. Zutiefst erleichtert streckte ich die Hände aus. Sofort wurde ich durch telekinetische Kräfte angehoben und durch die Lüfte befördert.

Gucky war etwa einen Meter groß. Für terranische Begriffe war er ebenfalls klein, aber auf mich wirkte er wie ein Gigant.

Ich landete in seinen Armen, wo ich für einen Augenblick liegenblieb. Über mir gewahrte ich Guckys große Augen. Er kitzelte mich mit seinen Schnurrbarthaaren, lachte hell und meinte dann: »Da hast du aber wieder einmal Glück gehabt, Kleiner. Beinahe hätte dich der Tölpel getreten.«

»Wenn es das nur wäre«, seufzte ich. »Gucky, was tust du hier? Gehst du mit mir in den Einsatz?«

Der weißschimmernde Nagezahn des Nichtirdischen verschwand. Ich konnte in Guckys Mausegesicht gut lesen und seine Gefühle erkennen.

Er setzte sich auf sein verdicktes Hinterteil, legte mich in seine Armbeuge und flüsterte mir zu: »Perry ist hier. Ich bin mit ihm gekommen. Mercant und Bully sind ebenfalls erschienen. Das hat aber mit deinen Befehlen nichts zu tun. Es ist etwas passiert, was wir mit euch besprechen wollen.«

Das »euch« erfüllte mich mit Stolz. Natürlich hatte er die Spezialisten der USO gemeint. Außer Gucky konnte ich keinen Mutanten bemerken. Diese Männer und Frauen waren so dünn gesät, dass man kaum erwarten konnte, mehrere auf einmal zu treffen.

Atlan allein besaß das Recht, Mutanten anfordern zu dürfen. Das geschah aber nur dann, wenn wir Spezialisten mit dem besten Willen nicht mehr weiterkamen. Die Mutanten des Korps unterstanden ausschließlich dem Befehl des Imperiums. Wenn wir einen benötigten, mussten Perry Rhodan persönlich oder Staatsmarschall Reginald Bull gefragt werden.

»Bully«, wie der Mausbiber den hohen Offizier und Staatsmann respektlos genannt hatte, war seit dem 1. Januar 2115 Vizeadministrator auf Arkon und Oberbefehlshaber der ehemals arkonidischen Schlachtflotte.

Wenn also Rhodan und Bull anwesend waren, dann musste etwas in der Luft liegen. Ich war beunruhigt.

Leise fragte ich nach Details, aber Gucky hüllte sich in Schweigen. Die wartenden Offiziere kannte ich alle. Als Atlan eintrat, nahmen die Männer Haltung an.

Nur Gucky kümmerte sich nicht darum. Völlig regelwidrig watschelte er auf seinen kurzen Beinen durch den Raum und setzte mich auf der Platte des halbrunden Konferenztisches ab. Ich wurde schrecklich verlegen; richteten sich doch alle Augen auf mich.

Atlan, der Unsterbliche, bemerkte mich sofort. Ich stand so stramm wie noch nie in meinem Leben. Vor lauter Verlegenheit schmetterte ich eine Meldung, nannte Namen und Dienstgrad und wartete dann auf das Donnerwetter, das über mich kommen musste.

»Vielleicht solltest du deinen Tölpeln einmal einschärfen, dass es nicht schön ist, kleine Leute zu treten!«, rief jemand so schrill, dass mir die Ohren schmerzten.

Verzweifelt sah ich zu Gucky hinüber, dessen Gesicht gerade noch über die Tischplatte hinwegragte. Ich war ihm dankbar, ja, ich war sogar gerührt über seine Fürsorge, aber das ging doch etwas zu weit.

Ich war einem Trugschluss erlegen.

Atlan lachte nur, erwiderte meinen Gruß und meinte dann: »Lemy, Sie sollten sich grundsätzlich nicht auf dem Boden bewegen. Bleiben Sie auf der Tischplatte stehen.«

Ich stammelte einige Entschuldigungen und sah mich um. Rhodan und Bull erschienen nun ebenfalls. Ich wurde dem Großadministrator vorgestellt, und Atlan fügte noch ernsthaft hinzu, ich wäre sozusagen sein Staragent.

Ich kam aus dem Strammstehen gar nicht mehr heraus, so viele bedeutende Persönlichkeiten sprachen mich an.

Verklärt vor Glück sah ich in Rhodans hageres Gesicht hinauf. Auch er war unsterblich, da er gleich Atlan einen Zellaktivator trug. Reginald Bull und die Mutanten des Korps erhielten auf dem Kunstplaneten Wanderer in Abständen von etwa sechzig Jahren eine so genannte »Zelldusche«. Dadurch wurde der Alterungsprozess unterbrochen.