Verraten

Irmgard Braun klettert seit mehr als 30 Jahren in den Bergen, im Klettergarten und in der Halle und ist eine echte Insiderin der Kletterszene.

In den achtziger Jahren waren ihre Klettereien für eine Frau eher ungewöhnlich: Sie machte Erstbegehungen im Oberen Donautal und stieg namhafte alpine Routen vor. Später kletterte sie erfolgreich in Wettkämpfen und wurde Mitglied der deutschen Sportkletter-Nationalmannschaft. 2016, mit 64 Jahren, kletterte sie Routen bis 9– und 8+/9– on sight.

Ihre Begeisterung fürs Schreiben entdeckte die ehemalige Gymnasiallehrerin als Redakteurin beim Alpin-Magazin und später beim Süddeutschen Verlag Medien-Service. Sie veröffentlichte zahlreiche Artikel nicht nur übers Klettern und schrieb das Sachbuch „Klettern – aber sicher“. In der Bergkrimi-Reihe des Bergverlags Rother erschienen von ihr bisher „Nie wieder tot – Mord am Gardasee“, „Mutig aber tot – Mord am Grödner Joch“ und „Vermisst – Monika Trautners 1. Fall“.

Heute lebt sie als freie Journalistin und Schriftstellerin in München. Ihre Website: www.irmgard-braun.de

Anmerkungen der Autorin

Alle Personen in diesem Krimi sind frei erfunden; wenn sich Bekannte und Freunde porträtiert sehen, so war das nicht meine Absicht.

Die beschriebenen Orte und Klettertouren entsprechen der Realität. So habe ich zum Beispiel die im 1. Kapitel beschriebene „Solleder“-Führe durch die Civetta-Nordwestwand gemacht (ohne Biwak!), und ich war oft in den Tegernseer Bergen unterwegs.

Eine kleine Absurdität: Beim Anstieg zum Galaun habe ich tatsächlich einen Baum mit pinker Aufschrift „Gefahr“ entdeckt. Das war im Herbst 2015, die Geschichte spielt 2015/16.

Ich habe versucht, auch für Nichtkletterer zu schreiben. Sollten gelegentlich Fachausdrücke oder Kletterer-Slang vorkommen, so hoffe ich, dass sie aus dem Zusammenhang heraus verständlich sind.

Irmgard Braun

Verraten

Monika Trautners 2. Fall

Bergkrimi

Bergverlag Rother

Bergsteiger genießen Sonnenaufgänge und -untergänge in blendend lichten Höhen, sie haben Erlebnisse, die anderen versagt bleiben.

Was zählt, ist der Augenblick. Das Leben ist viel mehr als essen, kämpfen, eine mächtige Position erreichen.

Willi Bauer

1. KAPITEL

Die „Solleder“-Führe durch die über einen Kilometer hohe Civetta-Nordwestwand galt als Prüfung für harte Alpinisten. Nun war Oliver mittendrin. Gestrandet in einer wilden Landschaft aus Schluchten, Pfeilern, mit Schutt bedeckten Absätzen und Mauern aus gelbem, splittrigem Fels.

Er blickte nach oben, alle Muskeln gespannt, bereit zu reagieren, wenn Dora stürzte. Sie schob sich einen von Überhängen flankierten Wandstreifen empor, der an eine hochkant gestellte Schotterstraße erinnerte.

Ein Aufschrei. „Stein!“

Oliver zog den Kopf ein. Ein Hagelschauer von Geschossen prasselte auf seinen Helm, ein Brocken von der Größe eines Fußballs pfiff an seiner Schulter vorbei in die Tiefe. Es polterte und krachte, in der Luft hing der Geruch von Schwefel.

„He, Dora! Warum wirfst du Griffe runter? Brauchst du die nicht?“

„Die waren vom TÜV nicht mehr zugelassen!“

Galgenhumor. Das war immer noch besser, als sich vor Angst in die Hose zu machen. Sie hatten sich verstiegen; die Originalroute von Solleder war wohl irgendwo weiter rechts. Olivers Sicherung bestand aus einem schlecht sitzenden Klemmkeil und einem rostzerfressenen Haken, an dem eine ausgefranste Seilschlinge baumelte. Vor langer Zeit hatten sich hier andere verirrte Kletterer abgeseilt. Einen neuen Haken zu schlagen war unmöglich, und der alte würde wahrscheinlich ausbrechen, wenn Oliver ihn mit seinen 82 Kilo belastete.

Abseilen war also nicht drin. Ihnen blieb nur die Flucht nach oben – Augen auf und durch.

Dora kroch höher, ihr in roten Hosen steckender Hintern wurde immer kleiner. Nach einem Steilaufschwung konnte Oliver nicht mehr sehen, was sie dort oben trieb. Das Seil lief durch keine einzige Zwischensicherung und schwang frei in der Luft. Wenn Dora fiel, würde sie an Olivers Standplatz vorbeifliegen, zwanzig Meter hinab in den Abgrund tauchen, bis das Seil sich straffte – ein gewaltiger Ruck, Haken und Keil würden ausbrechen – und dann … zwei Körper, die schreiend in die Tiefe stürzten, auf Absätzen aufschlugen, in schwarze Schluchten hinabgeschleudert wurden.

Das Seil glitt Zentimeter um Zentimeter durch Olivers Sicherungskarabiner, ein Zeichen, dass Dora Schwierigkeiten hatte. Und jetzt – Stillstand. Was war los da oben? Warum kam sie nicht mehr weiter? Mein Gott, Dora, pass bloß auf! Nicht fallen, bitte, bitte! Ich will nicht sterben!

„Stand!“

Der Ruf war eine Erlösung. Ein tiefer Atemzug, ein warmes Aufwallen.

Olivers Lebenszeit hatte sich um mindestens eine Viertelstunde verlängert. Im Nachstieg konnte ihm nichts passieren – es sei denn, Doras Standplatz taugte überhaupt nichts.

Quatsch. Es waren noch etwa zehn Meter Seil übrig. Sie hatte irgendeine brauchbare Sicherung, sonst wäre sie noch ein Stück weiter hinaufgestiegen, um etwas Besseres zu finden.

Das Seil, das von Olivers Standplatz herabhing, wurde kürzer und kürzer, während Dora es einholte. Dann spannte es sich.

„Seil aus!“, schrie Oliver.

„Nachkommen!“

Oliver hängte den Klemmkeil an seinen Gurt, klinkte den Karabiner aus dem Haken und kletterte den Wandstreifen aus zusammengebackenem Schotter empor. Nie an den Griffen ziehen, nur stützen, die Füße sanft setzen … Dann eine mit Steinchen gefüllte Rinne. Er trat einen Schwall los, sie rauschten wie ein Wasserfall in die Tiefe.

Schlimmer konnte es nicht mehr werden. Und dann … Ungläubig blickte Oliver eine doppelt mannshohe Wandstufe empor, die aus aufgeschichteten Butterkeksen zu bestehen schien. Er berührte einen der Kekse, die Kante bröckelte weg, der Rest hielt, er stellte sich auf höhere Tritte, unter seinen Füßen knirschte es. Höher – noch höher steigen – in Zeitlupe. Olivers Atem ging stoßweise, die Griffchen zerbröselten am Rand zu feinem Sand, der in seine Augen rieselte und ihn blinzeln ließ.

Endlich. Er wälzte sich auf einen mit Geröll bedeckten Absatz, wischte sich den Dreck aus den Augen und erblickte Dora am Standplatz, nur drei Meter von ihm entfernt. Ihre krausen Haare klebten platt an ihrer Stirn, ihr Gesicht war gerötet.

Oliver stemmte sich vollends hoch, krabbelte zu ihr hinüber und klinkte seinen Karabiner in eine raffinierte Konstruktion aus Schlingen und Klemmkeilen, die einigermaßen zuverlässig wirkte.

„Das vorzusteigen war eine super Leistung, Dora.“ Er umarmte sie. „Wenn es in dieser Wand Pferde zu stehlen gäbe, wärst du die allerbeste Partnerin.“

Sie stieß einen seltsamen Laut aus, einen Schluchzer zwischen Erschöpfung und Erleichterung. „Ich habe mich so gefürchtet, dass ich beim Klettern geheult habe.“

Sie pflückte Klemmkeile und Karabiner von ihrem Gurt und gab sie an Oliver weiter. „So, und jetzt red nicht herum und mach, dass du weiterkommst. Und den Kamin mit dem Tröpferlbad, den steigst du dann vor.“

„Tröpferlbad? Den Ausdruck kenne ich nicht.“

„So hießen früher in München die öffentlichen Bäder und Duschen fürs einfache Volk.“

***

Durch den Wasserfallkamin schoss ein Bach. Dora beobachtete Oliver, der fast im Spagat die trockenen Schluchtwände ganz außen hinaufspreizte, eine heikle Kletterei, bei der er keine Sicherungen legen konnte. Würde er sich weiter innen hinaufstemmen, würde er nass bis auf die Unterhose, und das wäre bei einem Biwak höchst unangenehm. Jetzt war es schon später Nachmittag, und sie hatten erst zwei Drittel der Wand durchstiegen.

Ein Biwak. Dora seufzte. Vielleicht würden sie sich aneinanderkuscheln. Mehr war sowieso nicht drin. Ihre Figur war stämmig, ihr Gesicht unattraktiv, und sie war zehn Jahre älter als Oliver. Er hatte eine bildhübsche Freundin … Dora war nur ein guter Kumpel für ihn, damit musste sie sich abfinden. Sie sollte sich lieber darauf konzentrieren, den Weg durch diese Riesenwand zu finden, statt unmöglichen Träumereien nachzuhängen.

Das Gelände war unübersichtlich, aber nicht allzu schwierig. Zweimal gerieten sie in Sackgassen und mussten wieder zurückklettern.

Die Wandflucht über ihnen verschwamm in Schatten, in einer halben Stunde würde es dunkel sein. Endlich stellte Oliver die entscheidende Frage. „Sollen wir biwakieren?“

„Logo. Sonst verlaufen wir uns nochmal.“

Am Beginn einer Schlucht fanden sie einen mit Geröll gefüllten Felskessel, der so groß war wie ein Zimmer. Dort konnten sie sich zum Schlafen ausstrecken, ohne sich anseilen zu müssen. Es war windstill und nicht sehr kalt, obwohl sie sich auf etwa dreitausend Meter Höhe befanden; im Tal stöhnten die Leute seit Tagen unter der Hitze.

„Ein perfekter Platz für uns“, sagte Oliver und schaute Dora an. Ihr Herz begann heftig zu klopfen. Wie hatte er das gemeint? Bestimmt nicht so, wie sie es sich wünschte …

Sie nahmen die Helme ab, schlüpften aus ihren Gurten. Dora musste pinkeln. Sie hockte sich am Rand des Lagerplatzes hin und bat Oliver, wegzuschauen. Er wandte sich von ihr ab und räumte ein paar größere Steine zur Seite, um ihre Schlafstelle einzuebnen. „Manchmal bin ich froh, dass ich keine Frau bin“, sagte er. „In der Wand kann das echt unpraktisch sein.“

Dora grinste. „Ich finde es auch gut, dass du ein Mann bist.“ War das zu direkt gewesen? Ach was. Oliver verstand schon, dass es witzig gemeint war.

Sie legten die Rucksäcke und Seile auf den Boden und breiteten den Biwaksack darüber. Dora kroch so weit hinein, dass die Plastikhülle bis zu ihrer Brust reichte und ihre Arme frei waren, dann drehte sie sich auf den Rücken. Oliver folgte ihrem Beispiel. Sie spürte seinen warmen Körper an ihrer Seite, er roch nach Schweiß und feuchten Socken, aber das störte Dora kein bisschen.

Dieser Augenblick war vollkommen. Sie war Oliver ganz nah, und ihr Kopf lag etwas erhöht auf dem Rucksack, so dass sie in die weite Landschaft hinausblicken konnte. Die Abendsonne übergoss die Gipfel mit goldenem Licht, und aus den Tälern stiegen die Schatten immer höher hinauf. Als die letzten Spitzen verglommen, wurden die Berge zu einem schwarzen Scherenschnitt vor einem Himmel aus flammendem Orange. Darin schwammen dunkle Wolkenbäusche, deren Unterseiten rot glühten. Am Rand des Kars unterhalb der Wand blitzte das Licht der Tissi-Hütte, das Dorf Alleghe war ein gelblicher Schimmer in der Tiefe.

Dora wies auf den alle anderen Berge überragenden Gipfelstock der Marmolada, der auf einer Seite verblüffend steil abbrach. „In der ,Vinatzer‘ soll die Kletterei richtig gut sein. Da könnten wir nächste Woche hin, wenn das Wetter so bleibt.“

Oliver seufzte. „Ich glaube nicht, dass ich dann Zeit habe. Der neue Job, du weißt schon.“

Dora stiegen Tränen in die Augen. Bald würde sie nicht mehr mit ihm unterwegs sein. Ihn nur noch zusammen mit Nicole bei Festen sehen, lachend mit den Kindern, die sie irgendwann haben würden. Fern, so fern.

Sie schwiegen und schauten.

Das orangefarbene Licht hinter den Bergen verblasste zu mattem Rot und dann zu einem violetten Streifen vor einem nachtblauen Himmel, in dem Sterne aufgingen.

Kein Laut drang vom Tal herauf. Gelegentlich klickerte irgendwo ein Steinchen.

„Dora.“ Olivers Stimme war nur ein Flüstern, als wolle er die große Stille hier oben nicht stören. „In meinem Leben war ich fast immer auf einer vorgegebenen, super abgesicherten Route. Von morgens bis abends in einem Zimmer hocken, Bürokram erledigen, Smalltalk. Das ist alles so – flach. Ich würde viel lieber nur noch reisen, klettern, Berge besteigen.“

„Warum seilst du dich nicht ab und tust, was dir Spaß macht?“

„Meine Mutter platzt vor Stolz, dass ich Geschäftsführer werde, und Papa wollte immer, dass ich Karriere mache und nicht von seinem Geld lebe.“

„Dein Vater ist tot. Unter der Erde sieht man das mit der Karriere bestimmt nicht mehr so eng. Und deine Mutter wird es überleben.“

Oliver antwortete nicht.

Das Schweigen hing schwer zwischen ihnen. Hatte Dora etwas Falsches gesagt?

Plötzlich drehte Oliver sich zu ihr hin und legte einen Arm um ihre Schulter. Die Berührung rann wie Feuer durch ihren Körper, ihr Atem ging schneller. Sie wollte sich an ihn schmiegen, ganz eng … Nein! Das war nur eine freundschaftliche Geste gewesen. Sie musste sich beherrschen, sonst würde er ihr erklären, dass da nichts lief, weil sie für ihn als Frau uninteressant war. Und diese Wahrheit zu hören wäre unerträglich.

„Wir hätten heute sterben können“, sagte er leise.

Seine Hand löste sich von ihrer Schulter, streichelte ihren Hals. Ein Zittern lief über Doras Haut. Olivers Gesicht neigte sich über sie, sein Atem traf ihre Lippen. Er küsste sie sanft. Dora presste sich an ihn, in ihr flutende Wärme, ein süßes Ziehen im Bauch. Es war ihr egal, dass er sie nicht liebte, es war ihr egal, was kommen würde, wie schrecklich es sein würde, wenn er zu Nicole zurückkehrte. Einmal, wenigstens einmal wollte sie ihn haben.

2. KAPITEL

Helmut blickte missmutig in seine leere Tasse und schluckte die trockenen Kuchenkrümel hinunter. Natürlich gab es nicht genug Kaffee, wie immer am Morgen nach einem Fest, bei dem viele Leute übernachteten.

Miserable Organisation, das war typisch für Oliver. Das Wochenendhaus mit Blick auf den Tegernsee hatte zwar eine schöne Aussicht, aber zu wenige Schlafplätze und keine vernünftige Küche für ein Dutzend Gäste.

Hätte man Helmut gefragt, er hätte Oliver nie zum Geschäftsführer von Outdoorfun ernannt. Er hatte ihm ja nicht einmal beibringen können, eine Gebirgstour vernünftig zu planen. Aber beim Klettern hatte der Junge Talent. Es hatte nur zwei Jahre gedauert, dann hatte er seinen Lehrmeister überflügelt – was eine harte Probe ihrer Freundschaft gewesen war.

Wo blieb Oliver nur? Halb zehn. Eigentlich müsste er sich jetzt um seine Gäste kümmern. Und den Kaffee. Dora hatte das nicht im Griff, sie klapperte schon seit einer Viertelstunde in der Küche herum.

Ein Pärchen kuschelte noch in der Sofaecke, ein langhaariger Typ lag mit Isomatte und Schlafsack auf dem Teppich und schnarchte. Helmut gähnte und musterte die verpennten Gestalten am Frühstückstisch. Er hatte die meisten Namen gleich nach der Vorstellung gestern Abend wieder vergessen, aber David war ihm aufgefallen. Mit seinem dunkelblauen Jackett, dem Spitzbart und der schwarzen Hornbrille passte er nicht in Olivers Freundeskreis, der fast nur aus Kletterern bestand. Und wie hieß der Kerl ihm gegenüber noch mal? Ach ja, Mike. Was für ein Kontrast zu David. Er trug ein schmuddeliges Leibchen, seine Bizepse hatten den Umfang von Davids Oberschenkeln, und er stank nach Rauch.

David lächelte ihn freundlich an. „Aber Mike, ein ärmelloses T-Shirt passt nicht zum Image von Outdoorfun, das sieht so ungepflegt aus.“

„Schmarrn. Ihr Marketingfuzzis habt eben keine Ahnung vom Klettern. Die Dinger mit Ärmeln sind viel zu warm, wenn man nicht gerade im Winter bouldert. Bevor ich so ein Teil anziehe, gehe ich lieber gleich oben ohne. Den Mädels gefällt das eh besser.“

„Vielleicht wäre eine Umfrage bei unserer Zielgruppe in der Kletterszene sinnvoll“, sagte David versöhnlich.

Mike fuhr sich durch die blonde Haartolle, die ein Auge und die Hälfte seines sommersprossigen Bubengesichts verdeckte. „Und diese Scheißgurte, die beim Gehen die Eier einklemmen, brettlhart sind und im Rucksack total sperrig, die hat wohl nie irgendjemand vorher getestet. Wird Zeit, dass Oliver ans Ruder kommt, der ist ein echter Insider und weiß, was Kletterer brauchen.“

David nickte eifrig. „Ja, dass er jetzt Geschäftsführer wird, ist eine zukunftsweisende Entscheidung für die Firma. Und er ist ein sehr umgänglicher Mensch – im Gegensatz zu einigen seiner Mitarbeiter.“

Dora marschierte – leider kaffeelos – an den Tisch, zog einen Stuhl neben Mike heran und setzte sich so schwungvoll darauf, dass die geschnitzte Lehne knackte. Sie hatte dunkles Kraushaar und Fältchen um Mund und Augen, die zeigten, dass sie viel Sonne und Wind abbekommen hatte. Obwohl sie Mitte vierzig war und allein lebte, schien sie sich keine Mühe zu geben, einen Ehemann oder Liebhaber zu finden; sie war kein bisschen kokett und trug weite, zufällig zusammengewürfelte Kleidung.

„Ich habe keinen Kaffeefilter gefunden“, sagte sie. „Egal. Ich habe Hunger.“ Sie säbelte eine dicke Scheibe Marmorkuchen ab. „He, Mike, warum guckst du so grimmig?“

„Es ist Morgen.“

Da hatte er recht. Und das ohne Kaffee.

„Wo steckt Oliver eigentlich?“, fragte Helmut.

„Er schläft im Schuppen“, erwiderte Mike. „Ich wecke ihn auf und bringe gleich noch eine Kiste Edelstoff mit.“ Er ging hinaus.

Eine Weile war es still am Tisch. Helmut lehnte sich zurück und schloss die Augen.

Davids Stimme. „… dass Sie erst gestern aus den Dolomiten zurückgekommen sind, wo Sie eine Route im sechsten Schwierigkeitsgrad bezwungen haben. Meinen Respekt!“

„Ja, die ,Solleder‘ war echt hart.“

Das war ein interessantes Thema. Helmut straffte sich und hob die Lider. „Die ,Solleder‘ habe ich schon vor zwanzig Jahren gemacht“, sagte er. „Wie hat sie dir gefallen, Dora?“

„Brüchig, schlecht abzusichern, schwer zu finden. Zum Glück war es nicht kalt beim Biwak.“

„Hmmm. Na dann habt ihr ja Spaß gehabt“, sagte Helmut.

Dora grinste breit. „Ja.“

Ein Schrei. Lang gezogen, schaurig. Als würde ein Alleingänger in der Nordwand der Großen Zinne abstürzen. Helmut fuhr Hitze in die Glieder. Da musste etwas passiert sein!

Dora und David rannten hinaus, die Leute in der Sofaecke schauten verwirrt drein. Die Gestalt auf der Isomatte richtete sich zum Sitzen auf.

Helmut versuchte aufzustehen, seine Beine fühlten sich teigig an. Er stemmte sich an der Tischplatte hoch und stolperte den anderen hinterher, in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war, hinaus auf die Terrasse, hinter das Haus, über die Wiese zum Schuppen. Dort standen Dora und David und starrten Mike an, der am Türrahmen lehnte. Sein Gesicht war ohne jede Farbe. „Oliver … er ist …“

Er hielt sich den Magen und krümmte sich, als würde er gleich kotzen.

„Was ist mit ihm?“, fragte Dora heiser.

Die Stimme von Mike klang fahl. „Tot. Er ist tot.“

Dora schubste ihn zur Seite und stürzte ins Innere des Schuppens, Helmut eilte hinterher und stieß gegen ihren Rücken. Sie war plötzlich stehen geblieben, keuchte auf. Dann ein lang gezogenes Stöhnen. Helmut trat neben sie. Er wagte es kaum, hinzuschauen. Feigling! Tu es! Er atmete tief durch und richtete seine Augen auf den Boden. Helles Licht strömte durch ein Fenster auf eine menschliche Gestalt, die auf dem Rücken lag, alle Glieder von sich gestreckt. Und der Kopf – seltsam weggedreht vom Hals – nein – oh nein!

Helmut wandte sich schnell um, stürzte zur Tür, rammte mit dem Schienbein eine Bierkiste, dann war er draußen in der Sonne. Sein Magen krampfte, er atmete flach und schnell.

Nerven bewahren. Verdammt noch mal, das musste er doch schaffen als Bergsteiger, der schon allerhand erlebt hatte, auch den Tod von Gefährten. Er schluckte, zog das Handy aus der Tasche seiner Joppe und tippte mit flatternden Fingern die 110. Während er sich darauf konzentrierte, eine ordnungsgemäße Meldung zu machen, eilten immer mehr Übernachtungsgäste herbei und bildeten eine Traube am Eingang zum Schuppen, vor dem Dora sich postiert hatte und niemanden hineinließ – was wegen möglicher Spuren sehr vernünftig war. Auf diese Frau war Verlass, sie war ein Ruhepol im Chaos. Die anderen standen dumm da, schluchzten, kreischten, stellten Fragen. „Wirklich? Mit einer Axt?“, „Das gibt’s nicht. Niemand –“, „Wo ist der Verbandskasten?“

Helmut schüttelte den Kopf. „Zu spät.“

3. KAPITEL

Oliver … Rosmarie konnte es noch immer nicht fassen, dass ihr Sohn tot war. Ermordet … von wem? Nein, nein, ihr Bruder konnte es nicht getan haben. Eberhard hatte Rosmarie gegen die Nachbarsbuben verteidigt, sie bei ihrem ersten Liebeskummer in den Arm genommen, sie getröstet, als sie eine Klasse wiederholen musste. Und beim Tod ihres Katers Milky hatte er geweint. Ihr Bruder hatte ein gutes Herz, Rosmarie liebte ihn. Und doch … In ihrem Bauch wand sich etwas Schweres und Heißes. Eberhard hatte ein starkes Motiv. Rosmarie würde nur noch ein paar Monate leben, und weil Oliver nicht mehr da war, würde ihr Bruder erben. Scharf aufs Geld war er schon als Kind gewesen. Hatte Oma mit ihrer niedrigen Rente den Geldbeutel leergeräumt und erklärt, sie wäre gaga und wüsste nicht mehr, dass sie es ausgegeben hatte.

War es doch möglich?

Eberhard mit einer Axt. Rosmarie rang nach Luft, eine schwarze Wand schob sich vor das Bild, nur nicht dahinterschauen. Nur das nicht.

Ach, Oliver…

Rosmarie schlug die Hände vors Gesicht und sank in ihrem Sessel nach vorn. Tränen liefen zwischen ihren Fingern hindurch und tropften auf ihre Knie.

Leer und dunkel und kalt. Allein im Weltraum.

„Kann ich etwas für dich tun, Rosmarie?“

Nicoles freundliche Stimme. Warme Hände auf Rosmaries Schultern, ein feiner Rosenduft.

„Es ist so schwer. Nicole, wenn du nicht wärst …“

„Soll ich dir deine Tabletten bringen? Oder magst du einen Tee?“

„Keine Tabletten, ich habe schon zwei genommen. Aber mach bitte Tee. Frau Trautner müsste bald da sein.“

Nicole nahm ihre Hände von Rosmaries Schultern, ging Richtung Tür und wandte sich noch einmal um. „Ich bin gespannt, wie die so ist. Im Fernsehen hat sie ganz schön taff gewirkt. Ob sie noch immer diese furchtbare Igelfrisur hat? Das ist völlig out, in ihrem Alter ist das doch total daneben. Ein Pagenkopf mit einem warmen Blondton wie bei dir gefällt mir viel besser.“

Über Haare und Frisuren konnte Nicole endlos reden, vielleicht, weil ihre Mutter Frisörin war. Doch ihr Geplapper klang unecht, darunter spürte Rosmarie abgrundtiefe Trauer. Sechs Jahre lang hatte Nicole mit Oliver zusammengelebt, und alle Pläne und Träume dieses schönen jungen Paares waren durch den brutalen Mord ausgelöscht worden. Zwei Monate war das jetzt her, und die Polizei hatte noch immer nicht herausgefunden, was an jenem furchtbaren 16. August geschehen war.

Rosmaries Blick fiel auf die Kommode, auf der ihre liebsten Antiquitäten ausgestellt waren: eine Vase von Gallé aus Rauchglas mit einem Muster aus verschlungenen Blättern und eine von zwei Schwänen getragene Schüssel. Wie hatte sie sich gefreut, als sie diese Kostbarkeiten auf einer Auktion erworben hatte!

Jetzt waren sie ihr vollkommen gleichgültig. Nur noch eins war wichtig: dass Olivers Mörder bestraft wurde. Und dass es nicht Eberhard war. Lieber Gott, lass es nicht Eberhard sein!

Nicole kam wieder herein, in der Hand ein Tablett mit Stövchen, zierlichen Teetassen, einer Silberschale mit Plätzchen und After Eight. Die junge Frau war ungeschminkt, um ihre Augen lagen tiefe Schatten.

Nicole war ein Glücksfall für Oliver gewesen. So schön, so sportlich. Sie war sogar mit ihm zum Klettern gegangen. Und es war rührend, wie sie sich jetzt um Rosmarie kümmerte.

Nicole ließ sich auf dem Sofa ihr gegenüber nieder und schlug die Beine übereinander. „Bist du dir echt sicher, dass nicht Mike der Täter war, Rosmarie?“

„Vollkommen sicher. Die Polizisten sind voreingenommen, weil er schon einmal wegen ein paar Prügeleien im Gefängnis war. Mike ist doch noch ein Bub.“

„Er ist einundzwanzig“, erwiderte Nicole.

„Aber er hat Herz! Sonst hätte er mich nicht besucht und mir Kletterfotos von Oliver geschenkt. Ich habe gespürt, dass er ihn gern gehabt hat, und er hatte ihm ja auch viel zu verdanken. Ach, das war so typisch für meinen Sohn – Freundschaft ging ihm über alles, und weil Mike ein Kamerad beim Klettern war, hat er ihm trotz seiner Vorstrafen einen Job gegeben.“

Nicole blickte auf ihre Uhr. „Huch. Ich muss den Tee abgießen.“

Sie eilte hinaus.

Bei dem Treffen mit Mike hatte Rosmarie ihm von ihrer Idee erzählt, einen Privatdetektiv einzustellen. Mike war davon begeistert gewesen. Natürlich hoffte er auf einen Beweis seiner Unschuld. Und sein Bewährungshelfer hatte als Ermittlerin Monika Trautner vorgeschlagen, eine laut Bild-Zeitung „kletternde Miss Marple“.

***

Monika Trautner fuhr durch Harlaching, eines der teuersten Münchner Wohnviertel, der Stadtplan lag ausgebreitet neben ihr auf dem Sitz; eine alte Bergsteigerin brauchte kein Navi.

Wer in dieser Gegend wohnte, war reich genug, ein renommiertes Detektivbüro zu beauftragen. Vielleicht hatte Rosmarie Baudel sie nur deshalb um ein Gespräch gebeten, weil sie ihre Neugier befriedigen wollte – Moni war in letzter Zeit in den Medien sehr präsent gewesen. Es geschah schließlich nicht alle Tage, dass eine alte Dame ein vermisstes Mädchen fand, ihren Entführer mit einer Pistole bedrohte, ihn an einen Stuhl fesselte und dann der Polizei übergab.

Der Fall, in dem Rosmarie Baudel Hilfe suchte, war etwas ganz anderes: ein brutaler Mord mit einer Axt. Der Täter war vermutlich ein höchst gefährlicher Psychopath. Aber einer, der raffiniert war und sich gut verstellen konnte, sonst hätten ihn die Leute von der Kripo längst geschnappt.

Moni tuckerte langsam über die Straße am Isarhochufer, Jugendstilhäuser versteckten sich hinter hohen Mauern und Hecken. Ah ja, da war schon Nummer 34.

Sie parkte ihren VW Caddy, stieg aus und drückte die Klingel. An einem Erker im ersten Stock bewegte sich ein Vorhang – jemand beobachtete Moni.

Das Gartentor war eine kunstvolle Arbeit aus Schmiedeeisen. Ein Summen ertönte, Moni schob es auf und ging auf die von alten Buchen gerahmte Villa zu.

Über der Haustüre prangte ein bogenförmiges Fresko mit zwei Pfauen. Sie öffnete sich, und eine auffallend schöne junge Frau trat heraus. Ihre großen braunen Augen musterten Moni von Kopf bis Fuß. „Nicole Mitz. Ich freue mich, eine so berühmte Frau wie Sie kennenzulernen.“ Sie lächelte und machte eine einladende Handbewegung.

Dunkelbraune Haare umrahmten ihr blasses Gesicht und wallten herab bis zu ihrer Taille. Ihr schwarzer Rock und die anthrazitfarbene Bluse waren erstklassig geschnitten und ließen ihre zierliche Figur erahnen. Ob sie eine Verwandte von Oliver Baudel war?

Monika folgte ihr in den ersten Stock. „Der Tod ihres Sohnes muss furchtbar sein für Frau Baudel. Wie geht es ihr?“

„Es ist echt total schlimm für sie, aber sie ist sehr tapfer.“

Moni betrat einen Salon, der mit Jugendstilmöbeln aus rötlichem Kirschbaumholz ausgestattet war.

Eine dünne Dame um die siebzig kam ihr entgegen. So hatte sich Moni eine trauernde Mutter nicht vorgestellt: Sie vibrierte vor nervöser Energie. Ihr kinnlanges Haar war perfekt geschnitten, ihre Augen blickten hellwach. Bei der Begrüßung schüttelte sie Moni die Hand und bedankte sich für ihr Kommen, dann wies sie auf einen gedeckten Teetisch. Moni nahm auf einem der Thonetstühle Platz, Rosmarie Baudel und Nicole Mitz setzten sich ihr gegenüber.

„Ich bin keine professionelle Detektivin“, eröffnete Moni das Gespräch. „Bitte erwarten Sie nicht zu viel von mir. Dass ich Susi Gerstmanns Entführer gestellt habe, war zum großen Teil Glück.“

Rosmarie Baudel schüttelte den Kopf. „Sie sind zu bescheiden, ich habe alles über diesen Fall gelesen. Und es ist für die Ermittlungen von Vorteil, dass Sie klettern, genau wie die meisten Leute im Umkreis meines Sohnes. Dadurch werden Sie schnell mit ihnen ins Gespräch kommen und vielleicht mehr erfahren als die Polizei. Natürlich werde ich Ihnen ein angemessenes Honorar zahlen, eine Tagespauschale, Spesen und einen Erfolgsbonus.“

Das klang gut. Von Rentnern wurde oft erwartet, dass sie fast umsonst arbeiteten, weil sie angeblich jede Menge Zeit hatten und eine Beschäftigung suchten. Was für Moni nicht zutraf. Ihr war nie langweilig, sie ging drei- bis viermal pro Woche klettern, las viel und reiste gern. Aber etwas fehlte: eine spannende und sinnvolle Aufgabe. Die Idee, Verbrechen aufzuklären, reizte sie sehr. Obwohl es ein blödes Gefühl war, dass sie keine Ahnung von Ermittlungsarbeit hatte.

Rosmarie Baudel schlug eine Tagespauschale von vierhundert Euro vor und ein Erfolgshonorar von zehntausend.

Moni sog scharf die Luft ein. Mit ihrer Rente konnte sie ihren Lebensunterhalt finanzieren, aber nicht den Aufbau eines Detektivbüros. Zehntausend Euro würden als Startkapital reichen. „Einverstanden. Das ist sehr großzügig, Frau Baudel.“

Die alte Dame umklammerte mit beiden Händen die Armlehnen ihres Stuhls. „Ich will, dass der Mörder meines Sohnes …“ Ihre Stimme brach.

Nicole legte eine Hand auf ihren Ellbogen. „Das regt dich viel zu sehr auf. Ist es dir recht, Rosmarie, wenn ich erst mal mit Frau Trautner rede?“

„Ja, bitte tu das.“

Moni trank einen Schluck Tee. Er war dunkel und roch herb, genau so, wie sie ihn mochte. „Vorher wüsste ich noch gerne, was Sie mit dem Fall zu tun haben, Frau Mitz.“

„Sorry. Sie können das ja nicht wissen. Ich bin – war – Olivers Freundin. Bitte nennen Sie mich Nicole. Frau Mitz klingt so alt.“

Wenn Nicole das so sah, war sie wohl kein Teenager mehr. Ihr Alter war schwer zu schätzen, aber mit ihrem glatten Gesicht konnte sie nicht viel über dreißig sein.

„Sie können mich gerne Moni nennen. Natürlich habe ich mich informiert, was passiert ist. Wie haben Sie dieses Fest mit dem schrecklichen Ende erlebt?“

Nicole erzählte, das Fest sei super gewesen, total lustig, dann fuhr sie fort: „Gegen halb zwölf bin ich mit Rosmarie zusammen aufgebrochen und habe sie heimgefahren, sie war sehr müde. Am nächsten Morgen hat mich David angerufen – David Husenkamp, der Marketingleiter in Olivers Firma – und hat mir erzählt, dass Oliver … dass er …“ Nicole schluchzte auf. Sie zupfte ein Tempotaschentuch aus ihrer Rocktasche, wischte sich damit die Augen und steckte es wieder ein. „Und dann sind plötzlich Polizisten vor meiner Tür gestanden. Sie haben versucht mich auszufragen, aber ich habe nur geweint.“

„Rücksichtslos, so etwas ist absolut rücksichtslos“, sagte Rosmarie Baudel.

„Dann ist so ein Krisen … äh Krisenmanager oder so ähnlich gekommen und hat gesagt, ich soll mich erst mal erholen von dem Schock.“

„Jemand vom Kriseninterventionsteam, vermutlich ein Psychologe“, verbesserte Rosmarie Baudel. „Den hätte man schicken sollen, bevor die Polizisten erschienen sind. Aber diese Leute sind unfähig. Sie haben Mike Huber verhaftet und ihn einen Tag später entlassen, weil sie keine Beweise hatten.“

Moni verzichtete darauf zu erklären, dass es sich wohl um eine vorläufige Festnahme und keine Verhaftung gehandelt hatte. „Haben Sie jemanden in Verdacht, Frau Baudel?“

Ein Zucken lief über das Gesicht der alten Dame. „Ja. Meinen Bruder.“ Ihre Stimme schwankte. „Ich habe Krebs und nur noch ein paar Monate zu leben. Und dann erbt Eberhard mein Vermögen.“

Moni tat die Frau leid. Krebskrank – und dann noch der quälende Gedanke, dass ihr Bruder ihren Sohn umgebracht hatte.

„Haben Sie außer Ihrem Bruder keine lebenden Verwandten?“

„Nein. Ich … ich mag Eberhard sehr. Ich kann einfach nicht glauben, dass er so etwas getan hat.“

Das klang so, als wolle sie sich selbst davon überzeugen.

Die alte Dame griff sich mit der Zuckerzange ein Stück Würfelzucker und ließ es in ihre Tasse fallen. „Der Kommissar wollte vor allem wissen, ob jemand einen Grund hatte, Oliver zu hassen oder wütend auf ihn zu sein. Er glaubt an eine Tat im Affekt.“

Das lag nahe bei einem Mord mit einer Axt.

„Wie war das Verhältnis Ihres Sohnes zu seinem Onkel?“

„Oliver mochte ihn. Er hat ihn sogar als Fotografen für Werbeaktionen in seiner Firma vorgeschlagen.“

„Verdient Ihr Bruder gut?“

„Nein, er hat Schulden. Aber ich glaube es einfach nicht, dass er es war! Und ich will, dass Sie das beweisen!“

„Auf dieser Basis können wir nicht zusammenarbeiten“, erwiderte Moni. „Ich suche den Täter, egal, was Sie sich erhoffen.“

„Ich finde, das ist ganz richtig so“, sagte Nicole mit sanfter Stimme.

Rosmarie Baudel seufzte. „Natürlich. Entschuldigen Sie. Wie wollen Sie mit Ihrer Detektivarbeit beginnen?“

„Ich werde mir zuerst den Tatort ansehen“, sagte Moni. „Und ich werde Mike Huber fragen, ob er mitkommt. Danach würde ich gerne mit Ihrem Bruder reden.“

Rosmarie Baudels Lippen waren ein dünner Strich. „Gut. Nicole, würdest du mit Frau Trautner zum Haus fahren? Und ich rufe Eberhard an und bitte ihn um seine Unterstützung bei Ihren Ermittlungen.“ Sie hob neckisch den Finger. „Aber passen Sie auf sich auf, Frau Trautner. Er ist ein Kavalier alter Schule und ein Charmeur.“